Widerspruch Pflegegrad: So gehen Sie vor
Sobald die Ablehnung der Pflegeversicherung vor Ihnen liegt, sollten Sie Ihre nächsten Schritte planen. Entscheiden Sie sich dafür, einen Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse einzulegen, so müssen Sie schnell handeln. Ein Widerspruch ist nur innerhalb von einem Monat möglich.(1)
Pflegegrad abgelehnt? In 5 Schritten zum Widerspruch
1. Prüfen Sie das Gutachten genau
Die Grundlage für die Anerkennung eines Pflegegrades ist das Gutachten eines Experten des sogenannten MDK (bei gesetzlich Versicherten) oder von MEDICPROOF (bei privat Versicherten). Diese Einschätzung im Rahmen der Pflegebegutachtung ist immer eine Momentaufnahme – mehr nicht.
Erstellen Sie ein sogenanntes „Pflegetagebuch“ und halten Sie darin fest, an welchen Stellen in Ihrem Pflegealltag Unterstützung erforderlich ist. Ein wichtiges Kriterium für die Pflegeversicherung ist die konkrete Hilfe durch Dritte. Erfassen Sie also auch: Welche Pflegeperson erbringt die notwendige Hilfe bei einzelnen Situationen im Pflegealltag?

Schauen Sie deshalb genau ins Gutachten, wenn der erhoffte Pflegegrad abgelehnt oder nur ein niedrigerer zuerkannt wurde:
- War der Pflegebedürftige bzw. waren Sie selbst am Tag der Begutachtung außergewöhnlich fit?
- Entsprach der momentane Zustand dem des realen Pflegealltags?
- Wurden alle Sachverhalte korrekt erfasst?
- Fehlt evtl. ein Hilfsbedarf?
Gehen Sie systematisch vor und bedenken Sie jede Pflegesituation. Notieren Sie sich alles, was Ihnen dazu einfällt, als Grundlage für Ihre spätere Begründung im Widerspruch.
Wichtig: Sollte die Pflegeversicherung das Gutachten nicht zusammen mit dem Bescheid an Sie geschickt haben, so fordern Sie es unverzüglich bei der Pflegeversicherung an.
2. Pflegegrad widersprechen mithilfe Dritter
Sprechen Sie als Angehöriger mit Pflegeberatern oder den Pflegefachkräften des ambulanten Dienstes über die Entscheidung im Gutachten. Oder lassen Sie sich von einem Pflegestützpunkt beraten. Holen Sie sich auch Tipps von Menschen, die das Verfahren bereits durchlaufen haben und überlegen Sie sich die Optionen, die der Antragsteller oder Sie selbst haben.
3. Widerspruch nur durch den Versicherten bzw. Bevollmächtigten
Den Widerspruch gegen den Pflegegrad kann nicht jeder schreiben. Dazu berechtigt sind lediglich der Versicherte selbst, sein Bevollmächtigter, eine Pflegeperson (bei ambulanter Pflege) sowie der gesetzlich bestellte Betreuer des Versicherten. Oder Sie nehmen anwaltliche Hilfe in Anspruch.
4. Verfassen Sie den Widerspruch schriftlich
Schicken Sie den Widerspruch als Einschreiben oder als Fax (Sendebericht sicher verwahren!) an die Pflegeversicherung. Alternativ ist auch der persönliche Gang zur Geschäftsstelle der Pflegeversicherung eine Option. Lassen Sie sich in diesem Fall die Abgabe des Widerspruchs quittieren.
5. Widerspruch gegen den Pflegegrad gründlich vorbereiten
Sammeln Sie alle geeigneten Dokumente, damit Sie den Anspruch auf Pflegegrad vielleicht doch noch durchsetzen können. Die nachfolgenden Dokumente können dabei hilfreich sein:
- Fordern Sie alle medizinischen Dokumente wie Arztbriefe, Atteste und Entlassungsberichte bei Ärzten und Kliniken an, die zum Zeitpunkt der ersten Begutachtung noch nicht vorlagen.
- Auch die schriftlichen Empfehlungen Ihres Pflegeberaters im Rahmen eines Beratungseinsatzes nach § 37.3 können Sie den Unterlagen beilegen.
- Es kann außerdem hilfreich sein, wenn Sie konkrete „Vorher-Nachher-Beispiele“ aus dem Pflegealltag dokumentieren. Notieren Sie hier v. a. in welchen Situationen nun erhöhter Unterstützungsbedarf vorliegt. Ein Pflegetagebuch kann Ihnen bei der Dokumentation helfen.
