Themenwelt

Inkontinenzmaterial

Inkontinenz kann für Betroffene eine große Herausforderung im Alltag sein und ihr Sozialleben beeinträchtigen. Weil Inkontinenz nach wie vor als Tabuthema gilt, ziehen sich viele Betroffene aus Scham immer mehr zurück. Dabei gibt es neben modernen Therapieverfahren verschiedene Inkontinenzmaterialien, die Folgeerkrankungen vermeiden und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern können.

pflege.de stellt Ihnen unterschiedliche Inkontinenzartikel vor und erklärt, welches Inkontinenzhilfsmittel in welchem Fall besonders sicher, angenehm und diskret ist.

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Inkontinenzmaterial: Artikel & Produkte zur Inkontinenzversorgung

Inhaltsverzeichnis

Das richtige Inkontinenzprodukt für jeden Zweck

Neben der ärztlichen Behandlung und physiotherapeutischen Maßnahmen kann Inkontinenzmaterial (umgangssprachlich auch „Inkomaterial“ genannt) Ihnen dabei helfen, Ihr Leben auch mit Inkontinenz unbeschwert zu genießen.

Für jede Form und jede Ursache von Inkontinenz gibt es verschiedene Inkontinenzprodukte. Einige davon sind speziell an die weibliche oder männliche Anatomie angepasst, andere sind Unisexprodukte.

Info
Individuelle Inkontinenzversorgung ist oft gemischt

Viele Menschen nutzen nicht einfach dauerhaft den gleichen Artikel, sondern kombinieren verschiedene Inkontinenzprodukte. So kommen zum Beispiel nachts andere Materialien zum Einsatz als tagsüber oder auf Reisen andere Produkte als zuhause.

So finden Sie das richtige Inkontinenzmaterial

Das richtige Inkontinenzhilfsmittel ist entscheidend für Ihr Wohlbefinden und Ihr Gefühl von Sicherheit im Alltag. Nehmen Sie sich deshalb Zeit bei der Auswahl und probieren Sie verschiedene Modelle aus. Besprechen Sie auch mit Ihrem Arzt, welche Optionen für Sie persönlich in Frage kommen.

Diese Fragen sollten Sie sich zunächst stellen:

  • Haben Sie Harninkontinenz und/oder Stuhlinkontinenz?
  • Handelt es sich um eine Belastungsinkontinenz oder eine Dranginkontinenz?
  • Wie schwer ist die Inkontinenz?
  • Ist die Inkontinenz in der Nacht oder am Tag stärker?
  • Sind Sie regelmäßig körperlich aktiv?
  • Benötigen Sie Hilfe beim Anlegen und Wechseln von Inkontinenzmaterial?
  • Wie groß ist Ihr Bedürfnis an Sicherheit und Diskretion?
  • Wie empfindlich sind die umliegenden Hautpartien (Hautreizungen, Wunden, Druckstellen)?
  • Übernachten Sie oft auswärts?

Wenn Sie diese Fragen für sich beantwortet haben, dann haben Sie einen guten Eindruck davon, was das Material bei Inkontinenz für Sie leisten muss und in welchen Situationen Sie welche Unterstützung benötigen.

Schweregrade von Harninkontinenz

Ein wichtiges Kriterium für die Suche nach dem richtigen Inkontinenz-Hilfsmittel ist die Schwere der Harninkontinenz. Entscheidend ist dabei die Menge des abgehenden Urins in einem Zeitraum von vier Stunden sowie der Grad der Kontrolle über den Harndrang.

Leichte Harninkontinenz

Von einigen Tropfen zwischen den Toiletten­gängen bis hin zu 100 ml in einem Zeitraum von ca. vier Stunden.

Empfohlene Saugfähigkeit des Produkts: 150 ml bis 300 ml

Mittlere Inkontinenz

Unregelmäßiger Abgang von Urin­­mengen bis zu 200 ml in einem Zeitraum von vier Stunden. Der Harndrang lässt sich nicht unterdrücken.

Empfohlene Saugfähigkeit des Produkts: 300 ml bis 700 ml

Schwere Inkontinenz

Sehr große Blasen­entleerungen von mehr als 200 ml innerhalb von vier Stunden. Kein Kontroll­gefühl, aber die Blase leert sich nur teilweise.

Empfohlene Saugfähigkeit des Produkts: über 1000 ml

Sehr schwere Inkontinenz

Der gesamte Blaseninhalt entleert sich vollkommen unkontrolliert und stetig.

Empfohlene Saugfähigkeit des Produkts: über 1500 ml

Hilfsmittel für Harninkontinenz im Überblick

Inkontinenzmaterial lässt sich nach seiner Funktionsweise in vier Kategorien unterteilen. Welche Produkte für Sie in Frage kommen, hängt von der Art und Schwere Ihrer Inkontinenz sowie Ihrer Lebensweise und Ihren persönlichen Vorlieben ab.

Hilfsmittel Funktion
Aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel Saugen die Flüssigkeit auf und verhindern Gerüche
Funktionell-anatomische Hilfsmittel Unterstützen die natürliche Kontinenz
Toilettenhilfen Helfen eingeschränkt beweglichen Menschen
Ableitende Hilfsmittel Leiten die Flüssigkeit aus den Harnwegen in einen Behälter

Erfahren Sie im Folgenden, welche Inkontinenzartikel es in den jeweiligen Kategorien gibt, für wen diese geeignet sind und worauf Sie achten sollten.

Wichtiger Hinweis
Monatsbinden sind keine Inkontinenzartikel

Manche Betroffene versuchen, Inkontinenz mithilfe von Monatsbinden zu versorgen. Allerdings haben diese eine zu geringe Saugfähigkeit und eignen sich dafür kaum. Setzen Sie lieber auf richtige Inko-Produkte, damit Sie sich wirklich sicher fühlen können.

1. Aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel

Ein Großteil der Inkontinenz-Patienten entscheidet sich für aufsaugende Hilfsmittel. Sie sind in verschiedenen Varianten und Stärken verfügbar, die eines gemeinsam haben: Sie sind einfach zu nutzen, sicher und diskret.

