Beschäftigung für Demenzkranke
Menschen, die an Demenz erkrankt sind, haben Probleme, ihre gewohnten, alltäglichen Aufgaben zu meistern. Sie machen „Fehler“, weil sie Dinge nicht mehr genau wissen oder Handlungen nicht mehr ausführen können. Manchmal trauen sie sich aber auch selbst nichts mehr zu und ziehen sich zurück. Jede gute Pflege und Betreuung weiß deshalb, wie wichtig Beschäftigung für Demenzkranke ist.
Beschäftigung bei Demenz: Vorsicht vor Überforderung
Wenn Sie sich als pflegender Angehöriger fragen, wie Sie Ihren demenziell erkrankten Angehörigen gezielt beschäftigen können, müssen Sie behutsam und individuell vorgehen. Nicht alle Beschäftigungen eignen sich für jeden Betroffenen und jedes Stadium der Demenz gleich gut. Je fortgeschrittener die Demenz ist, desto sensibler müssen Sie auf die Einschränkungen eingehen. Während bei einer leichten Demenz Gedächtnisspiele durchaus sinnvoll sind und noch Spaß machen, können sie bei einer mittelschweren Demenz zu erheblicher Verunsicherung führen. Da werden dann einfachste Sprichworte nicht mehr erinnert, das Versagen führt beim Erkrankten zu großer Enttäuschung, oft auch zu Scham und zum Rückzug. Genau das gilt es zu vermeiden.
5 Regeln für die Beschäftigung bei Demenz
- Beachten Sie das Stadium der Demenz: Wie weit ist die Demenz fortgeschritten? Was kann der Betroffene noch, was schon nicht mehr?
- Berücksichtigen Sie persönliche Vorlieben und Abneigungen, denn die Beschäftigung sollte Spaß machen. Nicht jeder Mensch bastelt gern und nicht jede ältere Frau möchte sich noch mit Hausarbeit beschäftigten.
- Respektieren Sie die Entscheidung des Demenzkranken. Lassen Sie es zu, wenn der Erkrankte gar nicht beschäftigt werden möchte, sondern Ihnen vielleicht einfach nur zuschaut, wenn Sie etwas erledigen oder ihm etwas vorlesen.
- Akzeptieren Sie es, wenn der Erkrankte eine Beschäftigung ablehnt, die er sonst immer gern gemacht hat. Vielleicht ist es Zeit für etwas Neues.
- Tolerieren Sie „Fehler“. Schimpfen Sie nicht, wenn etwas nicht klappt und drängen Sie auch nicht auf eine Wiederholung oder das Erreichen von Zielen.
Beschäftigung bei Demenz: Viele Möglichkeiten für gemeinsame Momente im Alltag
Wenn Sie überlegen, welche Beschäftigung für Ihren an Demenz erkrankten Angehörigen in Frage kommen könnte, dann gibt es eine Inspirationsquelle. Und zwar die Qualitätsrichtlinien für Betreuungskräfte nach §§ 43b, 53c SGB XI. Dort werden Beschäftigungen aufgezählt, die Betreuungskräfte im Rahmen der zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen anbieten können – und das können Sie bestimmt auch:
- Malen und Basteln, handwerkliche Arbeiten und leichte Gartenarbeiten
- Kochen und Backen
- Erinnerungsalben anfertigen (sog. „Erinnerungspflege“)
- Spaziergänge und Ausflüge
- Lesen und Vorlesen
- Musik hören, Musizieren, Singen
- Bewegung und Tanzen
Hobby und Haushalt
Hobbys wie Basteln oder Gartenarbeit lassen sich leicht durchführen, wenn Ihr Angehöriger das schon früher gerne mochte oder immer machen wollte, aber nie die Zeit dafür fand. Haushaltstätigkeiten sind ebenso kein Problem, da der Betroffene ja in einem Haushalt lebt, so dass Sie ihm einzelne Aufgaben übergeben können. Allerdings müssen Sie darauf achten, dass sich der Demenzkranke nicht verletzt, etwa an spitzen Scheren oder Messern. Und natürlich sollte die Beschäftigung ihn auch nicht überfordern, was gerade bei Gartenarbeiten schnell passieren kann.
