Definition: Bobath-Konzept
Das Bobath-Konzept ist ein umfassendes Bewegungskonzept zur Rehabilitation von Patienten mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Ziel der Therapie ist, mittels immer wiederkehrender Bewegungsübungen neue Verknüpfungen im Gehirn zu schaffen. Auf diese Weise übernehmen intakte Hirnareale die Funktionen der geschädigten Bereiche. Die betroffene Person gewinnt motorische Fähigkeiten zurück und wird wieder selbstständiger in ihrem Alltag. Das Bobath-Konzept ist auch bekannt als Neurodevelopmental Treatment (NDT) nach Bobath.
Bobath-Konzept: Grundlagen
Das Gehirn des Menschen ist ein Leben lang lernfähig. Werden durch Erkrankungen wie etwa einen Schlaganfall oder Multiple Sklerose bestimmte Hirnareale beschädigt, können wir die unversehrten Hirnbereiche so trainieren, dass sie die verloren gegangenen Funktionen übernehmen.
Das geschieht beim Bobath-Konzept durch immer wiederkehrende Bewegungsmuster. Dabei berücksichtigt es stets die individuellen Möglichkeiten und Grenzen jedes einzelnen Patienten, fordert aber auch seine aktive Mitarbeit. Die Anwendungen sind nicht auf die Therapiestunden begrenzt. Stattdessen werden sie Bestandteil des Tagesablaufs der betroffenen Person.
Diese stetigen Wiederholungen programmieren die Nervenbahnen um. Der Patient studiert Bewegungen neu ein und wird wieder mobiler. Stück für Stück kann er so seine Selbstständigkeit im Alltag zurückgewinnen.
Das Bobath-Konzept kann nicht die Ursachen der neurologischen Erkrankungen beheben. Es setzt ausschließlich darauf, neue Bewegungsmuster zu erlernen, damit der Patient seine Mobilität und damit Selbstständigkeit zurückgewinnt.
Bobath-Konzept: Ziele
Übergeordnetes Ziel des Bobath-Konzepts ist, dass die betroffenen Personen die Beweglichkeit der beeinträchtigten Körperregionen verbessern und damit ihre Unabhängigkeit wieder erlangen. Durch regelmäßige Übungen, die sie in ihren Alltag integrieren, bekommen die Patienten wieder ein besseres Körpergefühl, Muskelspannungen lösen sich und sie können viele Bewegungen wieder selbstständig durchführen.
Die wichtigsten Ziele der Bobath-Therapie für die Patienten auf einen Blick:(1)
- Sie erlangen ehemals beherrschte Bewegungen und Fähigkeiten wieder.
- Sie werden wieder selbstständiger und gewinnen Lebensqualität zurück.
- Ihr Wohlbefinden soll sich steigern.
- Sie finden ihr Gleichgewicht wieder und gewinnen Sicherheit im Alltag.
- Ihre motorischen Fähigkeiten verbessern sich.
- Der Muskeltonus stabilisiert sich.
- Haltung und Körpersymmetrie verbessern sich.
- Schmerzen und Versteifungen werden gelindert.
- Spastiken und Verkrampfungen lösen sich.
- Bei halbseitiger Lähmung verbessert sich die Koordination zwischen gelähmter und gesunder Körperseite.
- Eine dauerhafte Pflegebedürftigkeit wird vermieden beziehungsweise der Pflegegrad verringert sich.
Für wen eignet sich Bobath?
Das Bobath-Konzept ist ein Pflege- und Therapiekonzept für Menschen mit Lähmungen durch Erkrankungen des zentralen Nervensystems.
Darunter fallen unter anderem Patienten mit:
- Schlaganfall
- Schädel-Hirn-Verletzung
- Entzündlicher Erkrankungen des Zentralnervensystems
- Multipler Sklerose
- Morbus Parkinson
Bobath-Übungen
Das Bobath-Konzept sieht keine strikten Therapievorgaben und starren Übungsabläufe vor. Vielmehr werden die Anwendungen individuell auf den Patienten und seine motorische Beeinträchtigung abgestimmt.
Alle Übungen werden in den Tagesablauf integriert. So lernen die Patienten, die versehrten Körperteile wieder in alltäglichen Situationen wie Körperpflege, Essen sowie das An- und Ausziehen mit einzubeziehen. Die pflegenden Personen helfen Ihnen dabei.
