Was ist der Medizinische Dienst (MD)?
Die Abkürzung MD steht für den Medizinischen Dienst und ist der sozialmedizinische Beratungs- und Begutachtungsdienst der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Im Auftrag der Kranken- und Pflegekassen prüft der MD die Pflegebedürftigkeit von gesetzlich Versicherten anhand von einheitlichen Bewertungskriterien – für Privatversicherte ist Medicproof zuständig.
Ziel des MD ist es, Pflegebedürftige und deren Angehörige zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass sie alle Leistungen bekommen, die ihnen zustehen.
Aufgaben und Zuständigkeit des Medizinischen Dienstes
Der Medizinische Dienst (MD) ist für vier Bereiche zuständig:
- Begutachtungen für die Krankenversicherungen – beispielsweise Feststellung, ob eine häusliche Krankenpflege benötigt wird oder eine Arbeitsunfähigkeit noch länger besteht
- Beratung in medizinischen Versorgungsfragen – zum Beispiel bei der Dekubitusprophylaxe oder Tipps zur Ernährung bei Demenz
- Begutachtungen für die Pflegeversicherung – Empfehlung eines Pflegegrads nach der Pflegebegutachtung im Pflegefall
- Sicherung der Pflegequalität – zum Beispiel durch Beratungen in der häuslichen Pflege, die notwendig sind, um Pflegegeld zu erhalten
Die Zuständigkeiten des MD sind in Paragraf 275 des fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) genau geregelt.
Wer sind die Gutachter vom Medizinischen Dienst?
Die Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) sind erfahrene Pflegefachkräfte, Mediziner oder anderweitig qualifiziert. Diese sind beim MD und nicht etwa bei Ihrer Pflegekasse angestellt.
Denn der Medizinische Dienst ist eine unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts und handelt neutral – also losgelöst von möglichen Interessen der Pflegeversicherung. (1) Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Sie fair begutachtet werden und alle Hilfen und Leistungen erhalten, die Ihnen Ihrer Situation entsprechend zustehen.
Pflegebegutachtung vom Medizinischen Dienst: Sieben Schritte bis zum Pflegegrad
Der MD spielt bei der Bestimmung eines Pflegegrades bei pflegebedürftigen Personen eine zentrale Rolle. Trotzdem ist es die Pflegekasse, die erst einmal den MD zu einer Begutachtung beauftragt und letztendlich über den Pflegegrad entscheidet. Diese sieben Schritte zeigen Ihnen, wie der Weg zum Pflegegrad aussieht:
- Sie stellen einen formlosen Antrag auf Pflegegrad oder auf Höherstufung bei Ihrer Pflegekasse.
- Ihre gesetzliche Pflegekasse beauftragt dann einen Gutachter des MD, der sich mit Ihnen für die Terminabsprache in Verbindung setzt. Die Pflegebegutachtung findet bei Ihnen zuhause statt.
- Bei Ihnen zuhause wird sich der Gutachter ein Bild von Ihrer Situation machen und spezifische Fragen stellen, denn er orientiert sich an festgelegten Bewertungskriterien. Diese sind für alle Pflegekassen bindend, unabhängig davon, bei wem Sie versichert sind.
- Im Anschluss an den Termin erstellt der Gutachter Ihr Pflegegutachten. In diesem steht, wie der unabhängige Gutachter Ihre Selbstständigkeit und Ihren Pflegebedarf einschätzt, welchen Pflegegrad er der Pflegekasse empfiehlt und ob gegebenenfalls Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel notwendig sind.
- Der Medizinische Dienst leitet das Pflegegutachten an Ihre Versicherung weiter. Ihnen wird dies mit dem Pflegebescheid zugeschickt.
- Die Pflegekasse entscheidet auf Basis des Gutachtens über einen Pflegegrad, kann aber dabei von der Empfehlung des MD-Gutachters abweichen.
