Als Angehöriger eines pflegebedürftigen Menschen oder als Betroffener werden Sie unweigerlich mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen der Altenpflege konfrontiert. Ständig gibt es neue Pflegereformen und Gesetze. In diesem sich ständig ändernden Paragraphendschungel den Überblick zu behalten und die relevanten Informationen herauszufiltern, kann eine Herausforderung sein. pflege.de hilft Ihnen dabei: Wir informieren Sie übersichtlich und verständlich über die wichtigsten Pflegegesetze, aktuelle Rechtsprechung und Reformen rund um Pflege und Betreuung.
Sozialgesetzbücher (SGB) V, IX, XI und XII
Alle wesentlichen deutschen Gesetze zu sozialen Fragen und Leistungen für Hilfsbedürftige im weitesten Sinne sind in Deutschland in den zwölf Sozialgesetzbüchern (SGB) zusammengefasst. Die wichtigsten Gesetzeswerke für die Versorgung von Kranken, Hilfs- und Pflegebedürftigen sind:
- Das Fünfte Buch SGB (SGB V): Gesetzliche Krankenversicherung (1)
- Das Neunte Buch SGB (SGB IX): Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (2)
- Das Elfte Buch SGB (SGB XI): Soziale Pflegeversicherung (3)
- Das Zwölfte Buch SGB (SGB XII): Sozialhilfe (4)
Pflegestärkungsgesetze I, II und III
Mit den Pflegestärkungsgesetzen (PSG) hat der Gesetzgeber wichtige Weichen für die Pflege und Betreuung der zunehmenden Zahl von Pflege- und Betreuungsbedürftigen in Deutschland gestellt und die soziale Pflegeversicherung modernisiert.
- Durch das erste Pflegestärkungsgesetz (PSG I) stiegen in 2015 unter anderem die Leistungssätze der Pflegekassen für Versicherte mit Demenz und Pflegebedürftige mit den Pflegestufen „0“, 1, 2 und 3 um durchschnittlich vier Prozent. Durch dieses PSG I erhalten Pflegebedürftige seit dem Jahr 2015 auch einen auf bis zu 4.000 Euro erhöhten Zuschuss für die altersgerechte Wohnraumanpassung (Förderung bis 2014 in Höhe von 2.557 Euro).
- Eine grundsätzliche Reform der Pflegeversicherung hat das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) eingeleitet, das seit 2016 gilt und seit 1. Januar 2017 große Veränderungen bewirkt hat. Damit insbesondere die vielen Personen mit Demenz, aber auch dauerhaft psychisch kranke oder geistig behinderte Versicherte die gleichen Pflegeleistungen wie körperlich Pflegebedürftige erhalten, wurde das Begutachtungssystem für Hilfs- und Pflegebedürftige zum Januar 2017 komplett umgestellt. Mithilfe eines Kriterienkatalogs wird seitdem überprüft, wie selbstständig Versicherte noch sind. Dieses Begutachtungsverfahren hat zum 01.01.2017 das bisherige Gutachten nach der Minutenpflege (Pflegestufen-System) abgelöst.
- Entsprechend ihrer noch vorhandenen Selbstständigkeit weisen die Pflegekassen seit 01.01.2017 ihren Versicherten einen der fünf Pflegegrade zu und gewähren entsprechende Leistungen. Die Einteilung der Leistungsempfänger nach Pflegegraden 1, 2, 3, 4 und 5 hat die bisherige Einstufung nach den Pflegestufen „0“, 1, 2 oder 3 (gültig bis 31.12.2016) komplett abgelöst.
Pflegereform 2021
Die ursprünglich geplante Pflegereform, die von Gesundheitsminister Jens Spahn im Oktober 2020 vorgestellt wurde und zum 01. Juli 2021 in Kraft treten sollte, wurde weitestgehend verworfen.
Stattdessen wird es nur kleine Verbesserungen für die ambulante Pflege ab dem 01. Januar 2022 geben:
- Erhöhung des Sachgeldes für Pflegesachleistungen um fünf Prozent
- Erhöhung des Leistungsbetrags für die Kurzzeitpflege um zehn Prozent
- Weitere Änderungen wie höherer Zuschuss für die Kosten im Pflegeheim, etc.
