Rente für pflegende Angehörige

Rente für die Pflege von Angehörigen

Über fünf Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig.(1) Die meisten davon werden zuhause von Angehörigen gepflegt.(2) Diese zusätzliche Belastung zwingt viele von Ihnen dazu, beruflich kürzer zu treten. Damit sich das später nicht auch noch negativ auf die Rente der Pflegenden auswirkt, zahlt die Pflegekasse unter bestimmten Voraussetzungen Beiträge zur Rentenversicherung.

pflege.de erklärt, wer Anspruch auf „Rente für pflegende Angehörige“ hat und worauf Sie achten müssen, wenn Sie als pflegender Angehöriger Ihre Rente sichern wollen.

Inhaltsverzeichnis

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Wer zahlt die Rente bei der Pflege von Angehörigen?

Wenn Sie einen Angehörigen insgesamt mindestens 10 Stunden und an mindestens zwei Tagen pro Woche pflegen und gleichzeitig höchstens 30 Stunden pro Woche arbeiten, zahlt die Pflegeversicherung für Sie Rentenbeiträge.(3)

Auch wenn Sie gar nicht sozialversicherungspflichtig berufstätig sind, gilt die Zeit der Pflege dann trotzdem als Beitragszeit für Ihren Rentenanspruch.

Wer zahlt die Rente bei der Pflege von Angehörigen?

Pflegen Sie einen Angehörigen, werden Ihre Rentenversicherungsbeiträge …

  • … bei pflichtversicherten Pflegebedürftigen von der Pflegekasse gezahlt.
  • … bei privatversicherten Pflegebedürftigen vom privaten Versicherungsunternehmen gezahlt.
  • … bei Pflegebedürftigen mit Anspruch auf Beihilfe- oder Heilfürsorgeleistungen anteilig von der Beihilfestelle, dem Dienstherrn und dem privaten Versicherungsunternehmen oder der Pflegekasse gezahlt.(4)

Die Rentenauszahlung selbst erhalten Sie von der Rentenkasse.

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Voraussetzungen für die Rentenversicherung bei der Pflege

Ob Sie einen Anspruch auf Rente für pflegende Angehörige haben, ist im Elften Sozialgesetzbuch in Paragraf 44 „Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen“ geregelt.

Sie sind als Pflegeperson in der Rentenversicherung versichert, wenn

  • Sie einen oder mehrere Pflegebedürftige nicht erwerbsmäßig pflegen,
  • der Pflegebedürftige mindestens den Pflegegrad 2 hat,
  • Sie die Pflege wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens zwei Tage die Woche ausüben,
  • die Pflege nicht in einer stationären Pflegeeinrichtung stattfindet und
  • Sie nicht mehr als 30 Stunden einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
Info
Definition von nicht erwerbstätig pflegen

„Nicht erwerbsmäßig pflegen“ heißt, dass Sie die Pflegetätigkeit ehrenamtlich ausüben und dafür keinen Lohn erhalten. Der Pflegebedürftige darf Ihnen aber weiterhin das Pflegegeld überlassen, das er von der Pflegekasse erhält. Pflegegeld gilt insofern nicht als Bezahlung.

Additionspflege & Mehrfachpflege

Additionspflege: Sie können auch dann Rentenbeitragszahlungen erhalten, wenn Sie mehr als eine pflegebedürftige Person pflegen aber die Voraussetzungen nur erfüllen, wenn man die Pflegetätigkeiten gemeinsam betrachtet.

Also zum Beispiel, wenn Sie Ihren Vater und Ihre Mutter pflegen, und zwar jeweils mit etwa 6 Stunden pro Woche an mehreren Tagen. Insgesamt pflegen Sie dann 12 Stunden pro Woche und erfüllen diese Voraussetzung.

Mehrfachpflege: Umgekehrt können mehrere Pflegepersonen, die gemeinsam eine pflegebedürftige Person versorgen, die Rentenansprüche unter sich aufteilen. Allerdings muss jede Person einzeln die Voraussetzungen erfüllen, nicht alle zusammen.

Ein Beispiel wäre, wenn Sie sich mit zwei Geschwistern die Pflege Ihrer Mutter aufteilen. Jeder von Ihnen, der mindestens 10 Stunden an mindestens zwei Tagen pro Woche pflegt, erfüllt diese Voraussetzungen und kann anteilig Rentenbeiträge beanspruchen.

