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Betreuungs- und Heimvertrag – Definition
Einen Betreuungs- oder Heimvertrag schließen Versicherte mit dem Träger einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung (z. B. Pflegeheim) ab, bevor sie als Bewohner in die jeweilige Einrichtung ziehen. Im Betreuungs- und Heimvertrag verpflichtet sich der Einrichtungsbetreiber, Wohnraum zu überlassen und damit verbunden Pflegeleistungen zu erbringen. Der Vertrag bildet die rechtliche Grundlage für die Pflege und den Aufenthalt des Bewohners. Zweck des Heimvertrags ist es, ältere, pflegebedürftige oder behinderte Bewohner vor Benachteiligungen zu schützen und sie bei der Verwirklichung ihres Anspruchs auf Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe zu unterstützen. Gesetzliche Grundlage von Heimverträgen bildet das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG).
Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG): Gesetzliche Grundlage für den Heimvertrag
Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ist ein Verbraucherschutzgesetz und regelt Rechte und Pflichten für Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmen, die Wohnraum überlassen und damit verbunden Pflege- oder Betreuungsleistungen für ältere, pflegebedürftigen und behinderte Menschen erbringen. Entsprechend erfasst das WBVG nicht nur Verträge zwischen Verbrauchern und Pflegeheimen, sondern auch Einrichtungen zum „betreuten Wohnen“ und „Seniorenwohnungen“, an die Pflegedienstleistungen geknüpft sind. Angebote zum sog. Service-Wohnen sind hingegen nicht betroffen, denn dabei werden zwar Unterstützungsleistungen wie Hausmeisterdienste, Hausnotruf-Dienste oder hauswirtschaftliche Unterstützung angeboten, jedoch sind keine Pflegeleistungen eingeschlossen.
Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz – die wichtigsten Inhalte im Überblick:
- Der Verbraucher – also etwa eine pflegebedürftige Person – hat vor Vertragsabschluss Anspruch darauf, dass das Pflegeheim bzw. die Wohneinrichtung sie über die allgemeinen Angebote der Einrichtung und über die speziell für den Bewohner in Frage kommenden Leistungen informiert und über die entstehenden Kosten aufklärt. Dies muss schriftlich und für die Interessenenten in verständlicher Weise – ggf. in leichter Sprache – geschehen.
- Der Betreuungs- und Heimvertrag wird schriftlich und auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Die Möglichkeit der Befristung besteht, jedoch darf sie nicht den Interessen der Verbraucher widersprechen.
- Es bestehen hohe Anforderungen an den Umfang des Vertragsinhaltes: Die von der Pflegeeinrichtung zu erbringenden Leistungen müssen detailliert beschrieben werden.
- Es muss eine angemessene Entgeltzahlung festgehalten werden. Eine Erhöhung des Entgeltes ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.
- Ändert sich der Pflege- oder Betreuungsbedarf des Bewohners, hat die Pflegeeinrichtung die Pflicht, den Vertrag entsprechend anzupassen. Ausnahmen sind nur bei gesonderter Vereinbarung zulässig.
- Die Bewohner haben das Recht, sowohl ordentlich als auch außerordentlich zu kündigen. Der Einrichtungsbetreiber hat hingegen nur ein eingeschränktes Kündigungsrecht.
- Vereinbarungen, die zum Nachteil der Verbraucher ausfallen oder von den Regelungen des WBVG abweichen, sind unwirksam.
Betreuungsvertrag / Heimvertrag: Wer schließt ihn ab?
Ein Betreuungs- oder Heimvertrag schließt der zukünftige Bewohner mit dem ausgewählten Unternehmen, also etwa einem Pflegeheim, ab. Ist eine pflegebedürftige Person nicht mehr in der Lage, einen Vertrag selbst zu unterschreiben, können dies stellvertretend auch Angehörige oder andere Personen tun, die mit der rechtlichen Betreuung beauftragt bzw. durch eine Vorsorgevollmacht dazu berechtigt sind.
Betreuungsvertrag / Heimvertrag: Was muss drinstehen?
Viele der Vereinbarungen, die ein Heimvertrag beinhalten muss, sind durch das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) vorgeschrieben. Dies betrifft jedoch nicht die von den Bewohnern und Angehörigen gewünschten Leistungen, die das WBVG zwar zulässt, aber nicht vorschreibt. So ist zwischen den Regelleistungen und den Zusatzleistungen zu unterscheiden.