Diese Änderungen wurden mit dem Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungs-Gesetz (GVWG) vom 11. Juni 2021 beschlossen.(5) (6)
Pflegereform 2023: Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz
Im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 wurden viele wichtigen Verbesserungen für die Pflege zuhause angekündigt, aber vieles davon noch nicht umgesetzt. Die Pflegereform 2023 wurde nun am 26.05.2023 im Deutschen Bundestag beschlossen.
Welche Leistungen wann erhöht werden sollen und was sich sonst noch ändern soll, erfahren Sie im pflege.de Ratgeber zum Thema Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG).
Pflegezeitgesetz (PflegeZG)
Mit dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) wurde 2015 die sogenannte Pflegezeit eingeführt. Sie ermöglicht berufstätigen Angehörigen von Pflegebedürftigen unter bestimmten Voraussetzungen eine befristete vollständige Freistellung von der Arbeit oder eine Teilzeitbeschäftigung für bis zu zwei Jahre, um die häusliche Pflege zu übernehmen. Pflegende Angehörige können dabei zwischen folgenden Möglichkeiten wählen
- Kurzfristig, bis zu zehn Arbeitstage, können Beschäftigte der Arbeit fernbleiben, wenn sie für einen unerwartet pflegebedürftigen Angehörigen dringend eine pflegerische Versorgung organisieren müssen. In dieser Zeit haben sie Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung, das sie bei der Pflegekasse des Pflegebedürftigen beantragen müssen.
- Für diejenigen, die in einem Betrieb mit mindestens 15 Beschäftigten arbeiten und einen nahen Angehörigen pflegen müssen, besteht das Recht, sich bis zu sechs Monate vollständig von der Arbeit freistellen zu lassen. Das gewährt ihnen den nötigen Freiraum und Zeit, um sich um ihre zu pflegenden Angehörigen kümmern zu können, ohne sich um ihren Job Gedanken machen zu müssen.
Familienpflegezeitgesetz (FPfZG)
Seit 2012 erlaubt das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) Berufstätigen, ihre Arbeitszeit pflegebedingt als Teilzeit (Familienpflegezeit) zu gestalten. Ein direkter Rechtsanspruch besteht jedoch nicht. Das Modell funktioniert so:
Für bis zu zwei Jahre haben Sie als Arbeitnehmer die Möglichkeit, Ihre Arbeitszeit um die Hälfte zu kürzen, um sich um nahe Familienmitglieder zu kümmern. Während dieser Zeit bekommen Sie 75 Prozent Ihres üblichen Gehalts. Doch Vorsicht: Nach dieser Phase arbeiten Sie zwei Jahre lang Vollzeit, erhalten jedoch weiterhin nur 75 Prozent Ihres Gehalts, um den vorherigen Gehaltsausgleich zu kompensieren.
Ihr Arbeitgeber profitiert auch. Er bekommt für die Gehaltsanpassung einen zinsfreien Kredit von der KfW-Bankengruppe, und das wird durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) vermittelt. Das Gesetz sichert Sie als Arbeitnehmer auch gegen Ausfall- und Liquiditätsrisiken ab, falls ein Sie selbst erkranken oder arbeitsunfähig sind, bevor er den Gehaltsvorschuss abgearbeitet ist.
Das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG)
Mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) hat der Gesetzgeber in 2013 einige neue Leistungen der sozialen Pflegeversicherung für demenzerkrankte Menschen sowie die Anschubfinanzierung zur Gründung neuer, ambulant betreuter Wohngruppen oder Wohngemeinschaften (Senioren-WG) der Pflegekassen für pflegebedürftige Menschen auf den Weg gebracht. Zügiger als zuvor muss der Medizinische Dienst (sogenannter MDK) oder MEDICPROOF seitdem auch künftige und aktuelle Leistungsempfänger begutachten und Pflegekassen müssen über ihren Antrag auf Pflegegrad entscheiden. Durch diese Reform wurden pflegende Angehörige und Pflegebedürftige etwas besser sozial abgesichert.
Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz
Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz ist zum 1. Juli 2008 in Kraft getreten. Es regelte zum Jahr 2010 und 2012 die schrittweise Erhöhung von Pflegegeld für Pflege durch Angehörige und von Pflegesachleistungen für die Versorgung durch ambulante Dienste für Leistungsempfänger mit einem anerkannten Pflegegrad. Auch die bundesweite Gründung von Pflegestützpunkten zur besseren Beratung von Angehörigen wurde damit gefördert. Zudem legte die Bundespolitik darin fest, dass Pflegeleistungen ab 2015 alle drei Jahre an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepasst werden müssen.
