Vollmachten und Verfügungen für den Ernstfall
Wenn man sich nicht selbst vertreten kann, etwa weil man im Koma oder Wachkoma ist oder Entscheidungen aus kognitiven Gründen nicht mehr treffen kann, muss diese Entscheidung jemand anderes übernehmen.
In der Theorie sind dies oft Ehepartner oder Kinder. Allerdings haben diese keine rechtliche Grundlage, Ihren Willen zu vertreten – es sei denn, Sie haben dies vorher schriftlich genau festgelegt. Haben Sie das nicht, kann es passieren, dass gerichtlich ein gesetzlicher Vertreter festgelegt wird. Das ist dann nicht selten eine völlig fremde Person, die über Ihren tatsächlichen Willen nur spekulieren kann.
Wofür sind die unterschiedlichen Vollmachten gut?
Ein einziges Dokument, in dem Sie einen Vertreter für alle Ihre Belange festlegen, reicht oft nicht aus. Unterschiedliche Verfügungen und Vollmachten erfüllen je einen anderen Zweck. Zu den wichtigsten Vollmachten und Verfügungen gehören die Folgenden:
- Patientenverfügung – die Patientenverfügung ist eine Anweisung für Ärzte und Ärztinnen. Sie regelt, welche medizinischen Maßnahmen sie im Notfall durchführen dürfen. Dazu zählen zum Beispiel Bluttransfusionen, Schmerzbehandlungen oder lebensverlängernde Maßnahmen.
- Vorsorgevollmacht – mit einer Vorsorgevollmacht beauftragen Sie eine oder mehrere Personen, rechtliche Entscheidungen für Sie zu treffen. Dazu zählen zum Beispiel das Abschließen und Auflösen von Verträgen und Ähnliches. Sie tritt ausschließlich dann in Kraft, wenn Sie diese Aufgaben nicht mehr übernehmen können. Die Entscheidung hierüber, ob dies der Fall ist, trifft ein Gericht.
- Betreuungsverfügung – die Betreuungsverfügung tritt nicht automatisch im Notfall ein, sondern erst, wenn ein Gericht bestimmt, dass Sie Ihre Belange nicht mehr selbst erledigen können. Wenn Sie in der Betreuungsverfügung einen gewünschten Betreuer genannt haben, kann das Gericht nur selten davon abweichen. Der Betreuer verwaltet zum Beispiel Ihr Vermögen und den Schriftverkehr mit Ämtern. In einigen Fällen kann er auch über Ihren Aufenthaltsort bestimmen, also ob Sie zuhause oder im Heim gepflegt werden, sofern Sie hierzu keine konkreten Wünsche hinterlegt haben.
- Testament – das Testament ist Ihr letzter Wille und tritt nur im Todesfall in Kraft. Regeln Sie hier zum Beispiel, wer Ihr Vermögen bekommt und wer sich um Ihre minderjährigen Kinder oder Haustiere kümmern soll. Ist kein Testament vorhanden, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft.
Finanzielle Vorsorge für das Alter
Vor allem die Pflegekosten für eine vollstationäre Pflege in einem Pflegeheim sind hoch. Nach Paragraf 43 SGB XI zahlt die Pflegeversicherung bei Pflegegrad 2 derzeit monatlich 770 Euro zum Platz in einem Pflegeheim dazu, bei Pflegegrad 5 sind es 2.005 Euro.(1) Die durchschnittlichen Heimkosten in Deutschland liegen jedoch nicht selten bei weit über 3.000 Euro – vor allem bei den Heimen mit einem höheren Anspruch.
Reicht die Rente nicht aus, kann ein Pflegebedürftiger zwar die Hilfe zur Pflege beantragen, der Sozialhilfeträger ist jedoch darum bemüht, die für ihn entstehenden Kosten möglichst gering zu halten. Das bedeutet zum einen, dass die Kosten für eine vollstationäre Pflege nur übernommen werden, wenn die Pflege nicht häuslich stattfinden kann, zum anderen aber auch, dass günstigere Heime bevorzugt werden.
