Parodontose/Parodontitis: Definition
Parodontitis (umgangssprachlich wird synonym von Parodontose gesprochen) ist eine bakterielle Entzündung des Zahnhalteapparates. Unter dem Zahnhalteapparat werden alle anatomischen Strukturen zusammengefasst, die die Zähne im Knochen verankern. Zum Zahnhalteapparat gehören
- Zahnfleisch
- Knochen
- Wurzelzement
- Haltefasern
Eine Parodontitis beginnt in jedem Fall mit einer Zahnfleischentzündung (sog. Gingivitis), die verursacht wird von Bakterien aus dem Zahnbelag (sog. Plaque). Bleibt die Entzündung des Zahnfleisches unbehandelt, greift sie über auf den Zahnhalteapparat. Durch die permanente Entzündung baut sich der Kieferknochen ab, sodass sich Zähne lockern. Langfristig kann es so zu Zahnausfall kommen und Zahnersatz notwendig werden. Neben dem Abbau von Knochen kommt es zum Zahnfleischrückgang, der die empfindlichen Zahnhälse freilegt.
Parodontose/Parodontitis: Ursachen
Die Ursachen von Parodontitis sind vielfältig. In jedem Fall handelt es sich um eine bakteriell verursachte Erkrankung, die u. a. durch die individuelle Lebensführung der Betroffenen begünstigt wird. Nicht zuletzt spielen die Gene eine Rolle: Die genetische Veranlagung ist ein bedeutender Faktor, ob es zum Ausbruch der Krankheit kommt.
Faktoren, die eine Parodontitis begünstigen, sind:
- Bakterien in Zahnbelägen
- Zahnfleischentzündungen
- mangelnde Mund- und Zahnhygiene
- Zähneknirschen
- bestimmte Krankheiten (bspw. Diabetes)
- Stress
- Depressionen
- Rauchen
- Fettleibigkeit
- genetische Veranlagung
- schwaches Immunsystem
Auch viele Krankheiten im Alter bergen das Risiko einer Parodontitis: So kann das Verständnis für das tägliche Zähneputzen von jemanden mit Demenz möglicherweise eingeschränkt sein.
Als ausgebildeter Homöopath und examinierter Zahnmediziner vertrete ich die Ansicht, dass jeder Zahn mit einem Organ verbunden ist. Sind Zähne und Zahnfleisch nicht gesund, kann uns das anfälliger für weitere Krankheiten machen und sich auf unsere Allgemeingesundheit auswirken.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass ein Zusammenhang zwischen Zahnerkrankungen und chronisch-systemischen Erkrankungen besteht: Parodontitis-Patienten erkranken um ein Vielfaches häufiger an Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Außerdem konnte in den letzten Jahren ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und Demenz festgestellt werden.
Um neben der Mundgesundheit also auch die Allgemeingesundheit zu erhalten, ist es wichtig, dass Patienten die Parodontitisbakterien durch zahnärztliche und tägliche Mundhygiene reduzieren.

Parodontitis hat eine negative Wirkung auf die Allgemeingesundheit
Eine unbehandelte Parodontitis fordert das Immunsystem auf Dauer heraus. Der Körper hat permanent mit einer Entzündung zu kämpfen. Die Bakterien und Entzündungsstoffe können in den Blutkreislauf gelangen und so weitere Schäden im Körper verursachen. Erreger und Stoffe, die mit der Entzündung in Zusammenhang stehen, können sich auch auf die Allgemeingesundheit auswirken. Beispielsweise besteht ein Zusammenhang zwischen Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte, weil die Bakterien und Entzündungsstoffe Arterienverkalkung begünstigen können. Im fortgeschrittenen Stadium können gelockerte Zähne zur Folge haben, dass die Ernährung umgestellt werden muss und es ggf. zu einer Mangelernährung kommt.
Neben der Auswirkung auf die Allgemeingesundheit kann es bei einer Parodontose/Parodontitis zu negativen Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Erkrankungen kommen. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass es eine solche Wechselwirkung zwischen Parodontitis und Diabetes gibt. Auf der einen Seite erkranken Diabetiker leichter an Parodontitis. Auf der anderen Seite reduziert die Parodontitis als Entzündung im Körper die Wirkung von Insulin. Insulin ist ein wichtiger Baustein zum Abbau des Zuckers im Körper. Somit erschwert eine Parodontitis die richtige Einstellung des Blutzuckers (siehe Quelle 1).
Ist Parodontitis ansteckend?
Weil es sich bei der Parodontitis um eine bakteriell verursachte Erkrankung handelt, ist sie ansteckend. Beispielsweise können die Erreger beim Küssen oder Teilen von Trinkflaschen übertragen werden. Allerdings führt die Übertragung noch nicht zwangsläufig zum Ausbruch der Erkrankung: Ein gesundes Immunsystem und die richtige Zahnhygiene können den Ausbruch der Krankheit oftmals verhindern. In der Regel sind dafür die oben genannten Risikofaktoren maßgeblich.