Das Pflegeleistungsergänzungsgesetz
Seit dem 1. April 2002 gilt das Pflegeleistungsergänzungsgesetz. Es sorgt dafür, dass Menschen mit Demenz, psychischen Krankheiten oder geistiger Behinderung, die früher unter der „Pflegestufe 0“ fielen (diese wurde bis zum 31.12.2016 verwendet, danach kamen die Pflegegrade), zusätzliche Betreuungsleistungen bekommen. Das bedeutet, dass sie durch geschulte Ehrenamtliche Unterstützung in Form von Gesprächen, Spielen oder Spaziergängen erhalten, sei es in Gruppen oder individuell. Bevor dieses Gesetz in Kraft trat, zahlten die Pflegekassen diesen Menschen lediglich 460 Euro im Jahr für solche Leistungen.
Das Präventionsgesetz (PrävG)
Seit Jahresbeginn 2016 greift das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (kurz Präventionsgesetz, PrävG). Das Ziel ist die verstärkte Unterstützung der Vorbeugung von Krankheiten, insbesondere in Kindergärten, Schulen, am Arbeitsplatz und in Pflegeheimen. Für diese Vorsorgemaßnahmen werden von den Kranken- und Pflegekassen jährlich mindestens 300 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Zusätzlich werden weitere 200 Millionen Euro für andere präventive Maßnahmen bereitgestellt. Dank dieses Gesetzes wird der Impfschutz verstärkt und die Krankenkassen bieten mehr Früherkennungsleistungen an.
Das Hospiz- und Palliativgesetz (HPG)
Zur häuslichen Begleitung von unheilbar Kranken gibt es auch besondere Pflegedienste der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV), auf deren Einsatz übrigens alle Krankenversicherten einen Rechtsanspruch haben (Paragraf 37 b und Paragraf 132 d SGB V).
Das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG)
Das Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals, wozu auch das Sofortprogram Pflege gehört, ist am 1. Januar 2019 in Kraft getreten. Durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) werden nicht nur Personaluntergrenzen festgelegt und 13.000 neue Stellen für Pflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen (zum Beispiel Pflegeheimen) gefördert, sondern auch Erleichterungen für Pflegebedürftige sowie deren Angehörige geschaffen.(7) (8)
Die für Sie relevantesten Änderungen durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz sind:
- Genehmigungsfreie Krankenfahrten zum Arzt
Bisher war es notwendig, dass Pflegebedürftige vor einer Krankenfahrt zum Arzt eine Genehmigung ihrer Krankenversicherung einholen mussten. Mit der neuen Gesetzesregelung werden Personen ab Pflegegrad 3 mit dauerhafter Mobilitätseinschränkung entlastet. Für diese Menschen entfällt der vorherige Genehmigungsprozess, was den organisatorischen Aufwand erheblich verringert.
- Betreuung des Pflegebedürftigen in der Rehaeinrichtung des pflegenden Angehörigen
Pflegende Angehörige hatten in der Vergangenheit oft Schwierigkeiten, eine Rehabilitationsmaßnahme in Anspruch zu nehmen. Es blieb unklar, wer ihre pflegebedürftigen Angehörigen in dieser Zeit betreut. Durch eine Gesetzesänderung ist es nun möglich, dass Pflegebedürftige mit Genehmigung ihrer Krankenkasse auch in der Einrichtung betreut werden können, wenn dies aufgrund der familiären Situation erforderlich ist.