Für eine größtmögliche Selbstbestimmung im Alter lohnt es sich daher, schon frühzeitig finanzielle Rücklagen fürs Alter aufzubauen und zum Beispiel mit verschiedenen Pflegezusatzversicherungen für die Pflege vorzusorgen. Im Folgenden finden Sie die verschiedenen Möglichkeiten zusammengefasst.
Der Pflege-Bahr: Die staatlich geförderte Pflegeversicherung
Der Pflege-Bahr ist ein finanzieller Zuschuss vom Staat über 5 Euro monatlich zu einer Versicherung, die Sie mit einem Versicherungsunternehmen abschließen. Diese muss eine Pflege-Tagegeld oder eine Pflege-Monatsgeld Versicherung sein und Sie müssen monatlich mindestens 10 Euro als Prämie einzahlen.
Die Versicherung muss für jeden Pflegegrad unterschiedliche Leistungen vorsehen. Außerdem darf der Gesundheitszustand des Versicherten beim Abschließen der Pflegeversicherung keine Rolle spielen – damit ist diese Art der Pflegeversicherung oft eine interessante Variante für Menschen mit Vorerkrankungen oder ältere Menschen. Zu beachten ist jedoch, dass die Wartezeit bis zur Beitragsauszahlung mindestens fünf Jahre beträgt. Einzige Ausnahme: Sie werden durch einen Unfall pflegebedürftig.
Versicherungen mit Pflege-Bahr: Vor- und Nachteile
Pflegetagegeldversicherung
Private Pflegetagegeldversicherungen agieren ähnlich wie die gesetzliche Pflegeversicherung. Sie zahlen einen Zuschuss je nach Pflegegrad. Zwar ist auch der Pflege-Bahr eine geförderte Pflegetagesgeldversicherung, ungeförderte Varianten haben jedoch andere Bedingungen und sind oft deutlich flexibler. Die Höhe der monatlichen Beiträge hängt in der Regel von Ihrem Gesundheitszustand, Ihrem Alter und dem Tarif ab.
Außerdem wird bei einer ungeförderten Pflegetagegeldversicherung die Beitragshöhe regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst. Steigt etwa die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen pflegebedürftig werden, weil auch die Lebenserwartung weiter ansteigt, kann sich das auf die Beiträge auswirken. Diese werden dann meistens erhöht.
Im Unterschied zur Pflegerente ist eine Pflegetagesgeldversicherung eine reine Risikoversicherung. Tritt die Pflegebedürftigkeit nicht ein, kündigen Sie die Versicherung oder sterben Sie vor dem Eintritt der Pflegebedürftigkeit, werden keine Leistungen gezahlt und die eingezahlten Beträge sind verloren.
Ein entscheidender Vorteil einer Pflegetagegeldversicherung: Die Leistungen sind im Pflegefall nicht zweckgebunden und richten sich nach dem Pflegegrad, nicht aber nach den tatsächlichen Kosten. Werden Sie also zuhause gepflegt, bekommen Sie eine Pauschale und Ihre Angehörigen müssen die tatsächlichen Kosten für die Pflege nicht nachweisen – das wirkt oft entlastend.
Pflegetagegeldversicherung: Vor- und Nachteile
Pflegekostenversicherung
Eine Pflegekostenversicherung ist eine private Pflegezusatzversicherung, welche die Versorgungslücke zwischen der gesetzlichen Pflegeversicherung und dem Eigenanteil schließen soll. Sie übernimmt daher im Pflegefall die tatsächlich anfallenden Pflegekosten je nach Vertrag ganz oder teilweise.
Besonderen Augenmerk sollten Sie hier auf die Bezeichnung „tatsächliche Kosten“ legen, denn die angefallenen Kosten für die Pflege müssen Sie oder Ihre Angehörigen nachweisen. Bei einer stationären Vollzeitpflege ist dies oft kein Problem, in der häuslichen Pflege entsteht hierdurch ein bürokratischer Aufwand.
Grundsätzlich gibt es zwei Varianten der Pflegekostenversicherung:
- Sie vereinbaren mit der Versicherung, dass die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung um einen bestimmten Prozentbetrag erhöht werden.
- Sie vereinbaren eine Obergrenze, bis zu der jährlich anfallende Kosten übernommen werden (komplett oder anteilig).
