Wohn- und Betreuungsvertrag: Pflege rechtlich absichern

Betreuungs- und Heimvertrag

Wenn Sie oder Ihr Angehöriger eine stationäre Pflegeeinrichtung wie ein Pflegeheim beziehen, dann schließen Sie einen Wohn- und Betreuungsvertrag (umgangssprachlich Heimvertrag) ab.

pflege.de informiert Sie darüber, welche Leistungen in diesem Vertrag schriftlich festgehalten werden müssen und was bei einer Kündigung gilt.

Inhaltsverzeichnis

 

Wohn- und Betreuungsvertrag – Definition

Ein Wohn- und Betreuungsvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Bewohner sowie der Einrichtungsbetreiber. Der Betreiber verpflichtet sich darin, Wohnraum zu überlassen und Pflegeleistungen zu erbringen.

Damit ist der Vertrag die rechtliche Grundlage für den Aufenthalt und die Pflege des Bewohners. Ältere, pflegebedürftige und behinderte Bewohner werden besser vor Benachteiligungen geschützt. Gesetzliche Grundlage ist das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG).

Info
Heimvertrag und Pflegevertrag: Unterschied

Einen Heimvertrag schließen Sie für die Versorgung in einem Pflegeheim ab. Ein Pflegevertrag wird hingegen zwischen einem ambulanten Dienst und der pflegebedürftigen Person aufgesetzt, wenn diese häuslich betreut wird. Auch in einer Wohngemeinschaft oder bei manchen Angeboten des Service-Wohnens mit ambulanter Pflege wird ein Pflegevertrag geschlossen. 

Im Pflegevertrag werden Art, Inhalt und Umfang der Pflegeleistungen sowie die mit den Kostenträgern (bei Vorliegen eines Pflegegrad ist das die Pflegekasse) vereinbarten Vergütungen für jede Leistung geregelt. Pflegeverträge sind in §120 SGB XI gesetzlich geregelt.

Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG): Gesetzliche Grundlage für den Heimvertrag

Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ist ein Verbraucherschutzgesetz. Es regelt die Rechte und Pflichten bei Verträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmen, die Wohnraum überlassen und damit verbundene Pflege- oder Betreuungsleistungen für ältere, pflegebedürftige oder behinderte Menschen erbringen.

Das WBVG erfasst nicht nur Verträge mit Pflegeheimen, sondern auch Verträge mit Einrichtungen zum „Betreuten Wohnen“ oder „Seniorenwohnen“, an die Pflegedienstleistungen verpflichtend geknüpft sind.

Ausgeschlossen vom Gesetz sind Angebote wie das Servicewohnen, die Unterstützungsleistungen, aber keine Pflegeleistungen, beinhalten.

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Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz: Inhalte

Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (kurz: WBVG) umfasst folgende zentralen Inhalte:

  • Als zukünftiger Bewohner haben Sie Anspruch darauf, vor Vertragsabschluss über das allgemeine Angebot der Einrichtung, über die speziell für Sie in Frage kommenden Leistungen sowie über die entstehenden Kosten informiert zu werden. Dies muss schriftlich und in verständlicher Weise geschehen.
  • Ein Wohn- und Betreuungsvertrag wird schriftlich und auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Der Vertrag kann auch befristet vereinbart werden, die Befristung darf aber Ihren Interessen als künftiger Bewohner nicht entgegenstehen.
  • Die von der Pflegeeinrichtung zu erbringenden Leistungen müssen detailliert beschrieben werden.
  • Im Vertrag ist das zu zahlende Entgelt für die einzelnen Leistungen sowie das Gesamtentgelt zu benennen.  Eine Erhöhung des Entgeltes und damit Ihres Eigenanteils ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
  • Ändert sich Ihr Pflege- oder Betreuungsbedarf, ist die Pflegeeinrichtung verpflichtet, den Vertrag entsprechend anzupassen. Ein Ausschluss ist nur bei gesonderter Vereinbarung zulässig.
  • Sie haben das Recht, sowohl ordentlich als auch außerordentlich zu kündigen. Der Einrichtungsbetreiber hat hingegen nur ein eingeschränktes Kündigungsrecht.
  • Vereinbarungen, die zu Ihrem Nachteil von den Regelungen des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes abweichen, sind unwirksam

Wohn- und Betreuungsvertrag: Wer schließt ihn ab?

Einen Wohn- und Betreuungsvertrag schließen Sie als zukünftiger Bewohner mit dem Einrichtungsbetreiber, also etwa einem Pflegeheim, ab. Ist eine pflegebedürftige Person nicht mehr in der Lage, den Vertrag selbst zu unterschreiben, können dies stellvertretend auch Angehörige oder andere Personen tun, die mit der rechtlichen Betreuung beauftragt oder durch eine Vorsorgevollmacht dazu berechtigt sind.

Wohn- und Betreuungsvertrag: Was muss er enthalten?