- Nutzen Sie spätestens jetzt auch den Pflegegradrechner von pflege.de, um die aktuelle Pflegesituation besser einzuschätzen. Sie erhalten hierfür das Ergebnisprotokoll per E-Mail.
Widerspruch Pflegegrad: Fachliche Begründung formulieren
In Ihrem ersten Widerspruch, den Sie innerhalb von einem Monat bei der Pflegeversicherung einreichen, müssen Sie zunächst keine Begründung anbringen. Es genügt eine Mitteilung, dass Sie dem Bescheid widersprechen. So gewinnen Sie Zeit und können sich mit mehr Ruhe eine Begründung formulieren und diese nachzureichen. Da im Sozialrecht der sogenannte Amtsermittlungsgrundsatz gilt, müssen die Pflegekassen den Sachverhalt ermitteln und nicht Sie. Gleichwohl ist ein Widerspruch sinnvoll.
Begründung Widerspruch: Darauf sollten Sie achten
- Wurde der Grad der Selbstständigkeit in den einzelnen Modulen richtig berechnet?
- Stimmt die Gewichtung der Punkte?
- Wurden die Punkte richtig addiert?
- War der Pflegebedürftige am Tag der Begutachtung ungewöhnlich fit?
- Lagen Medikamentenplan, Arzt- und Krankenhausberichte, Pflegeberatungs-Berichte etc. am Begutachtungstag vollständig vor und wurden sie im Gutachten berücksichtigt?
Beispiel Widerspruch: Pflegegrad 1 abgelehnt
Für den Pflegegrad 1 muss der Gutachter zumindest eine „geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten“ anerkennen. Im Rahmen des neuen Begutachtungssystems müssen dabei zwischen 12,5 bis unter 27 Punkte zusammenkommen.
Sofern der Antrag auf Pflegegrad 1 abgelehnt wurde und die Gesamtpunktzahl nach dem Gutachten unter 12,5 Punkten liegt, sollten Sie sich beispielhaft einmal den Lebensbereich „Mobilität“ anschauen.
Dabei geht es u. a. um die Fähigkeit, allein (also selbstständig) eine Treppe hochsteigen zu können. Vielleicht stellen Sie fest, dass im Gutachten 0 Punkte vergeben wurden, weil der Pflegebedürftige bzw. Sie in einem Bungalow wohnen. Aber es geht bei diesem Modul nicht um das Vorhandensein einer Treppe, sondern nur um die Fähigkeit, diese allein bewältigen zu können oder eben nicht. Das wirkt sich auf die Punkte aus:
- 0 Punkte = Die Person kann die Treppe selbstständig gehen, ohne Hilfe einer anderen Person.
- 1 Punkt = Wegen eines Sturzrisikos muss die Person begleitet werden.
- 2 Punkte = Die Person muss beim Treppensteigen gestützt werden.
- 3 Punkte = Die Person muss getragen werden oder braucht einen Treppenlift.
Allein dieses Beispiel zeigt, wie sich der Grad der Selbstständigkeit auf die Punkte auswirkt.
Zwischen Pflegegrad 1 und Pflegegrad 2 liegt nur ein Punkt (bis unter 27 Punkte = Pflegegrad 1, ab 27 Punkten: Pflegegrad 2) – es geht also um Feinheiten. Genau das müssen Sie in Ihrem Widerspruch deutlich machen.
Das Beispiel Treppensteigen zeigt, wie genau Sie im Gutachten hinsehen müssen – und wie Sie die Ansprüche des Pflegebedürftigen oder Ihre eigenen gegenüber der Pflegeversicherung geltend machen können.
Beispiel Widerspruch: Pflegegrad 3 abgelehnt
Vor allem Menschen mit Demenz haben einen Unterstützungsbedarf, der sich im Laufe der Erkrankung erhöht – und die Selbstständigkeit weiter einschränkt. Wenn Sie nach Punkten Ausschau halten, so finden Sie diese im Modul 3 „Verhaltensweisen und psychische Problemlagen“.
Bedenken Sie: Die psychische Verfassung eines Demenzkranken kann von Tag zu Tag durchaus stark schwanken – damit können auch die Punkte im Modul 3 in der Regel durchaus höher sein als am Tag der Begutachtung. Prüfen Sie das Gutachten daher noch einmal im Detail, so dass der Antrag auf Pflegegrad 3 vielleicht doch bewilligt wird.