Arten von aufsaugenden Inkontinenzhilfsmitteln:

  • Inkontinenzeinlagen
  • Inkontinenzvorlagen mit Fixierhosen
  • Inkontinenzhosen und Pants
  • Windeln und Inkontinenzslips
  • Inkontinenzunterlagen

Der Aufbau ist bei allen aufsaugenden Inkontinenzhilfsmittel ähnlich: Auf der Außenseite besitzen sie eine undurchlässige Folie zum Schutz der darüberliegenden Kleidung. Auf der Innenseite sorgt ein weiches Vlies für ein angenehmes Hautgefühl und leitet die austretende Flüssigkeit rasch an den Kern weiter. Der Saugkern enthält unter anderem Superabsorber – ein Material, das große Mengen Flüssigkeit als Gel binden kann.

Info
Der Superabsorber

Superabsorber bindet nicht nur Flüssigkeit als Gel, sondern stoppt auch die Zersetzung von Harnstoff durch Bakterien. Dadurch unterdrückt er nicht nur die Geruchsbildung, sondern schont außerdem die Gesundheit Ihrer Haut.

Inkontinenzeinlagen

Inkontinenzeinlagen werden innen in die Unterwäsche eingeklebt und saugen dort eine gewisse Menge an Flüssigkeit auf. Sie funktionieren also ähnlich wie Menstruationsbinden, haben aber einen viel stärkeren Saugkern. Und sie sind auch als Variante für Männer verfügbar.

Die Einlagen sind besonders klein, praktisch und diskret. Ausreichende Sicherheit bieten sie aber nur bei einer leichten bis mittleren Harninkontinenz.

Inkontinenzvorlagen mit Fixierhosen

Vorlagen sind leistungsfähiger als Einlagen und benötigen deshalb eine Netzhose oder Fixierhose, um fest an der richtigen Stelle platziert zu werden. Gewechselt werden muss dann zumeist nur die Inkontinenzvorlage, was den Vorgang ebenfalls sehr einfach macht.

Auch die Vorlagen gibt es in Varianten für Frauen und für Männer. Sie eignen sich bei mittlerer bis schwerer Harninkontinenz.

Inkontinenzhosen und Pants

Inkontinenzhosen oder Inkontinenz-Pants umfassen den gesamten Intimbereich, ähnlich wie eine Unterhose. Auf die gleiche Arte werden sie auch angezogen, das heißt Sie schlüpfen mit beiden Beinen in das jeweilige Loch.

Zum Wechseln können Sie die Pants allerdings einfach an den Seiten aufreißen und entsorgen. Die Inkontinenzhosen bieten bei allen Formen und Schweregraden von Inkontinenz große Sicherheit und viel Komfort.

Windeln und Inkontinenzslips

Windeln, auch „Windelhosen“ oder „Inkontinenz-Slips“ genannt, werden beim Anziehen an den Seiten mit Klebe- oder Klettstreifen verschlossen. So lassen sie sich besonders einfach anlegen, auch bei weniger beweglichen oder bettlägerigen Personen.

Sie bieten bei jeder Art und Schwere der Inkontinenz guten Schutz. Zusätzliche Tipps zur Nutzung im Pflegealltag finden Sie im Ratgeber Inkontinenzwindeln.

Inkontinenzunterlagen

Bettschutzeinlagen sind kein Ersatz für andere Inkontinenzhilfsmittel, aber sie sind eine gute Ergänzung. Sie decken zumeist den Hüftbereich auf der Matratze ab und sorgen dafür, dass die Matratze sauber bleibt.

Tipp
Ihr Anspruch auf waschbare Unterlagen

Als Kunde der curabox erhalten Sie kostenfrei Unterstützung beim Antrag auf wiederverwendbare Bettschutzeinlagen. Damit haben Sie gute Aussichten auf die Kostenerstattung für waschbare Inko-Unterlagen.

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2. Funktionell-anatomische Hilfsmittel bei Inkontinenz

Einige Betroffene spüren ihren Harndrang zwar noch selbst, können den Urin aber nicht mehr zuverlässig einhalten. Als möglicher Grund hierfür kommt zum Beispiel eine schwache Beckenbodenmuskulatur, bei Frauen auch eine durch Schwangerschaft abgesenkte Gebärmutter in Frage.

Bestimmte Krankheiten oder Operationen im Unterleib können ebenfalls dazu führen, dass Blasenschließmuskel oder Harnröhre nicht mehr optimal funktionieren. Für diese Fälle stehen Ihnen verschiedene funktionell-anatomische Hilfsmittel zur Verfügung, welche die normale Blasenfunktion unterstützen.

Funktionell-anatomische Inko-Produkte für Frauen

Für Frauen mit leichterer Harninkontinenz gibt es unterschiedliche funktionell-anatomische Inkontinenzhilfsmittel. Dabei wird entweder Druck auf die Harnröhre ausgeübt oder diese von innen blockiert. Der Vorteil: Die Hilfsmittel sind absolut diskret und von außen unsichtbar.

Eine Variante sind Inkontinenztampons aus speziellem Kunststoffschaum oder Pessare aus Silikon. Beide Hilfsmittel werden in die Vagina eingesetzt und stützen dort den Blasenhals. So wird temporär der Harnverlust verhindert. Beide Hilfsmittel gibt es in unterschiedlichen Ausführungen.

Eine andere Möglichkeit bieten Harnröhren-Plugs für Frauen („Harnröhrenstöpsel“). Bei diesem Einwegartikel wird ein individuell angepasster Schlauch aus Silikon mit einer Einführhilfe in die Harnröhre eingebracht. An seinem Ende befindet sich ein Ballon, der sich über die Einführhilfe entfalten lässt, um die Entleerung der Blase zu verhindern.

Funktionell-anatomische Inko-Produkte für Männer

Für Männer mit leichterer Harninkontinenz gibt es Hilfsmittel, die durch Druck von außen gezielt die Harnröhre am Penis verschließen. Zu diesen Hilfsmitteln gehören die Penisklemme und das Penisbändchen. Wichtig ist bei beiden Systemen, dass sie regelmäßig geöffnet werden müssen, um Urin abzulassen.

Die Penisklemme besteht aus einem flexiblen Kunststoffring, der ein elastisches Klettband in Position hält und auf die Harnröhre drückt. Dabei wird ungewollter Harnverlust verhindert, ohne jedoch die Durchblutung im Penis zu beeinträchtigen.

Ähnlich funktioniert das Inkontinenz-Hilfsmittel Penisbändchen. Es besteht aus einem schmalen Klettband, welches durch einen kleinen Ballon leichten Druck auf die Harnröhre ausübt und diese dadurch verschließt. Zum Wasserlassen wird der Ballon vorsichtig entleert, um den Druck wieder abzubauen.

