Zum 01.01.2017 trat die neue Pflegereform in Kraft und damit auch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Erfahren Sie mehr über die Änderungen im Artikel über das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II).
Paragraf 1 SGB XI: Soziale Pflegeversicherung
Wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind, sind Sie in Deutschland auch automatisch gesetzlich pflegeversichert. Damit haben Sie Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung im Pflegefall. Sollten Sie eine private Krankenversicherung haben, so haben Sie selbstverständlich auch eine private Pflegeversicherung.(1)
Paragraf 2 SGB XI: Selbstbestimmung
Wenn Menschen pflegebedürftig werden, heißt das nicht, dass sie keine Rechte mehr haben. Im Gegenteil: Sie haben zum Beispiel die Wahl, welche stationäre Einrichtung oder welchen ambulanten Pflegedienst sie mit der eigenen Pflege beauftragen. Die Hilfe sollte auch so gestaltet sein, dass sie den Menschen ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben ermöglicht: Ein Leben, das ihrer Würde, ihrer Religion und ihrem Geschlecht angemessen ist.(1)
Paragraf 3 SGB XI: Vorrang der häuslichen Pflege
Ein pflegebedürftiger Mensch, der sein vertrautes Zuhause nicht aufgeben möchte, soll vorrangige Unterstützung von der Pflegeversicherung erhalten. Ziel hierbei ist es, dass die pflegebedürftige Person möglichst lange Zuhause wohnen bleiben kann und auch pflegende Angehörige oder Nachbarn von den Unterstützungsleistungen profitieren. „Leistungen der teilstationären Pflege und der Kurzzeitpflege gehen der vollstationären Pflege vor.“(1)
Paragraf 7a SGB XI: Pflegeberatung
Eine Pflegebedürftigkeit tritt oft unerwartet ein, sodass Sie als pflegender Angehöriger vielleicht gerade im Moment vor einem Berg an Fragen stehen. Genau dafür sieht das SGB XI die sogenannte „Pflegeberatung“ vor. Ein Pflegeberater soll bei der „Auswahl und Inanspruchnahme von bundes- oder landesrechtlich vorgesehenen Sozialleistungen sowie sonstigen Hilfsangeboten“ helfen. Am Ende der Beratung stehen eine systematische Erfassung und ein individueller Versorgungsplan, in dem alle Leistungen, die Sie oder der Pflegebedürftige brauchen, aufgeführt sind.(1)
In einer Pflegeberatung können Sie all Ihre Fragen darlegen. Sie haben sowohl als Pflegebedürftiger als auch als pflegender Angehöriger diesen Beratungsanspruch.
Paragraf 14 SGB XI: Begriff der Pflegebedürftigkeit
Da die Leistungen des SGB XI nur für pflegebedürftige Versicherte gelten, hat der Gesetzgeber in Paragraf 14 festgelegt, was unter einer Pflegebedürftigkeit zu verstehen ist. Erst wenn jemand wirklich als pflegebedürftig im Sinne des Gesetzes gilt, hat er Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung.(1)
Paragraf 15 SGB XI: Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit, Begutachtungsinstrument
Hinter den fünf Pflegegraden verbergen sich unterschiedliche Schweregrade der Pflegebedürftigkeit, denen auch unterschiedliche Leistungen aus der Pflegeversicherung gegenüberstehen. Für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit prüft ein Gutachter des Medizinischen Dienstes (auch bekannt unter dem Kürzel MDK) oder MEDICPROOF die häusliche Pflegesituation anhand eines Kriterienkatalogs: dem sogenannten Begutachtungsinstrument.(1)
Im Grundsatz lässt sich sagen: Je höher der Pflegegrad, desto umfangreicher das Leistungspaket der Pflegeversicherung.
