Wer seine Wohnung oder sein Haus barrierefrei umrüstet, kann auch mit körperlichen Einschränkungen im Alter selbstbestimmt leben und im eigenen Zuhause wohnen bleiben. pflege.de klärt auf, worauf Sie bei der barrierefreien Umgestaltung Ihres Wohnumfelds achten müssen, welche Stolperfallen Sie besser umbauen sollten und welche Fördermöglichkeiten es für Sie gibt.

So lange wie möglich in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben – Das ist der Wunschtraum der meisten Menschen. Das eigene Zuhause ist über Jahre hinweg der persönliche Rückzugsort geworden, in dem man sich wohl fühlt, einen Großteil seines Alltags verbringt und seine Habseligkeiten aufbewahrt. Oft stecken viele Erinnerungen in der eigenen Wohnung oder im Haus, und neben dem emotionalen Wert hat man über Jahre hinweg meistens auch immer wieder Geld für die Instandhaltung der Immobilie investiert. Das eigene Zuhause ist somit Heimathafen und Altersvorsorge zugleich.
Barrierefreies Wohnen: Definition
Was bedeutet barrierefreies Wohnen eigentlich? Das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz, kurz: BGG) definiert in § 4 den Begriff „barrierefrei“ folgendermaßen:
Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.(1)
Für ältere Menschen heißt das, dass sie sich damit ein Stück Selbstständigkeit zurückerobern. Sie können sich eigenständig in ihrem Wohnumfeld bewegen, fühlen sich sicher und gewinnen mehr Lebensqualität zurück.
Für pflegende Angehörige heißt das, dass sie sich über mehr Entlastung, Sicherheit und Unabhängigkeit freuen können. Der Pflegebedürftige ist nicht mehr in dem Maße wie vorher auf Hilfe angewiesen und Angehörige wissen ihn sicher aufgehoben.
Barrierefrei Wohnen und Bauen: Vorteile auf einen Blick
Wenige Menschen sorgen rechtzeitig dafür, ihr Wohnumfeld altersgerecht und behindertengerecht zu gestalten. Dabei können barrierefreie Wohnungen nicht nur im Alter hilfreich sein. Schwellenfreie Zugänge und eine großzügige Raumplanung können beispielsweise auch jungen Familien den Alltag mit Kinderwagen erleichtern. Darüber hinaus sprechen weitere Vorteile für barrierefreies Bauen:
Barrierefreies Bauen: Kriterien & Grundlagen

Im Bereich des Bauens sind die Kriterien für Barrierefreiheit klar festgelegt. Sie sind für Wohngebäude in der DIN-Norm 18040-2 (Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 2: Wohnungen) festgelegt. Darin wurde bestimmt, wie die einzelnen Bereiche einer Wohnung laut Norm gestaltet sein müssen, damit sie als barrierefrei gelten.(2)
Für Rollstuhlfahrer werden in der Norm teilweise abweichende Mindestmaße genannt, da ein Rollstuhl in der Regel mehr Bewegungsfläche erfordert. In der Bauordnung Ihres Bundeslandes finden Sie die detaillierten technischen Baubestimmungen für barrierefreies Bauen.
Barrierefrei bauen: Wer darf Wohnräume anpassen?
Grundsätzlich darf jeder – sowohl Eigentümer als auch Mieter – sein Wohnumfeld barrierefrei gestalten. Nach § 554a, Abs. 1, Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zur Barrierefreiheit kann jeder Mieter von seinem Vermieter die Zustimmung für bauliche Veränderungen am Mietobjekt einfordern, wenn er ein berechtigtes Interesse hat. Ein berechtigtes Interesse liegt vor, wenn entweder er oder ein Familienmitglied eine körperliche Einschränkung hat.(3)
Barrierefreie Umbauten in Mietwohnungen: Zustimmung vom Vermieter
Für Sie als Betreuungsperson, die als weiterer Mieter mit im Haushalt lebt, bedeutet das, dass Sie zunächst Ihren Vermieter um Zustimmung bitten müssen, wenn Sie den Wohnraum barrierefrei ausbauen möchten. Der Vermieter kann daraufhin seine Zustimmung verweigern, wenn „sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an einer behindertengerechten Nutzung der Mietsache überwiegt“, so das Gesetz.