3. Toilettenhilfen bei Inkontinenz

Nicht alle Patienten mit Inkontinenz sind noch so mobil, dass sie eigenständig eine gewöhnliche Toilette aufsuchen können. In diesem Fall kann eine Toilettenhilfe von Vorteil sein, um zwischendurch bewusste Toilettengänge zu erledigen.

Wenn der Gang zur Toilette Ihnen zwar Schwierigkeiten bereitet, aber theoretisch möglich ist, kommt eine Toilettensitzerhöhung in Frage, die direkt auf die Toilette montiert wird und ein leichteres Sitzen sowie Aufstehen ermöglicht.

Analog dazu gibt es mobile Toilettenstühle für den Toilettengang ohne langen Weg zur Toilette. Im Anschluss muss der Auffangbehälter des Toilettenstuhls gereinigt werden.
Wenn Sie nahezu oder ganz bettlägerig sind, können Urinflaschen und Steckbecken (Bettpfannen) eine Lösung sein. Sie ermöglichen den Toilettengang ganz ohne Aufstehen.

4. Ableitende Hilfsmittel bei Inkontinenz

Bei schwerer oder sehr schwerer Harninkontinenz sind funktionell-anatomische Hilfsmittel und Toilettenhilfen keine sinnvolle Versorgung. Als Ergänzung zu oder anstelle von aufsaugenden Hilfsmitteln können in solchen Fällen ableitende Hilfsmittel in Frage kommen.

Diese Hilfsmittel leiten Harn gezielt ab, zum Beispiel in einen Urinbeutel oder die Toilette.

Zu den ableitenden Inkontinenz-Hilfsmitteln zählen nicht nur invasive Systeme, die in den Körper eingeführt werden müssen (Blasenkatheter), sondern auch nicht-invasive Hilfsmittel, die von außen am Körper getragen werden (Urinalkondome).

Zu den ableitenden Hilfsmitteln gehören:

  • Blasenkatheter
  • Urinalkondom
  • Urinbeutel

Blasenkatheter

Ein Blasenkatheter ist ein Schlauch, der von außen in die Blase der Person eingeführt wird und dort für längere Zeit verbleibt. Über den Schlauch wird Urin direkt aus der Blase und ohne Hautkontakt abgeleitet.

Bei Harninkontinenz kommen diese Katheter in Frage:

• Einmalkatheter für die direkte Entleerung
• Dauerkatheter durch die Harnröhre
• Suprapubischer Blasenkatheter durch die Bauchdecke

Der Einmalkatheter wird von Ihnen selbst oder einer Pflegeperson über die Harnröhre eingeführt, entleert die Blase vollständig und wird anschließend wieder gezogen (Intermittierender Katheterismus). Der Vorteil des Einmalkatheters bei Inkontinenz liegt darin, dass Sie die Blase auch ohne Kontrolle über den Harndrang gezielt entleeren können.

Der Dauerkatheter wird meistens von geschultem Pflegepersonal gelegt und kann, je nach Material, mehrere Wochen oder sogar Monate dort verbleiben. Urin sammelt sich dann nicht mehr in der Blase, sondern wird direkt abgeleitet.

Der suprapubische Blasenkatheter verläuft nicht durch die Harnröhre, sondern gelangt durch die Bauchdecke in die Blase. Gelegt und gewechselt wird er in einer kleinen Operation nur durch geschultes Personal. Der Vorteil ist, dass dieser Katheter sehr lange verbleiben kann und die Harnröhre umgeht, falls hier eine Fehlunktion vorliegt.

Bei allen Arten von Katheterversorgung spielt Hygiene eine entscheidende Rolle, um schmerzhafte Infektionen zu vermeiden. Informieren Sie sich über das Thema Katheterpflege und lassen Sie sich vom Arzt oder von einer Pflegefachkraft den Umgang mit den Hilfsmitteln zeigen.

Urinalkondom

Das Urinalkondom stellt eine nicht-invasive Option für Männer mit Harninkontinenz ohne Kontrolle über ihren Harndrang dar. Hierbei wird ein kondomartiger Überzieher über den Penis gestreift und mit einem hautfreundlichen Kleber fixiert.

Urinalkondome sind am Ende mit einem Schlauch versehen, welcher den ablaufenden Urin in einen Beutel leitet. Moderne Produkte können bis zu 48 Stunden getragen werden, ohne Hautirritationen zu verursachen.

Ja, es gibt auch vergleichbare Urinalkondom-Produkte für Frauen, die ebenfalls geklebt werden. Allerdings ist die Handhabung aufgrund der weiblichen Anatomie schwieriger. Verwendung finden diese Produkte seltener bei Inkontinenz und öfter im Sport, zum Beispiel beim Segelfliegen.

Urinbeutel

Der Urinbeutel dient als Auffangbehältnis, wenn der Urin bei der Anwendung eines Katheters oder eines Urinalkondoms nicht direkt in die Toilette abgeleitet wird. Unterschieden wird dabei zwischen Beinbeutel und Bettbeutel.

Der Beinbeutel wird meist mit einer Manschette um den Oberschenkel oder an der Hüfte unter der Kleidung getragen. Damit sind Sie weitgehend mobil.

Bei bettlägerigen Personen kommt eher der Bettbeutel mit Tropfkammer zum Einsatz, der am Kranken- oder Pflegebett befestigt wird. Je nach Produkt sind unterschiedliche maximale Tragezeiten zu beachten (24 Stunden bis 14 Tage).

Tipp
Testen Sie die verschiedenen Inkontinenzhilfsmittel

Viele Hersteller bieten kostenlose Testpakete an. Nutzen Sie solche Angebote und probieren Sie verschiedene Inkontinenzhilfsmittel aus. So können Sie besser Ihren individuellen Bedarf ermitteln und das passende Produkt dafür finden.

Stuhlinkontinenz-Hilfsmittel

Viele Stuhlinkontinenz-Patienten ziehen sich aus Scham zurück und meiden häufig Aktivitäten mit anderen Menschen oder außerhalb der eigenen vier Wände. Um eine soziale Isolation zu verhindern und für mehr Lebensqualität zu sorgen, stehen Betroffenen unterschiedliche Hilfsmittel zur Verfügung.

Wichtige Stuhlinkontinenz-Hilfsmittel sind:

  • Aufsaugendes Inkontinenzmaterial
  • Analtampon
  • Stuhlauffangbeutel (Fäkalkollektor)
  • Anale Irrigation

Diese Hilfsmittel können die Stuhlinkontinenz zwar nicht heilen, aber sie geben Betroffenen ein sichereres Gefühl im Alltag zurück. Auch für Pflegende sind Stuhlinkontinenz-Hilfsmittel eine große Hilfe im Pflegealltag.