Beispiel Widerspruch: Pflegegrad 4 oder 5 abgelehnt
Bei Widersprüchen zur Anerkennung höherer Pflegegrade sollten Sie nicht ohne ärztliche bzw. pflegeprofessionelle Unterstützung arbeiten. Hier geht es um sehr sorgfältige Beobachtungen, die sich allesamt in Punkten – und damit einem entsprechend hohen Pflegegrad 4 niederschlagen.
Für den Pflegegrad 5 gibt es eine sog. „besondere Bedarfskonstellation“. Dahinter verbirgt sich der „vollständige Verlust der Greif-, Steh- und Gehfunktionen“. Die Betonung liegt hier auf dem Wort „und“ – denn es müssen alle drei Funktionen vollständig betroffen sein. Das ist z. B. bei Menschen im Wachkoma oder bei einer hohen Querschnittslähmung der Fall.
Sollte also ein derartig Betroffener nicht in Pflegegrad 5 eingruppiert worden sein, so können Sie allein mit der besonderen Bedarfskonstellation argumentieren. Alle anderen Module (und auch all die Punkte) fallen hier nicht ins Gewicht.
Widerspruch Pflegegrad: Vorlage / Muster
Ihr Widerspruch bei der Pflegeversicherung kann kurz und formlos sein. Nutzen Sie den kostenfreien Musterbrief von pflege.de – so können Sie viel schneller reagieren.
Pflegegrad Wiederholungsbegutachtung
Haben Sie Widerspruch gegen die Einstufung eines Pflegegrades oder gegen die Ablehnung eingelegt, wird eine Wiederholungsbegutachtung erforderlich. Ebenfalls notwendig ist dieses Verfahren, wenn Sie eine Höherstufung des Pflegegrades beantragt haben.
In beiden Fällen prüft der Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD, früher: MDK) oder von MEDICPROOF den tatsächlichen Pflegebedarf der Betroffen. Anhand dieser Beurteilung wird im Anschluss der Pflegegrad erneut eingestuft.
Welche Kriterien hierfür gelten und in welchen Modulen Punkte vergeben werden, erfahren Sie im Ratgeber Pflegegrade im Überblick.
Widerspruch gegen Rückstufung
Eine Wiederholungsbegutachtung kann unter Umständen zur Folge haben, dass der aktuelle Pflegegrad aberkannt wird und es zu einer Rückstufung kommt.(2)
Dafür muss die Pflegeversicherung nachweisen, dass sich der Zustand des Versicherten im Vergleich zum Vorgutachten wesentlich verändert hat. Der Pflegebedarf muss deutlicher geringer sein als bisher, z. B. dank einer Rehabilitationsmaßnahme.
Pflegegrad aberkennen: Widerspruch
Liegt keine Pflegebedürftigkeit mehr vor, besteht auch kein weiterer Anspruch auf entsprechende Leistung aus der Pflegekasse. In diesem Fall kann die Versicherung den Pflegegrad vollständig aberkennen.
Erhalten Sie einen Bescheid mit der Entscheidung zur Rückstufung oder Aberkennung, haben Sie jederzeit die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Beachten Sie die Frist von vier Wochen.
Pflegegrad Widerspruch: Bearbeitungszeit & Klage
Die Pflegeversicherung hat nach Eingang Ihres Widerspruchs maximal drei Monate Zeit, darauf zu reagieren.(3)
Dies ist die zulässige Bearbeitungsfrist. Wird sie überschritten, können Sie eine sogenannte Untätigkeitsklage einreichen.
Weitere Fälle für eine Klageerhebung sind:
- Ein Anwalt hat das Gutachten rechtssicher geprüft und Ihren Anspruch auf Leistung aus der Pflegekasse festgestellt.
- Das Gutachten enthält Form- und Berechnungsfehler.
- Sie haben ein unabhängiges Gutachten bei einem Pflegesachverständigen beauftragt, das zu einem anderen Ergebnis kommt.
- Die Pflegekasse lehnt Ihren Antrag auch nach der Wiederholungsbegutachtung ab und verweigert Pflegeleistungen.
Häufig gestellte Fragen
Wann kann man Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse einlegen?
Sie haben jederzeit das Recht, Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse einzulegen – zum Beispiel, wenn Ihnen die Entscheidung unangemessen vorkommt oder eine Höherstufung aus unbekannten Gründen abgelehnt wurde. Fast jeder dritte Pflegegrad-Antrag wird zunächst abgelehnt. Aber die Chancen, nach einem Widerspruch doch noch Anspruch auf Pflegeleistungen zu erhalten, stehen gar nicht schlecht. Entscheidend ist das Gutachten vom MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung; bei gesetzlich Versicherten) oder MEDICPROOF (bei privat Versicherten), das die Grundlage für den Bescheid der Pflegekasse ist. Ihre Hilfe beim Pflegegrad-Widerspruch.