Info
Wie die Beiträge bei der Mehrfachpflege geteilt werden

Sie können der Pflegekasse Angaben darüber machen, wie viel Aufwand jede Einzelperson in die Pflege steckt und die Pflegekasse wird dann die Beiträge verhältnismäßig zuteilen. Wenn Sie das nicht tun oder die Angaben nicht zusammenpassen, werden die Beiträge gleichmäßig aufgeteilt.

Diese Pflegepersonen sind nicht rentenversichert

Einige besondere Personengruppen und Pflegepersonen in bestimmten Situationen sind nicht rentenversicherungspflichtig. Das heißt, sie können durch die Pflege keine Rentenbeiträge erwerben, obwohl die anderen Voraussetzungen erfüllt sind.

Sie sind als Pflegeperson nicht rentenversichert, wenn Sie

  • jünger als 15 Jahre sind,
  • nur übergangsweise eine Pflegeperson vertreten,
  • die Pflege als Teil eines FSJ oder Bundesfreiwilligendienstes ausüben,
  • im Rahmen Ihrer Ordenszugehörigkeit pflegen oder
  • bereits eine volle Altersrente, Pension oder vergleichbare Altersversorgung erhalten.
Info
Volle Erwerbsminderungsrente und Rente für Pflege?

Wenn Sie Erwerbsminderungsrente beziehen, können Sie trotzdem einen Angehörigen pflegen und dafür auch uneingeschränkt Rentenbeiträge für Ihre spätere Altersrente erhalten. Erwerbsminderungsrente und Rente für pflegende Angehörige schließen sich nicht aus.

Antrag auf Rente für pflegende Angehörige

Einen konkreten Antrag, um als Pflegeperson Beiträge zur Rentenversicherung zu erhalten, gibt es nicht. Es handelt sich stattdessen um einen Fragebogen für die Pflegeperson, den die Pflegekasse prüft und dann in der Regel automatisch die Zahlung von Beiträgen veranlasst, wenn ein Anspruch besteht.

Im Normalfall erhalten Sie im Rahmen des Antrags auf Pflegeleistungen einen „Fragebogen zur Zahlung der Beiträge zur sozialen Sicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen“, der die pflegerischen Tätigkeiten von Angehörigen und ihre berufliche Situation erfasst.

Alternativ können Sie sich als Pflegeperson selbst an die Pflegekasse wenden, um Ihre Ansprüche geltend zu machen. Allerdings nicht an Ihre eigene Pflegekasse, sondern an die der pflegebedürftigen Person. So erhalten Sie ebenfalls einen Fragebogen.

Tipp
Ihr Aufwand entscheidet, nicht die Art der Pflegeleistung

Auch wenn ein Pflegedienst und/oder zum Beispiel eine Tagespflege-Einrichtung einen Teil der Pflege übernehmen, können Sie Anspruch auf Rente für pflegende Angehörige haben. Entscheidend ist allein der Aufwand, den Sie persönlich betreiben.

Rente für pflegende Angehörige nicht rückwirkend

Wichtig ist, dass Sie den Antrag auf Pflegeleistungen stellen, sobald der Pflegefall eintritt. Ab dem Zeitpunkt, zu dem Sie den Fragebogen ausfüllen und der Pflegekasse zukommen lassen, ist der Anspruch auf Rentenpunkte für die Pflegetätigkeit gesichert.

Eine rückwirkende Anrechnung der Pflege ist nicht möglich – also auch nicht für Pflegezeiten, die vielleicht schon vor dem Ausfüllen des Fragebogens für die Pflegekasse aufgewendet wurden.

Höhe der Rentenbeiträge für pflegende Angehörige

Für die Rentenversicherung gilt die Zeit, die Sie für die Pflege eines Angehörigen aufwenden, offiziell als Beitragszeit. Das heißt, Sie bekommen Rentenpunkte für die Pflege auf Ihrem Rentenkonto gutgeschrieben.

Wie hoch die Rentenbeiträge sind, die Sie mit der Pflegetätigkeit verdienen, hängt von der in häuslicher Pflege bezogenen Pflegeleistung (Pflegegeld, Kombinationsleistung, Pflegesachleistung), dem Pflegegrad und dem Ort der Pflege (Ost- oder Westdeutschland) ab.

Wie wird der Rentenbeitrag berechnet?

