Vorsorgevollmacht: Definition
Durch eine Vorsorgevollmacht beauftragen Sie eine oder mehrere Personen Ihres Vertrauens, in Ihrem Namen rechtliche Entscheidungen zu treffen, Verträge abzuschließen und für Sie zu handeln. Sie können in der Vorsorgevollmacht festlegen, ob sie für all Ihre Angelegenheiten gelten soll oder nur für einzelne, detailliert beschriebene Aufgaben und Entscheidungen. Die Vorsorgevollmacht tritt erst dann in Kraft, wenn Sie diese Aufgaben nicht mehr selbst erledigen können.
Anwendungsbereiche einer Vorsorgevollmacht
Eine Vorsorgevollmacht ist so etwas wie die „Mutter aller Vollmachten & Verfügungen“ im Rahmen der rechtlichen Pflegevorsorge für das Alter. In ihrem Rahmen lassen sich auch bereits Vorkehrungen im Sinne einer Patientenverfügung oder Betreuungsvollmacht treffen. Dennoch spricht nichts dagegen, dass Sie Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht separat aufsetzen.
Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie zum Beispiel festlegen, in welchen Bereichen Sie durch einen Bevollmächtigten vertreten werden sollen:
- Vermögenssorge: Umgang mit Geld und geldwerten Sachen
- Gesundheitsfürsorge: Vor allem ärztliche Behandlung und Regelung der Pflege
- Aufenthaltsbestimmungsrecht: Wohnort des Betreuten
- Wohnungsangelegenheiten: Mietvertrag, Heimvertrag
- Behördenangelegenheiten: Vor allem Kranken- und Pflegekasse
- Vertretung vor Gericht
- Entgegennahme und Öffnen von Post
- Befreiung vom Verbot sogenannter In-sich-Geschäfte: Zum Beispiel bei Pflegegeld-Bezug, wenn der bevollmächtigte Ehepartner die Pflege zuhause übernimmt und sich das Pflegegeld auf das eigene Bankkonto überweist.

Selbst wenn Sie eine umfassende Vorsorgevollmacht mit allen oben genannten Lebensbereichen errichten, ist es ratsam, folgende weitere Verfügung aufzunehmen:
„Sollte das Betreuungsgericht eine Betreuung trotz der Vorsorgevollmacht für einen Lebensbereich für erforderlich halten, so bleibt die Vollmacht im Übrigen bestehen. Für diesen Fall wünsche ich, dass die bevollmächtigte Person(en) zu meinem(n) Betreuer(n) bestellt werden soll(en).“
So verhindern Sie, dass neben der bevollmächtigten Person eine weitere Person Rechtsgeschäfte für Sie führen darf.
Bevollmächtigte Person vorher fragen
Sie können niemanden dazu zwingen, als Ihr Bevollmächtigter zu agieren. Deshalb ist es gut, wenn Sie die Person Ihres Vertrauens vorher fragen – und vielleicht sogar Ihre Zustimmung in die Vollmacht aufnehmen (lassen).