Nehmen Sie sich deshalb Zeit, wenn Sie wissen, dass Ihr demenzkranker Angehöriger gern helfen möchte, und akzeptieren Sie seine nachlassenden Fähigkeiten. Setzen Sie weder ihm noch sich selbst ein konkretes Ziel. Machen Sie aus der Beschäftigung einfach die Gestaltung gemeinsamer Zeit – ganz ohne Leistungsdruck und konkretes Ergebnis.
Beispiele für kreative und hauswirtschaftliche Beschäftigungen:
- Arbeiten mit Wolle oder Stoff
- Knöpfe sortieren
- Wäsche zusammenlegen („Socken-Memory“)
- Saisonale Fensterdeko basteln
- Arbeiten mit Holz, Umgang mit Werkzeug
- „Bürotätigkeiten“ wie Papier sortieren lassen, buntes Papier lochen
Lesen und Vorlesen
Gerade bei fortschreitender Demenz fällt es vielen Betroffenen schwer, noch selbst zu lesen. Umso lieber mögen sie es, wenn ihnen vorgelesen wird.
Sie als pflegender Angehöriger oder als Alltagsbegleiter können entweder aus speziellen Büchern oder einfach aus der Tageszeitung oder aus Zeitschriften, die der Demenzkranke früher selbst gerne gelesen hat, vorlesen. Beachten Sie beim Vorlesen aber folgende Rahmenbedingungen:
- Sorgen Sie für eine ruhige Umgebung (kein Radio, kein Fernsehen im Hintergrund).
- Sprechen Sie langsam, deutlich und laut genug.
- Nehmen Sie kurze Texte oder nur einzelne Kapitel, damit Ihr Zuhörer Ihnen auch folgen kann.
- Achten Sie bei der Textauswahl darauf, dass Sie keine schweren Themen berühren. Daher sollten z. B. Kriegserinnerungen, dramatische oder furchterregende Fantasy-Thriller tabu sein, denn das kann Kriegstraumata wieder wachrufen oder Ängste schüren.
- Wählen Sie eher heitere Geschichten aus, die vielleicht zur Kinder- oder Jugendzeit Ihres Angehörigen passen.
- Sprechen Sie über das Gehörte, stellen Sie Fragen („Kennst Du das auch?“ – „War das früher bei Euch auch so?“)
Musik, Tanzen und Bewegung
Gezielte körperliche Bewegung kann sich bei Demenz durchaus positiv auswirken. Allein Musikhören ist für viele Menschen mit Demenz ideal, denn bekannte Schlager aus der Jugendzeit stimulieren fröhliche Erinnerungen, können sogar bei Depression helfen und die Stimmung aufhellen. Bekannte Lieder zu singen oder sogar dazu zu musizieren oder den Takt zu schlagen – das funktioniert selbst dann, wenn der Betroffene nicht mehr sprechen kann. Da das Langzeitgedächtnis bei einer Demenz am längsten erhalten bleibt, können auch Liedtexte und -melodien aus der Kinder- und Jugendzeit noch lange abgerufen werden.
Beim Tanzen und gemeinsamen Singen stellt sich schnell ein Gemeinschaftsgefühl ein. Der Isolation und dem Rückzug wird so Einhalt geboten. Und selbst wer die Liedtexte nicht mehr genau kennt, kann noch mitsummen oder mitschunkeln und so teilnehmen.
Als musikalische und motorische Beschäftigungsmöglichkeiten bieten sich an:
- Gemeinsames Musizieren mit einfachen Instrumenten
- Bekannte Lieder singen, evtl. mit Gitarrenbegleitung
- Gemeinsam vertraute Musik hören
- Sich gemeinsam zu Stimmungsliedern bewegen (schunkeln, tanzen usw.)
- Sitzgymnastik mit Hintergrundmusik
- Regelmäßige Spaziergänge
Erinnerungspflege

Die Erinnerung an Ereignisse und Beziehungen von früher tut vielen Demenzkranken gut, weswegen man die sog. „Erinnerungspflege“ bei vielen Demenzkranken praktiziert. Wenn sich Menschen mit Demenz an Beziehungen mit lieben Menschen oder lebensgeschichtliche Ereignisse erinnern, trägt dies zu ihrem Wohlbefinden bei und sie fühlen sich wieder stärker in ihrer Identität. Stellen Sie als Pflegender oder Angehöriger konkret Fragen zu Kindheit oder Jugend, beispielsweise zu zeitgeschichtlichen Ereignissen aus der Kindheit oder Jugend des Demenzkranken. Sie sollen den Demenzkranken motivieren, sich an Erlebnisse zu erinnern und Geschichten von früher zu erzählen. Parallel dazu können Sie auch in Fotoalben von früher blättern, dem Demenzkranken Fragen stellen, oder selbst gemeinsam Alben oder eine Erinnerungskiste anfertigen.
