Stuhlinkontinenz / Darminkontinenz: Definition
Eine Stuhlinkontinenz liegt vor, wenn Darmgase, flüssiger oder fester Stuhl unkontrolliert entweichen. Betroffene können den Zeitpunkt der Entleerung nicht mehr zuverlässig selbst bestimmen. Eine andere Bezeichnung für die Stuhlinkontinenz lautet Darminkontinenz.
Frauen sind häufiger betroffen als Männer
Grundsätzlich sind Frauen aufgrund ihrer Anatomie und in Folge von Geburten häufiger betroffen als Männer. Zudem steigt das Risiko im Alter an, da die Gewebeelastizität und auch die Schließmuskulatur auf natürliche Weise abnimmt.(2) In vielen Fällen lassen sich die Symptome der Stuhlinkontinenz mithilfe von verschiedenen Behandlungsmethoden effektiv lindern. Zudem können geeignete Hilfsmittel bei Stuhlinkontinenz Betroffene dabei unterstützen, sich im Alltag wieder sicherer zu fühlen.
Symptome bei Stuhlinkontinenz
Erste Symptome einer Darminkontinenz liegen vor, wenn immer wieder Darmgase entweichen, ohne dass Betroffene dies bemerken. In dem Fall können sie den Abgang der Winde nicht mehr beeinflussen. Ein weiteres Anzeichen einer Darminkontinenz ist, wenn regelmäßig Verschmutzungen der Unterwäsche beobachtet werden, weil kleine Mengen an Darmschleim oder Stuhl unkontrolliert austreten. Besonders deutlich zeigt sich diese Form der Inkontinenz, wenn flüssiger Stuhl nicht mehr zurückgehalten werden kann. In schweren Fällen von Stuhlinkontinenz können Betroffene selbst festen Stuhl nicht mehr halten.
Stuhlinkontinenz: Schweregrade
Je nachdem, wie stark die Darminkontinenz ausgeprägt ist und welche Symptome auftreten, wird die Stuhlinkontinenz in drei unterschiedliche Grade eingeteilt.(2) Die nachfolgende Grafik gibt Ihnen einen Überblick über die Schweregrade bei einer Stuhlinkontinenz:

Stuhlinkontinenz Schweregrade, © pflege.de
Stuhlinkontinenz-Formen und ihre Ursachen

Stuhlinkontinenz, © pflege.de
Die kontrollierte Ausscheidung von Stuhl ist ein komplexer Vorgang, an dem viele Faktoren beteiligt sind. Daher können ganz unterschiedliche Störungen in diesem Ablauf als Ursache für eine Darminkontinenz in Frage kommen. Je nach Ursache unterscheiden sich die folgenden Formen der Stuhlinkontinenz:
- Muskuläre Inkontinenz
- Neurogene Inkontinenz
- Konsistenzbedingte Inkontinenz
- Sensorische Inkontinenz
- Überlaufinkontinenz
Muskuläre Inkontinenz
Bei der muskulären Stuhlinkontinenz ist die Muskulatur, die an der Stuhlspeicherung und -ausscheidung beteiligt ist, nicht intakt. Schließmuskelschwäche oder Schließmuskeldefekte gelten als häufigste Ursache für eine Stuhlinkontinenz.(2) Ein Schaden des Schließmuskels kann zum Beispiel durch eine Operation ausgelöst werden. Häufig kann auch eine nachlassende Gewebeelastizität im Alter Ursache für die muskulären Störungen sein, die eine Stuhlinkontinenz auslösen können.(1)
Neurogene Inkontinenz
Neurologische Störungen können ebenso eine Stuhlinkontinenz zur Folge haben. Bei dieser Form verspürt der Betroffene keinen Stuhldrang, weil die Nervenimpulse falsche oder unzureichende Informationen über den Füllstand des Darms an das Gehirn weitergeben. Nervenschäden gehen oftmals mit Krankheiten wie Schlaganfall, Alzheimer oder Multiple Sklerose einher.(1)
Konsistenzbedingte Inkontinenz
Die Konsistenz des Stuhls spielt ebenfalls eine Rolle. So beeinträchtigt dünnflüssiger Stuhl die Kontinenz.(5) Chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie die Colitis Ulcerosa oder Morbus Crohn sind Durchfallerkrankungen, die in vielen Fällen zu einer Stuhlinkontinenz führen. Zudem geht die Colitis Ulcerosa in der Regel mit entzündlichen Veränderungen an der Wand des Darms einher. Wandveränderungen im Enddarm können zusätzlich die Speicherfunktion der sogenannten Rektumampulle stören. Leidet ein Patient am Morbus Crohn am Enddarm, können Fistelbildungen den Schließmuskel nachhaltig stören.(1)
Sensorische Inkontinenz
Bei der Form der Stuhlinkontinenz liegt eine Störung der sensiblen Wahrnehmung der Schleimhaut des Analkanals vor. Mögliche Ursachen sind beispielsweise Hämorrhoiden oder Operationen am Darm.(2)