Die bevollmächtigte Person kann jederzeit die Vollmacht zurückgeben. Etwas anderes gilt nur, falls die bevollmächtigte Person sich vertraglich gegebenenfalls gegen Entgelt zur Durchführung der rechtlichen Betreuung verpflichtete.
Die Gültigkeit einer Vorsorgevollmacht
Eine Vorsorgevollmacht gilt solange, wie Sie sie nicht widerrufen. Die Vorsorgevollmacht kann damit durchaus über den Tod hinaus gelten und erst dann enden, wenn Ihre Erben sie explizit widerrufen. Solange kann also auch ein von Ihnen Bevollmächtigter im Sinne Ihrer Vorsorgevollmacht handeln. Deshalb sollten Sie in Ihrer Vorsorgevollmacht genau festlegen, welche Regelungen Sie für den Todesfall treffen.
Einen Widerruf können Sie allerdings jederzeit machen – ohne Angabe von Gründen. Sie sollten sich in diesem Fall das Original vom Bevollmächtigten zurückgeben lassen. Außerdem sollten Sie Dritte, wie etwa Banken, Versicherungen sowie das Gericht, davon unterrichten, dass Sie die Vorsorgevollmacht widerrufen.
Eine Vorsorgevollmacht gibt dem Bevollmächtigten übrigens nicht alle Rechte; einiges ist ihm sogar per Gesetz verboten:
- Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB: Er kann nicht in Ihrem Namen Rechtsgeschäfte mit sich selber tätigen. Das heißt, er kann sich nicht aus Ihrem Vermögen beschenken.
- Bankvollmacht: Bankgeschäfte kann der Bevollmächtigte durchaus in Ihrem Namen tätigen, wenn Sie dies vorgesehen haben. Die meisten Banken bestehen jedoch darauf, dass der Vollmachtgeber währenddessen anwesend ist oder zuvor eine gesonderte Bankvollmacht unterzeichnet hat.
- Kontrollbetreuer: Sollte das Betreuungsgericht feststellen (evtl. auf Anregung Ihrer Angehörigen), dass Ihr Bevollmächtigter nicht in Ihrem Sinne handelt, etwa wenn es um die Unterbringung geht, wird es gegebenenfalls einen sogenannten Kontrollbetreuer einsetzen (Abs. 3 § 1896 BGB). Dieser Kontrollbetreuer ist nur dazu da, Ihre Rechte als Vollmachtgeber gegenüber der von Ihnen bevollmächtigten Person zu vertreten.(1)

Wollen Sie der bevollmächtigten Person jedoch größtmögliche Handlungsfreiheit geben, so befreien Sie diese vom gesetzlichen Verbot nach § 181 BGB, Rechtsgeschäfte mit sich selbst zu schließen. So kann diese Person zum Beispiel Ihr Fahrzeug verkaufen und vom Kaufpreis die Pflege für Sie finanzieren.
Mit einer Innenvollmacht können Sie Schenkungen regeln
Anderes können Sie selbst regeln, zum Beispiel das Verbot der Schenkung: In vielen Musterformularen wird dem Bevollmächtigten das ausdrücklich verboten. Auch Sie können selbst regeln, dass nur gewisse Schenkungen (eventuell zum Geburtstag in einer von Ihnen festgesetzten Höhe) möglich sind. Mit dieser sogenannten Innenvollmacht regeln Sie ganz genau, wer wann und in welcher Höhe beschenkt werden soll.
Wer soll die Vollmacht bekommen?
Sie wissen nicht, wen Sie mit der Vollmacht für Ihre Angelegenheiten betrauen sollen oder sind sich unsicher? Wenden Sie sich an spezialisierte Anwälte, die die Vollmachten oder Verfügungen mit Ihnen zusammen aufsetzen und letzte Fragen klären. Auch existieren Online-Dienste, mit denen eine Vollmacht oder Verfügung erstellt werden kann, ohne direkt einen Anwalt zu beauftragen.
Vorsorgevollmacht bei mehreren bevollmächtigten Personen
Vielleicht möchten Sie Ihren Partner und Ihre Kinder allesamt als Bevollmächtigte einsetzen. Das ist zwar möglich, könnte sich aber bei der Umsetzung als schwierig erweisen. Denken Sie daran, dass der oder die Bevollmächtigten möglichst in der Nähe wohnen sollten. Manche Entscheidungen, etwa die Zustimmung oder Ablehnung einer ärztlichen Maßnahme, müssen schnell getroffen werden. Da hilft es Ihnen wenig, wenn Ihre Kinder erst aus dem Ausland einfliegen müssen, weil Sie festgelegt haben, dass alle einstimmig entscheiden sollen.
Setzen Sie Ihre Vorsorgevollmacht nicht allein auf, sondern besprechen Sie sie im Kreis Ihrer Familie oder der potenziellen Bevollmächtigten. Ein offenes Wort im Vorhinein kann hier viel bewirken und lässt Sie und Ihre Bevollmächtigten sicher agieren.