Sinneserfahrungen und Berührungen
Neben der Erinnerung ist die Berührung an sich ein unverzichtbarer Bestandteil des menschlichen Lebens. Menschen mit Demenz, die über Worte und Gesten nur noch schwer zu erreichen sind, können auch durch Berührung aktiviert werden und man kann daraus wiederum Beschäftigungen und Spiele ableiten.
Beispiele:
- Massagen mit Igelbällen
- Sinnesspiele: Kleine Gegenstände in einem Kirschkernsack suchen lassen
- Unterschiedliche Materialien in einer zugedeckten Kiste erfühlen lassen
- Gewürze riechen lassen und damit die Erinnerung aktivieren
- Barfußpfade, Sinnesgärten u. ä.
Spiele für Demenzkranke
Es gibt Spiele, die speziell für Demenzkranke entwickelt wurden. Sie sollen gezielt motorische Fähigkeiten trainieren, den Spaß am Raten und am modernen Gedächtnistraining wecken. In den letzten Jahren sind immer mehr solcher Demenzspiele auf den Markt gekommen, die meistens auf Erinnerungsvermögen, Motorik und Rätseln abzielen (s. u.).
Daneben können Sie Ihren demenzkranken Angehörigen aber auch mit herkömmlichen Spielen und ggf. angepassten Spieregeln herausfordern und beschäftigen. Am besten eignen sich dazu Spiele, die von Kindheit an vertraut sind, wie Würfelspiele oder Mensch ärgere Dich nicht. Passen Sie die Spielregeln dabei unbedingt auf die Demenz-Symptome an und variieren Sie sie.
Spiele für Senioren mit Demenz: eine kleine Auswahl
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Vertellekes – das neue Spiel
Am Tisch sitzen und Geschichten erzählen – Das ist die Grundidee dieses Spiels. Spielplan und -karten liefern die Impulse fürs Gespräch. Es geht um Rätselraten, Wortsammlungen und Redensarten. Das Spiel „Vertekelles“ ist sehr beliebt und kostet rund 80 Euro.
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Bunte Mischung

168 Spielkarten und schon können Sie mit Ihrem demenzkranken Angehörigen loslegen: Zu Themen wie Natur, Damals, Zu Hause, Bewegung oder Rätseln werden Fragen gestellt, Lieder gesungen oder Gymnastikaufgaben gestellt.
Das Kartenspiel „Bunte Mischung“ kostet ca. 30 Euro, es gibt zwei Bände, die aber unabhängig voneinander sind.
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Erinnere Dich – Memory
Ein Memory-Spiel mit großen Karten und leicht erkennbaren Bildern – so gelingt das Anfassen und Aufdecken leicht. Auf den Karten finden sich bekannte Gegenstände, die – wie bei jedem Memory – paarweise auftreten. Doch das Sammeln ist nur ein Ziel. Genauso wichtig ist es auch, dass die Karten zum Erzählen anregen. Die Kosten für das Memory „Erinnere Dich“ liegen bei ca. 35-40 Euro.
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Groß-Puzzles: 6 Motive für die Aktivierung von Demenzkranken
Einfache Puzzles mit gerade mal vier Teilen je Motiv machen das Zusammenfügen leicht. Die Motorik wird trainiert, ein hübsches Bild entsteht und ganz nebenbei entspannt sich ein Gespräch, über Damals und Heute, über heitere Erinnerungen aus der Familiengeschichte. Die Groß-Puzzles kosten um die 30 Euro.
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Tablet für Demenzkranke
Neben Brettspielen und Puzzles gibt es inzwischen auch Anbieter von Tablets, die speziell auf die Beschäftigung von Demenzkranken ausgerichtet sind. Sie eignen sich sowohl für den Privathaushalt als auch fürs Pflegeheim und sollen Menschen mit Demenz individuell betreuen und beschäftigen. Demenzgerechte Spiele, kurze Filme und Rätsel können entweder einzelne Personen oder sogar Gruppen aktivieren und ihre Erinnerungen wecken.