Vaskuläre Demenz: Definition
Vaskulär bedeutet so viel wie „die Blutgefäße betreffend“. Daher sind vaskuläre Demenzen der Überbegriff für alle Demenzformen, die durch Störungen der Blutversorgung im Gehirn verursacht werden.
Die vaskulären Demenzen machen rund 15 bis 20 Prozent aller Demenzerkrankungen aus und sind somit nach Alzheimer die häufigste Demenzform. In Deutschland leben schätzungsweise 250.000 Menschen mit einer vaskulären Demenz.(1)(2)(3)
Vaskuläre Demenz: Symptome und Anzeichen
Die Symptome bei einer vaskulären Demenz können schleichend oder plötzlich auftreten – je nachdem, welche Hirnregion betroffen ist.
Häufige Anzeichen sind:(4)(5)
- Denkstörungen – alltägliche Aufgaben fallen schwerer
- Orientierungsprobleme – bekannte Wege oder Orte werden nicht mehr erkannt
- Gedächtnisstörungen – Ereignisse, die erst kurze Zeit zurückliegen, werden vergessen
- Sprachstörungen – passende Worte fehlen oder Gespräche werden einsilbig
- Gangunsicherheit und Schwindel – der Gang wird langsamer und unsicherer, es besteht erhöhte Sturzgefahr
- Sehstörungen – Gegenstände oder Gesichter werden nicht erkannt
- Blasenprobleme – starker Harndrang bis hin zu Harninkontinenz
- Stimmungsschwankungen – plötzliche Heiterkeit oder Traurigkeit, teils Aggressionen
- Müdigkeit – vermehrtes Schlafen am Tag
All diese Symptome können selbstverständlich auch andere Ursachen haben, wie zum Beispiel Vitamin- oder Flüssigkeitsmangel, Stoffwechselstörungen, Erkrankungen wie die Parkinson-Krankheit oder Infektionen.
Daher ist es wichtig, dass Sie Auffälligkeiten oder anhaltende Beschwerden frühzeitig bei Ihrem Hausarzt abklären.
Vaskuläre Demenz: Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen für vaskuläre Demenzen können vielfältig sein. Aus unterschiedlichen Gründen wie Ablagerungen (Arteriosklerose), Verengungen oder Verstopfungen können die Blutgefäße ihrem Auftrag, Blut zu transportieren, nicht mehr ausreichend nachkommen.(5)
Die Folge: Hirnzellen werden beschädigt oder sterben sogar ab. Die Durchblutungsstörungen können überall im Gehirn auftreten und damit verschiedene Symptome hervorrufen.(4)
Zwar sind vaskuläre Demenzen bislang nicht heilbar, es gibt aber gute Chancen, gegen ihre Ursache – die Durchblutungsstörungen – vorzugehen. Daher ist es wichtig, die Faktoren zu kennen, die das Risiko für Durchblutungsstörungen erhöhen.(6)
Risikofaktoren für vaskuläre Demenzen sind:(5)
- Hohes Lebensalter
- Bluthochdruck
- Rauchen
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
- Hohe Cholesterinwerte (Blutfettwerte)
- Arteriosklerose
- Übergewicht
- Bewegungsmangel
- Herzschwäche
- Herzrhythmusstörungen
- Übermäßiger Alkoholkonsum
- Familiäre Vorbelastung, zum Beispiel Schlaganfälle in der Familie
So können Sie das Risiko für eine vaskuläre Demenz senken
Das Risiko, an einer vaskulären Demenz zu erkranken, lässt sich nicht völlig ausschließen. Dennoch können Sie durch gezielte Anpassungen Ihres Lebensstils versuchen, das Risiko zu senken:(7)
- Achten Sie auf einen normalen oder gut eingestellten Blutdruck.
- Verzichten Sie auf Nikotin.
- Ernähren Sie sich ausgewogen.
- Bewegen Sie sich regelmäßig.
- Prüfen Sie Ihre Blutfett- und Blutzuckerwerte.
- Bleiben Sie weiterhin in Kontakt mit anderen und nehmen aktiv am Leben teil.
- Verzichten Sie auf Alkohol.
- Vermeiden Sie Übergewicht beziehungsweise reduzieren Sie, wenn nötig, Ihr Gewicht.
Vaskuläre Demenz: Diagnostik und Tests
Bevor die Diagnose „vaskuläre Demenz“ feststeht, sind meist verschiedene Untersuchungen nötig. pflege.de zeigt Ihnen, welche Methoden dabei zum Einsatz kommen:(8)(5)
- Anamnese: In einem Arztgespräch werden die Beschwerden, die Krankengeschichte und mögliche Risikofaktoren besprochen.