Paragraf 36 SGB XI: Pflegesachleistung
Unter Pflegesachleistungen versteht das Gesetz alle Hilfen, die professionelle Pflegekräfte bei Pflegebedürftigen zu Hause leisten. Dabei ist es einerlei, ob Pflegebedürftige in ihrem eigenen Haus leben oder zum Beispiel im Haus ihrer Kinder. Pflegebedürftige können auch mit anderen Pflegebedürftigen in einer Wohngemeinschaft leben und gemeinsam Pflegesachleistungen in Anspruch nehmen.(1)
Paragraf 37 SGB XI: Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen
Wenn pflegebedürftige Menschen zuhause gepflegt werden, brauchen sie dafür nicht unbedingt professionelle Pflegefachkräfte. Vielleicht möchten deren Angehörige diese Hilfe selbst übernehmen. Wenn Angehörige die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung sicherstellen können, haben pflegebedürftige Personen Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung: das sogenannte Pflegegeld.(1)
Paragraf 37.3 SGB XI: Beratungseinsatz für Pflegegeld-Empfänger
Wenn pflegebedürftige Personen Pflegegeld beziehen, müssen sie ab Pflegegrad 2 Beratungseinsätze in der eigenen Häuslichkeit nach Paragraf 37 Abs. 3 in Anspruch nehmen. Durch die regelmäßige Beratung soll die Qualität der häuslichen Pflege gesichert und gestärkt werden. Zudem können durch das Gespräch mit einer Pflegefachkraft hilfreiche Tipps und individuelle Hilfestellungen gewonnen werden. Eine Beratung kann von jeder zugelassenen Pflegeeinrichtung sowie jeder anerkannten Beratungsstelle durchgeführt werden. Die Kosten für den Beratungseinsatz nach Paragraf 37.3 trägt hierbei die Pflegekasse.(1)
Die regelmäßigen Beratungseinsätze nach Paragraf 37.3 SGB XI sind ab Pflegegrad 2 verpflichtend. Sollten Sie sie versäumen, kann Ihnen andernfalls eine Kürzung oder im Wiederholungsfall sogar ein Entzug des Pflegegeldes drohen. Achten Sie deshalb auf die für Sie geltenden Fristen (siehe Tabelle).
Fristen für den Beratungseinsatz nach Paragraf 37.3 SGB XI
(Stand: 2023, (1))
Paragraf 38 SGB XI: Kombination von Geldleistung und Sachleistung
Vielleicht brauchen Versicherte gar nicht so viele Pflegesachleistungen, wie ihnen die Pflegeversicherung zuspricht, und vielleicht möchten auch deren Angehörige etwas für sie tun – dann können Pflegesachleistungen und (anteiliges) Pflegegeld kombiniert werden.
Beispiel: Eine pflegebedürftige Person mit Pflegegrad 2 nimmt Leistungen eines ambulanten Pflegedienstes im Wert von 579,20 Euro in Anspruch. Damit sind 80 Prozent der möglichen Pflegesachleistungen in Höhe von 724 Euro pro Monat bereits ausgeschöpft. In diesem speziellen Pflegefall kann noch 20 Prozent des Pflegegeldes von 316 Euro und somit 63,20 Euro gewährt werden.
Wenn Versicherte eine sogenannte Kombinationsleistung in Anspruch nehmen wollen, sind sie allerdings sechs Monate an diese Entscheidung gebunden.(1)
Paragraf 38a SGB XI: Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen
Wer überlegt, gemeinsam mit anderen älteren und pflegebedürftigen Menschen in eine Wohngemeinschaft zu ziehen, hat nach Paragraf 38a SGB XI möglichen Anspruch auf einen monatlichen Zuschlag von 214 Euro. Welche Voraussetzungen hierbei gelten, lesen Sie in unserem Ratgeber Senioren-WG. (1)
Paragraf 39 SGB XI: Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson
Wenn Sie einen Angehörigen oder eine nahestehende Person pflegen, dann ist das ein großer körperlicher und seelischer Einsatz. Der Gesetzgeber hat das erkannt und gesteht pflegenden Angehörigen Anspruch auf Erholungsurlaub zu. Auch wenn pflegende Angehörige einmal krank werden oder die Pflege aus anderen Gründen nicht leisten können, haben sie Anspruch auf die sogenannte Verhinderungspflege für bis zu sechs Wochen im Jahr. Der Anspruch gilt allerdings erst dann, wenn sie die Pflege mindestens sechs Monate geleistet haben und wenn der pflegebedürftige Versicherte Pflegegeld bezieht.(1)
Für die Verhinderungspflege durch einen Pflegedienst können jährlich 1.612 Euro bei der zuständigen Pflegekasse beansprucht werden. Das Gesetz lässt es zu, dass dieser Betrag zusätzlich mit der Hälfte des Betrages aus der Kurzzeitpflege nach Paragraf 42 SGB XI aufgestockt werden kann. Daraus ergibt sich eine jährliche Gesamtsumme in Höhe von 2.418 Euro für die Verhinderungspflege, die Ihnen damit unter Umständen zur Verfügung stehen.