Der Rentenbeitrag wird mit Hilfe von fiktiven Einnahmen berechnet. Das heißt, es wird so getan, als würden Sie mit der Pflegetätigkeit ein bestimmtes Einkommen verdienen. Die Pflegekasse übernimmt dann für diese Beitragsbemessungsgrundlage die üblichen Beiträge in Höhe von 18,6 Prozent.(5)

Die Bezugsgröße, also die Grundlage der Berechnung, ist das Durchschnittsentgelt, das sich am durchschnittlichen Einkommen der Versicherten orientiert. Das Durchschnittsentgelt wird jährlich von der Deutschen Rentenversicherung ermittelt.

Im Jahr 2022 liegt die Bezugsgröße bei:

  • 3290 Euro pro Monat in Westdeutschland
  • 3150 Euro pro Monat in Ostdeutschland

Die endgültigen Bezugsgrößen werden immer erst am Jahresende rückwirkend festgelegt, wenn die Durchschnittseinkommen der Versicherten ermittelt werden konnten. Ab 2025 gibt es für Ost- und Westdeutschland keine getrennten Bezugsgrößen mehr, sondern nur noch eine einheitliche Größe.

Monatliche Beitragsbemessungsgrundlage in Prozent der Bezugsgröße

Die folgende Tabelle zeigt die monatliche Bemessungsgrundlage: (4)

Pflegegeld Kombileistung Sachleistung
Pflegegrad 1
Pflegegrad 2 27 % 22,95 % 18,9 %
Pflegegrad 3 43 % 36,55 % 30,1 %
Pflegegrad 4 70 % 59,5 % 49 %
Pflegegrad 5 100 % 85 % 70 %

 

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Rechenbeispiel: Rentenbeiträge einer Pflegeperson

Das Beispielszenario: Peter hat Pflegegrad 3 und wird im Jahr 2022 in Zwickau von seiner Tochter Helga an 5 Tagen die Woche insgesamt 20 Stunden gepflegt. An den anderen beiden Tagen übernimmt ein Pflegedienst. Peter bezieht deshalb die Kombinationsleistung.

Die Berechnung der Rentenbeiträge für Helga:

  • Die Bezugsgröße für Ostdeutschland im Jahr 2022 beträgt 3150 Euro.
  • Bei Pflegegrad 3 und Kombinationsleistung werden Helga 36,55 Prozent davon als fiktives Einkommen angerechnet, also 1151,33 Euro.
  • Für Helga werden 18,6 Prozent ihres fiktiven Einkommens als monatlicher Rentenbeitrag eingezahlt, also 214,15 Euro.
Tipp
Gesammelten Rentenanspruch erfragen

Wie hoch Ihr persönlicher Rentenanspruch ist, den Sie bisher insgesamt erworben haben, können Sie bei der Deutschen Rentenversicherung erfragen.

Kann man früher in Rente wegen der Pflege eines Angehörigen?

Wenn Sie für Ihre Pflegetätigkeit Rentenpunkte erwerben, gilt diese Zeit für Sie als Beitragszeit. Sie können also unter Umständen früher die Mindestbeitragszeit erreichen und dann theoretisch früher in Rente gehen.

Es gibt aber keinen expliziten Anspruch, aufgrund einer Pflegetätigkeit früher oder ohne Abschläge in Rente gehen zu können. Wann und zu welchen Konditionen Sie persönlich in Rente gehen können, hängt weiterhin maßgeblich von Ihrer persönlichen Erwerbsbiografie ab.

 

Häufig gestellte Fragen

Wird die Pflege eines Angehörigen auf die Rente angerechnet?

Ja, wenn Sie mindestens 10 Stunden an 2 Tagen pro Woche nicht erwerbsmäßig eine Person mit mindestens Pflegegrad 2 pflegen. Außerdem dürfen Sie nicht mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten.

Unter welchen Voraussetzungen bekommt man Rentenpunkte für die Pflege von Angehörigen?

Sie sind als Pflegeperson in der Rentenversicherung versichert, wenn

  • Sie einen oder mehrere Pflegebedürftige nicht erwerbsmäßig pflegen,
  • die pflegebedürftige Person mindestens Pflegegrad 2 hat,
  • Sie die Pflege wenigstens zehn Stunden an mindestens zwei Tage die Woche ausüben,
  • die Pflege nicht in einer stationären Pflegeeinrichtung stattfindet und
  • Sie nicht mehr als 30 Stunden in Ihrem Beruf arbeiten.

Ab wieviel Stunden Pflege zahlt man in die Rentenversicherung ein?