Viele Vereinbarungen im Heimvertrag sind durch das WBVG vorgegeben. Einige Leistungen werden durch das WBVG nur ermöglicht, aber nicht vorgeschrieben. Deshalb ist es wichtig, zwischen Regel- und Zusatzleistungen zu unterscheiden:

  • Regelleistungen beziehen sich auf die Räumlichkeiten, die Ausstattung, die Verpflegung, Betreuung und die Pflegeleistungen. Sie sind durch die üblichen Pflegeheimkosten abgegolten.
  • Zusatzleistungen sind beispielsweise eine besondere Ausstattung oder die Zimmergröße. Sie müssen getrennt vergütet werden und sollten ebenfalls in den Vertrag aufgenommen werden.

Wichtig ist, dass die Regelleistungen und die Zusatzleistungen im Vertrag klar voneinander getrennt sind, damit geregelt ist, welche Leistungen durch das reguläre Heimentgelt gedeckt sind und welche Kosten zusätzlich anfallen.

Alle Vereinbarungen, die von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen, müssen ebenso vertraglich festgeschrieben werden. Sie sind nur zulässig, wenn sie vom zukünftigen Bewohner (oder seinem Vertreter) gewünscht werden und günstigere Bedingungen schaffen, als es die gesetzliche Regelung tun würde

Tipp
Achten Sie auf Vollständigkeit des Heimvertrags

Sie können viele Probleme häufig von vornherein vermeiden, wenn Sie darauf achten, dass alle Vereinbarungen detailliert im Heimvertrag festgehalten werden. Leistungen, die nicht im Vertrag stehen, können später nicht eingefordert werden. Das kann zu zusätzlichen Kosten führen.

Vorvertragliche Informationen

Bevor Sie oder Ihr Angehöriger den Vertrag erhalten, muss der Einrichtungsträger Sie über das allgemeine Leistungsangebot und alle in Frage kommenden Leistungen informiert haben.

Das allgemeine Leistungsangebot umfasst:

  • die Ausstattung und Lage des Gebäudes und der Anlage
  • die Angebote und Leistungen der Einrichtung
  • die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen

Bei den Leistungen, die für Sie möglich sind, haben Sie das Recht auf Informationen über

  • das Grundkonzept der Pflege- oder Betreuungsleistungen.
  • den Wohnraum, die Pflege- oder Betreuungsleistungen und gegebenenfalls die Verpflegung als Teil der Betreuungsleistungen sowie der einzelnen weiteren Leistungen nach Art, Inhalt und Umfang.
  • die Voraussetzungen für mögliche Leistungs- und Entgeltänderungen.
  • die Entgelte, die für Unterkunft, Pflege und Verpflegung im Einzelfall zu zahlen sind, das Gesamtentgelt sowie die für Investitionskosten zu zahlenden Beträge.
  • die Art und Weise, wie der Einrichtungsbetreiber vorgehen muss, wenn er das Angebot der Leistungsanpassung bei Änderung des Pflege- und Betreuungsbedarfs beenden will, und welche vertraglichen Konsequenzen dies hat

All diese Informationen müssen ebenfalls im Vertrag enthalten sein – entweder vollständig aufgelistet oder mit einem Verweis. Wenn die Informationen, die Sie vor dem Vertrag erhalten haben, von denen im Vertrag abweichen, muss das auch aufgeführt werden.

Info
Investitionskosten von Pflegeheimen

Die Investitionskosten eines Heimträgers umfassen die Aufwendungen, die zum Beispiel für die Herstellung, Anschaffung und Instandhaltung von Gebäuden oder Einrichtungen entstehen. Diese können auf die Bewohner umgelegt werden und stellen zum Teil einen erheblichen Kostenfaktor dar.


Notwendige Vertragsinhalte im Überblick

Zusätzlich zu den vorvertraglichen Informationen, muss der Heimvertrag folgende Inhalte enthalten, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen:

  • eine Beschreibung von Art, Inhalt und Umfang der Leistungen des Einrichtungsträgers
    • Größe und Ausstattung des zur Verfügung gestellten Wohnraums.
    • Anzahl und Art der Mahlzeiten.
    • Art, der Inhalt und der Umfang der Pflege- und Betreuungsleistungen.

Häufig erfolgt diese Beschreibung nur über einen Verweis auf die Landesrahmenverträge zur stationären Pflege.

  • Kosten, die für den Bewohner entstehen, und zwar die Gesamtsumme sowie für einzelne Leistungen anfallende Kosten:
    • Pflege- und/oder Betreuungsleistungen.
    • Wohnraum und Verpflegung.
    • Weitere vereinbarte Leistungen.
    • Investitionsaufwendungen des Unternehmens (die nach den Regeln der Pflegeversicherung gesondert berechnet werden dürfen).
    • Ausbildungspauschale/Ausbildungsplatzumlage (nicht in allen Bundesländern gültig).
  • Hinweis auf das Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle:
    • Der Unternehmer muss sich im Vertrag dazu erklären, ob er zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit ist oder nicht und auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle einschließlich deren Anschrift und Internetseite hinweisen.

Ändert sich der Pflegebedarf und damit der Pflegegrad eines Bewohners, muss das im Heimvertrag angepasst werden. Der Einrichtungsträger muss dann die nötigen Vertragsänderungen anbieten. Das WBVG ermöglicht jedoch eine Einschränkung oder Ausschluss einer Anpassung.

