Dekubitus
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Definition
Ein Dekubitus (auch Druckgeschwür, Wundliegen oder Durchliegegeschwür) ist eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunter liegenden Gewebes. Er entsteht typischerweise über knöchernen Vorsprüngen infolge von Druck oder Druck in Verbindung mit Schwerkraft. Es gibt eine Reihe weiterer Faktoren, die mit Dekubitus assoziiert werden. Ihre Bedeutung ist aber noch zu klären (s. Quelle 1).
Viele professionelle Pflegekräfte sehen Druckgeschwüre oder Dekubitusgeschwüre als eines der größten Risiken für ihre Patienten. Viele Krankheiten im Alter führen zu einer Bewegungseinschränkung für den Betroffenen und damit zu einem Dekubitusrisiko. Sobald jemand länger liegen muss (z. B. nach einer OP) oder bewegungseingeschränkt ist, gehört die Dekubitusprophylaxe zur täglichen Aufgabe im Pflegealltag. Vor allem im Bereich des Gesäßes entwickelt sich häufig ein sog. Dekubitus sacralis (= im Bereich des Gesäßes), der oft lange unentdeckt bleibt.
Es wird zwischen einem akuten Dekubitus (decubitus acutus) und chronischem Dekubitus (decubitus chronicus) unterschieden. Der akute Dekubitus entsteht bereits nach kurzen Liegezeiten nach ein paar Stunden oder Tagen und ist durch eine oberflächliche Hautschädigung gekennzeichnet, während der chronische Dekubitus erst nach längerer Liegezeit nach mehreren Wochen oder Monaten der Bettlägerigkeit entsteht und sich als tiefes Geschwür darstellt.
Der Begriff Dekubitus stammt aus dem Lateinischen („decumbere“= sich niederlegen). Umgangssprachlich hat sich der Begriff „Druckgeschwür“ eingebürgert.
Dekubitusentstehung & Dekubitus-Ursachen
Wie entsteht ein Dekubitus? Ein Dekubitus ist eine zunächst oberflächliche Hautschädigung, die sich bis zu einem tiefen, fauligen Druckgeschwür entwickeln kann. Der Dekubitus entsteht durch eine schlechte Durchblutung des Gewebes bei fehlender Druckentlastung. Es spielen dabei drei Faktoren eine Rolle:
- Druck (Auflagedruck)
- Dauer (Druckverweildauer)
- Disposition (Risikofaktoren)
Druck und Dauer als Ursache für die Dekubitusentstehung

© Paul Hartmann AG
Es ist unerheblich, ob kurzzeitig starker Druck oder über längere Zeit leichter Druck auf die Haut ausgeübt wird.
Mediziner unterscheiden zwischen
- dem Druck von außen (z. B. Falten im Bettlaken oder der Kleidung, Schienen, Katheter, Sonden etc.) und
- dem Druck von innen (z. B. Knochen, die nur wenig von Fett- bzw. Muskelgewebe umgeben sind, etwa die Fersen)
Wenn dann noch Reibung (etwa durch Stoffe oder Infusionsleitungen) und Scherkräfte (z. B. beim unbeabsichtigten Herunterrutschen des Pflegebedürftigen im Bett oder Sessel) dazu kommen, können die betroffenen Hautpartien darunter leiden. Durch den Druck kann die Haut nicht mehr mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden und es kommt zur Minderdurchblutung und damit zur Entstehung eines Dekubitus. Bei zu langem Druck sterben die Zellen letztendlich ab (Gewebetod = Nekrose).
Bei der Entstehung eines Dekubitus liegt die Ursache also immer in einer verminderten Durchblutung der Haut. Es reicht schon das Eigengewicht des Körperteils aus, um einen Dekubitus auszulösen. Deshalb sind besonders übergewichtige Menschen, die sich nicht mehr (viel) bewegen, von einem Dekubitus bedroht. Aber auch untergewichtige Personen, deren knöcherne Strukturen direkt unter der Hautoberfläche liegen und nicht durch eine Fettschicht geschützt sind, haben ein erhöhtes Dekubitusrisiko.
Wenn der Druck nicht schon bei der ersten Rötung vollständig vermieden wird, drohen massive Schäden – bis hin zu offenen Geschwüren, die ein Infektionsrisiko bergen, vor allem aber Schmerzen für den Betroffenen bedeuten.
Dekubitus: Risikofaktoren
Wer häufig liegt oder sitzt – und das tun viele Pflegebedürftige, wenn sie unter Bewegungseinschränkungen leiden – ist immer in der Gefahr, einen Dekubitus zu bekommen. Zu den besonders gefährdeten Patienten gehören Säuglinge und Kinder, aber auch Erwachsene. Bei Neugeborenen und Kindern sind die Ursachen etwas anders gelagert als bei Erwachsenen: Ihre Haut ist besonders zart und empfindlich und sie können Druck nicht wahrnehmen und sich auch nicht entsprechend äußern.