Sie müssen mindestens 10 Stunden an mindestens 2 Tagen die Woche nicht erwerbsmäßig pflegen und dürfen nicht mehr als 30 Stunden Ihrem Job nachgehen.

Wie viel Rente bekommt eine Pflegeperson für die Pflege?

Die Rentenbeiträge für die Pflege sind maximal so hoch, wie die eines deutschen Durchschnittsverdieners. In den meisten Fällen sind sie aber geringer, weil der Pflegegrad und die beanspruchten Pflegeleistungen Einfluss auf die Beitragsbemessungsgrundlage haben.

Können pflegende Angehörige früher in Rente gehen?

Einen konkreten Anspruch dafür gibt es nicht. Aber die Zeit, in der pflegende Angehörige für ihre Tätigkeit Rentenpunkte erwerben, gilt als Beitragszeit. So kann die Pflege dazu beitragen, schneller die Mindestbeitragszeit für eine Rente zu erreichen.

Darf ich bei voller Erwerbsminderungsrente einen Angehörigen pflegen?

Ja, sie dürfen eine volle Erwerbsminderungsrente beziehen und trotzdem einen Angehörigen pflegen. Sie können dabei auch Rentenbeiträge erwerben, die Ihre spätere Altersrente erhöhen.

Muss ich Rentenbeiträge aus meiner Pflegetätigkeit in der Steuererklärung angeben?

Nein, Rentenbeiträge für die Pflege von Angehörigen müssen Sie nicht in Ihrer Steuererklärung angeben.

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Erstelldatum: 0202.40.7|Zuletzt geändert: 3202.50.8
(1)
Statistisches Bundesamt (o. J.): Gesundheit & Pflege
https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Pflege/_inhalt.html (letzter Abruf am 25.04.2023)
(2)
Bundesgesundheitsministerium (2021): Leistungsempfänger nach Leistungsarten und Pflegegrade (im Jahresdurchschnitt)
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Statistiken/Pflegeversicherung/Leistungsempfaenger/2021_Leistungsempfaenger-nach-Leistungsarten-und-Pflegegraden_bf.pdf (letzter Abruf am 25.04.2023)
(3)
Bundesministerium der Justiz (o. J.): Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) - § 44 Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__44.html (letzter Abruf am 25.04.2023)
(4)
Deutsche Rentenversicherung Bund (2022): Rente für Pflegepersonen – Ihr Einsatz lohnt sich
https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/national/rente_fuer_pflegepersonen.html (letzter Abruf am 25.04.2023)
(5)
Deutsche Rentenversicherung Bund (2022): Neue Werte der Rentenversicherung ab 2023
https://www.deutsche-rentenversicherung.de/Rheinland/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/221128_rentenwerte_neu.html (letzter Abruf am 25.04.2023)
(6)
Bildquelle
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Interview

So können pflegende Angehörige ihre Rente aufbessern

Manuela Budewell
Im Interview
Manuela Budewell

Manuela Budewell ist seit 1987 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in verschiedenen Bereichen tätig. Sie ist Expertin für das Thema Rentenversicherung und arbeitete zuletzt in der Pressestelle der DRV Bund in Berlin.

Menschen, die pflegebedürftige Familienmitglieder, Freunde oder Nachbarn zuhause pflegen, können ihre Rente aufbessern. In Deutschland pflegen Millionen von Menschen ihre pflegebedürftigen Angehörigen zuhause – und treten dafür oft im Berufsleben kürzer. Das hat auch Auswirkungen auf ihre Rente: Wer aufgrund der Pflege weniger arbeitet, bezieht weniger Gehalt und zahlt damit auch weniger Beiträge in die Rentenkasse ein. Die Pflegezeit lässt sich allerdings auf die Rente anrechnen. Und das ist im Zuge der Einführung des Pflegeneuausrichungsgesetzes und des sog. Flexirentengesetzes seit 2017 noch leichter als vorher. Wie das genau funktioniert und welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, erklärt Rentenexpertin Manuela Budewell von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) im pflege.de-Interview.

Liebe Frau Budewell, erklären Sie uns doch bitte einmal: Wie kann ich während der Pflege meine Rente aufbessern?

Frau Budewell: Wer ehrenamtlich jemanden in dessen häuslicher Umgebung pflegt, hat unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, sich dafür sog. Pflegebeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung gutschreiben zu lassen. Dadurch können Lücken in der Erwerbsbiografie geschlossen und Rentenansprüche erhöht werden.