Die Bobath-Übungen decken folgende Bereiche ab:
- Lagerung
- Mobilisation
- Waschen
- Selbsthilfe
Lagerung nach Bobath
Ist die pflegebedürftige Person halbseitig gelähmt, empfiehlt sich die sogenannte Lagerung nach Bobath. Das Bobath-Konzept sieht verschiedene Lagerungen vor. Die wichtigsten und ihre Vorteile sind:
- Bei der Lagerung auf der betroffenen Seite stimuliert der Auflagedruck die beeinträchtigten Körperpartien. Die nicht betroffene Seite kann aktiv benutzt werden.(2)
- Bei der Lagerung auf der nicht betroffenen Seite kann sich der Muskeltonus entspannen, die betroffenen Personen fühlen sich meist wohler, weil sie ihre Lage aktiv mitgestalten können. Allerdings ist ihr Aktionsspielraum kleiner, weil die beeinträchtigte Seite oben liegt.(3)
- Das stabile Sitzen im Bett hilft Menschen mit geringer Rumpfstabilität, wieder ein Gefühl für den eigenen Körper zu bekommen und den Kreislauf zu trainieren.(4)
- Das Sitzen im Stuhl am Tisch stabilisiert Muskeltonus und Kreislauf. Außerdem ist es ein wichtiger Schritt zurück in ein soziales Leben.(5)
Bei jeder Lagerung sollte die Unterlage relativ hart sein, weil dann der Auflagedruck stärker stimuliert. Für Ihre Angehörigen ist es außerdem wichtig, dass sie möglichst stabil liegen oder sitzen. Sie müssen sich immer sicher fühlen, um nicht zu verkrampfen.
Mobilisation nach Bobath
Mobilisation nach Bobath wird auch Transfer nach Bobath genannt. Danach sollen Sie Ihre Angehörigen aktiv in sämtliche Positionswechsel mit einbeziehen. Wenn Sie darauf konsequent achten, können Sie die Bewegungsfähigkeiten der betroffenen Person spürbar steigern.
Es beginnt mit einfachen unterstützenden Bewegungsabläufen, zum Beispiel dem Aufsetzen im Bett. Sobald Ihr Angehöriger das Bett verlassen möchte, kommen zwei Transfertechniken zum Einsatz:
- Der tiefe Transfer, wenn der Patient noch nicht eigenständig stehen kann, und
- der hohe Transfer, wenn der Patient bereits einige Male sicher gestanden hat.
Verschiedene Hilfsmittel, wie etwa Hebe- oder Umsetzhilfen können eine sinnvolle Unterstützung sein.
Waschen nach Bobath
Eine gute Möglichkeit, die Körperwahrnehmung von Patienten mit starken körperlichen Einschränkungen zu fördern, ist das Waschen nach Bobath. Mit dieser Bobath-Übung können Sie gezielt die Aufmerksamkeit Ihres Angehörigen auf seine beeinträchtigten Körperregionen lenken.
Beachten Sie bei der Bobath-Waschung folgende Grundsätze:(6)
- Die betroffene Person soll sich, soweit es geht, eigenständig waschen, auch wenn es ihr nur für wenige Körperregionen möglich ist.
- Beim Waschen nach Bobath arbeiten Sie stets von der gesunden zur kranken Seite hin. Erhöhen Sie dabei leicht den Druck, wenn Sie beim Waschen beeinträchtigte Körperregionen erreichen.
- Bitten Sie Ihren Angehörigen, sich die betroffenen Körperpartien bewusst zu machen und die Wahrnehmung aktiv dorthin zu lenken.
- Informieren Sie Ihren Angehörigen über jeden Arbeitsschritt und lassen Sie ihn das Geschehen gedanklich nachvollziehen.
- Führen Sie die Bewegungen langsam durch, beteiligen Sie den Pflegebedürftigen gegebenenfalls durch geführte Bewegungen.
Beim Bobath-Konzept kommt es auf die richtigen Handgriffe an – egal ob Sie Ihren Angehörigen sicher aus dem Bett in den Rollstuhl bewegen oder seinen Körper waschen wollen. Eignen Sie sich deshalb die Technik am besten in einem Bobath-Kurs an oder lassen Sie sich von einer professionellen Pflegefachkraft schulen.
Selbsthilfe nach Bobath
Ziel eines jeden Bobath-Trainings ist, dass die Patienten trotz ihrer Erkrankung so viel Selbstständigkeit wie möglich zurückerlangen. Das ADL-Training – Kurzform für activity of the daily living, zu deutsch: Aktivitäten des täglichen Lebens – bereitet sie daher gezielt auf alltägliche Tätigkeiten vor.
Geeignet für die Gestaltung des ADL-Trainings sind neben der Körperpflege, das An- und Ausziehen, die Nahrungsaufnahme, aber je nach Mobilität auch der eigenständige Toilettengang. Indem Sie immer wieder den gesamten Körper Ihres Angehörigen, also auch die betroffenen Körperanteile, in die täglichen Aktivitäten mit einbeziehen, kann er sie im Idealfall irgendwann wieder ohne Führung durchführen.