Ein Beispiel: Ein Heim ist aus personellen oder oder technischen Gründen nicht in der Lage, schwer demente Patienten zu betreuten oder Langzeitbeatmungen durchzuführen. In diesem Fall kann das Heim eine Vertragsanpassung ganz oder teilweise ausschließen. Der Grund dafür muss jedoch sowohl in den vorvertraglichen Informationen als auch im Heimvertrag festgehalten sein. Nur wenn ein Ausschluss im Vertrag vorher gesondert vereinbart wurde und später das darin beschriebene Krankheitsbild auf den konkreten Fall zutrifft, kann der Ausschluss auch zur Anwendung kommen.

Tipp
Lesen Sie unbedingt auch das Kleingedruckte im Vertrag

Bei einem Heimvertrag ist das besonders wichtig, denn er regelt die grundlegenden Lebensbedingungen des Heimbewohners und geht damit weit über einen Miet- oder Dienstleistungsvertrag hinaus. Sind Sie unsicher, können Sie den Vertrag durch einen Rechtsanwalt oder Verbraucherschützer prüfen lassen.

Wohn- und Betreuungsvertrag: Formale Anforderungen

Für einen Heimvertrag gelten folgende formale Anforderungen:

  • Der Vertrag wird zwischen einem volljährigen Bewohner und einem Unternehmer geschlossen.
  • Der Verbraucher ist aufgrund seines Alters, seiner Pflegebedürftigkeit oder seiner Behinderung hilfsbedürftig.
  • Der Vertrag muss schriftlich geschlossen werden. Zwar kann auch ein mündlich vereinbarter Heimvertrag gültig sein, jedoch sind auch in diesem Fall Vereinbarungen, die zu Ungunsten des Bewohners  vom WBVG abweichen, ungültig. Fand ein schriftlicher Vertragsschluss nicht statt, weil dem Bewohner dies etwa zeitweise durch eine Krankheit unmöglich war, muss der schriftliche Vertragsschluss sobald wie möglich nachgeholt werden.
  • Unterschiedliche Leistungen – etwa die Vermietung von Wohnraum und die Erbringung von Pflegeleistungen – können in verschiedenen Verträgen vereinbart sein. Diese Verträge müssen jedoch miteinander verknüpft sein. Der künftige Bewohner kann die Leistungen auch mit verschiedenen Anbietern vereinbaren, diese müssen jedoch ebenfalls miteinander verbunden sein.

Wohn- und Betreuungsvertrag: Entgelterhöhungen

Der Träger einer Einrichtung, zum Beispiel ein Pflegeheim, kann ein höheres Entgelt verlangen, wenn sich die Berechnungsgrundlage ändert. Das WBVG schreibt dabei vor, dass die Erhöhung und der neue Gesamtbetrag angemessen sein müssen.

So ist beispielsweise eine Erhöhung wegen der Umlegung von Investitionsaufwendungen nur dann zulässig, wenn sie betriebsnotwendig sind und nicht durch öffentliche Förderungen gedeckt sind.
Auch die Art der Mitteilung einer Entgelterhöhung schreibt das WBVG vor:

  • Der Unternehmer hat dem Verbraucher die beabsichtigte Entgelterhöhung schriftlich mitzuteilen und zu begründen.
  • Aus dem Schreiben muss hervorgehen, zu welchen Zeitpunkt der Unternehmer die Erhöhung des Entgelts verlangt.
  • Die Erhöhung muss aufgeschlüsselt werden: Es müssen die Positionen benannt sein, für die sich Kostensteigerungen ergeben, und die bisherigen Kosten den neuen Kosten gegenüberstellt sein.
  • Der Umlagemaßstab muss genannt werden.
Info
Fristen bei der Entgelterhöhung

„Im Falle einer beabsichtigten Entgelterhöhung hat der Heimbetreiber dem Bewohner die Einzelheiten schriftlich mitzuteilen und zu begründen. Wesentlich ist, dass die Entgelterhöhung frühestens vier Wochen nach Zugang des schriftlichen und hinreichend begründeten Erhöhungsverlangens in Kraft treten kann. Diese Frist gibt dem Bewohner ausreichend Gelegenheit, die Begründung der Erhöhung zu prüfen und Einsicht in die Kalkulationsunterlagen zu nehmen. Damit wird sichergestellt, dass der Bewohner die Erhöhung nachvollziehen kann und ausreichend Zeit hat, sich auf die veränderten Kosten einzustellen.“(1)
Dies vor dem Hintergrund, dass der Bewohner bei einer Entgelterhöhung ein Sonderkündigungsrecht hat.

Wohn- und Betreuungsvertrag kündigen

Die Kündigung kann entweder durch den Bewohner oder durch den Einrichtungsträger erfolgen:

1. Kündigung durch den Bewohner

Sie als Bewohner (oder Ihr Stellvertreter) können einen schriftlichen und auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Heimvertrag jederzeit ordentlich schriftlich kündigen. Wenn Sie bis zum dritten Werktag eines Monats kündigen, endet der Vertrag zum Ablauf desselben Monats.