- Regelleistungen werden durch das reguläre Heimentgelt beglichen und betreffen die Räumlichkeiten und deren Ausstattung, die Verpflegung, die Betreuung (etwa die Reinigung der Räume oder die Versorgung mit Wäsche) und die Pflegeleistungen.
- Zusatzleistungen sind extra zu bezahlen und sollten genau wie die Regelleistungen in den Vertrag aufgenommen werden. Zusätzliche Leistungen können etwa in Form einer besonderen Ausstattung der Räumlichkeiten oder durch Begleitung bei Arztbesuchen erbracht werden.
Wichtig ist, dass die Regelleistungen und die Zusatzleistungen im Vertrag klar getrennt sind, damit geregelt ist, welche Leistungen durch das reguläre Heimentgelt gedeckt sind und welche Kosten zusätzlich anfallen.
Sollte es von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Vereinbarungen geben, gilt: Auch diese müssen vertraglich festgeschrieben werden und sind nur zulässig, wenn sie vom zukünftigen Bewohner bzw. dessen Stellvertreter gewünscht werden und für den Bewohner günstigere Bedingungen schaffen, als es die gesetzliche Regelung tun würde.
Vorvertragliche Informationen
Bevor der Verbraucher den Vertrag erhält, muss er vom Einrichtungsträger über das allgemeine Leistungsangebot und die speziell für ihn in Frage kommenden Leistungen informiert werden. Diese vorvertraglichen Informationen müssen ebenfalls im Vertrag enthalten sein. Wenn sie nicht vollständig im Vertrag selbst aufgeführt sind, muss auch darauf ein Hinweis vermerkt sein. Wenn die vorvertraglichen Informationen von den im Vertrag vereinbarten Leistungen abweichen, muss dies gesondert im Vertrag aufgeführt werden.
Folgende Informationen muss der Verbraucher vor Vertragsunterzeichnung erhalten:
- Informationen über das allgemeine Leistungsangebot des Unternehmens:
- über Ausstattung und Lage des Gebäudes, in dem sich der Wohnraum befindet
- über Ausstattung, Lage und Nutzungsbedingungen der von den Bewohnern gemeinschaftlich genutzte Anlagen und Einrichtungen (z. B. Garten oder Aufenthaltsräume)
- über Angebote und Leistungen der Einrichtung nach Art, Inhalt und Umfang
- über Pflegenoten der Pflegeversicherung, die das Heim erhalten hat, darunter die Gesamtnote sowie die Durchschnittsnote für die jeweiligen Unterkategorien wie Pflege, medizinischen Betreuung, Hygiene etc.
- Informationen über die für den Verbraucher in Betracht kommenden Leistungen:
- über das den Pflege- oder Betreuungsleistungen zugrundeliegende Leistungskonzept
- über den Wohnraum, die Pflege- oder Betreuungsleistungen und ggf. die Verpflegung als Teil der Betreuungsleistungen sowie der einzelnen weiteren Leistungen nach Art, Inhalt und Umfang
- über die Voraussetzungen für mögliche Leistungs- und Entgeltveränderungen
- über die für Wohnraum, Pflege und Verpflegung für den Bewohner jeweils anfallenden Entgelte, das Gesamtentgelt sowie für Investitionskosten anfallenden Beträge
- über die Vorgehensweise des Einrichtungsträgers, wenn dieser seine gesetzliche Pflicht, bei einer Änderung des Pflege- und Betreuungsbedarfs eine Anpassung der Leistungen anzubieten, aussetzen will, und darüber, welche Folgen eine solche Vertragsklausel hat
Ändert sich der Pflegebedarf und damit der Pflegegrad eines Bewohners, muss dies im Heimvertrag angepasst werden – die nötigen vertraglichen Änderungen muss der Einrichtungsträger dem Bewohner anbieten. Das WVBG ermöglicht jedoch auch die Einschränkung oder den Ausschluss einer Anpassung. Und zwar dann, wenn der Einrichtungsträger daran ein berechtigtes Interesse aufgrund seines Betreuungs- und Pflegekonzepts nachweisen kann. Verfügt ein Heim etwa nicht über die technischen oder personellen Kapazitäten, um schwer demente Patienten zu betreuen oder Langzeitbeatmungen durchzuführen, kann der Einrichtungsträger für solche Pflegefälle eine Vertragsanpassung ausschließen. Der Ausschlussgrund muss sowohl in den vorvertraglichen Informationen als auch im Heimvertrag festgehalten sein. Häufig sind die in Verträgen enthaltenden Klauseln aufgrund ihrer Ausprägung jedoch nicht rechtlich bindend. Interessenten und Angehörige sollten deshalb besonders diese Vertragsabschnitte juristisch prüfen lassen.