Die Verhinderungspflege kann jedoch auch durch einen Angehörigen, Nachbarn oder sonstigen sogenannten Laienpfleger erfolgen. Der Betrag bei der Laienpflege ist dabei begrenzt auf das 1,5-fache Pflegegeld im jeweiligen Pflegegrad. Hierfür sind keine 1,5 Monate Verhinderungspflege erforderlich.
Die Beträge bei der Laienpflege können aufgestockt werden bis zu den Maximalbeträgen bei der professionellen Pflege für Unterkunft und Fahrtkosten des Laienpflegers. Also ist der Opa aus München der Verhinderungspfleger seines Enkels in Hamburg und entstehen ihm hierdurch Unterkunfts- und Fahrtkosten, so können ihm diese erstattet werden, soweit der Maximalbetrag bei der professionellen Verhinderungspflege nicht überschritten wird.

Paragraf 40 SGB XI: Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen
Als pflegebedürftiger Versicherter haben Sie Anspruch auf eine Versorgung mit sogenannten Pflegehilfsmitteln, die
- die Pflege erleichtern,
- Beschwerden lindern
- oder eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen.(1)
Außerdem unterstützt Sie die Pflegekasse bei sogenannten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen. Die jeweilige Wohnraumanpassung muss zugunsten des barrierefreien Wohnens sein. Darunter fallen beispielsweise Umbaumaßnahmen für ein barrierefreies Badezimmer oder für die Installation eines Treppenlifts. Je Gesamtmaßnahme gewähren Pflegekassen hierfür Zuschüsse bis zu 4.000 Euro.(1)
Paragraf 41 SGB XI: Tagespflege und Nachtpflege
Als Pflegebedürftiger haben Sie Anspruch auf Angebote der teilstationären Pflege. Dazu gehören Tages- und Nachtpflege. Als Voraussetzung wurde festgelegt, dass die häusliche Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt ist, weil die Pflegeperson auch noch einer Berufstätigkeit nachgeht oder zur Stärkung der häuslichen Pflege. (1)
Paragraf 42 SGB XI: Kurzzeitpflege
Wenn ein Pflegebedürftiger stationär in einem Krankenhaus versorgt werden muss, braucht er oft hinterher noch ein wenig intensivere Pflege, bevor er wieder zuhause leben und versorgt werden kann. Deshalb hat der Gesetzgeber den Anspruch auf sogenannte Kurzzeitpflege festgelegt, welche typischerweise in einem Pflegeheim in Anspruch genommen wird. Hierfür stehen dem pflegebedürftigen Versicherten jährlich 1.774 Euro zur Verfügung. Dieser Betrag kann noch verdoppelt werden, soweit man die Verhinderungspflege in demselben Jahr noch nicht verbraucht hat.(1)
Paragraf 43 SGB XI: Inhalt der Leistung – Vollstationäre Pflege
Die Versorgung in einem Pflegeheim heißt im Amtsdeutsch des Gesetzgebers „Pflege in vollstationärer Einrichtung“. Dieser Paragraf schreibt fest, welche Leistungen bis zu welcher Höhe dafür pro Monat von der Pflegekasse übernommen werden.(1)
Diese Leistung kann eine pflegebedürftige Person auch dann wählen, wenn ihre Pflege zuhause eigentlich weiter möglich wäre. Grundlage hierfür bietet das sogenannte Wahlrecht. Sollte die Person jedoch auch noch Leistungen der Hilfe zur Pflege vom Sozialamt benötigen, so entfällt dieses Wahlrecht. Dann kann die pflegebedürftige Person die Heimpflege nur beanspruchen, falls das Sozialamt die Notwendigkeit vollstationärer Pflege, die sogenannte „Heimnotwendigkeit“, feststellt.