Rechtsprechung (Beispiele)

Immer wieder gibt es in Deutschland auch Streitfälle im Pflege- und Sozialrecht aufgrund nicht eindeutiger Gesetzesvorgaben. Gesetzeslücken und rechtliche Grauzonen müssen nicht selten endgültig erst von Gerichten geklärt werden. pflege.de informiert an dieser Stelle immer wieder über neue Rechtsprechungen. Zwei Beispiele für wichtige Urteile rund um Pflege und Kosten sind:
a) Höhere Heimentgelte zustimmungspflichtig:
b) Kinder zahlen für Eltern:
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil (BGH XII ZB 607/12) im Februar 2017 entschieden, dass ein 60-jähriger Mann die Kosten für die Unterbringung seines Vaters, die zunächst von der Sozialbehörde übernommen wurden, zurückzahlen muss. Die Tatsache, dass der Sohn über Jahre keinen Kontakt zu seinem Vater hatte oder dass er von ihm enterbt wurde, entbindet ihn nicht von seiner Unterhaltspflicht im Rahmen des Elternunterhalts und der Verwirkung. Der BGH betonte das Prinzip der familiären Solidarität. Dennoch gibt es finanzielle Entlastungen für das Kind als Unterhaltspflichtigen. Es wurde unter anderem vereinbart, dass dem Sohn ein Mindestbetrag von 1.600,00 € verbleiben muss. Dies wird als Selbstbehalt bezeichnet. (13)
Neues Pflegeberufegesetz (PflBG)
Das Pflegeberufegesetz (PflBG) gilt seit Anfang 2020 und soll die Ausbildung für Pflegefachkräfte grundlegend reformieren. Ziel dabei ist es, den Pflegeberuf flexibler und attraktiver zu machen und ihn an die aktuellen pflegerischen Herausforderungen anzupassen.
Versorgungs- und Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG)
Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung absetzen
Pflegekosten wie die Kosten für das Pflegeheim, die ambulante Pflege, den Hausnotruf oder den Rollator können Sie grundsätzlich von der Steuer absetzen – sowohl für sich, als auch für einen Angehörigen. In den meisten Fällen können Sie Ihre Pflegekosten bei den außergewöhnlichen Belastungen in Ihrer Steuererklärung eintragen. Aber auch als haushaltsnahe Dienstleistungen können Sie bestimmte Ausgaben geltend machen. Einige Personen haben sogar die Möglichkeit, den Pflegepauschbetrag zu bekommen. Erfahren Sie mehr über die Absetzbarkeit von Pflegekosten im Beitrag Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung absetzen.
Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis
Ein Anspruch auf Schwerbehindertenausweis besteht immer dann, wenn ein Grad der Behinderung (GdB) über 50 festgestellt wird. Die gesetzliche Grundlage ist im Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) Teil 3, Besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen (Schwerbehindertenrecht), zu finden. Der Grad der Behinderung wird durch die zuständige Behörde, meist dem Versorgungsamt, festgestellt. Gegebenenfalls werden noch Merkzeichen erfasst, die auf besondere Ausprägungen der Schwerbehinderung aufmerksam machen. Umso höher der Pflegegrad, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass Sie Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis haben. Mit Hilfe eines Schwerbehindertenausweises soll eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft einfacher ermöglicht werden. Nachteile, die mit einer Schwerbehinderung verbunden sind, sollen ausgeglichen werden.(2)
Häufig gestellte Fragen
Was ist eine Pflegereform?
Unter einer Pflegereform versteht man eine umfassende Überarbeitung der gesetzlichen Regelungen im Bereich der Pflege. Ziel ist es, die Versorgung pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen zu verbessern. Gründe dafür können demografische Veränderungen, Qualitätsanforderungen oder finanzielle Herausforderungen sein. Häufig werden durch die Reform die Finanzierung, die Organisation und die Qualitätsstandards der Pflege angepasst.
Welche Gesetze gibt es in der Pflege?
In Deutschland existieren zahlreiche Gesetze, die den Pflegebereich regeln. Die soziale Pflegeversicherung wird zentral durch das Sozialgesetzbuch XI definiert. Arbeitnehmer haben durch das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz die Möglichkeit, bei der Pflege von Angehörigen freigestellt zu werden. Weitere Reformen und Verbesserungen im Bereich der Pflege wurden durch die Pflege-Weiterentwicklungsgesetze sowie die Pflegestärkungsgesetze und Pflege- und Unterstützungsgesetz eingeführt. Das Hospiz- und Palliativgesetz konzentriert sich auf die Betreuung von Menschen in der Endphase ihres Lebens, während das Pflegeberufegesetz die Neustrukturierung der Ausbildung in Pflegeberufen zum Ziel hat. Das Versorgungs- und Pflegemodernisierungsgesetz legt den Fokus auf die Digitalisierung in der Pflege. Diese Regelungen sollen den Anforderungen und Herausforderungen im stetig wachsenden Pflegesektor gerecht werden.