Tipps für pflegende Angehörige
Damit das Bobath-Konzept funktioniert, müssen alle an der Pflege beteiligten Personen an einem Strang ziehen. Zusammen müssen Sie Ihren pflegebedürftigen Angehörigen während des gesamten Tagesablaufs an die Übungen heranführen. Die Bewegungsmuster sollten bei jeder sich bietenden Möglichkeit wiederholt werden, um neue Verknüpfungen im Gehirn zu schaffen und motorische Fähigkeiten wiederzuerlangen.
So können Sie das Bobath-Konzept in Ihren Pflegealltag zu integrieren:(1)
- Machen Sie sich zuerst bewusst, welche Bewegungsabläufe Ihr Angehöriger ausführen kann und wo er noch Defizite hat.
- Beraten Sie sich am besten mit einem Physiotherapeuten, der auf Bobath spezialisiert ist. Der behandelnde Arzt kann eine Bobath-Therapie verordnen.
- Gestalten Sie das Zimmer so, dass die schlechtere Seite Ihres Angehörigen möglichst oft angeregt wird, etwa indem Sie ihn in seinem Bett mit seiner schlechten Seite zur Tür ausrichten.
- Halten Sie bei jeder Tätigkeit Augenkontakt mit der betroffenen Person.
- Motivieren Sie Ihren Angehörigen immer wieder zur Mitarbeit.
- Beziehen Sie bei allen Aktivitäten die gelähmte Seite mit ein.
- Halten Sie eher die Hand der schlechteren anstatt die der gesunden Seite.
- Während der Übungen sprechen Sie so wenig wie möglich, damit der Patient sich ganz auf die Bewegung und sein Körpergefühl konzentrieren kann.
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Bobath-Konzept?
Das Bobath-Konzept ist ein umfassendes Bewegungskonzept zur Therapie von Patienten mit Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Durch immer wiederkehrende Übungen können betroffene Personen neue Verknüpfungen im Gehirn schaffen und damit ihre motorischen Fähigkeiten und Selbstständigkeit im Alltag zurückgewinnen.
Wie funktioniert die Bobath-Therapie?
Die Grundannahme des Bobath-Konzepts ist, dass das Gehirn des Menschen lebenslang lernfähig ist. Durch immer wiederkehrende Bewegungsmuster können daher alte Bewegungen auf neue Weise einstudiert werden, die zum Beispiel nach einem Schlaganfall verloren gegangen sind.
Was versteht man unter dem Bewegungsablauf nach Bobath?
Das A und O aller Bewegungen nach Bobath sind die vielen Wiederholungen, die im Tagesablauf eingebaut werden. Nur durch diese immer wiederkehrenden Wiederholungen ein und desselben Bewegungsmusters können neue Verknüpfungen im Gehirn geschaffen werden, die Funktionen geschädigter Hirnareale übernehmen.
Welche Übungen werden bei der Bobath-Therapie eingesetzt?
Bobath sieht keine starren Übungsabläufe vor. Die Therapie wird immer individuell auf jeden Patienten zugeschnitten, je nach dem Ausmaß seiner Bewegungseinschränkung und der betroffenen Körperteile. Die Bobath-Übungen decken folgende Bereiche ab:
- Lagerung
- Mobilisation
- Waschen
- Selbsthilfe
Für wen ist das Bobath-Konzept geeignet?
Das Bobath-Konzept richtet sich an Menschen mit neurologischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems, also mit Schädigungen am Gehirn und Rückenmark. Darunter fallen unter anderem Patienten mit:
- Schlaganfall
- Schädel-Hirn-Verletzung
- Entzündlichen Erkrankungen des Zentralnervensystems
- Multipler Sklerose
- Morbus Parkinson
Welche Ziele hat das Bobath-Konzept?
Übergeordnetes Ziel des Bobath-Konzepts ist, dass die betroffenen Personen ihre Selbstständigkeit und damit Lebensqualität zurückgewinnen. Daneben stehen unter anderem folgende Ziele im Fokus:
- Wiederlangen bestimmter Bewegungen und Fähigkeiten
- Bessere motorische Fähigkeiten
- Stabilerer Muskeltonus
- Verbesserte Haltung und Körpersymmetrie
- Bessere Koordination zwischen gelähmter und gesunder Körperseite
Gibt es Bobath-Therapie auf Rezept?
Ja. Bobath-Therapie kann von Haus- oder Fachärzten verordnet werden. Die Kosten trägt in der Regel die Krankenkasse.