- Tests: Bei Verdacht auf eine Demenzerkrankung werden spezielle Demenz-Tests wie der Mini-Mental-Status-Test (MMST) durchgeführt.
- Bildgebende Verfahren: Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) zeigen Veränderungen im Gehirn.
- Laborwerte: Blutuntersuchungen klären mögliche andere Ursachen.
- Gefäßuntersuchungen: Die Doppler-Sonografie ist eine spezielle Ultraschalluntersuchung, die die Durchblutung in Gefäßen misst. Bei einem Elektrokardiogramm (EKG) werden Herzrhythmusstörungen erkannt. Bei einer Echokardiographie (Herzultraschall) wird die Herzfunktion überprüft.
Wann welche Methode zum Einsatz kommt, richtet sich immer nach dem Einzelfall.
Angelehnt an Abbildung aus dem Buch von H. Förstl: Alzheimer und Demenz (2021)
Je nachdem, welche Hirnregion betroffen ist, können ganz unterschiedliche funktionelle Störungen auftreten. Häufig äußern sich diese über die typischen Symptome bei vaskulärer Demenz. Ist beispielsweise das Wernicke-Areal betroffen, also das Sprachzentrum in der linken Gehirnhälfte, haben die Betroffenen Schwierigkeiten mit der Wortfindung und mit dem Verstehen der Wörter.

Verschiedene Arten der vaskulären Demenz
Unter den vaskulären Demenzen sind SAE und die Multi-Infarkt-Demenz die häufigsten Formen.(9)
SAE (Morbus Binswanger)
SAE steht für „Subkortikale Arteriosklerotische Enzephalopathie“. Hier sind Wandverdickungen in kleinen Blutgefäßen des Gehirns (Arteriosklerose) die Ursache, und Bluthochdruck der bedeutendste Risikofaktor.(6)
Weitere Begriffe für diese Form der vaskulären Demenz sind „Morbus Binswanger“ – nach dem Neurologen und Entdecker Otto Ludwig Binswanger, oder auch „subkortikale Demenz“.
Multi-Infarkt-Demenz
Eine weitere Form der vaskulären Demenz ist die sogenannte Multi-Infarkt-Demenz.
Manchmal ist ein einzelner, schwerer Schlaganfall dafür verantwortlich, oft aber sind es mehrere, sogenannte Multi-Infarkte im Gehirn.(6)
Mischform aus vaskulärer Demenz und Alzheimer
Es ist auch möglich, dass Menschen an einer Mischform aus Alzheimer-Demenz und vaskulärer Demenz erkranken. Gerade bei älteren Menschen sind solche Mischformen häufig.(1)
Vaskuläre Demenz: Verlauf, Stadien und Dauer
Vaskuläre Demenzen können schubweise oder stetig fortschreiten. Manche Menschen erleben Phasen ohne Verschlechterung, gefolgt von plötzlichen Einschränkungen.
Beginnende vaskuläre Demenz
Oft beginnt eine vaskuläre Demenz mit verlangsamten Denkprozessen, Problemen beim Verstehen komplexer Zusammenhänge und mit Gangunsicherheiten.
Manche Menschen können ihre Beeinträchtigungen länger kompensieren und finden Strategien, den Alltag gut zu bewältigen, wohingegen andere Menschen rasch Auffälligkeiten zeigen und früh Hilfe im Alltag benötigen.(2)
Den genauen Zeitpunkt beziehungsweise Beginn einer vaskulären Demenz festzulegen, ist in den meisten Fällen allerdings nicht mehr möglich.
Schübe bei vaskulärer Demenz
Typisch für die vaskuläre Demenz ist, dass sie in Schüben auftreten kann – das bedeutet auch, dass sich die Symptome stufenartig verschlechtern können. Solche Schübe können sehr belastend sein, da mit jedem Rückschritt weitere Fähigkeiten verloren gehen.(2)
Gerade deshalb ist es wichtig, Unterstützung und verfügbare Leistungen frühzeitig anzunehmen – sei es durch medizinische Betreuung, Alltagshilfen oder soziale Angebote. Damit lassen sich oft wichtige Freiräume erhalten und der Alltag bestmöglich gestalten.
Ein Pflegegrad bildet dabei die Grundlage für viele Leistungen der Pflegekasse. Mit dem kostenlosen Pflegegradrechner von pflege.de können Sie einschätzen, welcher Pflegegrad in Ihrem Fall infrage kommt.
Was bestimmt den Verlauf einer vaskulären Demenz?
Im Gegensatz zu einer Demenz vom Typ Alzheimer, die normalerweise langsam beginnt und sich kontinuierlich verschlechtert, kann sich eine vaskuläre Demenz relativ rasch entwickeln, sich abrupt verschlechtern, zum Stillstand kommen oder sich sogar leicht bessern.