Bei Erwachsenen kommen u. a. andere Risikofaktoren in Betracht:
- Hautschäden (z. B. durch Feuchtigkeit, Inkontinenz, Pergamenthaut bei Behandlung mit Kortison oder unzureichende Pflege der Haut im Alter)
- Übergewicht (Adipositas) oder Untergewicht (Kachexie)
- Mangelernährung und Flüssigkeitsmangel (Dehydration)
- Lähmungen (z. B. nach einem Schlaganfall)
- Erkrankungen wie Arthrose, Rheuma, Diabetes, Herzschwäche, Schlaganfall etc.
Für alle Risikopersonen gilt:
- Medizinische Hilfsmittel oder Geräte (etwa Katheter etc.) erhöhen das Risiko eines Dekubitus, weil sie an der Haut reiben oder darauf Druck ausüben.
- Das richtige Bewegen des bewegungseingeschränkten Patienten ist sehr wichtig, denn Ziehen oder Zerren kann dazu führen, dass die Haut verletzt wird (durch die sog. Scherkräfte).
- Langes unbewegliches Liegen oder Sitzen führt fast zwangsläufig zu einem Druckgeschwür.
Beim permanenten Liegen oder Sitzen sind einige Körperstellen besonders gefährdet:

- Ohren
- Hinterkopf
- Schultergelenk und Schulterblatt
- Wirbelsäule
- Ellenbogen
- Beckenkamm
- Steiß
- Kniegelenk
- Fersen
- Fußknöchel
Zwei Arten von Dekubitalgeschwüren treten besonders häufig auf:
- Dekubitus im Bereich am Steißbein/Gesäß (Dekubitus sacralis) (ca. 40 % aller Druckgeschwüre)
- Dekubitus an der Ferse (ca. 18 % aller Druckgeschwüre)
Risikoeinschätzung bei Dekubitus: Braden-Skala bei Dekubitus
Im Zusammenhang mit einem Dekubitus hört man häufig den Begriff „Braden-Skala bei Dekubitus“. Die amerikanische Professorin Barbara Braden entwickelte vor gut 30 Jahren eine Punkteskala, um ein Dekubitusrisiko professionell einschätzen zu können. Bekannt sind auch die Norton-Skala oder die Waterlow-Skala zur Einschätzung eines Dekubitusrisikos.
Fingertest bei Dekubitus
Nicht jede Rötung ist ein Dekubitus. Aber jeder Dekubitus beginnt mit einer Rötung! Deshalb ist der Dekubitus-Fingertest so wichtig. Und der geht so:
Drücken Sie mit einem Finger auf die gerötete Hautpartie und achten Sie auf diese Zeichen:
Wenn die Rötung bleibt, müssen Sie von einem Dekubitus ausgehen und sofort dafür sorgen, dass die Hautstelle von jeglichem Druck entlastet wird. Bleibt die Rötung, benachrichtigen Sie bitte einen Arzt, der weitere Maßnahmen veranlassen wird.
Dekubitus Grade/Stadien
Früher wurde ein Dekubitus in vier unterschiedliche Grade oder Stadien eingeteilt, inzwischen spricht man in der Pflege (Expertenstandard) von Dekubitus Kategorien. Geblieben ist die Erkenntnis, dass es keine Kategorie gibt, in der nicht reagiert werden sollte. Unglücklicherweise werden Hautrötungen nicht immer wahrgenommen. Oft wird ein Dekubitus erst dann entdeckt, wenn er schon in Kategorie 2 ist, also bereits Schäden eingetreten sind.
- Dekubitus Kategorie 1: Gerötete Hautstelle, die sich beim Fingertest als nicht wegdrückbar erweist
- Dekubitus Kategorie 2: Blasen oder Abschürfungen
- Dekubitus Kategorie 3: Offenes Geschwür
- Dekubitus Kategorie 4: Tiefe Löcher in der Haut, die bis auf die Knochen, Muskeln oder Sehnen blicken lassen
Dekubitusbehandlung & Therapie
Ist ein Dekubitus entstanden, so gehört dessen Behandlung in die fachkundigen Hände einer Pflegekraft bzw. eines Arztes. Die Behandlung bzw. Therapie richtet sich nach dem Grad des Dekubitus, wobei die Basis jeder Behandlung die sofortige Druckentlastung ist. Durch diese Druckentlastung kommt die Durchblutung wieder in Gang, beschädigte Zellen können sich regenerieren und auch die Versorgung des Gewebes stabilisiert sich.
Die Behandlung bzw. Therapie eines Dekubitus ist ein komplexer Prozess, der in die Hände von ausgewiesenen Experten gehört, z. B. von Wundmanagern. Einige wichtige Faktoren im Wundmanagement eines Dekubitus sind:
- Die Lagerung (abhängig von der betroffenen Körperstelle) des Betroffenen.