Leider passiert es nicht selten, dass bei mehreren bevollmächtigten Personen Streit aufkommt und die Betreuung dadurch behindert wird. So zum Beispiel, falls der Sohn (zuständig für die Finanzen) der Tochter (zuständig für die Gesundheit und Pflege) nicht ausreichend Geld für die Pflege des pflegebedürftigen Elternteils zur Verfügung stellt. So empfiehlt es sich, nur eine Person zu bevollmächtigen. Ist die bevollmächtigte Person für eine gewisse Zeit verhindert, sollten Sie jedoch in jedem Fall für diese Zeit eine Vertretung bestellen.
Kostenloses Beispiel – Muster-Vordruck „Vorsorgevollmacht“
Eine Vorsorgevollmacht sollten Sie nicht einfach so schreiben, sondern sich zumindest an einer Vorlage orientieren. Ein kostenloses Muster für eine Vorsorgevollmacht stellt unter anderem das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) online zur Verfügung. Mit dieser Vorlage „Vorsorgevollmacht“ sind Sie schon einmal auf der sicheren Seite, weil Sie nichts Wichtiges vergessen können. Sie müssen das Muster ausdrucken, ausfüllen und anschließend das Original an den Bevollmächtigten geben. Sie behalten eine Kopie für Ihre Unterlagen.
Nehmen Sie sich die Zeit und formulieren Sie Ihre Vorsorgevollmacht so detailliert wie möglich.
Mit einer Vorsorgevollmacht für Gesundheitsangelegenheiten können Sie beispielsweise Folgendes regeln:
- Aufnahme, Fortführung oder Abbruch medizinischer Therapien
- Ihre Wünsche hinsichtlich der Unterbringung mit freiheitsentziehender Wirkung
- Ihre Zustimmung zu ärztlichen Zwangsmaßnahmen (Unterbringung und freiheitsentziehende Maßnahmen)
- Entbindung der Ärzte von der Schweigepflicht
- Berechtigung des Bevollmächtigten, einzelne Untervollmachten zu erteilen
- Anweisung, dass der Bevollmächtigte auch als gesetzlicher Betreuer bestellt wird
Vorsorgevollmacht: mit Notar oder ohne Notar?
Sie müssen für das Verfassen einer Vorsorgevollmacht keinen Notar aufsuchen. Dies gilt selbst dann, wenn Sie in der Vorsorgevollmacht festgelegt haben, dass der oder die Bevollmächtigten Sie auch in Grundstücksangelegenheiten vertreten sollen. Auch hier reicht eine Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde (BGH, Beschluss vom 12. November 2020 – V ZB 148/19). Diese Gerichtsentscheidung ist jedoch noch nicht sehr bekannt, sodass der Gang zum Notar empfehlenswert ist, falls Sie Auseinandersetzungen beispielsweise mit dem Grundbuchamt vermeiden wollen.
Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung als sinnvolle Ergänzung
Die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung ergänzen einander. In einer Patientenverfügung legen Sie zusätzlich fest, welchen medizinischen Therapien an Ihrem Lebensende Sie zustimmen und welche Sie ablehnen. Die Patientenverfügung wendet sich an den Arzt, Ihre Vorsorgevollmacht regelt dagegen, wer Sie in bestimmten Angelegenheiten vertreten soll.
Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
Eine Vorsorgevollmacht setzt vor allem eins voraus: unbedingtes Vertrauen in die Person, der Sie womöglich umfangreiche Vollmachten einräumen. Eine Vorsorgevollmacht gilt auch sofort, wenn der Notfall eintritt. Eine Betreuungsverfügung gilt erst dann, wenn das Gericht den Betreuer bestätigt hat, den Sie ihm genannt haben. Die Bestätigung erfolgt jedoch erst, nachdem sich das Gericht davon überzeugt hat, dass die Person geeignet ist. Diese Überprüfung entfällt bei einer Vorsorgevollmacht – umso wichtiger ist es, dass Sie hundertprozentig sicher sind, die richtige Person zu bevollmächtigen. Weil die gerichtliche Kontrolle bei einer Vorsorgevollmacht entfällt, ist die Gefahr des Missbrauchs entsprechend höher. Nur wenn es um gefährliche Heilbehandlungen (§ 1904 Abs. 5 BGB) oder freiheitsentziehende Maßnahmen (§ 1906 BGB) geht, muss auch ein Bevollmächtigter eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen.(1)

Sollten Sie in Ihrem Umfeld den Eindruck haben, dass eine bevollmächtigte Person die Vollmacht missbraucht, so sollten Sie umgehend beim Betreuungsgericht eine sogenannte Kontrollbetreuung anregen. Dies kann jedermann, zum Beispiel auch eine Nachbarin oder ein Bekannter.