Notwendige Vertragsinhalte im Überblick
Folgende Informationen müssen in Heimverträgen enthalten sein, damit sie den gesetzlichen Anforderungen entsprechen:
- die vorvertraglichen Informationen, die der Verbraucher erhalten hat
- eine genaue Beschreibung von Art, Inhalt und Umfang der Leistungen des Einrichtungsträgers:
die Größe und Ausstattung des zur Verfügung gestellten Wohnraums
die Anzahl und Art der Mahlzeiten
die Art, der Inhalt und der Umfang der Pflege- und Betreuungsleistungen
- die für den Bewohner entstehenden Kosten, und zwar die Gesamtsumme sowie für einzelne Leistungen anfallende Kosten:
– für Pflege- und/oder Betreuungsleistungen
– für Wohnraum
– für Verpflegung
– für weitere vereinbarte Leistungen
– für Investitionsaufwendungen des Unternehmens (die nach den Regeln der Pflegeversicherung gesondert berechnet werden dürfen)
– für Ausbildungspauschale/Ausbildungsplatzumlage (nicht in allen Bundesländern gültig) - ein Hinweis auf das Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle:
– Falls der Unternehmer im Vertrag zustimmt, am einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, muss er auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle inklusive Adresse und Website hinweisen.
Betreuungsvertrag / Heimvertrag: Formale Anforderungen
Für einen Betreuungsvertrag bzw. Heimvertrag gelten folgende formale Anforderungen:
- Der Vertrag wird zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer abgeschlossen.
- Der Verbraucher muss volljährig sein.
- Der Verbraucher ist aufgrund seines Alters, seiner Pflegebedürftigkeit oder seiner Behinderung hilfsbedürftig.
- Der Vertrag muss schriftlich geschlossen werden. Zwar kann auch ein mündlich vereinbarter Heimvertrag gültig sein, jedoch sind in diesem Fall Vereinbarungen, die zu Ungunsten des Bewohners ausfallen, ungültig. Fand ein schriftlicher Vertragsschluss nicht statt, weil dem Bewohner dies etwa zeitweise durch eine Krankheit unmöglich war, muss der schriftliche Vertragsschluss sobald wie möglich nachgeholt werden.
- Unterschiedliche Leistungen – etwa die Vermietung von Wohnraum und die Erbringung von Pflegeleistungen – können in verschiedenen Verträgen vereinbart sein. Diese Verträge müssen jedoch miteinander verknüpft sein. Der künftige Bewohner kann die Leistungen auch mit verschiedenen Anbietern vereinbaren, auch diese müssen jedoch miteinander verbunden sein.
Betreuungsvertrag / Heimvertrag: Entgelterhöhungen
Grundsätzlich kann ein Einrichtungsträger ein erhöhtes Entgelt verlangen, wenn sich die bisherige Berechnungsgrundlage verändert. Das WVBG schreibt jedoch vor, dass sowohl die Erhöhung selbst als auch der sich daraus ergebende Gesamtbetrag angemessen sein muss. Eine Erhöhung, die sich aufgrund der Umlegung von Investitionsaufwendungen auf die Bewohner ergibt, ist nur zulässig, wenn sie für das Unternehmen notwendig sind und nicht durch öffentliche Förderung gedeckt wird.
Auch die Art der Mitteilung einer Entgelterhöhung schreibt das WVBG vor:
- Der Heimträger bzw. Unternehmer hat dem Verbraucher die beabsichtigte Erhöhung des Entgelts schriftlich mitzuteilen und zu begründen.
- Aus dem Schreiben muss hervorgehen, zu welchen Zeitpunkt der Unternehmer die Erhöhung des Entgelts verlangt.
- Die Erhöhung muss begründet und aufgeschlüsselt werden: Es müssen die Positionen benannt sein, für die sich Kostensteigerungen ergeben, und die bisherigen Kosten den neuen Kosten gegenüberstellt sein.