Wer ehrenamtlich jemanden in dessen häuslicher Umgebung pflegt, hat die Möglichkeit, sich dafür sog. Pflegebeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung gutschreiben zu lassen.
Manuela Budewell

Welche Voraussetzungen gelten für mich als pflegender Angehöriger, um die Pflegezeit auf die Rente anrechnen lassen zu können?

Frau Budewell: Sofern pflegende Angehörige die Pflegezeit auf ihre Rente anrechnen möchten, dürfen sie die Pflege nicht erwerbsmäßig leisten. Übrigens können das auch Nachbarn oder Bekannte sein, die jemanden pflegen – man muss mit der pflegebedürftigen Person also nicht zwingend verwandt sein. Der Pflegebedürftige muss mindestens Pflegegrad 2 haben. Zudem muss die Pflege mindestens zehn Stunden, verteilt auf wenigstens zwei Tage pro Woche, in häuslicher Umgebung erfolgen. Werden mehrere Personen gepflegt, können die einzelnen Pflegezeiten zusammengerechnet werden. Wichtig ist auch: Eine neben der Pflege ausgeübte Tätigkeit darf 30 Stunden in der Woche nicht überschreiten.

Wie berechnen sich die Rentenbeiträge?

Frau Budewell: Grundlage für die Berechnung der Rentenversicherungsbeiträge ist die sog. Bezugsgröße. Sie wird jährlich neu bestimmt und liegt im Jahr 2019 bei 3.115 Euro monatlich in den alten Bundesländern und bei 2.870 Euro monatlich in den neuen Bundesländern. Der Pflegegrad des Pflegebedürftigen und der Umfang der durchgeführten Pflege bestimmen die Höhe der Rentenbeiträge. Hat die pflegebedürftige Person Pflegegrad 5 und erhält ausschließlich Pflegegeld, werden für den Pflegenden die monatlichen Höchstbeiträge in Höhe von rund 580 Euro gezahlt. Aus einem Pflegegrad 2 mit dem Bezug von Pflegesachleistungen ergeben sich dagegen rund 110 Euro monatlich als Beitrag in die gesetzliche Rentenversicherung.

Die Höhe des Pflegegrades hat also eine Auswirkung auf die Höhe der Rentenbeiträge?

Frau Budewell: Ja. Wie gesagt richtet sich die Höhe der Rentenbeiträge nach dem Pflegegrad des Pflegebedürftigen und nach dem Umfang, in dem professionelle Pflegedienste bei der Versorgung helfen. Beim Pflegebedürftigen selbst muss mindestens der Pflegegrad 2 festgestellt worden sein. Als Faustregel gilt: Je höher der Pflegegrad ist und je weniger professionelle Unterstützung in die Versorgung des Versicherten eingebunden wird, desto mehr Rente bekommen Pflegende für ihre Tätigkeit.

Je höher der Pflegegrad ist und je weniger professionelle Unterstützung in die Versorgung des Versicherten eingebunden wird, desto mehr Rente bekommen Pflegende für ihre Tätigkeit.
Manuela Budewell

Was sind jetzt die Neuerungen für pflegende Rentnerinnen und Rentner?

Frau Budewell: Die Neuerungen ergeben sich aus dem Flexirentengesetz des Jahres 2017.

Dieses beinhaltet u. a., dass auch für Rentner, die eine volle vorzeitige Altersrente (= Frührente) bekommen, Rentenbeiträge für die ausgeübte Pflege gezahlt werden. Diese erhöhen die Rente ab Erreichen der regulären Altersgrenze (die sog.  Regelaltersgrenze). Erst wenn die reguläre Altersgrenze erreicht ist und die Rente als volle Rente gezahlt wird, entfällt die Beitragspflicht der Pflegekasse.

Neu ist auch, dass die Regelaltersrente nunmehr als Teilrente zwischen 10 und 99 Prozent beantragt werden kann. Wer also jemanden pflegt und seine Altersrente ab Erreichen der regulären Altersgrenze als Teilrente in Höhe von beispielsweise 99 Prozent bezieht, für den werden dann weiterhin Pflegebeiträge gezahlt. Diese erhöhen die Regelaltersrente jeweils zum 01. Juli des Folgejahres. Sollte die Pflegetätigkeit enden, kann die Altersrente wieder als Vollrente beantragt werden.