Überlaufinkontinenz
Wenn der Stuhl nicht vollständig ausgeschieden wird und zu lange im Dickdarm verbleibt, verliert er zunehmend Flüssigkeit, dickt ein und staut sich im Darm. In der Folge kann nur flüssiger Stuhl daran vorbei und tritt ungewollt aus.(3)
Stuhlinkontinenz bei Männern & Frauen
Laut der Deutschen Kontinenz Gesellschaft leiden mehr Frauen als Männer an einer Stuhlinkontinenz. So kommt die Darminkontinenz bei Frauen etwa vier bis fünf Mal häufiger vor. Neben den unterschiedlichen anatomischen Gegebenheiten im Beckenraum, kann die Belastung durch Schwangerschaften und Geburten Grund für die ungleiche Verteilung von Darminkontinenz bei Männern und Frauen sein.(1)
Stuhlinkontinenz nach der Geburt
Einige Frauen leiden nach ihrer Schwangerschaft und Geburt unter der sogenannten Belastungsinkontinenz, eine Form der Harninkontinenz. Grund dafür ist, dass der untere Bauchbereich einer besonders hohen Belastung ausgesetzt ist, sodass die Beckenbodenmuskulatur schwächer wird. Gleichzeitig kann ein geschwächter Beckenboden die Entstehung einer Stuhlinkontinenz begünstigen. Der Beckenboden bildet als Muskelgeflecht den Abschluss des Beckens nach unten und trägt die Bauchorgane; der Schließmuskel im Beckenboden dichtet Blase und Anus nach unten ab. Sinkt der Beckenboden in Folge der Entbindung ab, wird auch der Ringmuskel um den Anus nicht mehr in seiner vorgesehenen Position gehalten. Der Schließmuskel dichtet folglich nicht mehr zuverlässig ab, sodass Darmschleim oder sogar fester Stuhl unkontrolliert austreten.
Zudem kann es trotz Vorsichtsmaßnahmen während der Geburt zu einem Dammriss kommen. Ein Dammriss ist eine Verletzung des Gewebes unterhalb der Scheide. In manchen Fällen wird gleichzeitig der nahegelegene Anal-Schließmuskel verletzt, sodass er nicht mehr einwandfrei funktioniert. In der Folge verliert die Betroffene die Kontrolle über den Zeitpunkt der Stuhlausscheidung. Derartige Kontinenzprobleme können entweder unmittelbar nach der Schwangerschaft auftreten oder Jahre nach der Geburt entstehen.(1)
Stuhlinkontinenz nach einer Operation
Auch nach Operationen im Analbereich kann es zu einer Darminkontinenz kommen. Chirurgische Eingriffe in diesem Bereich können zum Beispiel nötig werden, wenn Darmtumore entfernt werden müssen oder sich Analfisteln gebildet haben. Analfisteln sind schmerzhafte röhrenförmige Verbindungen, die sich infolge von Entzündungen, insbesondere bei chronisch-entzündlich Darmerkrankungen, im Körperinneren bilden können.(2)
Allerdings werden inzwischen zunehmend schonende Operationsverfahren angewandt, bei denen der Schließmuskel erhalten bleibt. Nichtsdestotrotz können Vernarbungen in der nahen Umgebung sowie der Verlust von Darmanteilen nach der Operation eine Darminkontinenz auslösen.
Behandlung / Therapie
Die Behandlungsmethoden einer Darminkontinenz richten sich immer nach den jeweiligen Ursachen, die die Stuhlinkontinenz-Symptome ausgelöst haben. Ist eine Krankheit für die Beschwerden verantwortlich, muss zunächst diese Grunderkrankung therapiert werden. Daher ist es immer ratsam, sich vertrauensvoll an einen Arzt oder ein sogenanntes Kontinenz-Zentrum zu wenden.
In vielen Fällen tragen bereits konservative Therapien zu einer Besserung der Beschwerden bei. Erst wenn diese keine Besserung der Beschwerden erzielen, sollten operative Maßnahmen in Betracht gezogen werden.(4)
Grundsätzlich kommen folgende Behandlungsmöglichkeiten bei einer Stuhlinkontinenz in Frage:
- Stuhlgangsregulierung
- Beckenbodentraining bei Stuhlinkontinenz
- Biofeedback
- Elektrostimulation
- Operationen
Stuhlgangsregulierung bei Darminkontinenz
Ein wichtiger Schritt bei der Stuhlinkontinenz-Therapie ist die Regulierung eines geschmeidigen Stuhlgangs. Ein geschmeidiger Stuhlgang heißt nicht zu fest und nicht zu weich. Ziel der Stuhlgangsregulierung ist es ebenso, regelmäßig die Toilette zu besuchen, um den Darm zu entleeren.