Aufsaugendes Inkontinenzmaterial bei Stuhlinkontinenz

Personen, die unter einer Stuhlinkontinenz leiden, können auf aufsaugendes Inkontinenzmaterial zurückgreifen. Bei einer Stuhlinkontinenz eignen sich besonders die umschließenden Systeme. Dazu zählen beispielsweise Produkte wie Inkontinenzhosen oder Inkontinenzslips (umgangssprachlich auch Windeln für Erwachsene).

Beide Systeme umschließen den gesamten Unterleib, ähnlich wie eine Unterhose. Dadurch, dass sie großflächig sind und viel Flüssigkeit aufnehmen können, bieten sie einen sicheren Schutz. Wichtig ist aber, dass Sie die Produkte oft wechseln, damit die Haut nicht lange in Kontakt mit den Darminhalten kommt.

Als Ergänzung können Sie auf Bettschutzeinlagen zurückgreifen. Diese schützen die Matratze und andere Oberflächen , falls doch einmal etwas austritt.

Tipp
Kostenfreie Pflegehilfsmittel schützen vor Infektionen

Falls Sie zuhause gepflegt werden und einen anerkannten Pflegegrad haben, haben Sie einen Anspruch, Ihre Stuhlinkontinenz zusätzlich mit sogenannten Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch zu versorgen. Diese sollen zum Infektionsschutz im Pflegealltag beitragen. Dazu gehören unter anderem Bettschutzeinlagen, Desinfektionsmittel und Einmalhandschuhe. Diese Produkte können insbesondere für die Pflegeperson eine große Hilfe darstellen.

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Analtampon

Der Analtampon ist ein diskretes Hilfsmittel, das vorrangig bei einer Stuhlinkontinenz durch einen geschwächten Schließmuskel eingesetzt. Der Tampon verschließt temporär den Darmausgang und verhindert so den unkontrollierten Verlust von festem Stuhl.

Der Analtampon besteht meistens aus hautverträglichem Schaumstoff. Wie ein Zäpfchen kann er selbstständig in das Rektum eingeführt werden. Der Vorteil ist, dass keine unangenehmen Gerüche austreten können.

Stuhlauffangbeutel (Fäkalkollektor)

Stuhlauffangbeutel (Fäkalkollektoren) funktionieren vom Prinzip her wie Stoma-Beutel. Das Hilfsmittel ist eine hygienische Lösung für bettlägerige Patienten, die unter einer Stuhlinkontinenz leiden. Dabei handelt es sich um einen Beutel, der über dem After platziert wird und den Stuhl aufnimmt. Dadurch können keine unangenehmen Gerüche austreten.

Im Gegensatz zu aufsaugendem Inkontinenzmaterial, kommt die Haut dadurch gar nicht erst mit dem Stuhl in Berührung. So werden Hautirritationen von Anfang an verhindert. Der Fäkalkollektor wird in verschiedenen Ausführungen angeboten und kann ein Volumen von bis zu 1000 Millilitern fassen.

Anale Irrigation

Die anale Irrigation (auch: transanale Irrigation) ist ein Verfahren zur kontrollierten Darmentleerung. Dabei wird über den Anus Flüssigkeit in den Darm geleitet. Der Darm wird so etwas angefüllt und dadurch der natürliche Reflex zur Entleerung angeregt. Stuhl und Flüssigkeit werden so ausgeschieden.

Das Hilfsmittel für die anale Irrigation besteht aus einem Rektalkatheter, einem Schlauch, einem Wasserbehälter und einer Pumpe. Das kann entweder eine Handpumpe oder ein elektrisches Gerät sein.

Bei Stuhlinkontinenz ermöglicht die anale Irrigation ein gezieltes Entleeren des Darms, auch wenn keine bewusste Steuerung der Ausscheidungsorgane mehr möglich ist. Ein auf diese Weise gründlich entleerter Darm ermöglicht Ihnen im Anschluss eine ausscheidungsfreie Zeit von bis zu 48 Stunden.

Tipp
Sprechen Sie mit einem Arzt über Ihre Möglichkeiten

Besprechen Sie auf jeden Fall vorab mit Ihrem Arzt, ob dieses Verfahren für Sie in Frage kommt und ohne Bedenken genutzt werden kann. Dieser kann Ihnen dafür auch ein Rezept ausstellen. Nach anfänglicher Einweisung durch Fachpersonal können Sie die Irrigation bald selbständig zuhause auf der Toilette durchführen.

Inkontinenzmaterial auf Rezept

Gemäß Paragraf 33 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) können gesetzlich Krankenversicherte mit Inkontinenz unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuss ihrer Krankenkasse für Inkontinenz-Artikel erhalten.

Die gängigen Produkte sind im Hilfsmittelverzeichnis & Hilfsmittelkatalog in der Produktgruppe 15 gelistet.(1) Sie können im Einzelfall aber auch Produkte nutzen und erstattet bekommen, die dort nicht aufgeführt werden.

Info
Kostenträger der Inkontinenzversorgung

Für die Kostenübernahme von Inkontinenzmaterialien ist nie die Pflegekasse, sondern immer die Krankenkasse zuständig.

Voraussetzungen für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse

Um den Zuschuss zu erhalten, brauchen Sie eine ärztliche Verordnung für Inkontinenzmaterial. Benötigen Sie eine langfristige Inkontinenzversorgung, lassen Sie sich am besten eine Dauerverordnung für Inkontinenzmaterial ausstellen.