Paragraf 44 SGB XI: Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegepersonen
Wenn Sie sich entscheiden, einen Angehörigen zu pflegen, dann sind Sie als pflegender Angehöriger auch während dieser Zeit sozial abgesichert. Die Pflegekasse übernimmt Beiträge zur Rentenversicherung, sichert Sie über eine Unfallversicherung ab und zahlt häufig auch Zuschüsse zu Ihrer Krankenversicherung (SGB V).(1)
Beiträge zu Ihrer Rentenversicherung zahlt die Pflegekasse, wenn Sie
- nicht erwerbsmäßig pflegen
- mindestens eine pflegebedürftige Person mindestens zehn Stunden pro Woche in deren Zuhause pflegen
- nicht mehr als 30 Stunden pro Woche einer anderen Arbeit nachgehen.
Beziehen Sie bereits Ihre volle Altersrente, so zahlt die Pflegeversicherung keine Beträge mehr in die Rentenversicherung ein. Diesen Zahlungsstopp können Sie jedoch verhindern, indem Sie die sogenannte Flexi-Rente nach § 42 SGB VI wählen. Danach ist es möglich, sich 99 Prozent der Rente auszahlen zu lassen und trotzdem weiter die vollen Rentenbeiträge der Pflegeversicherung zu erhalten. Sie bessern so Ihre Rente während des bereits laufenden Rentenbezugs auf.

Paragraf 44a SGB XI: Zusätzliche Leistungen bei Pflegezeit und kurzzeitiger Arbeitsverhinderung
Vielleicht stehen Sie gerade vor der Situation, dass Ihr naher Angehöriger plötzlich pflegebedürftig geworden ist und Sie ganz rasch eine Menge organisieren müssen. Sie brauchen jetzt eine kurzfristige Arbeitsfreistellung – die garantiert Ihnen dieser Paragraf. Sie dürfen bei einer akut aufgetretenen Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen bis zu zehn Tage von der Arbeit pro Jahr (ab 2024) fernbleiben.(1)
Wenn Sie sich entscheiden, Ihren Angehörigen zu pflegen, können Sie sich sogar bis zu sechs Monate von Ihrer Arbeit freistellen lassen (Pflegezeit) und in besonderen Fällen Ihre Arbeitszeit auf 15 Wochenstunden reduzieren (Familienpflegezeit).
Paragraf 45 SGB XI: Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen
Wenn Sie einen Angehörigen pflegen, brauchen Sie nicht nur Zeit und Kraft, sondern auch das nötige Pflegewissen. Deshalb haben Sie Anspruch auf kostenlose Schulungen und Pflegekurse.(1)
Paragraf 45a SGB XI: Definition der Anspruchsberechtigten
Nicht immer ist es nur die körperliche Einschränkung, die die Betreuung eines Pflegebedürftigen nötig macht. Manchmal kommt noch ein „erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung“ hinzu. Für alle Menschen mit anerkanntem Pflegegrad sieht der Gesetzgeber besondere Leistungen vor: sogenannte zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen.
Paragraf 45b SGB XI: Entlastungsbetrag
Wenn die Voraussetzungen von Paragraf 45a SGB XI erfüllt sind, können folgende Leistungen in Anspruch genommen werden:
- Tages- und Nachtpflege
- Kurzzeitpflege
- Allgemeine Anleitung und Betreuung
- Hauswirtschaftliche Versorgung
- Anerkannte niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote
Die Pflegekasse beteiligt sich an den Kosten für die oben genannten Leistungen mit 125 Euro pro Monat.(1)
Nimmt die pflegebedürftige Person solche Leistungen nicht regelmäßig monatlich in Anspruch, so kann sie diese auch ansparen. Die angesparten Beträge verfallen, soweit diese nicht bis zum 30. Juni des Folgejahres aufgebraucht werden. Mit dem angesparten Geld können zum Beispiel offene Restbeträge einer Kurzzeitpflege oder einer Verhinderungspflege gedeckt werden.

Paragraf 45c SGB XI: Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen
Das Betreuungsangebot für Menschen soll nachhaltig ausgebaut werden. Deshalb fördern die Pflegekassen den Auf- und Ausbau von anerkannten niedrigschwelligen Betreuungsangeboten.(1)
Paragraf 120 SGB XI: Pflegevertrag bei häuslicher Pflege
Wenn Sie von einem ambulanten Pflegedienst gepflegt werden möchten, dann gibt es auch für diese Beziehung eine konkrete Grundlage: den Pflegevertrag. Darin finden sich mindestens Art, Inhalt und Umfang der Leistungen einschließlich der mit den Kostenträgern vereinbarten Vergütung.(1)