Wenn Ihnen jedoch nicht zuzumuten ist, dass Sie das Pflegeheim weiterhin bewohnen, können Sie aus einem wichtigen Grund auch fristlos kündigen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine angemessene Pflege nicht gewährleistet ist. Der wichtige Grund muss so erheblich sein, dass es dem Bewohner nicht zumutbar ist, bis zum Ende der recht kurzen Kündigungsfrist zu warten.

Darüber hinaus können Sie innerhalb von zwei Wochen nach Beginn des Vertragsverhältnisses kündigen. Erhalten Sie den ausgefertigten Vertrag erst nach Vertragsbeginn, beginnt die zweiwöchige Kündigungsfrist mit der Aushändigung.

Außerordentlich kündigen können Sie im Normalfall jederzeit, wenn der Einrichtungsträger das Entgelt erhöht – und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung des Entgelts verlangt wird. Auch einen nicht schriftlich geschlossenen Heimvertrag können Sie jederzeit und ohne Einhaltung einer Frist kündigen.

2. Kündigung durch den Einrichtungsträger

Der Träger der Einrichtung kann den Vertrag nicht ordentlich kündigen. Kündigungen sind dennoch grundsätzlich möglich, jedoch nur aus wichtigem Grund. Wichtige Gründe sind beispielsweise

  • Einstellung, Änderung oder Einschränkung des Betriebs: Der Betrieb des Pflegeheims wird eingestellt, wesentlich eingeschränkt oder so verändert, dass die Fortsetzung des Heimvertrags für den Einrichtungsträger eine unzumutbare Härte darstellen würde. Wenn die Kündigung bis zum dritten Werktag eines Monats erfolgt, endet das Vertragsverhältnis zum Ablauf des übernächsten Monats.
  • Änderung des Bedarfs: Der Einrichtungsträger kann einem Bewohner fristlos kündigen, wenn sich der Betreuungsbedarf des Bewohners ändert, er jedoch eine Anpassung des Heimvertrags ablehnt. In diesem Fall kann der Heimbetreiber die erforderlichen Pflege- und Betreuungsleistungen nicht erbringen und darf fristlos kündigen. Voraussetzung ist allerdings, dass er dem Bewohner eine Annahmefrist gesetzt hat und dass die Kündigung in Aussicht gestellt wurde. Eine Kündigung wegen Veränderung des Pflege- und Betreuungsbedarfs ist ebenfalls möglich, wenn ein Ausschluss nach § 8 Abs, 4 WBVG vereinbart wurde und der Unternehmer eine Weiterversorgung nicht anbietet.
  • Pflichtverletzung des Bewohners: Verletzt ein Heimbewohner seine vertraglichen Pflichten schuldhaft und grob, sodass dem Einrichtungsträger die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht weiter zumutbar ist, kann er dem Bewohner fristlos kündigen. Eine Abmahnung ist in diesem Fall nicht erforderlich.
  • Zahlungsverzug: Eine fristlose Kündigung ist auch möglich, wenn ein Heimbewohner mit zwei Monatsmieten im Rückstand ist. Außerdem muss der Träger der Einrichtung dem Bewohner vor der Kündigung eine Zahlungsfrist gesetzt haben. Die Kündigung wird unwirksam, wenn der Bewohner den Rückstand vor Zugang der Kündigungserklärung ausgleicht oder nachzahlt.
    Info
    Kündigungsgründe

    Eine schuldhafte und grobe Pflichtverletzung des Bewohners, die eine fristlose Kündigung des Einrichtungsträgers rechtfertigt, kann etwa vorliegen, wenn ein Bewohner ein vertraglich vereinbartes Rauchverbot missachtet und in den gemieteten Räumlichkeiten raucht – und das trotz des mehrfachen Hinweises, dass dies nicht erlaubt sei. 

    Ein entsprechendes Urteil fällte das Landgericht Freiburg in einem Urteil vom 05.07.2012 (Aktenzeichen: 3 S 48/12). Das Gericht wertete das Verhalten als schuldhaft, weil der Bewohner wiederholt und beharrlich gegen ein Rauchverbot der Einrichtung verstoßen hatte, welches auch im Heimvertrag festgehalten war. (2)

    Die Pflichtverletzung des Bewohners wurde zudem als grob eingestuft, weil das vertragswidrige Rauchen im Bewohnerzimmer schwerwiegende Gefahren mit sich bringe.

Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Heimvertrag?

Ein Wohn- und Betreuungsvertrag (umgangssprachlich Heimvertrag) regelt die Rechte und Pflichten der Bewohner sowie der Einrichtungsbetreiber. Der Betreiber verpflichtet sich darin, Wohnraum zu überlassen und Pflegeleistungen zu erbringen.

Wer unterschreibt einen Heimvertrag?

Der Heimvertrag wird von dem zukünftigen Bewohner des Pflegeheims unterschrieben. Ist eine pflegebedürftige Person nicht mehr in der Lage, einen Vertrag selbst zu unterschreiben, können dies stellvertretend auch Angehörige oder andere Personen tun, die mit der rechtlichen Betreuung beauftragt oder durch eine Vorsorgevollmacht dazu berechtigt sind.

Bei welchen Einrichtungen wird ein Heimvertrag abgeschlossen?