Das gilt allerdings nur für Umbauten, die in die Bausubstanz eingreifen, wie zum Beispiel die Installation eines Hublifts, ein substanzieller Badumbau mit barrierefreier Dusche oder das Entfernen von Schwellen an Türen.
Keine Genehmigung benötigen Sie als Mieter für kleinere Maßnahmen der Wohnraumanpassung wie zum Beispiel die Installation eines Notrufsystems, das Anbringen von Haltegriffen oder eines elektrischen Türöffners. In der Praxis weigern sich Vermieter nur selten – selbst bei größeren Umbauten –, denn ein barrierefreier Umbau bringt auch dem Vermieter Vorteile:
- Der Mieter bleibt länger in der Wohnung wohnen.
- Der Vermieter muss keinen neuen Mieter suchen.
- Die Immobilie des Vermieters gewinnt durch den fachgerechten barrierefreien Ausbau zusätzlich an Wert.
Barrierefreie Umbauten im Eigentum
Als Hauseigentümer haben Pflegebedürftige und Angehörige bei der Gestaltung ihrer Immobilie weitgehend freie Hand. Beachten Sie lediglich, ob Sie eine Baugenehmigung für bestimmte Maßnahmen einholen müssen. Wohnungseigentümer in Mehrfamilienhäusern müssen einige Dinge zusätzlich bedenken: Solange der barrierefreie Umbau nur die Wohnung betrifft, gelten die gleichen Regeln wie für Hauseigentümer. Sind jedoch auch Gemeinschaftsflächen wie etwa der Hauseingang betroffen, benötigen Sie eine Einwilligung der Eigentümergemeinschaft.
Tipps und Tricks: Barrierefreiheit für wenig Geld
Schon Kleinigkeiten können für ein barrierefreies Leben viel bewirken: Um sich auch mit Handicaps frei bewegen zu können, ist grundsätzlich eine ausreichend große Bewegungsfläche wichtig. pflege.de gibt Tipps, wie Sie sich und Ihrer Familie bereits mit wenig Aufwand und geringen Kosten den Alltag erleichtern können.
- Misten Sie aus
Alles, was einfach nur rumsteht und im Grunde keinen wirklichen Zweck hat, sollten Sie entsorgen. Das heißt: Weg mit den Blumentöpfen auf der Treppe, dem Tischchen in der Ecke und dem kleinen Regal mit der Deko. So schaffen Sie Bewegungsfreiheit. - Erhöhen Sie Sitzmöbel und Bett
Mit zunehmendem Alter fällt es schwerer, von Sessel, Sofa oder dem Bett aufzustehen. Je höher die Möbel sind, desto komfortabler ist das Aufstehen und Hinsetzen. Tauschen Sie tiefe Möbelstücke gegen höhere aus oder lassen Sie sich vom Schreiner höhere Beine an die vorhandenen Möbel montieren. - Bringen Sie Verlängerungen an Fenstergriffen an
Durch Fenstergriff-Verlängerungen können auch Menschen im Rollstuhl das Fenster öffnen und schließen. Es gibt fest montierte und mobile Verlängerungsgriffe. Eine noch komfortablere Alternative zu den mechanischen Verlängerungen sind nachrüstbare elektrische Antriebe mit Fernbedienung. - Beseitigen Sie Stolperfallen
Fußabstreifer oder -matten sollten Sie zugunsten des barrierefreien Wohnens festkleben oder in den Boden einlassen, damit man nicht darüber stolpern kann. Rutschhemmende Folien und Beschichtungen auf dem Boden verhindern Stürze und schaffen ein sicheres Trittgefühl. - Platzieren Sie Hilfsmittel griffbereit
Generell sollten Sie Hilfsmittel zum Greifen oder Gehen dort unterbringen, wo Sie sie oder Ihr pflegebedürftiger Angehöriger brauchen. Anziehhilfen zum Zuknöpfen von Jacken oder Anziehhilfen für Schuhe gehören also in die Garderobe bzw. in den Eingangsbereich. Auch eine Gehhilfe mit Einkaufskorb sollte in der Nähe der Haustür parat stehen.