Das Rezept muss folgende Informationen enthalten:

  • Diagnose einer mindestens mittleren Harn- und/oder Stuhlinkontinenz
  • Monatlicher Bedarf an Inkontinenzprodukten
  • Bezeichnung der Inkontinenzmaterialien
  • Voraussichtlicher Behandlungszeitraum
  • Medizinische Notwendigkeit der Verwendung von Inkontinenzhilfen
  • Grund, warum das Hilfsmittel erforderlich ist (Beispiel: Vermeidung von Folgeerkrankungen)

Rezept für Inkontinenzmaterial: Muster

Hier sehen Sie beispielhaft ein Rezept, das für eine Inkontinenzversorgung mit aufsaugenden Artikeln ausgestellt wurde:

Inkontinenzprodukte auf Rezept – So funktioniert es:

Damit Ihre Krankenkasse die Kosten für das Inkontinenzmaterial übernimmt, sind folgende Schritte erforderlich:

  1. Rezept einholen: Sprechen Sie offen mit Ihrem Arzt über Ihre Beschwerden. Wenn dieser Ihren Bedarf sieht, wird er Ihnen ein Rezept für eine oder mehrere Arten von Inkontinenzmaterial ausstellen.
  2. Rezept einreichen: Reichen Sie das Rezept bei der Apotheke, einem Sanitätshaus oder einem Online-Shop ein. Manche Krankenkassen haben feste Vertragspartner, bei denen Sie die Rezepte einlösen müssen. Informieren Sie sich dazu vorab.
  3. Testpakete in Anspruch nehmen: Sie haben das Recht, verschiedene Inkontinenzartikel auszuprobieren, um durch Testen das richtige Produkt zu finden. Fragen Sie also zu Beginn nach Testpaketen oder verschiedenen Probeartikeln.
  4. Inkontinenzartikel erhalten: Sie erhalten das Inkontinenzmaterial entweder direkt vor Ort oder bekommen die Ware nach Hause geliefert. Dabei leisten Sie die gesetzliche Zuzahlung für Hilfsmittel direkt an den Versorger. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten der Regelversorgung mit Inkontinenzmaterial.
Expertentipp

Inkontinenz ist leider immer noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Deshalb wissen relativ wenige Betroffene von der Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung, weil sie nicht mit ihren Familien oder einem Arzt über ihre Inkontinenz sprechen.

Franziska  Baur
Franziska Baur
Examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin

Zuzahlung bei Inkontinenzmaterial

Inkontinenzmaterialien zählen zu den sogenannten Verbrauchshilfsmitteln. Daher bekommen Versicherte die medizinisch erforderlichen Inkontinenzhilfen grundsätzlich von ihrer Krankenkasse erstattet.

Versicherte ab 18 Jahren müssen jedoch, wie bei allen Hilfsmitteln, eine gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlung leisten. Das bedeutet: Sie müssen zehn Prozent der Kosten für Inkontinenzartikel selbst tragen, jedoch maximal zehn Euro pro Monat.(2)

Info
Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz sichert Ihren Beratungsanspruch

Gemäß Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) haben Versicherte neben der Kostenerstattung durch die Krankenkasse auch diese Ansprüche:

  • Sie müssen mindestens so lange eine telefonische Beratung und kostenlose Proben unterschiedlicher Einzelprodukte erhalten, bis die Inkontinenzartikel gefunden sind, die zu Ihnen und Ihrer Situation passen.
  • Inkontinenzhilfen müssen auf den jeweiligen Schweregrad der Inkontinenz angepasst werden.
  • Sie sollten eine persönliche Einweisung und Beratung zum Inkontinenzmaterial erhalten, bei Bedarf auch im Rahmen eines Hausbesuchs.(3)

Zuzahlungsbefreiung

Grundsätzlich müssen alle Versicherten ab 18 Jahren die gesetzliche Zuzahlung leisten. Kinder und Jugendliche sind von der Zuzahlung befreit.

Für Erwachsene gibt es die Möglichkeit, im laufenden Jahr von der Zuzahlung befreit zu werden, sofern sie ihre persönliche Belastungsgrenze überschritten haben. Wie hoch Ihre Belastungsgrenze ist, wie Sie diese berechnen und wann Sie den Antrag bei Ihrer Krankenkasse stellen, erfahren Sie im Ratgeber Zuzahlungsbefreiung.

Info
Aufzahlung: Mehrkosten bei höherwertigen Produkten

Bei einer Bestellung über das notwendige Maß hinaus (ob aufgrund einer größeren Menge oder besseren Qualität als verordnet) tragen Versicherte die entsprechenden Mehrkosten selbst. Diese Aufzahlung durch den Versicherten ist nicht zu verwechseln mit der gesetzlichen Zuzahlung. Dementsprechend entbindet die Zuhalungsbefreiung den Versicherten nicht von den Mehrkosten, wenn er sich für eine höherwertige Versorgung entscheidet.

Häufig gestellte Fragen

Was ist Inkontinenzmaterial?

Inkontinenzmaterial sind hygienische Produkte, die unkontrolliert austretenden Urin oder Stuhl auffangen, kontrolliert ableiten oder zur bewussten Kontrolle von Harndrang und Stuhldrang (Kontinenz) beitragen. Menschen mit Inkontinenz gewinnen dadurch viel Lebensqualität und vermeiden Folgeerkrankungen.

Welche Inkontinenzmaterialien gibt es?

Die beliebtesten Inkontinenzprodukte sind aufsaugende Inkontinenzhilfsmittel. Die gibt es in verschiedenen Größen und Stärken von der dünnen Einlage bis hin zu umfassenden Inkontinenzhosen und Inkontinenzwindeln.

Darüber hinaus gibt es funktionell-anatomische Hilfsmittel, die die natürliche Haltefunktion (Kontinenz) unterstützen. Außerdem Toilettenhilfen zur Erleichterung des Toilettengangs und ableitende Hilfsmittel, die einem kontrollierten Ableiten von Harn oder Stuhl dienen.

Wo bekomme ich Inkontinenzmaterial?

Das kommt auf das Material und Ihren Bedarf an. Haben Sie nur eine leichte Blasenschwäche, reichen möglicherweise Inkontinenzeinlagen aus Drogeriemärkten aus. Bei stärkeren Formen der Inkontinenz können Sie das ärztliche Rezept in Apotheken, Sanitätshäusern oder Online-Händlern einlösen.

Mit einem ärztlichen Rezept erstattet Ihnen die Krankenkasse in der Regel die Kosten. Dazu müssen Sie das Inkontinenzmaterial allerdings von einem Vertragspartner Ihrer Krankenkasse beziehen. Sprechen Sie daher vorab mit Ihrer Krankenkasse, mit welchen Anbietern sie zusammenarbeitet.

Wer bezahlt Inkontinenzmaterial?

Ihre Krankenkasse ist für Ihre medizinisch notwendige Versorgung mit Inkontinenzprodukten zuständig. Voraussetzung ist, dass Sie ein entsprechendes Rezept vom Arzt haben. Dann übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Grundversorgung mit den verschriebenen Inkontinenzmaterialien.

Wird Inkontinenzmaterial von der Krankenkasse bezahlt?

Inkontinenzmaterial zählt zu den sogenannten Verbrauchshilfsmitteln. Versicherte erhalten deshalb medizinisch erforderliche Inkontinenzhilfen grundsätzlich von der Krankenkasse erstattet. Versicherte ab 18 Jahren müssen jedoch die gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlung von 10 Prozent leisten.