Bei allen Einrichtungen, die Wohnraum überlassen und verpflichtend Pflege- oder Betreuungsleistungen für ältere, pflegebedürftige und behinderte Menschen erbringen oder vorhalten. Das betrifft Pflegeheime, betreutes Wohnen und Seniorenwohnen mit Pflegedienstleistungen, aber zum Beispiel kein Service-Wohnen.

Was ist der Unterschied zwischen einem Heimvertrag und einem Pflegevertrag?

Der Heimvertrag wird für die Versorgung in einem Pflegeheim geschlossen, der Pflegevertrag bei häuslicher Pflege mit dem ambulanten Dienst.

Was ist die gesetzliche Grundlage des Heimvertrags?

Der Heimvertrag basiert auf dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (kurz: WBVG).

Was muss ein Heimvertrag enthalten?

Ein Heimvertrag muss eine genaue Beschreibung von Art, Inhalt und Umfang der Leistungen des Einrichtungsträgers sowie die entstehenden Kosten für den Bewohner enthalten.

Kann ein Einrichtungsträger höhere Kosten verlangen?

Ja, ein Einrichtungsträger kann ein erhöhtes Entgelt verlangen, wenn sich die bisherige Berechnungsgrundlage ändert.

Kann ein Bewohner den Heimvertrag außerordentlich kündigen?

Ja, beispielsweise wenn das Entgelt erhöht wird oder der Heimvertrag nicht schriftlich geschlossen wurde. Ebenso, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der ein Verbleiben unzumutbar macht.

Aus welchen Gründen kann ein Einrichtungsträger einem Bewohner kündigen?

Nur aus wichtigen Gründen. Das sind beispielsweise die Beschränkung des Betriebs, die Änderung des Bedarfs bei vereinbartem Ausschluss der Anpassung, Zahlungsverzug oder die Pflichtverletzung des Bewohners.

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Erstelldatum: 8102.90.21|Zuletzt geändert: 3202.90.81
(1)
Bundesministerium für Justiz (2009): Gesetz zur Regelung von Verträgen über Wohnraum mit Pflege- oder Betreuungsleistungen (Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz - WBVG)
https://www.gesetze-im-internet.de/wbvg/BJNR231910009.html (letzter Aufruf am 07.08.2023)
(2)
Landesrechtsprechung Baden-Württemberg (2012): LG Freiburg Urteil vom 5.7.2012, 3 S 48/12
http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&nr=16090 (letzter Aufruf am 07.08.2023)
(3)
Verbraucherzentrale (2021): Heimvertrag: Worüber das Pflegeheim Sie vorab informieren muss
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/pflege-im-heim/heimvertrag-worueber-das-pflegeheim-sie-vorab-informieren-muss-10790 (letzter Aufruf am 07.08.2023)
(4)
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (2021): Wohn- und Betreuungsvertrag für ein Senioren- oder Pflegeheim: Was ist zu beachten?
https://www.vis.bayern.de/recht/mieten_leihen_tauschen/heimvertrag_60plus.htm (letzter Aufruf am 07.08.2023)
(5)
Pflegeschutzbund e.V. (2017): Heimvertrag, darauf sollten Sie achten
https://www.biva.de/aus-unserer-beratungsarbeit/heimvertrag-darauf-sollten-sie-achten/ (letzter Aufruf am 07.08.2023)
(6)
Bundesministerium der Justiz (2009): WBVG - Gesetz zur Regelung von Verträgen über Wohnraum mit Pflege- oder Betreuungsleistungen. § 9 Entgelterhöhung bei Änderung der Berechnungsgrundlage
https://www.gesetze-im-internet.de/wbvg/BJNR231910009.html (letzter Aufruf am 07.08.2023)
(7)
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Interview

15 Fragen und Antworten zum Heimvertrag

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Ulrike Kempchen
Im Interview
Ulrike Kempchen
Rechtsanwältin

Ulrike Kempchen ist Rechtsanwältin, arbeitet seit 2010 bei der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e.V. (BIVA-Pflegeschutzbund) und leitet seit 2014 den rechtlichen Bereich des Vereins. Sie ist Expertin zum Thema Heimrecht.

Wer in eine stationäre Pflegeeinrichtung zieht, schließt einen Wohn- und Betreuungsvertrag (auch „Heimvertrag“) ab. Viele Betroffene und deren Angehörige sind mit den Inhalten eines Heimvertrags überfordert und unterschreiben blind unklare oder fragwürdige Vertragsphrasen, wie z. B. eine Schuldbeitrittserklärung. Das weiß Ulrike Kempchen von der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen e.V. (BIVA-Pflegeschutzbund). Die Juristin erklärt im Interview mit pflege.de, worauf Sie bei einem Wohn- und Betreuungsvertrag achten müssen, wann Sie Anspruch auf ein spezifisches Zimmer im Pflegeheim haben und was passiert, wenn sich der Pflegebedarf ändert.

1. Frau Kempchen, Sie sind Rechtsanwältin beim BIVA-Pflegeschutzbund. In einem Satz: Was macht der Verein?

Der BIVA-Pflegeschutzbund setzt sich seit über 40 Jahren bundesweit für die Rechte und Interessen von Menschen ein, die in einer betreuten Wohnform leben oder ambulant versorgt werden. Wir geben direkte Hilfestellungen in Problemsituationen und leisten präventive Arbeit, z. B. indem wir Heimverträge prüfen. Aber es geht nicht nur um Einzelfälle. Wir sind auch die Stimme der Betroffenen in den Ländern oder beim Bund, wenn es etwa um Gesetzgebungsverfahren geht, und betreiben politische Lobbyarbeit für pflegebedürftige Menschen.