Lösungen für einen barrierefreien Wohnraum

Barrierefrei leben umfasst viele Bereiche. In der Regel bedarf es einiger Detaillösungen, um umfassende Barrierefreiheit im Wohnbereich zu gewährleisten. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht mit den wichtigsten Aspekten für barrierefreies Wohnen:
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Barrierefreier Eingangsbereich
Schwellen an Fenstertüren zur Terrasse oder Stufen am Hauseingang sind von Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit nicht oder nur schwer überwindbar. Spezielle Rollstuhlrampen & Rampensysteme helfen, solche Schwellen mit einem Rollstuhl oder Rollator zu überwinden. Es gibt sowohl fest installierbare Systeme als auch mobile, ausfahrbare Rampen. Ist der Höhenunterschied aber größer, kann gegebenenfalls ein Außenaufzug wie zum Beispiel ein Hublift die barrierefreie Lösung für den Eingangsbereich sein. Im Falle eines größere Hindernisses, wird eine bauliche Maßnahme notwendig, um einen schwellenfreien Übergang zu schaffen.
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Treppensteigen erleichtern
Gerade die Treppe wird mit zunehmendem Alter ein unüberwindbares Hindernis. Durchgängige Handläufe an beiden Seiten und eine Ausleuchtung der Stufen durch LEDs machen sie sicherer. Anti-Rutsch-Beläge und -Beschichtungen der Stufen sind eine weitere Möglichkeit, Treppen sicherer zu gestalten. Allerdings ist das nicht immer die beste Lösung: Wenn der Fuß beim Treppensteigen durch einen Anti-Rutsch-Belag abrupt stoppt, können Betroffene schnell das Gleichgewicht verlieren. Wesentlich komfortabler und sicherer wird das Treppensteigen durch Liftsysteme, die fest an der Treppe montiert sind.
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Barrierefreies Bad
Das Badezimmer ist im Hinblick auf barrierefreies Wohnen eine der wichtigsten Räumlichkeiten im Haus. Schließlich möchte man insbesondere bei der Körperpflege ohne Hilfe auskommen und seine Privatsphäre genießen. Dusche, Badewanne, Waschbecken, WC – hier gibt es allerdings viele Stellen, die für ein barrierefreies Badezimmer angegangen werden können. Grundsätzlich ist es besonders im Bad wichtig, ausreichende Bewegungsfläche und Haltegriffe zur Verfügung zu haben. Haltegriffe für das WC oder die Dusche, die fest in der Wand verankert sein müssen, bieten dem Senioren Sicherheit.
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Barrierefreie Küche
In einer barrierefreien Küche ist alles darauf ausgelegt, dass Bewohner die Kochutensilien gut erreichen können – auch Rollstuhlfahrer. Höhenverstellbare Oberschränke und unterfahrbare Arbeitsplatten sind somit ideal. Bei unterfahrbaren Arbeitsplatten eignen sich Arbeitsstühle, die gehandicapten Menschen die Küchenarbeit ungemein erleichtern. Die Auswahl der Kochutensilien ist ebenfalls entscheidend für die Sicherheit und den Komfort. Zu praktischen Hilfsmitteln gehören hier beispielsweise besonders leichtgängige Dosenöffner oder spezielles gut greifbares Besteck.
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Wohnräume barrierefrei gestalten
In allen Wohnräumen eines Hauses sollte zunächst eine gute Beleuchtung vorhanden sein. Eine gut ausgeleuchtete Wohnung kann dabei helfen, die Orientierung zu behalten und Stürze zu vermeiden. Am besten eignen sich hier Leuchten, die sich automatisch über Bewegungsmelder ein- und ausschalten lassen.