Zudem hat die Ernährung einen entscheidenden Einfluss auf die Konsistenz des Stuhls. Demnach sollte die Ernährung bei Stuhlinkontinenz ballaststoffreich und ausgewogen sein. Blähende Speisen (Bohnen, Kohl oder Ähnliches) sollten Betroffene vermeiden.(2) Stark quellende Getreideschalen oder Saaten, wie etwa indische Flohsamen, sorgen hingegen für ein höheres Stuhlvolumen und normalisieren dadurch die Stuhlkonsistenz.
Darüber hinaus kann eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme deutliche Verbesserungen erzielen. Jedoch sollten Flüssigkeiten wie Kaffee oder Alkohol gemieden werden, da sie den Darm zusätzlich reizen.(2) Hilfreich kann außerdem regelmäßige Bewegung sein. Spaziergänge unterstützen bekanntlich die Verdauung.
Beckenbodentraining: Übungen bei Stuhlinkontinenz
Ein geschwächter Beckenboden kann sowohl einen Risikofaktor für die Harninkontinenz als auch für die Stuhlinkontinenz darstellen. Daher gilt es, den Beckenboden mit gezielten Übungen nachhaltig zu stärken. Regelmäßiges Beckenbodentraining dient nicht nur der Stuhlinkontinenz-Behandlung, sondern auch der Prophylaxe und kann schon vorbeugend durchgeführt werden.
Biofeedback bei Stuhlinkontinenz
Diese Methode eignet sich insbesondere für Patienten, die Probleme haben, den eigenen Beckenboden und die Schließmuskelspannung selbst bewusst wahrzunehmen. Ein Biofeedbackgerät kann Betroffenen dabei helfen.(2) Dazu wird ein kleiner Ballon im Analkanal platziert, der gezielt zusammengedrückt werden muss. Über ein Signal wird dem Betroffenen während des Schließmuskeltrainings angezeigt, wie hoch der jeweilige Kneifdruck ist. Auf diese Weise wird das Beckenbodentraining effizienter.
Elektrostimulation bei Stuhlinkontinenz
Darüber hinaus kann Elektrostimulation unterstützen, die Schließmuskelfunktion wieder zu verbessern. Hierbei wird der Schließmuskel durch Reizstrom passiv angespannt.
Operationen bei Darminkontinenz
Wenn konservative Therapien keine ausreichende Verbesserung bringen, können bei Darminkontinenz auch Operationen wieder zur Kontinenz verhelfen.
Sakrale Nervenstimulation (sogenannter Darm- oder Blasenschrittmacher)
Bei Nervenschäden im Beckenbereich kann die sakrale Nervenstimulation zum Erfolg führen. Bei diesem Verfahren wird ein kleiner Schrittmacher ins Gesäß implantiert, der schwache elektrische Impulse an die sogenannten Sakralnerven abgibt. Die Sakralnerven sind die Nerven, die Beckenboden, Darm und Blase steuern. Das fördert in der Regel die Kontinenz im Falle einer Darmschwäche, kann aber auch bei Blasenschwäche positive Auswirkungen haben. Deshalb wird in diesem Zusammenhang auch vom Darm- oder Blasenschrittmacher gesprochen. Zur Stuhlentleerung wird der Schrittmacher einfach abgeschaltet.
Operationen am Schließmuskel
Liegen der Darminkontinenz Verletzungen am Schließmuskel zugrunde, kann eine Sphinkter-Reparatur durchgeführt werden. Hier werden in der Regel bei Vollnarkose Defekte mit einer Naht repariert.
Gegebenenfalls kann der defekte Schließmuskel auch rekonstruiert werden. Dazu wird die Muskellücke, die beispielsweise durch einen Dammriss entstanden ist, mit einem körpereigenen Implantat ersetzt. Das Implantat besteht meist aus einem Muskel des Oberschenkels.(1)
Ist eine Schließmuskelrekonstruktion nicht möglich, kann auch ein künstlicher Schließmuskel implantiert werden. Dies ist allerdings ein komplexer Eingriff, der nur selten durchgeführt wird. Das Risiko einer Infektionsgefahr ist durch den Fremdkörper sehr hoch.(1)
Hilfsmittel bei Stuhlinkontinenz
Verschiedene Hilfsmittel können die Stuhlinkontinenz zwar nicht heilen oder die Beschwerden lindern. Vielmehr sind sie dazu da, den Betroffenen ein sicheres Gefühl im Alltag zu geben. Denn viele Stuhlinkontinenz-Patienten ziehen sich aus Scham zurück und meiden viele Aktivitäten. Um eine soziale Isolation zu verhindern und für mehr Lebensqualität zu sorgen, stehen Betroffenen unterschiedliche Hilfsmittel zur Verfügung. Darüber hinaus stellen Stuhlinkontinenz-Hilfsmittel eine große Hilfe für Pflegende im Pflegealltag dar.