Je nach Konditionen und Ihrem späteren Pflegebedarf kann es also sein, dass die Kosten ganz von der Pflegekostenversicherung übernommen werden. Bei hoher Pflegebedürftigkeit kommt allerdings trotzdem ein Eigenanteil auf Sie zu.
Im Vergleich zu anderen Versicherungsformen hat die Pflegekostenversicherung den Vorteil, dass die Beiträge oft niedrig sind. Meistens sind sie niedriger, je früher Sie die Versicherung abschließen. Eine Kündigung sollten Sie sich allerdings genau überlegen. Denn bereits eingezahlte Beiträge gibt es dann in den meisten Fällen nicht zurück.
Pflegekostenversicherung: Vor- und Nachteile
Pflegerentenversicherung
Eine Pflegerentenversicherung kombiniert Sparvertrag und Versicherung für die finanzielle Vorsorge im Alter. Einen Teil der Prämien zahlen Sie in eine Kapitallebensversicherung ein, einen weiteren Teil sparen Sie an. Daraus ergibt sich im Pflegefall ein monatlicher Betrag oder aber eine Einmalzahlung, die Pflegerente. Wie hoch diese ausfällt, ist in vielen Fällen abhängig vom festgestellten Pflegegrad. Dabei sind die gezahlten Leistungen bei höheren Pflegegraden höher als bei niedrigen.
Weil die tatsächliche Beitragsleistung, also die Summe, schwanken kann, sind die vereinbarten Konditionen meistens in Prozent geregelt, etwa 25 Prozent bei Pflegegrad 1 und 100 Prozent bei Pflegegrad 5. Stabil bleiben jedoch Ihre Beitragszahlungen. Diese sind dauerhaft garantiert. Ist es bei Ihnen finanziell einmal eng, können Sie außerdem Beiträge aussetzen.
Die schwankende tatsächlich ausgezahlte Summe der Beiträge hängt mit den Entwicklungen am Kapitalmarkt zusammen. Bei einer Pflegerentenversicherung zahlen Sie in einen Fonds ein, der mit Wertpapieren und Devisen handelt. Je nachdem, wie der Markt sich entwickelt, kann die Leistung im Pflegefall dementsprechend deutlich höher oder niedriger ausfallen als bei Vertragsabschluss angenommen.
Weil die Leistungen an den Pflegegrad und nicht an die Pflegekosten gebunden sind, kann das ausgezahlte Geld auch ohne Probleme oder zeitraubende Nachweise für die häusliche Pflege eingesetzt werden.
Einige Pflegerentenversicherungen haben zusätzliche attraktive Konditionen. Sie zahlen zum Beispiel auch, wenn Sie einen niedrigen Pflegegrad haben oder zahlen die Beiträge im Todesfall an Ihre Hinterbliebenen aus.
Pflegerentenversicherung: Vor- und Nachteile
Rücklagen für die finanzielle Absicherung im Alter
Vielleicht erscheint es Ihnen sinnvoller, gar keine Pflegezusatzversicherung abzuschließen, sondern für den Fall einer Pflegebedürftigkeit Geld zurückzulegen. Wie viel müssen Sie sparen? Berechnungen einiger Krankenkassen ergeben, dass ein Pflegebedürftiger mit Pflegegrad 3 rund 20.000 Euro pro Jahr selbst aufbringen muss, um alle Kosten für seine Pflege zu bestreiten.
Passende Pflegezusatzversicherungen an Fallbeispielen
So unterschiedlich wie die jeweilige persönliche Situation, so verschieden sind auch die Versicherungen. Ihre Entscheidung für ein Modell ist weitreichend. pflege.de hat ein paar Tipps anhand von Fallbeispielen für Sie.
„Ich möchte mich später häuslich pflegen lassen“
Bei häuslicher Pflege sollten Sie darauf achten, dass die Leistungen Ihrer Pflegeversicherung später nicht zweckgebunden sind. Auf diese Weise lässt sich einfach auch die Arbeit der pflegenden Angehörigen honorieren und Sie müssen die tatsächlich anfallenden Kosten nicht noch mit hohem administrativem Aufwand nachweisen. Pflegezusatzversicherungen, deren Leistungen nicht zweckgebunden sind, sind zum Beispiel Pflegerentenversicherungen und einige Pflegetagegeldversicherungen.