Info
Regelaltersgrenze

In der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung haben Rentenversicherte einen Anspruch auf die sog. Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht und eine Mindestversicherungszeit von fünf Jahren hinter sich haben.

mehr
Für die Versicherungspflicht und die damit verbundene Beitragszahlung sollten Sie darauf achten, dass der Pflegebedürftige rechtzeitig einen Antrag auf Pflegegrad und Pflegeleistungen bei der Pflegekasse stellt
Manuela Budewell

Je nach bezogenen Leistungen des Pflegebedürftigen und dem Grad seiner Pflegebedürftigkeit werden von der Pflegekasse Rentenbeiträge zwischen rund 110 und 580 Euro im Monat in die Rentenkasse für den Pflegenden eingezahlt. Nach einem Jahr Pflege kann sich dadurch die spätere monatliche Rente zwischen ca. 6 und 31 Euro erhöhen.

An einem konkreten Beispiel (für die alten Bundesländer und bei Vorliegen aller weiteren Voraussetzungen) festgemacht heißt das: Ein Sohn pflegt seine Mutter mit Pflegegrad 3 allein zuhause. Die Mutter bezieht Pflegegeld. Die Pflegekasse der Mutter zahlt während der Zeit der Pflege für den Sohn einen monatlichen Rentenbeitrag in Höhe von rund 249 Euro, der für ihn in die Rentenkasse eingezahlt wird. Seine monatliche Bruttorente erhöht sich dadurch nach einem Jahr Pflegezeit um ca. 13 Euro.

Hat die Zuzahlung zur Rente Nachteile für die restlichen gezahlten Rentenbeiträge, bspw. aus einer Nebenbeschäftigung oder einer vormals voll ausgeübten Beschäftigung?

Frau Budewell: Nein – je mehr und je höher die Beiträge zur Rente sind, desto höher ist die spätere Rente!

Wie können pflegende Angehörige die Renten-Beiträge von der Pflegekasse für pflegende Angehörige bekommen? Muss ich die Rente beantragen? Und an wen kann ich mich dann wenden?

Frau Budewell: Wer ehrenamtlich pflegt, muss keinen separaten Antrag stellen, sondern lediglich einen Fragebogen ausfüllen. Den bekommt man bei der Pflegekasse des Pflegebedürftigen. Wer sich näher informieren möchte, kann dies bei seinem Rentenversicherungsträger, einem ehrenamtlichen Versichertenberater in der Nähe, bei der Kranken- oder Pflegekasse oder auch einem Pflegestützpunkt vor Ort tun.

Haben Sie abschließend noch ein paar Tipps für unsere pflege.de-Leser?

Frau Budewell: Ja, es gibt ein paar ganz allgemein gültige Tipps, die leider oft übersehen werden:

  1. Stellen Sie rechtzeitig einen Antrag auf Pflegeleistungen! Das Engagement für den Pflegebedürftigen allein reicht nicht aus: Für die Versicherungspflicht und die damit verbundene Beitragszahlung sollten Sie darauf achten, dass der Pflegebedürftige rechtzeitig einen Antrag auf Pflegegrad und Pflegeleistungen bei der Pflegekasse stellt und dort auch Angaben zu Ihrer Pflegetätigkeit vornimmt. Der Zeitpunkt der Antragstellung ist wichtig für den Leistungsbeginn.
  2. Informieren Sie sich über Auswirkungen auf die Betriebsrente! Regelaltersrentner sollten sich vor dem Antrag auf eine Teilrente unbedingt bei einer Auskunfts- und Beratungsstelle der Rentenversicherung individuell auch zu Auswirkungen auf eine eventuelle Betriebsrente o. ä. informieren.
  3. Lassen Sie sich die Höhe Ihrer späteren Rente berechnen! Achten Sie auf die gegebenenfalls neben der Pflege ausgeübte Tätigkeit, da diese 30 Stunden in der Woche nicht überschreiten darf, wenn die Rentenbeiträge für die Pflegezeit in Anspruch genommen werden sollen. Beim Arbeitgeber können Sie sich informieren, wie sich eine Reduzierung Ihrer Arbeitsstunden auf Ihr Gehalt auswirkt. Anschließend kann Ihnen die Rentenversicherung mitteilen, wie sich das veränderte Gehalt und die Pflegebeiträge bei Ihrer späteren Rentenhöhe bemerkbar machen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Erstelldatum: 9102.10.12|Zuletzt geändert: 3202.20.12
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(2)
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© Manuela Budewell
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