- Die Auswahl der passenden Lagerungshilfsmittel.
- Das Zeitintervall für die regelmäßigen Umpositionierung des Betroffenen (alle zwei Stunden oder sogar kürzer).
- Die Wundbehandlung (Reinigung, Abdeckung, ggf. chirurgische Entfernung von abgestorbenem Gewebe).
- Die Verminderung oder Beseitigung von Risikofaktoren (z. B. Mangelernährung, Behandlung von Erkrankungen wie Diabetes, Rheuma etc.).
- Die Förderung der Mobilität des Betroffenen.
Jede Behandlung eines Dekubitus muss genauestens dokumentiert werden. Hierzu verfügen professionell Pflegende über standardisierte Handlungsleitlinien, mit denen sie den Fortschritt der Therapie beurteilen und nachweisen können. Das beginnt bei der Dokumentation der Wunde und endet – im besten Fall – bei der erfolgreichen Heilung.
Bei der Dekubitus-Therapie geht es aber nicht nur um die fachliche-pflegerische-medizinische Versorgung. Auch Sie als pflegender Angehöriger haben einen wichtigen Anteil an einer erfolgreichen Behandlung, wenn es um das Wundliegen geht.
Die 5 wichtigsten Tipps bei Dekubitus für pflegende Angehörige
- Lassen Sie sich über das Dekubitusrisiko und die damit verbundenen Folgen aufklären.
- Befolgen Sie Anweisungen hinsichtlich des Lagerns und Bewegens des Betroffenen durch geschultes Fachpersonal.
- Lassen Sie sich zeigen, wie Sie weiteres Wundliegen durch gezielte Lagerungsmaßnahmen verhindern können.
- Besuchen Sie spezielle Schulungen und Pflegekurse, um auch Ihre Mobilisationstechniken zu verbessern und Ihren eigenen Rücken damit zu schonen.
- Beantragen Sie (bei anerkanntem Pflegegrad) bei der Pflegekasse geeignete Hilfsmittel für den Betroffenen, um seine Mobilität bzw. Lagerung etc. verbessern zu können.
Wundversorgung bei Dekubitus
Jeder Dekubitus ist eine Wunde und muss behandelt werden. Doch die Wundversorgung bei Dekubitus ist ein sehr komplexer Prozess, denn Dekubitalgeschwüre heilen nur sehr langsam und schwer. Unabhängig davon, ob es sich um einen Dekubitus von Kategorie (Grad) 2, 3 oder 4 handelt: Jede Wundversorgung bei einem Dekubitus besteht aus den folgenden grundlegenden Schritten.
- Entfernung des abgestorbenen Gewebes (sog. Débridement)
- Bekämpfung bzw. Verhinderung von Infektionen der Wunde
- Phasen-/stadiengerechte Wundversorgung (mit speziellen Wundverbänden, die v. a. das feuchte Milieu der Haut und damit die Heilung unterstützen)
- Ggf. plastische Chirurgie, wenn es sich um einen großen Dekubitus handelt.
Die Industrie hat im Laufe der Jahre sehr spezielles Dekubitus-Verbandsmaterial entwickelt, u. a. sog. Hydrokolloid-Verbände. Sie sind Teil moderner Wundbehandlung. Ihr Einsatz gehört in jedem Fall die Hände von Experten. Als pflegender Angehöriger sollten Sie hier immer dem Rat der Experten vertrauen und keinesfalls „heimlich“ mit Salben, Cremes oder dergleichen hantieren.
Dekubitusprophylaxe
Ein Dekubitus wird oft als „Pflegefehler“ bezeichnet und in vielen Fällen ist er das sicherlich auch. Deshalb sagen Experten auch, dass die meisten Dekubitalgeschwüre vermeidbar sind.
Zu einer Dekubitusprophylaxe gehören fünf Faktoren:
- Die Kenntnis und Verminderung/Vermeidung der Risikofaktoren.
- Die tägliche Beobachtung der Haut.
- Die druckentlastende Lagerung.
- Die Mobilisation des Pflegebedürftigen.
- Die adäquate Hautpflege mit passenden Mitteln wie z. B. feuchtigkeitsspendenden Cremes, die die natürliche Hautatmung zulassen.
Einen Faktor können Sie jeden Tag ganz einfach durchführen: die Beobachtung der Haut. Sie kennen die besonders gefährdeten Hautpartien und Sie wissen jetzt auch, wie der Fingertest funktioniert. Wenn Sie das beherzigen und bei einem Dekubitus-Verdacht rasch handeln, können Sie sich und Ihrem pflegebedürftigen Angehörigen viel Leid und Schmerzen ersparen. Erfahren Sie weitere Tipps und Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe in diesem Beitrag.