„Ich habe keine Angehörigen, die mich pflegen könnten“
In diesem Fall kommen für Sie auch Versicherungen infrage, die nur tatsächliche Kosten begleichen. Beachten sollten Sie, dass die Kosten für die Pflege in stationären Einrichtungen, aber auch in der häuslichen Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst oft hoch ausfällt. Sind Sie derzeit noch weit von der Pflegebedürftigkeit entfernt und kommen Sie mit den Wartezeiten von etwa ein bis drei Jahren klar, sollten Sie sich über eine Pflegekostenversicherung genauer informieren. Beachten Sie hier jedoch, dass diese nicht immer bei niedrigen Pflegegraden zahlen.
Selbstverständlich können Sie sich auch bei stationärer Pflege für eine Zusatzversicherung entscheiden, deren Beiträge nicht zweckgebunden sind. Das sind Pflegetagesgeld und Pflegerentenversicherungen.
„Ich bin über 50 und habe es bisher versäumt, mich um die Pflegeversicherung zu kümmern“
Um die Versorgungslücke größtmöglich zu schließen und trotzdem keine hohen Beiträge zu zahlen, sollten Sie über den Abschluss einer Pflegetagesgeldversicherung mit dem staatlichen Zuschuss Pflege-Bahr nachdenken. Hier erwartet Sie weder eine Altersgrenze, noch eine Gesundheitsprüfung. Sind Sie finanziell gut gestellt und können sich auch höhere monatliche Beiträge leisten, kommt auch eine Pflegerentenversicherung infrage. Sie hat den Vorteil, dass sich Ihre Leistungen je nach Situation am Kapitalmarkt schnell erhöhen können.
„Ich habe Vorerkrankungen, die mein Pflegerisiko erhöhen“
Bei einer Versicherung, die eine Gesundheitsprüfung voraussetzt, kommen vermutlich hohe Risikoaufschläge bei der Beitragszahlung auf Sie hinzu. Das kommt aber auch auf die Art Ihrer Vorerkrankung an. Bei Bluthochdruck haben Sie gute Chancen, eine Pflegetagegeldversicherung oder Pflegekostenversicherung mit guten Leistungen zu bekommen. Bei Diabetes oder einem Schlaganfall gestaltet sich die Situation komplizierter. Bei dem Pflege-Bahr entfällt jegliche Gesundheitsprüfung. Die Leistungen sind jedoch vergleichsweise gering. Holen Sie daher gerne verschiedene unverbindliche Angebote von unterschiedlichen Zusatzversicherungen ein, bevor Sie zu dieser Lösung greifen.
„Ich bin noch jung und meine finanzielle Situation schwankt“
Wenn Sie noch im Studium sind, Ihr Beruf von Saisonarbeit geprägt ist oder Ihre finanzielle Situation ansonsten nicht linear verläuft, kann das Aussetzen oder flexible Anpassen der Beiträge für Sie wichtig sein. Damit fallen Pflege-Bahr und viele private Pflegetagegeldversicherungen weg, es sei denn, Sie zahlen nur den Mindestbetrag von 10 Euro. Bei Pflegekostenversicherungen sind die Beiträge oft niedrig und deshalb auch mit knappen Einkommen manchmal finanzierbar. Pflegerentenversicherungen sind oft besonders flexibel und erlauben nicht selten auch, dass Sie einige Monate ganz mit der Zahlung aussetzen, ohne dass Ihr Anspruch verfällt.
Fazit: Gut vorgesorgt zu haben bedeutet unbeschwerter Leben
Es bedarf oft etwas Überwindung, sich mit dem Thema einer eventuellen zukünftigen Pflegebedürftigkeit auseinanderzusetzen. Vor allem in jungen Jahren schiebt man das Thema noch lange vor sich her. Wer aber gut vorsorgt und auf Eventualitäten vorbereitet ist, kann sorgenfreier und zuversichtlicher in die Zukunft blicken und so auch die aktive Zeit ohne Pflege besser genießen.