- Spätestens fünf Wochen nachdem Sie den Antrag gestellt haben, erhalten Sie schriftlich einen Bescheid über die Entscheidung der Pflegekasse. Stimmen Sie der Entscheidung der Pflegekasse nicht zu, weil Sie keinen oder einen zu niedrigen Pflegegrad anerkannt haben, können Sie jetzt einen Pflegegrad-Widerspruch einlegen.
Wie kann ich mich auf die MD-Begutachtung vorbereiten?
Der Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) nimmt sich etwa eine Stunde Zeit für den Besuch bei dem Pflegebedürftigen. Das ist oft knapp bemessen, um sich einen wirklichen Überblick über den gesamten Pflegealltag zu machen. Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie sich vorbereiten können:
- Pflegetagebuch führen: Führen Sie in den Tagen vor der Begutachtung durch den Medizinischen Dienst ein Pflegetagebuch. So wird auch Ihnen der Pflegeaufwand bewusster. Wichtig: Beschönigen Sie nichts, übertreiben Sie aber auch nicht. Sie sollen die Leistungen bekommen, die Ihnen zustehen und dafür ist eine gute Übersicht über alle notwendigen pflegerischen Maßnahmen wichtig.
- Termin vorausschauend planen: Es kann von Vorteil sein, auch den Zeitpunkt des Termins gut zu planen. Sind Sie pflegende Angehörige von jemandem, der vormittags besser drauf ist als nachmittags, dann legen Sie den Termin auf den Nachmittag. So kann der Gutachter die Pflegesituation sehen, die für Sie am herausforderndsten ist. Braucht der Pflegebedürftige außerdem Unterstützung beim Essen und Trinken, ist es sinnvoll, auch diese Situation zu schaffen.
- Eine natürliche Wohnatmosphäre beibehalten: Stellen Sie sich darauf ein, dass der Gutachter alle pflegerelevanten Räume besichtigen wird. Dazu gehören zum Beispiel auch das Schlaf- und Badezimmer. Bei Bedarf wird der Gutachter in seinem Gutachten für die Pflegekasse Empfehlungen für Hilfsmittel vermerken, die Ihnen den Pflegealltag zukünftig erleichtern können. Trotzdem: Räumen Sie nicht übermäßig auf, das wirkt nur unnatürlich und wirft ein unrealistisches Bild auf Ihren Pflegealltag.
Welche Bewertungskriterien wendet der MD an?
Die Bewertungskriterien stammen aus dem sogenannten „Begutachtungsassessments NBA“. Hieran müssen sich sowohl der MD als auch MEDICPROOF, der MD der Privaten, sowie alle Versicherungen und Pflegekassen halten. So soll eine genaue, faire und alltagsnahe Begutachtung sichergestellt werden. Die Kriterien gliedern sich in verschiedene Module, zu denen der Gutachter jeweils Fragen stellt. Für die Antworten auf diese Fragen gibt es Punkte, die dann anschließend zusammengezählt und unterschiedlich gewichtet werden.
Module, nach denen der Medizinische Dienst bewertet
Das Begutachtungsassessment NBA gliedern sich in sechs relevante Module:
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Für die unterschiedlichen Situationen und Lebensbereiche innerhalb der Module vergibt der Gutachter Punkte von 0 bis drei, wobei 0 für keine Einschränkungen steht, 3 für hohe Einschränkungen und somit einen hohen Pflegebedarf in dem entsprechenden Bereich.
Punktevergabe durch den MD-Gutachter
Am besten lässt sich die Vergabe der Punkte von 0 bis 3 verdeutlichen, wenn sie mit den dazugehörigen Worten verbunden und an Alltagsbeispielen erklärt wird.
- 0 Punkte bedeuten je nach Modul „vorhanden“ oder „unbeeinträchtigt“ sowie bei zeitlichen Messungen „nie“. Als Beispiel: Brauchen Sie keine Unterstützung bei Arztbesuchen oder Therapeutenterminen, dann ist für diese spezielle Tätigkeit „nie“ Hilfebedarf vorhanden. Außerdem kann eine zeitliche oder räumliche Orientierung „vorhanden“ oder „unbeeinträchtigt“ sein.