2. Mit welchen Fragen richten sich Senioren an Sie?

Da geht es um Aspekte wie Finanzierung, Versorgung oder Personalmangel, die in die jeweilige Einzelsituation mit einspielen. Die meisten Fragen, die an uns gerichtet werden, sind: „Worauf sollte ich achten, wenn ich versorgt werde?“, „Ist der Heimvertrag in Ordnung?“, aber auch „Wie finanziere ich meine Pflege?“. Und wenn man dann bereits in der Pflege ist, geht es oft um Konfliktsituationen und die Rechte, die man als Betroffener und Angehöriger hat.

3. Der Einzug in ein Pflegeheim ist ein großer Schritt. Was sollten Senioren bzw. deren Angehörige aus juristischer Sicht beachten, wenn sie in ein Pflegeheim einziehen?

Wenn er sich nicht vorher selbst informiert hat, unterschreibt er blind etwas.
Ulrike Kempchen

Tatsächlich ist es so, dass durch das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz sehr viele Strukturen in einem Heimvertrag vorgegeben sind. Aber manche Dinge, die nicht zwingend genannt werden müssen, fehlen dann. Nehmen wir z. B. die Möglichkeit, Betreuungs- und Wohnkosten zu mindern, sofern Mängel im Pflegeheim vorliegen. Oder es wird in Verträgen Bezug genommen auf gesetzliche Regelungen, welche der Verbraucher nicht kennt. Wenn er sich nicht vorher selbst informiert hat, unterschreibt er blind etwas. Dann steht da „Pflege wird entsprechend dem Landesrahmenvertrag für stationäre Versorgung erbracht“. Aber was bedeutet das? Das weiß eigentlich keiner. Und manchmal finden sich in Verträgen tatsächlich Formulierungen, die unklar sind und Fragen offenlassen. Das weiß der Verbraucher zu Beginn noch nicht, weil er das Leben in der Einrichtung noch nicht kennt. Wir hingegen können bereits im Vorfeld beraten.

4. Sie sprachen gerade davon, dass bei bestimmten Mängeln eine Minderung der Kosten in Frage kommt. Welche Mängel sind das?

Das können z. B. Mängel am Wohnraum sein, wie man das vom Mietrecht kennt. Ich sage mal klassisch: ein Fenster, das nicht gut schließt oder die ausfallende Heizung. Es können aber auch pflegerische Mängel sein. Oder dass eine Versorgung entgegen einer ärztlichen Anordnung erfolgt oder dass es zu wenige Pfleger gibt, obwohl die Bewohner für einen bestimmten Personalschlüssel bezahlen.

5. Zwischen welchen Parteien wird ein Heimvertrag geschlossen? Ist es empfehlenswert, dass ein Angehöriger den Vertrag unterzeichnet?

Wenn ich einen Vertrag unterschreibe, ohne zu kennzeichnen, dass ich dies in meiner Rolle als Bevollmächtigter tue, kann das finanzielle Folgen für mich haben.
Ulrike Kempchen

Das kommt ganz darauf an. Wenn ein älterer, pflegebedürftiger Mensch noch geschäftsfähig ist, kann und sollte er den Vertrag als Vertragspartner unterschreiben. Er ist ja schließlich derjenige, der die Leistung erhält und die Gegenleistung, also das Entgelt, erbringt. Wenn Menschen, die in eine Einrichtung ziehen, schon sehr hochaltrig und/oder kognitiv eingeschränkt sind oder jemanden bevollmächtigt haben, um für sie zu handeln, dann kann dieser den Vertrag mit dem Zusatz „Bevollmächtigter“ unterschreiben. Durch diesen Zusatz wird klar, dass er stellvertretend für den Pflegebedürftigen handelt. Wenn ich einen Vertrag unterschreibe, ohne zu kennzeichnen, dass ich dies in meiner Rolle als Bevollmächtigter tue, kann das finanzielle Folgen für mich haben. Eventuell kann das als Vertrag zu Gunsten eines Dritten angesehen werden und damit bin ich auch im Zweifelsfall der Schuldner, wenn es um das Heimentgelt geht – und das ist ja durchaus ein Kostenfaktor.

6. Welche Rechte werden in einem Heimvertrag festgelegt?

Durch den Vertrag wissen Sie ganz genau, welche Leistungen Sie erwarten dürfen. Darin wird z. B. geregelt, dass das Zimmer X Ihr Zimmer ist und Sie darin das Hausrecht ausüben dürfen. Das heißt, dass Sie beim Einzug Anspruch auf dieses Zimmer haben und man Sie nicht einfach gegen Ihren Willen in ein anderes Zimmer verlegen darf. Dies gilt auch, wenn Leistungen verändert werden. Nehmen wir an, im Vertrag ist definiert, wie viele Mahlzeiten Sie am Tag erhalten. Dann darf das Essensangebot nicht einfach eingeschränkt werden. Oder wenn Bestandteil Ihres Vertrages ein besonderes Angebot, wie z. B. die Nutzung eines Schwimmbades ist. Dann kann dies nicht einfach unbegründet geschlossen werden, da Sie einen Anspruch darauf haben. Vielleicht war dieses Angebot ja gerade der Grund für Sie, sich für ein bestimmtes Haus zu entscheiden.