Voraussetzung ist, dass Sie ein ärztliches Rezept für das entsprechende Inkontinenzmaterial haben. Außerdem haben manche Krankenkassen feste Vertragspartner für die Inkontinenzversorgung. In diesem Fall müssen Sie Ihre Rezepte dort einreichen, um die Kosten erstattet zu bekommen.

Wann zahlt die Krankenkasse Inkontinenzmaterial?

Die Krankenkasse bezahlt Inkontinenzmaterial, wenn es medizinisch notwendig ist. Das heißt, dass ein Arzt in einem Rezept mindestens eine mittlere Harninkontinenz oder eine Stuhlinkontinenz attestiert und bestimmte Inkontinenzprodukte verschrieben hat.

Was zahlt die Krankenkasse an Inkontinenzmaterial?

Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen Versicherten die medizinisch notwendigen Produkte, die vom Arzt verordnet wurden. Dabei handelt es sich um Inkontinenzartikel, die zur Grundversorgung dienen.

Versicherte ab 18 Jahren zahlen dabei die gesetzliche Zuzahlung in Höhe von zehn Prozent, aber maximal zehn Euro im Monat. Die Mehrkosten bei höherwertigen oder mehr Produkten als medizinisch notwendig müssen Sie selbst bezahlen (Aufzahlung).

Wer zahlt für Inkontinenzmaterial im Pflegeheim?

Kosten für Inkontinenzmaterial übernimmt grundsätzlich die Krankenkasse. Das gilt auch im Pflegeheim. Allerdings werden in Pflegeheimen zur Erleichterung der Pflege manchmal auch Inkontinenzhilfen eingesetzt, die nicht medizinisch notwendig sind, also nicht vom Arzt verschrieben wurden. In diesem Fall muss das Heim die Kosten tragen.

Manche Pflegeheime vereinbaren mit Krankenkassen eine sogenannte Inkontinenzpauschale. Dann werden alle Inkontinenzhilfsmittel pauschal darüber abgerechnet und die Kosten müssen nicht mehr für jeden einzelnen Bewohner aufgeschlüsselt werden.

Wieviel Inkontinenzmaterial steht mir zu?

Das ist individuell. Ihre Krankenkasse garantiert Ihre medizinisch notwendige Versorgung mit Inkontinenzprodukten. Dazu brauchen Sie ein Rezept, auf dem der Arzt vermerkt, wie viel Inkontinenzmaterial Sie pro Monat benötigen. Die Kosten für diese sogenannte Grundversorgung übernimmt die Krankenkasse.

Wieviel Inkontinenzmaterial benötigt man pro Tag?

Wieviel aufsaugendes Inkontinenzmaterial Sie pro Tag benötigen, hängt von der Art und Schwere Ihrer Inkontinenz ab. Aber auch die Hilfsmittelart ist entscheidend. Sprechen Sie am besten mit Ihrem Arzt über Ihre Beschwerden, sodass er Ihnen ein Rezept mit Ihrem individuellen Bedarf an Inkontinenzmaterialien ausstellen kann.

Wie oft muss ich Inkontinenzmaterial wechseln?

Prinzipiell muss Inkontinenzmaterial gewechselt werden, sobald sich die Nässe staut, also das Produkt sich von innen feucht anfühlt. Oder, bei Stuhlinkontinenz, wenn es Stuhl enthält. Als grober Richtwert gilt ein Wechsel alle 4 Stunden. Längere Tragezeiten sind in Ordnung, solange das Material trocken bleibt und die Haut nicht unnötig belastet wird.

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Erstelldatum: 6102.70.82|Zuletzt geändert: 3202.80.2
(1)
Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) § 33 Hilfsmittel
www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__33.html (letzter Abruf am 13.01.2023)
(2)
Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) § 61 Zuzahlungen
www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__61.html (letzter Abruf am 13.01.2023)
(3)
Bundesgesetzblatt (2017): Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung 2017
www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl117s0778.pdf#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl117s0778.pdf%27%5D__1622533399520 (letzter Abruf am 13.01.2023)
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Franziska Baur
Im Interview
Franziska Baur
Examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin

Als Fachberaterin für Kontinenz berät und betreut sie seit mehreren Jahren die Kunden der PAUL HARTMANN AG zum Thema Inkontinenz und hilft Betroffenen, das optimale Produkt für ihre Inkontinenzversorgung zu finden.

Für viele Menschen ist das Sprechen über Inkontinenz ein Tabuthema. Leider führt das dazu, dass Betroffene nicht wissen, wie sie mit der Krankheit umgehen sollen und viele Tricks zum Umgang mit Inkontinenz nicht kennen. Im Gespräch mit pflege.de verrät Kontinenzberaterin Franziska Baur, wie Betroffene ihre Situation verbessern können.

Frau Baur, Inkontinenz kann sich in unterschiedlichen Arten äußern. Wann genau spricht man eigentlich von einer Harninkontinenz?

Harninkontinenz ist der medizinische Ausdruck für eine Blasenschwäche. Eine Blasenschwäche besteht, wenn Urin unwillkürlich austritt – unabhängig von der Menge. Der Schweregrad der Erkrankung kann von ein paar Tropfen bis hin zu permanentem Harnverlust reichen.

Viele Menschen im höheren Alter haben Probleme damit, den Stuhl zu halten. Wie äußert sich das?

Genau. Die zweite Inkontinenzform ist die Stuhlinkontinenz. Betroffene können bei dieser Form Stuhl und Gase nicht voneinander unterscheiden, diese nur schwer zurückhalten und kontrolliert ausscheiden.

Viele inkontinente Menschen versuchen, ihre Inkontinenz zu verheimlichen, weil sie sich schämen. Wieso sollten sich Betroffene einem Arzt anvertrauen?

Zum einen ist das ganz klar ein gesundheitlicher Aspekt: Durch das Gespräch und ggf. eine Untersuchung kann der Arzt die Ursachen ausfindig machen und ggf. behandeln. So kann Inkontinenz als Symptom gelindert werden oder sogar ganz verschwinden. Beispielsweise dann, wenn sich bei Männern mit zunehmendem Alter die Prostata vergrößert, was eine sog. Dranginkontinenz hervorruft.

Und bei Stressinkontinenz kann fachgerecht angeleitetes Beckenbodentraining helfen, wieder kontinenter zu werden.