Die „Dauer der Erkrankung“ gestaltet sich sehr unterschiedlich und hängt damit zusammen, in welchem Alter die Erkrankung auftritt. Auch die Anzahl und Schwere der Gefäßverschlüsse und/oder Hirnblutungen sind ausschlaggebend für den Verlauf.
Damit zeigen sich auch Symptome unterschiedlich rasch verlaufend und ausgeprägt – je nachdem, an welchen Stellen des Gehirns sich die Durchblutungsstörungen ereignen.(5)
Fortgeschrittene vaskuläre Demenz
Im fortgeschrittenen Stadium der vaskulären Demenz sind viele Alltagsfähigkeiten stark eingeschränkt. Die Betroffenen können häufig nicht mehr selbstständig für sich sorgen und benötigen umfassende Unterstützung, beispielsweise beim Ankleiden, bei der Körperpflege oder bei der Orientierung.
In manchen Fällen kommt es bereits zu längeren Phasen der Bettlägerigkeit, doch oft ist noch eine eingeschränkte Mobilität vorhanden. Auch die sprachliche Kommunikation ist zu diesem Zeitpunkt meist reduziert, jedoch nicht vollständig erloschen.
Eine weit fortgeschrittene vaskuläre Demenz ähnelt im Verlauf zunehmend der Alzheimer-Demenz. Mischformen zwischen beiden Demenzformen sind möglich.
Vaskuläre Demenz im Endstadium
Im Endstadium einer vaskulären Demenz unterscheidet sich das Krankheitsbild kaum noch von anderen schweren Demenzformen.
Die Betroffenen sind in der Regel dauerhaft bettlägerig, können sich kaum noch selbst bewegen und sind vollständig auf Hilfe angewiesen – auch bei grundlegenden Funktionen wie Essen und Trinken. Sinnvolle Gespräche sind in den meisten Fällen nicht mehr möglich.
Wichtig zu wissen ist, dass eine Demenz im Endstadium mit Komplikationen einhergehen kann. Dazu zählen beispielsweise ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle oder Herzinfarkte sowie Folgeerkrankungen wie Lungenentzündungen durch Verschlucken oder Dekubitus (Wundliegen) infolge längerer Bettlägerigkeit. Achten Sie daher auf einen sorgfältigen Infektionsschutz.(5)
Palliativpflege im Endstadium bei vaskulärer Demenz
Im Endstadium der vaskulären Demenz steht die professionelle palliative Betreuung im Vordergrund. Das Ziel der Palliativpflege ist es, Beschwerden zu lindern, Würde zu bewahren und eine möglichst hohe Lebensqualität zu ermöglichen. Spezialisierte Unterstützung kann durch Palliativpflegeteams, spezialisierte Pflegeheime oder Hospize erfolgen.
Gerade weil das Endstadium so umfassende Pflege erfordert, kann es entlastend sein, wichtige Entscheidungen bereits frühzeitig zu treffen – etwa durch Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen oder organisatorische Absprachen mit Angehörigen.
Wie hoch ist die Lebenserwartung mit vaskulärer Demenz?
Die Lebenserwartung bei einer vaskulären Demenz kann sehr unterschiedlich sein – sie hängt unter anderem von der allgemeinen Gesundheit, dem Krankheitsverlauf und der Unterstützung im Alltag ab.
Viele Betroffene können noch über mehrere Jahre ein erfülltes Leben führen, besonders wenn sie liebevoll gepflegt, medizinisch gut betreut und aktiv eingebunden werden.(5)
Gemeinsame Aktivitäten, Beschäftigung und Spiele, soziale Kontakte und kleine neue Erfahrungen tragen dazu bei, Freude und Selbstbestimmung so lange wie möglich zu bewahren.
Umso wichtiger sind eine gute und wertschätzende Pflege, Betreuung und Aktivierung, die den Betroffenen dabei helfen, so lange wie möglich am Leben teilzunehmen, unter Menschen zu sein, an Aktivitäten teilzunehmen und auch Neues kennenzulernen.
Vaskuläre Demenz: Behandlung/Therapie
Leider ist eine Heilung bei vaskulären Demenzen bislang ausgeschlossen – aber mit gezielten Maßnahmen können Sie den Verlauf positiv beeinflussen und geistige Fähigkeiten fördern.
Zudem kann es sinnvoll sein, die Risikofaktoren für vaskuläre Demenzen zu kennen und ihnen gezielt vorzubeugen, um das Risiko für weitere Durchblutungsstörungen zu senken.