Kann man den Widerspruch allein einlegen oder lieber mit einem Anwalt?
Sie können den Widerspruch entweder allein oder mithilfe professioneller Unterstützung einlegen. Die Chancen auf Erfolg mit der Hilfe von erfahrenen Experten sind bei guter Ausgangslage sehr hoch. Ein Anwalt ist dafür jedoch kein Muss.
Für Antragstellungen oder Widersprüche ist auch der Pflegestützpunkt vor Ort eine gute Adresse. In jedem Bundesland gibt es sog. Pflegestützpunkte von den Kranken- und Pflegekassen. Sie bieten Ratsuchenden Beratung und Unterstützung rund um die Pflege. Eine Übersicht zu den deutschlandweiten Pflegestützpunkten bekommen Sie hier.
Wie bereitet man den Widerspruch bei Ablehnung eines Pflegegrads vor?
Bereiten Sie den Widerspruch in jedem Fall gründlich vor. Prüfen Sie das Gutachten vom MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung; bei gesetzlich Versicherten) bzw. MEDICPROOF (bei privat Versicherten):
- Stellen Sie sich folgende Fragen: Blieben schwerwiegende körperliche, kognitive oder geistige Einschränkungen im Gutachten unberücksichtigt? War der Pflegebedürftige bzw. waren Sie selbst am Tag der Begutachtung außergewöhnlich fit? Entsprach der momentane Zustand dem des realen Pflegealltags? Wurden alle Sachverhalte korrekt erfasst? Fehlt evtl. ein Hilfsbedarf?
- Fordern Sie ggf. Arztbriefe und Atteste an, die zum Zeitpunkt der ersten Begutachtung noch nicht vorlagen.
- Machen Sie sich Notizen zu zeitaufwändigen Pflegesituationen und konkreten Beispielen aus Ihrem Pflegealltag. Halten Sie diese sowohl mündlich als auch schriftlich bereit.
- Nutzen Sie auch den kostenlosen Pflegegrad-Rechner von pflege.de. Er hilft Ihnen dabei, Ihre Pflegesituation selbst besser einschätzen zu können und gibt Ihnen eine grobe Orientierung vor, welcher Pflegegrad in Ihrem Fall zu erwarten ist.
Wie legt man Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse ein?
Ein Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid der Pflegekasse ist ausschließlich schriftlich aufzusetzen.
Für den Widerspruch können Sie das kostenlose Widerspruchs-Formular bei Pflegegraden von pflege.de nutzen. Sie erhalten es nach Eingabe Ihrer E-Mail-Adresse per E-Mail.
Entscheidend für den Erfolg eines Widerspruchs ist die Begründung. Diese können Sie entweder selbst formulieren oder Sie holen sich professionelle Unterstützung. Hierfür empfiehlt sich bspw. ein Besuch beim Pflegestützpunkt vor Ort. In jedem Bundesland gibt es sog. Pflegestützpunkte von den Kranken- und Pflegekassen. Sie bieten Ratsuchenden Beratung und Unterstützung rund um die Pflege. Hier finden Sie eine deutschlandweite Übersicht zu den Pflegestützpunkten.
Welche Frist gilt für den Widerspruch bei Ablehnung eines Pflegegrads?
Ein Widerspruch ist ausschließlich schriftlich und innerhalb eines Monats nach Erhalt des Ablehnungsbescheides von der Pflegekasse zu stellen. Daher ist es wichtig, dass Sie möglichst schnell reagieren und diese Frist nicht verpassen. Ansonsten verfällt Ihr Widerspruchsrecht. Im Einzelfall kann es darüber hinaus noch Möglichkeiten geben, Ihr Aufwand ist aber umso größer.
Gibt es einen Musterbrief für den Pflegegrad-Widerspruch?
Ja. pflege.de hat für Sie ein kostenloses Formular für den Widerspruch bei Ablehnung eines Pflegegrads vorbereitet. Sie erhalten es nach Eingabe Ihrer E-Mail-Adresse per E-Mail.
Gibt es eine Muster-Begründung für den Pflegegrad-Widerspruch?
Nein. Die Begründung Ihres Widerspruchs hängt stark von der individuellen Situation des Versicherten ab. Falls Sie den Widerspruch allein und ohne fremde Hilfe aufsetzen möchten, sollten Sie den Ablehnungsbescheid der Pflegekasse auf folgende Punkte prüfen:
- Persönliche Daten: Sind Name, Adresse, Geburtsdatum usw. der versicherten Person richtig aufgeführt? Sind im Gutachten alle Diagnosen, Medikamente und Hilfsmittel beschrieben, die der Versicherte nutzt?
