Was sind Pflegekurse gemäß § 45 SGB XI?
Pflegekurse sind für pflegende Angehörige freiwillig und sollen Fertigkeiten für eine eigenständige oder teilweise Durchführung der Pflege vermitteln. Für die gesetzlichen Pflegeversicherungen bzw. privaten Vorsorgeunternehmen sind diese Kurse keine optionale Leistung an Versicherte, sondern müssen laut Gesetz angeboten werden. Dies ist in § 45 des Elften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XI) „Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen“ festgelegt:
Die Pflegekassen haben für Angehörige und sonstige an einer ehrenamtlichen Pflegetätigkeit interessierte Personen unentgeltlich Schulungskurse durchzuführen, um soziales Engagement im Bereich der Pflege zu fördern und zu stärken, Pflege und Betreuung zu erleichtern und zu verbessern sowie pflegebedingte körperliche und seelische Belastungen zu mindern und ihrer Entstehung vorzubeugen.
Für wen eignen sich Pflegekurse?
Sie können nicht nur einen solchen kostenlosen Pflegekurs besuchen, wenn Sie bereits einen pflegebedürftigen Angehörigen oder Bekannten pflegen. Ihr Interesse an einer ehrenamtlichen Pflegetätigkeit reicht für die Teilnahme bereits vollkommen aus. Vielleicht überlegen Sie ja gerade, ob Sie die Pflege eines Angehörigen oder Nachbarn übernehmen. Dann könnte Ihnen ein Pflegekurs bei Ihrer Entscheidungsfindung vielleicht helfen.
Dabei gibt es zwei Möglichkeiten, um das Angebot nach § 45 SGB XI zu nutzen: öffentliche Pflegekurse und individuelle Pflegeschulungen in der Häuslichkeit. Beide laufen unter dem § 45 SGB XI mit dem Titel „Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen“.
- Pflegekurse in der Gruppe:
Öffentlich veranstaltete Pflegekurse für mehrere Teilnehmer, die meistens von Pflegekassen oder anderen lokalen Einrichtungen (z. B. Sozialstationen, Volkshochschulen) veranstaltet werden. Pflegekurse sind eine gute Möglichkeit, um sich mit anderen pflegenden Angehörigen auszutauschen. Dieser Austausch mit Gleichgesinnten über Erfahrungen und Probleme ist sehr wertvoll und allein dafür lohnt sich meistens die Teilnahme an einem Pflegekurs.
2. Pflegeschulungen in der Häuslichkeit:
Individuelle Schulungen in der Häuslichkeit des Pflegebedürftigen. Dies ist besonders hilfreich, wenn zum Beispiel der Gebrauch von Hilfsmitteln in der individuellen Umgebung anschaulich dargestellt werden soll.
Das Wichtigste in Kürze
- Gesetzliche Grundlage: § 45 SGB XI
- Zielgruppe und Zielsetzung: Angehörige und ehrenamtliche Personen können in Pflegekursen und Pflegeschulungen Fertigkeiten für die eigenständige Durchführung der Pflege erlernen.
- Kosten: Für pflegende Angehörige oder interessierte Personen entstehen keinerlei Kosten. Die vollständigen Gebühren für den Pflegekurs oder eine Pflegeschulung tragen die Pflegekassen bzw. das private Versicherungsunternehmen.
- Freiwillige oder verpflichtende Teilnahme? Die Teilnahme an einem Pflegekurs oder einer Pflegeschulung ist freiwillig. Niemand ist dazu verpflichtet, daran teilzunehmen.
- Termine: Pflegekurse werden von Pflegekassen oder anderen lokalen Einrichtungen (zum Beispiel Sozialstationen, Volkshochschulen) angeboten. Fragen Sie dazu bei Ihrer Krankenkasse nach, wann und wo in Ihrer Umgebung der nächste Pflegekurs stattfindet. Für eine individuelle Pflegeschulung in der Häuslichkeit können Sie bei Ihrer Krankenkasse nachfragen, die Ihnen danach eine akkreditierte Institution in Ihrer Nähe vermittelt.
Inhalte der Pflegekurse: Was wird bei Pflegekursen vermittelt?
Die Inhalte der Pflegekurse werden von den Pflegekassen vorgegeben. Dabei gibt es Grundlagen-Kurse zur häuslichen Pflege, auf Wunsch aber auch Spezialkurse zu verschiedenen Krankheiten wie zum Beispiel Demenz oder unterschiedlichen Pflegemethoden.
