Sicher kennen Sie als pflegender Angehöriger die Situation, wenn Sie kurzfristig eine Vertretung für sich brauchen – für ein paar Stunden, Tage oder auch Wochen –, weil Sie wichtige Termine haben, selbst krank sind oder eine kleine Auszeit brauchen. In diesem Fall greift die sog. Verhinderungspflege. Das Konzept der Verhinderungspflege: Pflegende Angehörige oder der Pflegebedürftige selbst engagiert ersatzweise einen ambulanten Pflegedienst oder es springen Verwandte, Freunde oder Nachbarn ein und versorgen den Pflegebedürftigen stellvertretend für die Hauptpflegeperson. Die Verhinderungspflege erstattet die Kosten bis zu einer bestimmten Höhe, wenn der Pflegebedürftige Pflegegrad 2, Pflegegrad 3, Pflegegrad 4 oder Pflegegrad 5 hat.
Definition: Verhinderungspflege – Was ist Verhinderungspflege?
Verhinderungspflege nach § 39 SGB XI ist eine Leistung der Pflegeversicherung und ist wie folgt definiert:
Ist eine Pflegeperson wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder aus anderen Gründen an der Pflege gehindert, übernimmt die Pflegekasse die nachgewiesenen Kosten einer notwendigen Ersatzpflege für längstens sechs Wochen je Kalenderjahr (siehe Quelle 1).
Das Wichtigste in Kürze: Verhinderungspflege
- Verhinderungspflege bedarf nicht unbedingt eines Antrags vor der Inanspruchnahme von Leistungen, wenn Pflegebedürftige bereits Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 haben.
- Es ist möglich, Verhinderungspflege rückwirkend geltend zu machen.
- Die jährliche Kostenübernahme für Verhinderungspflege beträgt bis zu 1.612 Euro.
- Es besteht ein jährlicher Anspruch auf bis zu sechs Wochen Verhinderungspflege.
Wann kann Verhinderungspflege beantragt werden?
Weil es manchmal notwendig ist, unerwartet und kurzfristig Ersatz für die Pflege zu finden, muss nicht zwingend vor der Inanspruchnahme der Verhinderungspflege der Antrag gestellt werden. Leistungen der Verhinderungspflege müssen auch nicht im Voraus von der Pflegekasse genehmigt werden, wichtig ist nur, dass während der Verhinderungspflege alle Belege und Nachweise zu den Aufwendungen gesammelt werden, um sie später bei der Pflegekasse einzureichen.
Aufwendungen für Verhinderungspflege können z. B. die Kosten für Pflegesachleistungen eines ambulanten Pflegedienstes sein. Es kann sich aber auch um den Verdienstausfall oder die Fahrtkosten einer Privatperson handeln. Für die Kostenerstattung muss der Pflegebedürftige dann einen Antrag auf Verhinderungspflege bei seiner Pflegekasse stellen.
Der Antrag und die Erstattung der Kosten für eine Verhinderungspflege sind also rückwirkend möglich. Wichtig zu wissen ist auch, dass der jährliche Kostenrahmen für die Verhinderungspflege auf 1.612 Euro begrenzt ist. Verhinderungspflege kann bis zu sechs Wochen pro Jahr genutzt werden.
Verhinderungspflege auch ohne Pflegegrad möglich?
Ihr pflegebedürftiger Angehöriger kann nur Leistungen der Verhinderungspflege in Anspruch nehmen, wenn er Leistungen des Pflegegrads 2 bis 5 erhält und Sie ihn mindestens sechs Monate in seiner Wohnung versorgt und betreut haben. Personen ohne einen anerkannten Pflegegrad oder mit Pflegegrad 1 erhalten keine Verhinderungspflege.
Damit Sie sich von der anstrengenden Pflege- und Betreuung Ihres Angehörigen erholen können, können Sie bis zu sechs Wochen im Jahr die Leistungen der Verhinderungspflege (1.612 Euro) nutzen, entweder für einen Urlaub von der Pflege oder für stundenweise Auszeiten über das Jahr verteilt.
Stundenweise Verhinderungspflege
Pflegebedürftige haben Anspruch auf Verhinderungspflege, um damit ihre pflegenden Angehörigen zu entlasten. Dabei ist es der Situation und den Pflegepersonen überlassen, ob sie mehrere Wochen am Stück Urlaub oder über das Jahr stundenweise Verhinderungspflege in Anspruch nehmen wollen um sich so kleine Auszeiten im Alltag zu schaffen.

Zwar können Sie als pflegender Angehöriger in einem mehrwöchigen Urlaub viel Kraft schöpfen, die besondere Wirkung der kleinen Atempausen im Rahmen der stundenweisen Verhinderungspflege, die Sie sich regelmäßig gönnen, dürfen Sie aber nicht unterschätzen.
Dass Sie sich diese Auszeiten nehmen und in dieser Zeit die Pflegeverantwortung komplett abgeben, ist besonders wichtig. Denn solche Auszeiten ermöglichen es Ihnen, dass Sie auch weiterhin Freundschaften pflegen und regelmäßig ausspannen können, sei es beim Sport, in der Sauna, beim Spaziergang, im Kino, auf ein Bier, beim Kaffeekränzchen, im Chor oder beim Kegeln.
Sofern Pflegebedürftige Verhinderungspflege in Anspruch nehmen, erhalten sie die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegelds für bis zu 6 Wochen weiterhin. Das heißt: Auch wenn Pflegebedürftige Verhinderungspflege nutzen, besteht ihr Anspruch auf Pflegegeld fort und zwar in Höhe der Hälfte des bisher bezogenen Pflegegelds. Wichtig zu wissen: Der erste und der letzte Tag der Verhinderungspflege werden vollständig mit dem Pflegegeld vergütet.
Verhinderungspflege in einer stationären Einrichtung
Verhinderungspflege soll es Pflegebedürftigen ermöglichen, weiterhin auch dann in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben, wenn Sie als pflegender Angehöriger vorübergehend ausfallen. Häufig weiß man vorher, wann und wie lange eine Ersatzpflege organisiert werden muss, z. B. wenn für den pflegenden Angehörigen eine Operation oder ein mehrwöchiger Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik geplant ist.
Fällt die Pflegeperson aber ganz überraschend aus, z. B. wegen eines Unfalls oder einer plötzlichen schweren Krankheit, dann ist es manchmal vielleicht nicht möglich, innerhalb weniger Stunden eine verlässliche Pflege so zu organisieren, damit der Pflegebedürftige zu Hause bleiben kann.