- 1 Punkt bedeutet „größtenteils vorhanden / unbeeinträchtigt“ oder im zeitlichen Kontext „selten“. Können Sie die meiste Zeit alleine Treppen steigen und sind nur zeitweise beeinträchtigt, etwa wenn sich Ihre Arthrose kurzzeitig verschlimmert, dann kann der Gutachter beim Thema Treppensteigen und Hilfe einen Punkt vergeben.
- 2 Punkte bedeuten „in geringem Maße vorhanden / beeinträchtigt“ oder „häufig“. Zum Beispiel kann das bedeuten, dass Sie kleine Snacks selbstständig zu sich nehmen können, bei allen anderen Mahlzeiten aber Hilfe benötigen. Dann ist die selbstständige Essensaufnahme beeinträchtigt.
- 3 Punkte bedeuten „nicht vorhanden / beeinträchtigt“ oder „immer“. In diesen Fällen brauchen Sie grundsätzlich Hilfe bei einer Tätigkeit, wie zum Beispiel dem Setzen von Insulinspritzen, dem Gang zur Toilette oder ähnlichem.
Anschließend werden die Module gewichtet und die Punkte zusammengerechnet. Daraus ergibt sich dann der empfohlene Pflegegrad. Seine Einschätzung lässt der MD-Gutachter der Pflegekasse zukommen.
MD-Begutachtung: Mögliche Erschwernisfaktoren für die Pflege
Jeder Mensch ist einzigartig und jede Pflegesituation ist es auch. So sehen das auch die Begutachtungs-Richtlinien des MD und sprechen von sogenannten Erschwernisfaktoren. Das sind Faktoren, die die Pflege schwieriger machen, als sie auf den ersten Blick bei der Begutachtung oft aussehen mag. Zu diesen Erschwernisfaktoren gehören beispielsweise:
- Körpergewicht über 80 Kilogramm
- Kontrakturen, Einsteifung großer Gelenke, Fehlstellungen der Extremitäten
- Hochgradige Spastik – zum Beispiel bei Hemiplegien und Paraparesen
- Erforderlichkeit der mechanischen Harnlösung oder der digitalen Enddarmentleerung
- Schluckstörungen, Störungen der Mundmotorik, Atemstörungen
- Abwehrverhalten, fehlende Kooperation mit Behinderung der Übernahme – zum Beispiel bei geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen
- Stark eingeschränkte Sinneswahrnehmung wie Hören oder Sehen
- Starke therapieresistente Schmerzen
- Pflegebehindernde räumliche Verhältnisse
Die MD-Prüfung & Richtlinien für die Qualität in der Pflege
Neben der Begutachtung von gesetzlich Versicherten für die Pflegeversicherung ist der Medizinische Dienst auch für die Sicherung der Pflegequalität zuständig. Auf die Frage „Wie gut sind eigentlich unsere Pflegeheime und -dienste?“ möchte die Politik eine regelmäßige und zuverlässige Antwort bekommen.
Aus diesem Grund wurde mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz von 2009 beschlossen, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen über die Qualität jeder Pflegeeinrichtung in Deutschland zu informieren.
Hierfür wurden spezielle Kriterienkataloge aufgestellt, mit denen die Gutachter jedes Pflegeunternehmen in Deutschland besuchten. Jedes Pflegeunternehmen erhielt von nun an regelmäßig Noten für seine erbrachte Pflegequalität.
Seit November 2019 hat ein neues Verfahren zur Qualitätsprüfung den vorherigen Kriterienkatalog abgelöst. (2)
Die MD-Noten zur Bewertung von Pflegeheimen und -diensten
Seit Herbst 2009 werden die Pflegenoten für deutschlandweite Pflegeunternehmen im Internet veröffentlicht. Genau wie Schulnoten von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) sollen sie Ihnen als Verbraucher einen schnellen Überblick über die Qualität von Pflegeheimen und ambulanten Pflegediensten vermitteln.