7. Und welche Pflichten ergeben sich für den Pflegebedürftigen oder seine Angehörigen durch den Abschluss eines solchen Vertrages?

Die erste Pflicht ist natürlich die Bezahlung des Entgelts für die Leistung, die der Bewohner erhält. Aber man hat, wie bei jedem anderen Vertrag auch, gewisse Sorgfaltspflichten. Ich muss mich in einer Gemeinschaft so benehmen, wie man das von mir erwarten darf. Zudem muss ich als Vertragspartner der Heimleitung z. B. mitteilen, wenn sich etwas an meinem Pflegezustand und damit der Einstufung in einen Pflegegrad ändert. Das sind die Mitwirkungspflichten, die man immer bei einem gegenseitigen Vertrag hat.

8. Wie lange gilt ein Heimvertrag? Ist eine zeitliche Begrenzung möglich?

Grundsätzlich sieht der Gesetzgeber vor, dass Heimverträge auf unbestimmte Zeit gelten, da man ja seinen Lebensmittelpunkt in einer Einrichtung begründet. Man ist kein Gast, sondern ein zahlender Kunde.
Ulrike Kempchen

Grundsätzlich ist es vom Gesetzgeber angedacht, dass die Heimverträge auf unbestimmte Zeit gelten, da man ja seinen Lebensmittelpunkt in einer Einrichtung begründet. Man ist kein Gast, sondern ein zahlender Kunde, der im Idealfall bis zum Lebensende dort wohnt. Es gibt aber eine Ausnahme, wann man einen Vertrag befristen kann: wenn es vorteilhaft für den Verbraucher ist. Zum Beispiel wenn ein Pflegebedürftiger mit in das neue Haus seines Sohnes einziehen soll, aber der Bau stockt. Dann kann es vorteilhaft sein, für zwei Monate in eine Einrichtung einzuziehen, bis der Neubau fertiggestellt ist.

9. Kann man den Vertrag anpassen, wenn sich der dort beschriebene Pflege- oder Betreuungsbedarf ändert?

Sie haben in der Regel einen Anspruch darauf, dass die Pflegeleistungen an Ihren aktuellen Bedarf angepasst werden. Diese Anpassung ist dann eventuell mit einer Kostensteigerung verbunden, wobei der von Ihnen zu zahlende Eigenanteil jedoch gleichbleibt. Man kann Sie also nicht loswerden, weil Ihr Pflegebedarf aufwendiger wird. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Wenn bereits bei der Unterschrift des Vertrags ein Ausschluss der Leistungsanpassung bei bestimmten Krankheitsbildern, wie einem Wachkoma oder einer fortgeschrittenen Demenz, vereinbart wurde, hat der Betroffene keinen Anspruch auf eine Abänderung. Dieser Ausschluss muss jedoch bereits bei Vertragsschließung vereinbart werden und ist zum Schutz der Bewohner nicht nachträglich möglich.

10. Kann ich den Vertrag kündigen und in ein anderes Pflegeheim wechseln, wenn ich merke, dass das Pflegeheim nicht das Richtige für mich oder meinen Angehörigen ist?

Ja. Das Wohn- und Betreuungsrecht ermöglicht sowohl die ordentliche als auch die außerordentliche Kündigung. Eine ordentliche Kündigung ist jederzeit ohne weitere Begründung möglich. Sie können in diesem Fall bis zum dritten Werktag eines Monats zum Ende desselben Monats kündigen. Es gibt aber auch die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung, wenn der Zustand für den Pflegebedürftigen so unzumutbar ist, dass er nicht am Vertrag festhalten kann. Ein Beispiel wäre ein Übergriff durch eine Pflegekraft (Stichwort „Gewalt in der Pflege“). Dann kann man mit dieser Begründung fristlos kündigen, ohne dass man eine Zahlungspflicht hat.

Es gibt die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung, wenn der Zustand für den Pflegebedürftigen unzumutbar ist.
Ulrike Kempchen

11. Was passiert, wenn mein Angehöriger verstirbt? Wie schnell wird der Heimvertrag dann aufgelöst?

Das Vorgehen ist abhängig von den Regelungen im Heimvertrag. Für die große Masse, also Personen, die Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung oder des Sozialhilfeträgers erhalten, endet der Heimvertrag sofort mit dem Todestag. Die Verträge enthalten dann Klauseln, in welcher Zeit ein Zimmer zu räumen ist, damit eine Neubelegung stattfinden kann. Manche Verträge enthalten auch Regelungen, dass die Gegenstände, sollte man diese nicht fristgerecht abholen, kostenpflichtig eingelagert werden. Sollte jemand in einer Seniorenresidenz wohnen und kein Sozialhilfeempfänger oder Empfänger der Pflegeversicherung sein, können gesonderte Regelungen getroffen werden. Zum Beispiel, dass das Zimmer nach dem Tod noch zwei Wochen weiter zu nutzen ist und dafür auch ein Entgelt, reduziert um ersparte Aufwendungen, gezahlt wird.