Parodontose/Parodontitis: Symptome
Es gibt Anzeichen, die im frühen Stadium auf eine Entzündung des Zahnhalteapparates hinweisen. Wenn Betroffene über geschwollenes, druckempfindliches und blutendes Zahnfleisch sowie Mundgeruch klagen, ist bereits von einer bakteriellen Entzündung auszugehen. Jede Entzündung im Körper sollte beachtet und behandelt werden. Denn unbehandelt breitet sich eine solche Entzündung meist aus und verschlimmert die Symptome.
Wenn kalte oder heiße Speisen und Getränke für Schmerzen im Mund sorgen, liegen oftmals die empfindlichen Zahnhälse frei. Sie können Folge von stressbedingtem Zähneknirschen sein – oder aber auf den Beginn einer Parodontitis hinweisen. Wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie möglicherweise freiliegende Zahnhälse haben, wenden Sie sich an Ihren Zahnarzt.
Im fortgeschrittenen Stadium kann die Entzündung zu gelockerten Zähnen führen. Die schlimmste Folge einer Parodontitis ist, dass Zähne ausfallen. Grund dafür sind drei Faktoren:
- Knochen: Der Knochen bildet sich aufgrund der dauerhaften Entzündung zurück und bietet dem Zahn weniger Halt.
- Zahnfleisch: Weil die Knochensubstanz abnimmt, zieht sich auch das Zahnfleisch zurück (sog. Zahnfleischrückgang).
- Zahnfleischtasche: Es entsteht eine Tasche zwischen Zahnfleisch und Zahn, wodurch der Zahn nicht mehr so fest vom Zahnfleisch gehalten wird.
Die Symptome einer Parodontitis im Überblick
- gerötetes und/oder geschwollenes Zahnfleisch
- blutendes Zahnfleisch
- Schmerzen an den betroffenen Stellen
- freiliegende und empfindliche Zahnhälse bzw. Rückgang des Zahnfleisches
- Mundgeruch / schlechter Geschmack im Mund
- lockere Zähne
- Zahnverlust
Parodontitis: Diagnose
Diagnose einer Parodontitis: Vorsorgeuntersuchung für das Zahnfleisch – der PSI
Beim sog. PSI (parodontalen Screening Index) handelt es sich um eine Vorsorgeuntersuchung für das Zahnfleisch, mit der Parodontitis frühzeitig erkannt und behandelt werden kann. Mithilfe einer Spezialsonde mit stumpfer Spitze kann Ihr Zahnarzt den PSI erheben.
Die Messung des PSI dauert wenige Minuten und ist i. d. R. schmerzfrei. Dabei achten Zahnmediziner auf folgende Hinweise:
- Taschentiefe: Gibt es eine Zahnfleischtasche? Wenn ja, wie tief ist die Zahnfleischtasche?
- Zahnfleischbluten: Blutet das Zahnfleisch, wenn der Zahnarzt mit der Sonde am Zahnfleischsaum entlangfährt?
- Oberfläche: Gibt es Auflagerungen auf den Zähnen, sog. Zahnstein?
Das Ergebnis wird mittels des sog. PSI-Code auf einer Skala von 0 bis 4 dokumentiert. Weil Parodontitis nicht im gesamten Mund vorkommen muss, wird das Gebiss in sechs Bereiche unterteilt, die der Zahnarzt nacheinander prüft. Er notiert dann den jeweils höchsten Wert.
- Code 0: gesunde Verhältnisse – kein Zahnfleischbluten, kein Zahnstein, geringe Taschentiefe
- Code 1: Hinweis auf Zahnfleischentzündung – Zahnfleisch blutet bei Sondieren, kein Zahnstein, geringe Taschentiefe
- Code 2: Hinweis auf Zahnfleischentzündung – Zahnfleisch blutet bei Sondieren, zusätzlich Zahnstein auf den Zähnen
- Code 3: Hinweise auf mittelschwere Parodontitis – Zahnfleischbluten, Zahnstein, tiefe Zahnfleischtaschen
- Code 4: Hinweise auf schwere Parodontitis – Zahnfleischbluten, Zahnstein, tiefe Zahnfleischtaschen
Beispiel: Im ersten Abschnitt im Gebiss kommt es beim Sondieren an einer Stelle zu leichtem Zahnfleischbluten. Der Zahnarzt stellt aber keinen Zahnstein oder tiefe Zahnfleischtasche fest. Für diesen Abschnitt notiert er Code 1.
Durch die Unterteilung in sechs Abschnitte lässt sich festhalten, wie gesund das Zahnfleisch an verschiedenen Stellen ist. Auch Verbesserungen oder Verschlechterungen der Zahnfleischgesundheit sind über die Zeit hinweg ersichtlich.
Diagnose einer Parodontitis: bildgebendes Verfahren – das Röntgenbild
Weist der PSI auf eine Parodontitis hin, kann sich der Zahnarzt zusätzlich mit Röntgenbildern absichern und so die sichere Diagnose Parodontitis stellen.
Da Betroffene die Speisereste aus den Zahnfleischtaschen nicht mehr herausputzen können, bildet sich oftmals Zahnstein unterhalb des Zahnfleischrandes. Zahnmediziner sprechen von sog. Konkrementen, die auf Röntgenbildern aussehen wie kleine Dornen am Zahn.