Bei Möbeln ist besonders auf die Standsicherheit zu achten. Die Möbel müssen fest stehen, damit sich Senioren besser darauf abstützen können. Zudem erschweren weiche Polster und tiefe Sitzgelegenheiten das Aufstehen. Daher sollte hier bestenfalls auf festere Polster zurückgegriffen werden. Im Schlafzimmer hilft ein elektrisches Bett, wie etwa ein Pflegebett, dessen Matratze sich motorbetrieben in Sitzposition fahren lässt.
Zugunsten der Barrierefreiheit kann auch die sogenannte Raumgeometrie der Räume verbessert werden. Dazu gehört die Verbreiterung der Türdurchgänge für Rollstuhlfahrer ebenso wie der Abbau von Schwellen (zum Beispiel zu Balkon oder Terrasse) und mögliche Änderungen des Raumzuschnitts.
Grundrisse für eine barrierefreie Wohnung und Haus
Der Grundriss einer rollstuhlgerechten und barrierefreien Wohnung zeichnet sich durch möglichst viel Freifläche zum Rangieren mit dem Rollstuhl aus. Im Übrigen erleichtert ausreichend Platz auch Ihnen als pflegender Angehöriger die Arbeit mit dem Betreuungsbedürftigen.
Beispiel zur barrierefreien Modernisierung einer Zwei-Zimmer-Wohnung:
Beispiel zur barrierefreien Modernisierung einer Zwei-Zimmer-Wohnung
Finanzierung und Fördermöglichkeiten für barrierefreies Bauen
Eine Wohnung oder ein Haus barrierefrei und altersgerecht umzubauen und einzurichten, kostet Geld. Die gute Nachricht: Hier gibt es verschiedene Fördermöglichkeiten.
- Zuschuss durch die Pflegekasse
Ist ein Bewohner pflegebedürftig, beteiligt sich unter bestimmten Voraussetzungen auch die Pflegekasse im Rahmen der Wohnraumanpassung an den Umbaukosten. Versicherte können dabei mit bis zu 4.000 Euro Unterstützung rechnen, die einmalig für alle Maßnahmen der „Barrierereduzierung“ bezahlt werden, wenn sie auch tatsächlich für den Zustand des Versicherten erforderlich sind. Das bedeutet: Die Maßnahme muss die Lebenssituation des Versicherten deutlich verbessern und die Einschränkung bis zu einem sinnvollen Grad beheben. Eine weitere Bezuschussung der Pflegekasse von bis zu 4.000 Euro ist immer dann wieder möglich, wenn sich die Lebenssituation des Versicherten verändert hat und Maßnahmen erforderlich werden, die bislang nicht benötigt wurden.
- KfW-Zuschuss
Der Staat unterstützt Bau- und Umbaumaßnahmen, die Barrieren vermeiden oder abbauen, unter anderem über das Programm „Barriere-Reduzierung“ der KfW-Förderbank. Hier können Sie zwischen einem zinsvergünstigten Kredit bis zu 50.000 Euro oder einem Investitionszuschuss von maximal 6.250 Euro pro Wohneinheit wählen. Wichtig zu wissen ist, dass die Förderung unbedingt vor Beginn der Bauarbeiten beantragt werden muss.
Sofern Sie für Ihre Umbauten einen KfW-Zuschuss in Anspruch nehmen, müssen alle Baumaßnahmen die Vorgaben erfüllen. Um Unterstützung für die Umbauten bei der Pflegekasse zu erhalten, müssen keine Bauvorgaben eingehalten werden. Wichtiger ist in diesem Fall der Bedarf aufgrund Ihres persönlichen Gesundheitszustandes.
- Weitere Förder-Programme
Die meisten Bundesländer und vereinzelt auch Kommunen haben eigene Förder-Programme zur Wohnraumanpassung aufgelegt. Einen guten Überblick gibt hierzu die Förderdatenbank des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi).(4)
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet barrierefreies Wohnen?
Wie barrierefreies Wohnen zu gestalten ist, wurde im Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (BGG) unter §4 Barrierefreiheit definiert. Für den Bau eines barrierefreien Wohngebäudes sind die Kriterien in der DIN-Norm 18040-2 festgelegt. Darin ist nachzulesen, wie die einzelnen Bereiche einer Wohnung gebaut werden müssen, damit sie der DIN-Norm entsprechen.