Das Verfahren dazu ist einfach: Gutachter führen einmal jährlich eine Qualitätsprüfung in allen deutschen Pflegeheimen und -diensten durch.
Die Grundlage für die Qualitätsbewertung in Noten bilden die sogenannten Qualitätsprüfungsrichtlinien (QPR). Diese Richtlinien werden kontinuierlich aktualisiert und optimiert. Es gibt dazu zwei Qualitätsprüfungsrichtlinien: Eine für den stationären und eine für den ambulanten Bereich. Beide sind Grundlage der Qualitätsbewertung eines Pflegeunternehmens.
Die QPR stationär prüft 59 Einzelkriterien in den vier Qualitätsbereichen:
- Pflege und medizinische Versorgung
- Umgang mit Bewohnern mit Demenz
- Soziale Betreuung und Alltagsgestaltung
- Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene
Die QPR ambulant prüft 37 Einzelkriterien in den drei Qualitätsbereichen:
- Pflegerische Leistungen
- Ärztliche verordnete pflegerische Leistungen
- Dienstleistung und Organisation
In drei Schritten geht’s dann zur Notenbewertung:
- Prüfung der Einzelkriterien
- Bildung eines Mittelwertes pro Qualitätsbereich
- Ermittlung der Gesamtnote
Am Ende steht die Veröffentlichung der Gesamtnote des jeweiligen Pflegeunternehmens: Einheitlich im Layout, übersichtlich und gut lesbar.
Wenn Sie ganz genau wissen wollen, was sich beispielsweise hinter der Bewertung einer bestimmten Pflegeeinrichtung mit der Note 1 verbirgt, können Sie direkt vor Ort einen sogenannten Transparenzbericht anfordern. Dort können Sie im Detail nachlesen, was sich hinter der Bewertung verbirgt. Das System der Pflegenoten hat allerdings auch seine Tücken: Weil eine Gesamtnote gebildet wird, können Mängel in Einzelbereichen sozusagen verschleiert beziehungsweise mit anderen guten Noten ausgeglichen werden.
„Meiner Meinung nach sind diese Noten nicht verlässlich und ich halte davon nicht viel. Es gibt ja inzwischen kaum noch Pflegeheime oder -dienste, die eine schlechtere Note als eine 1,0 oder 1,3 haben. Eigentlich sind Dienste mit einer etwas schlechteren Note oftmals die glaubwürdigeren, weil sie nicht auf die Prüfung hinarbeiten. Denn viele andere Pflegeheime und -dienste bereiten sich exakt auf die MD-Prüfung vor, weil sie im Vorfeld wissen, was geprüft wird. Das ist für mich dann kein verlässliches Ergebnis, wenn die Pflege nur während der Prüfung einwandfrei organisiert ist. Mein Rat lautet daher: Sprechen Sie persönlich mit dem Pflegeheim oder dem ambulanten Dienst und verlassen Sie sich auf Ihren persönlichen Eindruck und Ihr Bauchgefühl!“

Häufig gestellte Fragen
Was macht der Medizinische Dienst (ehemals MDK)?
Der Medizinische Dienst MD (ehemals MDK) ist zum Beispiel dafür zuständig, zu prüfen, ob und in welchem Umfang eine Pflegebedürftigkeit besteht.
Wann wird der Medizinische Dienst (ehemals MDK) eingeschaltet?
Der Medizinische Dienst (MD) der Krankenkassen wird eingeschaltet, wenn Sie einen Antrag auf Pflegegrad stellen.
Was passiert, wenn der MD lange keinen Pflegegutachter schickt?
Der Medizinische Dienst hat maximal fünf Wochen Zeit, um einen Termin für ein Gutachten anzubieten. Nach Ablauf dieser Frist stehen dem Antragsteller pauschal 70 Euro pro angefangene Woche zu bis zur Erstellung des Gutachtens.(3)