Bei der Ausgestaltung der Schulungsinhalte der Pflegekurse spielen immer folgende vier Aspekte eine Rolle:
- Praktische Pflege
- Selbstpflege
- Recht & Soziales
- Hygiene
1. Praktische Pflege
Die Vermittlung von praktischen Fähigkeiten steht im Mittelpunkt der Pflegekurse. Jede gute Pflege verlangt einige praktische Fähigkeiten, die sich leicht erlernen und anwenden lassen. Dazu gehören zum Beispiel
- Handgriffe bei der Mobilisierung und Positionierung (zum Beispiel Positionierungstechniken, Sturzprophylaxe)
- Handgriffe beim Anreichen von Essen und Trinken (zum Beispiel Trinknahrung, Enterale Ernährung und Parenterale Ernährung)
- Handgriffe bei der Körperpflege (Grundpflege), beim An- und Auskleiden oder der Medikamentengabe
2. Selbstpflege
Doch nicht nur der Pflegebedürftige braucht eine angemessene und kompetente Pflege, auch die Selbstpflege des Pflegenden ist ein wichtiger Teil der täglichen Pflegearbeit. So werden in Pflegekursen und Pflegeschulungen zum Beispiel Kenntnisse rund um die Rückengesundheit von Pflegenden (Stichwort Mobilisation & Kinästhetik) vermittelt. Die sind mindestens ebenso wichtig wie die Selbstbeobachtung. Sie als pflegender Angehöriger müssen auch darauf achten, ob Sie sich überfordern, ob Sie der Pflege (noch) gewachsen sind oder doch etwas mehr Unterstützung benötigen. Bedenken Sie immer: Als pflegender Angehöriger sind Sie ein wichtiger Teil der gesamten Pflege. Sie sind Vertrauens- und Pflegeperson. Sie sind Organisator und Vermittler. Sie werden gebraucht: jeden Tag, jede Stunde – und deshalb ist es umso wichtiger, dass Sie achtsam mit sich und Ihren Kräften umgehen.
3. Recht & Soziales
Ein weiteres, wichtiges Thema, das in den Pflegekursen angesprochen wird, ist der Bereich der Sozialversicherung beziehungsweise Pflegeversicherung. Schließlich müssen pflegende Angehörige oder ehrenamtliche Pflegende auch wissen, wie Sie zum Beispiel einen Antrag auf Pflegegrad stellen, welche rechtlichen und/oder finanziellen Hilfen Ihnen und dem Pflegebedürftigen zustehen und wer der richtige Ansprechpartner ist.
4. Hygiene
Ein vierter Punkt, der in den Pflegekursen vermittelt wird, ist der Bereich der Hygienemaßnahmen, die auch bei der Pflege zuhause nicht vernachlässigt werden dürfen. Das beginnt bei der Körperpflege und Intimpflege des Pflegebedürftigen, nimmt aber auch die Hygienemaßnahmen in der Häuslichkeit in den Blick.
Pflegekurse: Spezialkurse
Vielleicht kennen Sie die Grundlagen der Pflege schon, benötigen aber noch mehr Wissen zu einer bestimmten Krankheit oder möchten sich dazu einmal mit anderen Pflegenden über Probleme und Herausforderungen austauschen? Auch für solche speziellen Bedarfskonstellationen wie den Umgang mit speziellen Krankheitsbildern gibt es Pflegekurse. Es handelt sich dann um Spezialkurse, etwa für die
- Pflege von Menschen mit Demenz
- Pflege von Menschen mit Multipler Sklerose
- Pflege von Menschen mit Parkinson
- Pflege von Menschen mit Schlaganfall
- Pflege von pflegebedürftigen Kindern
Zu den Inhalten dieser Kurse zählt dann wirklich Spezialwissen, das in der jeweiligen Situation dringend gebraucht wird. So ist es bei der Pflege von Menschen mit Demenz etwa besonders wichtig, die Erlebniswelt des Kranken kennenzulernen und um mehr über spezielle Hilfsmittel und Entlastungsangebote zu erfahren.
Außerdem kommen Sie bei diesen Spezialkursen auch mit Menschen in Kontakt, die in derselben Situation sind wie Sie – diese Möglichkeit zum Austausch sollten Sie nutzen.