- Begutachtungsmodule: Wurden im Gutachten alle Module ausreichend berücksichtigt? Entspricht der angegebene Grad der Selbstständigkeit in den Begutachtungsmodulen der Realität Ihres Angehörigen?
- Punktzahl: Wurden die Punkte aus den einzelnen Modulen richtig addiert und gewichtet?
- Darstellung der Pflegesituation: Wurde der Betroffene im Gutachten realistisch dargestellt? Wurde er evtl. selbstständiger dargestellt als er eigentlich ist?
- Aktenlage: Lagen zum Zeitpunkt der Erstbegutachtung sämtliche Arztbriefe, Entlassungsberichte, Diagnosen und Untersuchungsergebnisse vor, die den Unterstützungsbedarf Ihres Angehörigen attestieren? Wurden diese Dokumente vom Gutachter mitberücksichtigt?
Auf Basis dieser Darstellung können Sie eine ausführliche Begründung Ihres Widerspruchs an die Pflegekasse richten und sich mit diesen Argumenten auch auf eine eventuelle Zweitbegutachtung vorbereiten.
Kann man Widerspruch gegen das Gutachten vom MDK einlegen?
Nein. Sie können nur Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse einlegen.
Das Gutachten vom MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung; bei gesetzlich Versicherten) oder MEDICPROOF (bei privat Versicherten) ist lediglich die Grundlage für die Entscheidung der Pflegekasse. Die Pflegekasse beschließt schlussendlich, ob ein Pflegegrad anerkannt oder abgelehnt wird.
Für den Widerspruch gegen die Entscheidung der Pflegekasse sollten Sie jedoch das entsprechende Gutachten vom MDK oder MEDICPROOF anfordern. So können Sie überprüfen, ob wesentliche Punkte unberücksichtigt blieben.
Wie lange dauert ein Widerspruch beim MDK?
Die Pflegekasse hat nach Eingang Ihres Widerspruchs maximal drei Monate Zeit, darauf zu reagieren. Dies ist die zulässige Bearbeitungsfrist. Wird sie überschritten, können Sie Klage einreichen.
Wie geht es nach dem Widerspruch gegen Ablehnung eines Pflegegrads weiter?
Nach der schriftlichen Einsendung Ihres Widerspruchs gibt es zwei Möglichkeiten:
- Die Pflegekasse prüft erneut das Pflegegutachten mit Ihrer Widerspruchs-Begründung. Sofern einzelne Module unberücksichtigt geblieben sind, Punkte falsch addiert bzw. gewichtet wurden oder sich potenzielle Kritikpunkte aufgrund der neuen Aktenlage beheben lassen, wird die Pflegekasse den Bescheid im Idealfall korrigieren und einen Pflegegrad doch noch bewilligen.
- Sofern die Pflegekasse auch nach Einsicht der neuen Aktenlage den Pflegegrad oder die Höherstufung ablehnt, kann im Falle einer guten Widerspruchs-Begründung ein Zweitgutachten in die Wege geleitet werden. Dazu kündigt sich ein zweiter Gutachter vom MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung; bei gesetzlich Versicherten) oder MEDICPROOF (bei privat Versicherten) für die persönliche Zweitbegutachtung vor Ort an. Das Wiederholungsgutachten dient für die Pflegekasse als Basis für den erneuten Entscheid.
Sollte jedoch auch die zweite Begutachtung ergeben, dass kein Anspruch auf Pflegeleistungen besteht, so haben Versicherte zwei letzte Möglichkeiten:
- Klage vor dem Sozialgericht.
- Frist von sechs Monaten abwarten, bis ein erneuter Antrag auf Pflegegrad gestellt werden kann.
Ist eine Rückstufung des Pflegegrads möglich, sodass man einen Pflegegrad verliert?
Selbst wenn sich die Pflegesituation gebessert hat, ist eine Rückstufung von einem höheren Pflegegrad auf einen niedrigeren zunächst nicht möglich.
Nur, wenn der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung; bei gesetzlich Versicherten) oder MEDICPROOF (bei privat Versicherten) im Rahmen einer Wiederholungsbegutachtung feststellt, dass der Versicherte überhaupt nicht mehr pflegebedürftig ist, kann es zu einer erneuten Prüfung und einer Rückstufung kommen. In diesem Fall haben Sie selbstverständlich das Recht auf Widerspruch.