Analtampon
Der Analtampon ist ein diskretes Hilfsmittel, welches den unkontrollierten Verlust von festem Stuhl verhindern soll. Das Hilfsmittel wird vorrangig bei einer Stuhlinkontinenz in Folge eines geschwächten Schließmuskels eingesetzt. Der Analtampon funktioniert ähnlich wie ein Tampon, welcher von Frauen während der Menstruation genutzt wird. Wie ein Zäpfchen kann er vom Patienten selbst vollständig in das Rektum eingeführt werden. Der Vorteil ist, dass keine unangenehmen Gerüche austreten können.(2)
Fäkalkollektor
Fäkalkollektoren funktionieren vom Prinzip her wie Stoma-Beutel. Das Hilfsmittel ist eine hygienische Lösung für bettlägerige Patienten, die unter einer Stuhlinkontinenz leiden. Dabei handelt es sich um einen Beutel, der über dem After platziert wird und den Stuhl aufnimmt. Dadurch können keine unangenehmen Gerüche austreten. Im Gegensatz zu aufsaugendem Inkontinenzmaterial, kommt die Haut dadurch gar nicht erst mit dem Stuhl in Berührung. So können Hautirritationen verhindert und chronischen Wunden wie dem Dekubitus entgegengewirkt werden. Der Fäkalkollektor wird in verschiedenen Ausführungen angeboten und kann ein Volumen von bis zu 1000 ml fassen.(6)
Aufsaugendes Inkontinenzmaterial
Personen, die unter einer Stuhlinkontinenz leiden, können zudem auf aufsaugendes Inkontinenzmaterial zurückgreifen. Bei Stuhlinkontinenz eignen sich insbesondere größere Systeme. Dazu zählen beispielsweise verschließbare Produkte wie Windeln für Erwachsene. Diese funktionieren wie herkömmliche Babywindeln und werden eng am Körper getragen. Dadurch, dass sie großflächig sind und viel Flüssigkeit aufnehmen können, bieten sie einen sicheren Rundumschutz. Zudem können Patienten auf Bettschutzeinlagen zurückgreifen. Diese schützen die Matratze und andere Oberflächen, falls der Stuhl ungewollt austritt.
Häufig gestellte Fragen
Was ist Stuhlinkontinenz?
Stuhlinkontinenz beschreibt den Austritt von Gasen, dünnflüssigem oder festem Stuhl, der nicht kontrolliert werden kann. Stuhlinkontinenz wird auch Darminkontinenz genannt. Grundsätzlich sind Frauen aufgrund anatomischer Ursachen und in Folge von Geburten häufiger betroffen als Männer. Zudem steigt das Risiko im Alter an, da die Gewebeelastizität und auch die Schließmuskulatur auf natürliche Weise abnimmt.
Was sollten Patienten bei Stuhlinkontinenz tun?
Bei Anzeichen einer Stuhlinkontinenz, sollte der erste Schritt sein, die Hilfe eines Arztes zu suchen. Auch, wenn es schwerfällt über das Thema Stuhlinkontinenz zu sprechen, weil es nach wie vor mit viel Scham verbunden ist. Dabei können Betroffene in vielen Fällen dank verschiedener Behandlungsmöglichkeiten sogar wieder kontinent werden. Der Arzt wird dem Betroffenen womöglich viele Fragen stellen, um die Ursache seiner Beschwerden zu ermitteln. Daher ist es ratsam, ein sogenanntes Stuhltagebuh zu führen. Dieses hilft auch dem Patienten dabei, sein eigenes Stuhlgangsverhalten kennenzulernen und Auffälligkeiten zu dokumentieren.
Welcher Arzt kann mir bei Stuhlinkontinenz helfen?
Grundsätzlich können Sie sich zunächst an Ihren Hausarzt wenden, falls Sie Stuhlinkontinenz-Symptome bei sich entdecken. Er kann schon erste Untersuchungen vornehmen und die Ursache ermitteln. Womöglich wird er Sie anschließend an einen Arzt mit Spezialwissen überweisen, der dabei hilft, eine Lösung zu finden. Dazu kommen Ärzte folgender Fachrichtungen in Frage:
- Proktologe, bei Erkrankungen des Enddarmes
- Chirurge, bei Erkrankungen des Darmes
- Neurologe, bei Nervenschäden
- Geriater, bei altersbedingter Stuhlinkontinenz