Das erhöhte Entgelt muss der Verbraucher frühestens vier Wochen nach Zugang des Schreibens mit dem begründeten Erhöhungsverlangen zahlen. Zudem müssen der Verbraucher bzw. seine Stellvertreter rechtzeitig Gelegenheit haben, die Angaben des Unternehmers zu prüfen, indem sie Einsicht in die Kalkulationsunterlagen nehmen.
Betreuungsvertrag / Heimvertrag kündigen
1. Kündigung durch den Bewohner
Schriftliche, auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Heimverträge können Bewohner jederzeit ordentlich kündigen. Wenn sie bis zum dritten Werktag eines Monats kündigen, endet der Vertrag zum Ablauf desselben Monats. Wenn dem Bewohner jedoch nicht zuzumuten ist, dass er das Heim bzw. die Einrichtung weiterhin bewohnt, kann er auch fristlos kündigen. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn ein Pflegeheim oder eine andere vom Heimgesetz betroffene Wohneinrichtung eine angemessene Pflege des Bewohners nicht gewährleistet.
Ein Bewohner kann zudem jederzeit innerhalb von zwei Wochen nach Beginn des Vertragsverhältnisses kündigen, und zwar ohne eine Frist einhalten zu müssen. Erhält der Heimbewohner den ausgefertigten Vertrag erst nach Vertragsbeginn, gilt die zwei Wochen-Frist für die Kündigung ab dem Zeitpunkt der Aushändigung.
Außerordentlichen kündigen können Bewohner im Normalfall jederzeit, wenn der Einrichtungsträger das Entgelt erhöht – und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung des Entgelts verlangt wird. Auch einen nicht schriftlich geschlossenen Heimvertrag können Bewohner jederzeit und ohne Einhaltung einer Frist kündigen.
2. Kündigung durch den Einrichtungsträger
Der Einrichtungsträger kann den Bewohnern nicht ordentlich kündigen. Dennoch sind Kündigungen grundsätzlich möglich, und zwar aus folgenden Gründen:
- Einstellung, Änderung oder Beschränkung des Betriebs: Der Betrieb des Pflegeheims bzw. der Wohneinrichtung wird eingestellt, in wesentlicher Weise eingeschränkt oder in seiner Art verändert, so dass die Fortsetzung des Heimvertrags für den Einrichtungsträger eine unzumutbare Härte darstellen würde. In diesem Fall handelt es sich um eine außerordentliche befristete Kündigung. Wenn diese bis zum dritten Werktag eines Monats erfolgt, wird das Vertragsverhältnis zum Ablauf des übernächsten Monats beendet.
- Änderung des Bedarfs: Der Einrichtungsträger kann einem Bewohner fristlos kündigen, wenn sich der Betreuungsbedarf des Bewohners ändert, er jedoch eine Anpassung des Heimvertrags ablehnt, z. B. weil er höhere Kosten nicht tragen möchte. In diesem Fall kann der Heimbetreiber die erforderlichen Pflege- und Betreuungsleistungen nicht erbringen und darf fristlos kündigen. Voraussetzung ist jedoch, dass er dem Bewohner eine Annahmefrist gesetzt hat und dass die Kündigung in Aussicht gestellt wurde.
- Pflichtverletzung des Bewohners: Wenn ein Heimbewohner seine vertraglichen Pflichten schuldhaft und grob verletzt, so dass dem Einrichtungsträger die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht weiter zuzumuten ist, kann er dem Bewohner fristlos kündigen. Eine Abmahnung ist in diesem Fall nicht vorgeschrieben. Aus dem Schutzzweck des WBVG kann aber hergeleitet werden, dass nur solche Pflichtverletzungen eine fristlose Kündigung rechtfertigen, bei deren Vorliegen auch bei der Wohnraummiete ohne Abmahnung gekündigt werden kann.
- Zahlungsverzug: Auch wenn ein Bewohner einer Einrichtung in Zahlungsverzug gerät und mit zwei Monaten im Rückstand ist, ist eine fristlose Kündigung möglich. Voraussetzung ist, dass der Bewohner mit zwei Monaten im Rückstand ist und dass die Höhe des Zahlungsbetrags unstrittig ist. Vor der Kündigung muss der Einrichtungsträger dem Bewohner zudem eine Zahlungsfrist gesetzt und die Kündigung angedroht haben. Eine Kündigung ist unwirksam, wenn der Bewohner den Rückstand vor Zugang der Kündigungserklärung ausgleicht oder auch nachträglich zahlt.