Definition: Was ist das Familienpflegezeitgesetz?
Zur Pflege eines nahestehenden Menschen haben Berufstätige in Betrieben mit mehr als 25 Beschäftigten ein Recht auf bis zu zwei Jahre Teilzeitarbeit. Anstelle der Lohnfortzahlung ihres Arbeitgebers gewährt ihnen der Bund in dieser sogenannten Familienpflegezeit ein zinsloses Darlehen. Die Pflegekasse des Pflegebedürftigen sichert ihre Sozialversicherung ab.
So steht es im überarbeiteten Familienpflegezeitgesetz (FPflZG), das sich in die Liste der deutschen Pflegegesetze & Pflegereformen einreiht.(1)
Was versteht man unter Familienpflegezeit und Pflegezeit?
Berufstätigen, die einen nahen Angehörigen pflegen und betreuen müssen, hat der Gesetzgeber seit 2015 mehrere Möglichkeiten zur Vereinbarung von Beruf, Familie und Pflege geschaffen:
Familienpflegezeit
Das Familienpflegezeitgesetz garantiert eine bis zu zweijährige Familienpflegezeit bei Teilzeitarbeit. Berufstätige in Betrieben mit mehr als 25 Beschäftigten haben einen Rechtsanspruch darauf, ihre wöchentliche Arbeitszeit pflegebedingt auf bis zu 15 Stunden zu reduzieren. Die Regeln dafür hat der Gesetzgeber in 2015 etwas vereinfacht und verbessert, da sich das bisherige Regelwerk nicht bewährt hatte. Denn die bereits 2012 eingeführte Familienpflegezeit wurde aufgrund der vielen bürokratischen Hürden und der finanziellen Risiken für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bis Ende 2014 so gut wie gar nicht genutzt.
Pflegezeit
Mit dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) hat der Gesetzgeber weitere kurzfristigere und kurzzeitigere Möglichkeiten geschaffen, Arbeit und Pflege eines Angehörigen zu kombinieren.
- Bis zu sechsmonatige Pflegezeit: Auf eine bis zu sechsmonatige sogenannte Pflegezeit bei teilweiser oder vollständiger Freistellung von der Arbeit haben Beschäftigte bereits in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern einen Rechtsanspruch.
- Bis zu zehn Tage Auszeit bei Pflege-Notfällen: Kurzfristig dürfen Berufstätige für höchstens zehn Arbeitstage von der Arbeit fernbleiben, wenn sie für einen unerwartet pflegebedürftigen nahen Angehörigen dringend Hilfe organisieren müssen.
- Drei Monate Auszeit für Sterbebegleitung: Wenn sich Berufstätige intensiv um einen schwerkranken nahen Angehörigen in seiner letzten Lebensphase im Rahmen der Palliativpflege kümmern wollen, können sie sich sogar drei Monate von der Arbeit freistellen lassen.
Die 6 Grundregeln zur Familienpflegezeit
Wer berufstätig ist und Familienpflegezeit für die Pflege und Betreuung eines nahen Angehörigen nutzen möchte, muss einige Grundregeln beachten:
- Spätestens acht Wochen vor Beginn der Familienpflegezeit müssen Beschäftigte die geplante längerfristige Teilzeitarbeit aufgrund häuslicher Pflege eines nahen Angehörigen bei ihrem Arbeitgeber anmelden.
- Nur in Betrieben mit mehr als 25 Beschäftigten (Vollzeit- und Teilzeitkräfte, Mini- und Midi-Jobber zählen als Beschäftigte) haben Mitarbeiter einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit. Kleinere Betriebe hat der Gesetzgeber bewusst von dieser Verpflichtung ausgenommen, pflegebedingte Teilzeitarbeit von Mitarbeitern zu akzeptieren.
- Für bis zu 24 Monate können Beschäftigte für die Familienpflegezeit ihre wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden pro Woche reduzieren.
- Da pflegende Berufstätige während der Familienpflegezeit keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung haben, gewährt ihnen der Bund ein zinsloses Darlehen zur Absicherung ihres Lebensunterhalts. Näheres zum Antrag auf dieses Darlehen und den Konditionen dazu finden Sie weiter unten in diesem Beitrag.
- Während ihrer Familienpflegezeit genießen Beschäftigte einen gesetzlich garantierten vollen Kündigungsschutz.
- Wen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als „nahe Angehörige“ in der Familienpflegezeit versorgen, hat der Gesetzgeber bewusst großzügig geregelt.
Zinsloses Darlehen während der Familienpflegezeit
Während der Familienpflegezeit steht Berufstätigen gesetzlich keine Lohnfortzahlung ihres Arbeitgebers zu, jedoch garantiert der Bund für diese Zeit ein zinsloses Darlehen, das ihre Lebensführung auf niedrigerem Niveau absichert als ihre Arbeitsbezüge. Im Ratgeber zum Pflegezeitgesetz erklärt pflege.de alles, was Sie zum zinslosen Darlehen des Bundes wissen müssen. Die Bedingungen sind dabei für die Pflegezeit und die Familienpflegezeit identisch.
Sozialversicherung während der Familienpflege- und Pflegezeiten
Prinzipiell hat der Gesetzgeber Berufstätige während der Familienpflegezeit sozial abgesichert. Zuschüsse und Beiträge für ihre Sozialversicherungen zahlt in diesem Zeitraum die Pflegekasse ihres Pflegebedürftigen.
- Sozialversicherung: Wer Familienpflegezeit oder Pflegezeit nutzt, dem gewährt die Pflegekasse des betreuten Pflegebedürftigen auf Antrag Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Beiträge zur Rentenversicherung. Sie trägt die monatlichen Beiträge zur Rentenversicherung von 120 bis 424 Euro abhängig davon, wieviel Zeit jemand für die Pflege aufbringt und wie viele Hilfen der Pflegebedürftige entsprechend seiner Pflegestufe (bis 31.12.2016) oder seit 2017 nach seinem Pflegegrad braucht. Voraussetzung für diese Leistungen: Berufstätige müssen ihren nahen Angehörigen mindestens 10 Stunden pro Woche pflegen.
- Staat zahlt Unfallversicherung: Während der häuslichen Pflege naher Angehöriger sind Berufstätige beitragsfrei gesetzlich unfallversichert.
- Arbeitslosenversicherung: Freiwillig können sich pflegende Berufstätige auf eigene Kosten gegen Arbeitslosigkeit versichern, müssen dies aber innerhalb von drei Monaten nach Beginn ihrer Familienpflegezeit bei der Bundesagentur für Arbeit beantragen.
- Bedingungen zur Arbeitslosenversicherung: Wer freiwillig Mitglied der Arbeitslosenversicherung werden möchte, muss in den letzten 24 Monaten vor der Pflegephase mindestens 12 Monate lang Pflichtversicherter in der Arbeitslosenversicherung gewesen sein. Auch Arbeitslose, die unmittelbar vor der Familienpflegezeit Arbeitslosengeld I oder II bezogen haben, und Teilnehmer von ABM-Maßnahmen können sich freiwillig gegen Arbeitslosigkeit versichern.