Und damit wird sicher auch die Lebensqualität von Betroffenen verbessert, nicht wahr?

Richtig. Eine erfolgreiche Therapie steigert maßgeblich die Lebensqualität. Wir haben 2019 eine „Breaking the Silence“-Studie zu Inkontinenz durchgeführt und herausgefunden, dass Betroffene viele Situationen meiden – wie Schwimmen, Sport, Reisen oder Ausgehen. Damit es gar nicht erst soweit kommt, sollten sich Betroffene frühzeitig einem Arzt anvertrauen.

Der Besuch beim Arzt lohnt sich: Neben dem gesundheitlichen Faktor, der mit der Lebensqualität einhergeht, gibt es außerdem eine finanzielle Entlastung.
Franziska Baur

Denn Betroffene, die an Inkontinenz leiden, können sich vom Arzt Inkontinenzmaterial auf Rezept verordnen lassen und so, je nach Versorgung, Geld sparen.

Insbesondere zu Beginn versorgen sich viele Betroffene mit Inkontinenzmaterial aus dem Drogeriemarkt. Warum raten Sie von dieser Selbstinitiative ab?

Im Drogeriemarkt gibt es keine fachkundige und individuelle Beratung. Besonders zu Beginn haben Betroffene keinen Überblick über die große Bandbreite an Versorgungsmöglichkeiten. Es gibt viele verschiedene Arten, von Vorlagen bis zu Pull-Up-Hosen. Das fehlende Wissen um die Möglichkeiten führt häufig zu einer Unter- oder Überversorgung. Bei der Unterversorgung fühlt man sich unterwegs nicht ausreichend sicher und bei der Überversorgung gibt man tendenziell zu viel Geld aus.

Neben der optimalen Produktauswahl ist die Hautpflege besonders wichtig, um Folgeerkrankungen wie bspw. Hautrötungen und Hautreizungen zu vermeiden. Auch die Beratung zu Hautpflege und Hautgesundheit fehlt im Drogeriemarkt.

Worauf sollten Betroffene bei der Auswahl von Inkontinenzmaterial achten?

Die Produktwahl hängt von ganz vielen Faktoren ab:

  • Für welche Anwendung benötige ich ein Produkt, wie bspw. zuhause, unterwegs, beim Sport, im Büro?
  • Wie häufig möchte ich das Produkt wechseln?
  • Mit welcher Produktart – also bspw. Einlagen, Slips, Pants – komme ich am besten zurecht?

Grundsätzlich ist es ratsam, dass Betroffene verschiedene Produkte ausprobieren. Nur so können sie die Lösung finden, die zu ihren persönlichen Bedürfnissen und Anforderungen passt. Aus diesem Grund bieten viele Hersteller von Inkontinenzmaterial, so wie wir bei MoliCare, Gratisproben an.

Wissen Ihrer Erfahrung nach viele Menschen nicht darüber Bescheid, dass die Krankenkasse die Kosten für eine Inkontinenzversorgung übernimmt?

Ja, viele Betroffene bzw. deren Angehörige wissen es tatsächlich nicht oder scheuen den Aufwand, die Krankenkasse danach zu fragen.

Welche Produkte werden durch die Krankenkasse übernommen? Wonach richtet sich die Verordnung?

Die Krankenkasse übernimmt eine sog. wirtschaftliche, medizinisch notwendige und zweckmäßige Versorgung. Das bedeutet, die Krankenkasse zahlt für den Patienten zweckmäßige, wirtschaftliche und ausreichende Produkte. Die zweckmäßige Versorgung ist u.a. vom Schweregrad und der Inkontinenzart abhängig.

Wird eine höherwertigere Versorgung oder eine Mehrmenge gewünscht, so fällt eine sog. wirtschaftliche Aufzahlung für den Versicherten an.

Wie sieht die Zahlung dann konkret aus?

Gesetzlich Versicherte zahlen die sog. gesetzliche Zuzahlung, die 10 % der Pauschale und max. 10 Euro pro Monat beträgt. Das heißt, dass sie mit einem Rezept pro Monat max. 10 Euro für Inkontinenzversorgung zahlen. Abhängig vom Einkommen ist eine Befreiung von der gesetzlichen Zuzahlung bei der Krankenkasse möglich.

Die wirtschaftliche Aufzahlung sind Mehrkosten, die aus eigener Tasche gezahlt werden müssen. Mehrkosten können nicht an die gesetzliche Krankenkasse weitergegeben oder an einer Befreiung der gesetzlichen Zuzahlung angerechnet werden.

Sie haben die finanzielle Entlastung als Vorteil genannt. Wie viel Geld können Betroffene monatlich sparen, wenn sie sich ein Rezept vom Arzt ausstellen lassen?

Das kommt auf die konkrete Versorgung an. Reicht das medizinisch notwendige Material aus und ist der Versicherte von der Zuzahlung befreit, bezahlt er im günstigsten Fall nichts für die Versorgung.

Angenommen, ein Patient hat den Entschluss gefasst und geht wegen der Inkontinenz zum Arzt. Zu welchem Arzt geht er typischerweise?

Üblicherweise geht ein Betroffener zum Hausarzt. Aber auch der Besuch beim Gynäkologen oder Urologen ist nicht untypisch.

Ob Hausarzt, Gynäkologe oder Urologe – per se kann jeder der genannten Ärzte die Hilfsmittelverordnung ausstellen.
Franziska Baur

Worauf kann sich ein Patient bei diesem Arztbesuch einstellen? Wird er vom Arzt auf Inkontinenz untersucht?

Um eine Inkontinenz erfolgreich behandeln zu können, ist eine genaue Diagnose erforderlich. Dafür sollten Betroffene offen über ihre Beschwerden sprechen und Krankheitssymptome genau beschreiben. Beispielsweise ist es wichtig zu wissen, ob es Vorerkrankungen wie Herzinsuffizienz oder Schilddrüsenerkrankungen gibt, ob Medikamente eingenommen werden und wann der Harnverlust auftritt bzw. wie stark er ist. Wenn der Arzt es als zielführend erachtet, wird er den Patienten je nach Diagnose im Anschluss untersuchen.

Ist es sinnvoll, dass Betroffene ihren Harnverlust dokumentieren?

Ja. Möglicherweise wird der Arzt empfehlen, ein sog. Miktionstagebuch zu führen. Darin notiert der Patient, wann er wie viel getrunken bzw. anderweitig Flüssigkeit (z. B. Suppe) zu sich genommen hat, wann er Harndrang gespürt und wie oft die Toilette besucht hat. Mit dieser Dokumentation kann der Arzt rückschließen, ob eine individuelle Trink- oder Toilettengewohnheit die Inkontinenz hervorruft.