Weitere Tests bei Verdacht auf Parodontitis
Zahnbeweglichkeit: Durch den Abbau des Knochens und das Loslösen des Zahnfleisches lockern sich die Zähne. Der Zahnarzt kann die sog. statische und dynamische Zahnbeweglichkeit überprüfen.
Bei der statischen Zahnbeweglichkeit überprüft der Zahnarzt mit den Fingern oder einer Pinzette, wie weit sich der betroffene Zahn bewegen lässt.
Die dynamische Beweglichkeit gibt Auskunft darüber, wie gut die Zähne einwirkende Kräfte abbremsen, die z. B. beim Kauen einwirken. Für diese Messung benötigt der Zahnarzt ein spezielles Messgerät, das sog. Periotest-Gerät.
Labortests: Insbesondere dann, wenn eine Parodontitis-Behandlung nicht anschlägt, werden Labortests durchgeführt, um die Bakterien zu bestimmen. So lässt sich unter dem Mikroskop abklären, ob die typischen Erreger im Zahnplaque vorhanden sind.
Parodontitis: Behandlung
Die zahnärztliche Behandlung einer Parodontitis erfolgt in drei Schritten.
- Vorbehandlung: Dem Patienten wird vermittelt, wie seine eigene Mundhygiene aussehen sollte. Er wird angeleitet, die Zahn- und Mundpflege effizient durchzuführen. Mit dieser Maßnahme soll gewährleistet werden, dass der Patient bakterielle Zahnbeläge täglich selbst möglichst vollständig entfernt. Außerdem werden Beläge und sog. irritierende Faktoren vom Zahnarzt entfernt (z. B. überstehende Füllungsränder, Karies). Im fortgeschrittenen Verlauf werden ggf. nicht erhaltungswürdige Zähne gezogen oder Wurzelkanäle gefüllt.
- systematische Parodontitistherapie: Diese Therapie ähnelt einer professionellen Zahnreinigung. Weil es sich um eine bakterielle Entzündung handelt, müssen die Bakterien entfernt werden. Die Zahnfleischtaschen, in denen sich ungehindert Bakterien und Speisereste sammeln, werden professionell vom Zahnarzt gereinigt. Es wird vom sog. geschlossenen Verfahren gesprochen, weil das Zahnfleisch nicht aufgeschnitten werden muss. Mitunter wird Parodontitis auch mit einer Laser-Therapie behandelt.
- Nachbehandlung/unterstützende Parodontitistherapie: In regelmäßigen Abständen, die sich nach dem Schweregrad der Erkrankung richten, werden Zähne und Zahnfleisch vom Zahnarzt kontrolliert, die Tiefe der Zahnfleischtaschen gemessen und Beläge entfernt. Zur Unterstützung gehören auch Empfehlungen für die tägliche Zahnpflege.
Formen von Parodontitis: Neue Klassifikation nach Graden und Stadien
2018 wurde eine neue Klassifikation parodontaler Erkrankungen wissenschaftlich erarbeitet und verabschiedet. Nach dieser Klassifikation gibt es keine Unterscheidung mehr zwischen aggressiver Parodontitis (schnellere Form, rascher Knochenabbau und Entstehung von Zahnfleischtaschen) und chronischer Parodontitis (langsamere Form).
Die Klassifikation erfolgt heute nach Graden (Grad A bis C) und Stadien (Stadium 1 bis 4) (siehe Quelle 3). Je höher der Buchstabe bzw. die Zahl, desto weiter ist die Parodontitis fortgeschritten, ähnlich wie bei der Einstufung des Pflegegrads.
Checkliste: Parodontose/Parodontitis vorbeugen
Um einer Parodontitis vorzubeugen, können Sie selbst aktiv werden.
- tägliche Mundhygiene: Putzen Sie mind. zweimal täglich gründlich Ihre Zähne. Reinigen Sie Zahnzwischenräume idealerweise täglich mit Zahnseide oder Dentalbürsten, um Speisereste und Bakterien gründlich zu entfernen.
- regelmäßige Kontrollen beim Zahnarzt: Um es gar nicht erst zur Parodontitis kommen zu lassen, sollten Sie regelmäßig (zweimal jährlich) zum Zahnarzt gehen. Ihr Zahnarzt kann mit der Messung des sog. PSI (parodontaler Screening Index) Ihre Zahnfleischgesundheit überprüfen.
- Risikogruppe Raucher: Verzichten Sie Ihrer Mund- und Zahngesundheit zuliebe auf Nikotinkonsum.
- gesunde Ernährung: Mit einer ausgewogenen Ernährung beugen Sie eine Mangelernährung vor und halten ihr ideales Körpergewicht. Eine gesunde Ernährung wirkt sich zudem auch positiv auf die Zahngesundheit aus.
- Stress vermeiden: Vermeiden Sie nach Möglichkeit Stress. Er kann z. B. zu Zähneknirschen führen, der das Freilegen der Zahnhälse begünstigt.