12. Viele Pflegebedürftige und Angehörige sind skeptisch, was sie mit einem Heimvertrag unterzeichnen. Welche Tipps haben Sie für Betroffene, um Sicherheit zu gewinnen?

Der Heimvertrag ist eine sehr spezielle, gesetzliche Materie, mit der sich nicht jedermann beschäftigt. Verbraucherstellen können teilweise zu diesem Thema beraten, wenn sie einen heimrechtlichen Experten haben. Natürlich können Sie auch zu einem Anwalt gehen. Doch auch hier haben Sie das Problem, dass es kaum Heimrechtsexperten gibt. Der BIVA-Pflegeschutzbund ist eine der wenigen spezialisierten Stellen, der Betroffenen vor der Vertragsunterzeichnung beratend zur Seite steht.

Was ich Angehörigen allgemein bei einem Heimvertrag mit auf den Weg geben würde: Prüfen Sie, ob…

  • … der Vertrag verständlich ist.
  • … das Schriftbild gut lesbar ist.
  • … es ständig Bezüge zu Gesetzen oder anderen Begriffen gibt, die Sie als Verbraucher gar nicht nachvollziehen können.
  • … es erkennbare Fallstricke gibt.
  • … es Anlagen gibt und ob diese sich von selbst erklären.
  • … Ihnen von der Einrichtung Fragen zum Vertrag beantwortet werden.

13. In manchen Heimverträgen wird ein sog. Schuldbeitritt vereinbart („Schuldbeitrittsvereinbarung“). Damit verpflichtet sich der Angehörige, bei Forderungen des Heimbetreibers mit seinem Vermögen zu haften. Sollte ich als pflegender Angehöriger diese Erklärung unterschreiben?

Bevor man eine Schuldbeitrittserklärung unterzeichnet, sollte man sich unbedingt informieren.
Ulrike Kempchen

Grundsätzlich sollte man wissen, dass man nicht dazu gezwungen werden kann, einen Schuldbeitritt zu unterschreiben. Die Frage ist jedoch, ob man den Heimplatz auch bekommt, wenn man diesen Beitritt nicht unterschreibt. Es gibt bestimmte Umstände, bei denen ein Schuldbeitritt „in Ordnung“ ist, z. B. wenn er auch wirklich in den Vertrag eingebettet und in der Höhe begrenzt ist. Aber es gibt auch viele Ausführungen, die nicht rechtens sind. Und da sollte man sich auch zwingend davor hüten, diese zu unterzeichnen.

14. Bei einigen Verträgen wird zusätzlich eine Rentenüberleitung vereinbart, mit der die Rente des Bewohners direkt an das Pflegeheim übermittelt wird. Ist es empfehlenswert, diese abzuschließen?

Eine Rentenüberleitung ist für eine Einrichtung natürlich sehr praktisch, da diese sofort einen Teil des Entgeltes bekommt und man sich nicht selber darum kümmern muss. Entweder reicht die Rente dann genau um die Pflegeheim-Kosten zu begleichen oder die Rente reicht nicht aus und es wird geregelt, wer die Differenz bezahlt. Man sollte sich als Verbraucher oder Angehöriger immer fragen, ob man sich komplett in die Hände der Einrichtung begeben und seine eigenen Verhältnisse offenlegen möchte. Wenn man vom Sozialhilfeträger unterstützt wird, ist es tatsächlich häufig so, dass die Rente automatisch an die Einrichtung geht. Dies bietet sich vor allem an, da sich Änderungen wie z. B. Rentenanpassungen sofort widerspiegeln und es dann keine Probleme mit der Sozialhilfe gibt.

15. Was sind Ihre drei wichtigsten Tipps für Pflegebedürftige und Angehörige vor dem Abschluss eines Heimvertrags?

  • Verschaffen Sie sich selbst einen Eindruck vom Pflegeheim

Es ist wichtig, dass Sie sich sicher sind, in diese Einrichtung einziehen zu wollen. Schauen Sie sich nicht nur den Vertrag und Prospekte an, sondern besuchen Sie bzw. Ihre Angehörigen das Pflegeheim persönlich.

Lassen Sie sich nicht dazu drängen, den Vertrag vorschnell zu unterschreiben.
Ulrike Kempchen
  • Lassen Sie sich Zeit mit der Unterschrift

Lassen Sie sich nicht dazu drängen, den Vertrag vorschnell zu unterschreiben. Sie sollten die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen und den Vertrag auf seine Rechtmäßigkeit prüfen zu lassen.

  • Prüfen Sie die vorvertraglichen Informationen

Zu jedem Vertrag gibt es vorvertragliche Informationen, wie z. B. einen Hausprospekt oder eine Leistungsbeschreibung. Diese rate ich genau zu prüfen, denn sie werden Vertragsbestandteil.

Vielen Dank für das spannende Interview, Frau Kempchen.

 

Erstelldatum: 8102.90.71|Zuletzt geändert: 9102.90.72
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