Welche Voraussetzungen muss ein Patient mitbringen, damit er ein Rezept für Inkontinenzmaterial vom Arzt erhält?

Viele denken, Inkontinenz ist eine „Alte-Leute-Krankheit“. Das stimmt nicht. Auch jüngere Menschen können an Inkontinenz leiden und zum Arzt gehen. Es gibt also keine Voraussetzung in Bezug auf das Alter. Ebenso wenig z. B. auf einen Pflegegrad.

Jeder, der unkontrolliert Urin oder Stuhl verliert, kann sich ein Rezept für Inkontinenzmaterial vom Arzt ausstellen lassen.
Franziska Baur

Was steht auf dem Rezept, das der Arzt ausstellt?

Das Rezept enthält die Diagnose „Stuhl- und/oder Urininkontinenz“ und den Vermerk „Inkontinenzversorgung“. Im Idealfall steht allgemein „aufsaugendes Inkontinenzprodukt“ auf dem Rezept. Zusätzlich muss der Zeitraum der Versorgung festgehalten werden. In vielen Fällen ist eine Dauerversorgung sinnvoll. Patienten sollten unbedingt im Kopf behalten, dass Rezepte bei Ausstellung ihre Gültigkeit verlieren, wenn sie älter als 28 Tage sind.

Auf dem Rezept wird kein Produkt oder Hersteller genannt. Wer entscheidet darüber, welches Material der Patient erhält?

Das entscheidet der Patient mehr oder weniger selbst. Ich rate jedem gesetzlich Versicherten, sich als erstes an seine Krankenkasse zu wenden. Dort erhält er eine Liste mit sog. Leistungserbringern seiner Krankenkasse. Das können Apotheken, Sanitätshäuser oder Hersteller sein. Er kann sich auch gegen die gelisteten Leistungsträger entscheiden, muss das Material dann aber privat zahlen.

Wir notieren z. B. beim telefonischen Erstgespräch die Daten des Patienten. Anhand dieser Daten verschicken wir dann ein Musterpaket mit Produktproben. Das sind Produkte mit und ohne wirtschaftliche Aufzahlung, damit er den Vergleich hat. Und am Ende entscheidet der Patient, welches Produkt er wünscht.

Nehmen wir an, der Patient hat sich für ein Produkt entschieden. Muss er sich jedes Mal, wenn er neues Material braucht, ein neues Rezept ausstellen lassen?

Ich rate dazu, sich eine Dauerverordnung ausstellen zu lassen. Die tatsächliche Dauer variiert – je nach Krankenkasse – zwischen sechs und 36 Monaten. In diesem Zeitraum kann der Versicherte seine Produkte bedarfsgerecht bestellen.

Wie häufig muss ein Patient oder ein Angehöriger damit rechnen, neues Inkontinenzmaterial zu organisieren?

Das lässt sich kaum pauschalisieren, weil der Bedarf unterschiedlich sein kann. Leidet eine Person mit Stuhlinkontinenz für eine Woche an Durchfall, wird er in dieser Zeit mehr Inkontinenzmaterial benötigen.

Sollten Betroffene Inkontinenzmaterialien auf Vorrat zuhause haben?

Generell ist meine Empfehlung, eine Woche, bevor das Material zu Ende geht, nachzubestellen. Liegt eine Verordnung für einen längeren Zeitraum vor, kann das Material für zwei oder drei Monate abgerufen werden, z. B. auch als automatische Belieferung. Das ist für die Angehörigen eine Entlastung, weil sie sich über die Beschaffung der Inkontinenz-Versorgung keine Gedanken machen müssen. Diese automatische Belieferung erfolgt nach vorheriger Abstimmung mit dem Versicherten bzw. deren Angehörigen.

Welche Tipps haben Sie, worauf Patienten bei der Beschaffung achten sollten?

Tipp 1: Betroffene sollten sich am besten zu Inkontinenzmaterial beraten lassen und im Beratungsgespräch offen über ihre Symptome sprechen. Ich frage z. B. nach der Art der Inkontinenz. Handelt es sich um Urin- und/oder Stuhlinkontinenz? Wie groß sind die Mengen an unkontrolliert verlorenem Urin? Ist die Inkontinenz immer gleich, bspw. während der Einnahme von Medikamenten? Ist der Patient mobil und selbständig oder von einer Pflegeperson abhängig? Ich frage auch danach, welche Erkrankungen vorliegen. Mit diesem Hintergrund kann ich Produktempfehlungen machen, die dann individuell passen.

Tipp 2: Betroffene sollten ihren Bedarf kennen: Für leichte Inkontinenz, z. B. bei einer Stressinkontinenz, reichen kleinere bis mittlere Einlagen völlig aus. Bei Männern sind Einlagen in vielen Fällen ausreichend, bspw. nach einer Prostata-OP.

Tipp 3: Um die Haut zu schonen, sollten Betroffene darauf achten, pH-hautneutrale Produkte zu verwenden. Sie verhindern, dass es zu Folgeerkrankungen wie Hautschädigungen oder Harnwegsinfekte kommt.

Wie unterscheiden sich Inkontinenzmaterialien für Männer von denen für Frauen? Warum gibt es auch unisex-Produkte?

Der größte Teil der Produkte ist für beide Geschlechter konzipiert. Am Ende ist es sozusagen eine Frage des persönlichen Geschmacks. Männerprodukte sind auf die männliche Anatomie abgestimmt und haben eine erhöhte Saugkapazität im vorderen Bereich. Die Einlagen und Vorlagen für Männer haben höher geschnittene Innenbündchen, die Penis und Hoden fixieren und somit unangenehmes Verrutschen vermeiden.

Wenn sich der Bedarf eines Patienten ändert, was muss er dann machen? Geht er dafür erneut zum Arzt, um ein neues Rezept zu erhalten?

Nein, das braucht er nicht zu machen. Die meisten Krankenkassen rechnen über Pauschalen ab. Deshalb wird bei Veränderungen kein neues Rezept benötigt, solange das vorliegende Rezept noch gültig ist. Wenn sich der Bedarf ändert, sollte sich der gesetzlich Versicherte zur Beratung an seinen Leistungserbringer wenden.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Baur.

Erstelldatum: 0202.10.6|Zuletzt geändert: 2202.40.91
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