Nicht-medikamentöse Therapien können vorhandene Fähigkeiten stärken:
- Ergotherapie kann alltägliche Fertigkeiten trainieren
- Musik- und Tanztherapie können die Sinne fördern und Lebensfreude erhalten
- Regelmäßiges Gehtraining kann die Mobilität verbessern
Medikamentöse Therapien richten sich nach der Ursache. Bisher gibt es keine speziellen Medikamente gegen vaskuläre Demenz selbst, aber es können andere Medikamente zum Einsatz kommen:
- Gerinnungshemmer und Blutdrucksenker wirken weiteren Gefäßschäden entgegen
- Psychopharmaka können Begleitsymptome wie Angst, Depression oder Schlafstörungen lindern
Gemeinsam mit Ihrem Arzt können Sie besprechen, welche Therapie-Methoden in Ihrem Fall geeignet sind.(5)
Tipps für pflegende Angehörige
Der „richtige“ Umgang mit Demenz ist gerade für Angehörige nicht immer leicht. Nicht nur, dass sich einige Verhaltensweisen ihres vertrauten Familienmitglieds ändern können, im späteren Verlauf kann sich auch die Persönlichkeit eines Menschen völlig verwandeln. War beispielsweise die Person bisher immer geduldig und ausgeglichen, kann sie plötzlich sehr ungeduldig und fordernd werden.
Gerade emotionale Ausbrüche, wie etwa Wut und Aggressionen bei Demenz, können den Pflegealltag für alle Beteiligten erschweren. Wenn Sie ein Familienmitglied mit Demenz pflegen, machen Sie sich immer wieder bewusst: Hinter dieser Erkrankung steckt immer noch derselbe Mensch mit einer Lebensgeschichte und eigenem Willen.
So schwer es Ihnen teilweise auch fallen kann, versuchen Sie möglichst einfühlsam zu sein. Ein fürsorglicher Umgang gibt demenzerkrankten Menschen ein sicheres Gefühl und kann Stresssituationen entgegenwirken.
In Pflegekursen können Sie sich wertvolles Wissen und praktische Techniken aneignen, die Sie im Alltag mit vaskulärer Demenz unterstützen. Diese Angebote sind für Sie kostenfrei und werden von der Pflegekasse bezahlt.
Vaskuläre Demenz: Erfahrungsbericht einer Angehörigen
Am Anfang waren es nur merkwürdige Worte. Jahre später folgte die Diagnose „Vaskuläre Demenz“. Im Interview mit pflege.de erzählt Kirstin, wie sie die ersten Anzeichen bei ihrem Ehemann bemerkte, was sich seit der Diagnose verändert hat und wie sie den Alltag heute gemeinsam meistern.
Häufig gestellte Fragen
Was ist vaskuläre Demenz?
Vaskuläre Demenzen sind der Überbegriff für alle Demenzformen, die durch Störungen der Blutversorgung im Gehirn verursacht werden. Sie machen rund 15 Prozent aller Demenzerkrankungen aus und sind somit nach Alzheimer die häufigste Demenzform.
Was bedeutet SAE?
SAE ist die Abkürzung für „Subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie“ und ist die häufigste Unterform der vaskulären Demenzen. SAE wird auch als „Morbus Binswanger“ oder „subkortikale Demenz“ bezeichnet.
Wie hoch ist die Lebenserwartung bei vaskulärer Demenz?
Wie lange ein Mensch mit einer vaskulären Demenz leben wird, hängt von der körperlichen Verfassung, dem Krankheitsstadium und der medizinischen Betreuung ab. Viele Betroffene können noch über mehrere Jahre ein erfülltes Leben führen.
Wie entsteht eine vaskuläre Demenz?
Vaskuläre Demenzen entstehen durch Durchblutungsstörungen im Gehirn. Hirnzellen erhalten zu wenig Sauerstoff und sterben ab. Häufige Ursachen sind: Schlaganfälle, Blutgerinnsel in Hirngefäßen, Arterienverkalkung (Arteriosklerose) und Blutungen im Gehirn.
Wie äußert sich eine vaskuläre Demenz?
Vaskuläre Demenz beginnt oft mit verlangsamten Denkprozessen, Problemen beim Verstehen komplexer Zusammenhänge und mit Gangunsicherheiten. Typische Symptome sind: Denkstörungen, Orientierungsprobleme, Gedächtnisstörungen, Sprachstörungen, Gangunsicherheit und Schwindel, Sehstörungen, Blasenprobleme, Stimmungsschwankungen und Müdigkeit.
Wie verläuft eine vaskuläre Demenz?
Typisch für einen Verlauf der vaskulären Demenz sind die Schübe, die stufenweise eine Verschlechterung bewirken. Verantwortlich dafür sind kleine oder größere Hirninfarkte, die Teile des Gehirns zerstören.