Themenwelt

Pflegewissen für pflegende Angehörige

Von der Kommunikation mit der Pflegekasse über die Organisation von Pflegehilfsmitteln, bis hin zu konkreten pflegerischen Tätigkeiten wie die Körperpflege oder Versorgung eines Stomas – wenn Sie sich dazu entscheiden, einen Angehörigen zu pflegen, kommen viele neue Aufgaben in Ihr Leben. Einige werden Ihnen leichtfallen, für andere brauchen Sie etwas Übung.

Hand aufs Herz: Die Pflege von Angehörigen ist eine sehr anspruchsvolle und fordernde Aufgabe. Aber sie kann auch sehr erfüllend sein.

Damit Sie diesen neuen Aufgaben gerecht werden, benötigen Sie konkretes und praxisnahes Pflegewissen. Von A wie Anziehen bis Z wie Zahnpflege: pflege.de informiert Sie in dieser Themenwelt darüber, welche Pflegeaufgaben auf Sie zukommen, welches Pflegewissen Sie dafür benötigen und wie Sie sich notwendige Kompetenzen aneignen können.

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Pflegewissen für pflegende Angehörige

Inhaltsverzeichnis

Pflegewissen für die Pflegepraxis zuhause

Wird ein Mensch pflegebedürftig, übernehmen in vielen Fällen Angehörige die Pflege ihres Familienmitglieds. Den meisten davon geht es so wie Ihnen vielleicht auch: Sie führen eine Fülle von pflegerischen Aufgaben aus, ohne dafür professionell ausgebildet zu sein.

Nicht selten steht man nach einem plötzlichen Pflegefall von heute auf morgen vor dieser verantwortungsvollen Aufgabe und stellt fest: Es ist nicht eine, sondern sehr viele einzelne Pflegeaufgaben, für die viel Wissen notwendig ist.

Mit dem Begriff Pflegewissen beschreibt man das Wissen, das man für eine sowohl effektive als auch einfühlsame Pflege von Pflegebedürftigen benötigt. Pflegewissen umfasst somit eine breite Palette an Kompetenzen, Fähigkeiten und Kenntnissen.

Zum Pflegewissen zählen:

  • Pflegerische Kompetenzen
  • Medizinische Kenntnisse
  • Kommunikation, Einfühlungsvermögen und Selbstfürsorge
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Pflegewissen befähigt Sie als pflegenden Angehörigen dazu, angemessene Entscheidungen im Pflegealltag zu treffen, Gesundheitszustände zu überwachen, notwendige medizinische Maßnahmen durchzuführen oder zu veranlassen sowie eine unterstützende, respektvolle Beziehung zum Pflegebedürftigen aufrechtzuerhalten.

Info
Pflege so individuell wie Pflegebedürftige

Jeder Mensch ist einzigartig: in seinem Charakter, seinen Bedürfnissen und im Falle einer Pflegebedürftigkeit auch in seinen Einschränkungen und eventuellen Krankheiten. Deshalb ist auch das Wissen, das Pflegepersonen zur Pflege benötigen, ganz unterschiedlich gelagert und muss im Hinblick auf die jeweilige Pflegesituation erlernt werden. 

Praktisches Pflegewissen

Einen großen Teil des Pflegewissens bilden pflegerische Kompetenzen, also ganz praktische Pflegefertigkeiten, wie beispielsweise:

Körperpflege und Hautpflege

Körperpflege und Hautpflege sind wichtige Bestandteile des Pflegealltags, die gleichzeitig sehr herausfordernd sein können.

Eine einheitliche Anleitung für die Körperpflege gibt es nicht, vielmehr richten sich die einzelnen Schritte nach den individuellen Bedürfnissen und Herausforderungen der pflegebedürftigen Person: Kann sie die Körperwäsche beispielsweise noch allein oder mit wenig Hilfe am Waschbecken verrichten oder braucht sie mehr bis vollständige Unterstützung, weil sie bettlägerig ist?

Für eine gute Körperpflege sind nicht nur Wasser und Seife wichtig, sondern auch die Wahl der richtigen Utensilien, der konkrete Ablauf sowie praktische Hilfsmittel für das Badezimmer und die Toilette.

Pflegewissen und praktische Tipps helfen dabei, diesen wichtigen Teil der Pflegeroutine leichter und angenehmer zu gestalten. Anleitungen und wertvolle Tipps können Sie in unserem Ratgeber zur Körper- und Hautpflege nachlesen.

Ältere Menschen leiden oft unter empfindlicher und sehr trockener Haut, der sogenannten Altershaut. (1) Pflegen Sie einen älteren pflegebedürftigen Angehörigen, müssen Sie deshalb neben der gründlichen Körperpflege größeren Wert auf eine altersgerechte Hautpflege legen.

In unserem Ratgeber Trockene und juckende Haut im Alter erfahren Sie mehr dazu, wie der Alterungsprozess unsere Haut verändert und was Sie gegen trockene und juckende Haut im Alter tun können.

Intimhygiene

Intimhygiene oder auch Intimpflege genannt, ist ein wichtiger Teil der Körperpflege. Mit fortschreitendem Alter beziehungsweise Pflegebedürftigkeit können viele die Intimpflege jedoch nicht mehr eigenständig durchführen.

Wenn Sie diesen Teil der Körperpflege übernehmen, gibt es einige Dinge, die Sie beachten sollten, beispielsweise

  • wie Sie die Selbstständigkeit Ihres pflegebedürftigen Angehörigen fördern können,
  • wie Sie mit aufkommender Scham umgehen können,
  • welche Reihenfolge der einzelnen Reinigungsschritte Sie einhalten müssen,
  • welche Unterschiede es in der Intimpflege von Mann und Frau gibt,
  • welche Hygienemaßnahmen Sie beachten müssen und
  • wie Sie nützliche Hilfsmittel wie Einmalhandschuhe gezielt einsetzen können.

Anleitungen und Tipps zur Intimhygiene bei Pflegebedürftigen können Sie in unserem Ratgeber nachlesen.

Info
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch

Pflegebedürftige Versicherte, die einen Pflegegrad haben und zuhause versorgt werden, haben einen Anspruch auf die sogenannten Pflegehilfsmittel zum Verbrauch im Wert von bis zu 42 Euro. Dazu gehören unter anderem Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel. Gezielt eingesetzt, schützen Sie mit diesen Pflegehilfsmittel nicht nur Ihren pflegebedürftigen Angehörigen, sondern auch sich selbst.

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Mundpflege und Zahnpflege

Mundpflege ist ein wichtiger Bestandteil zur Aufrechterhaltung der Mundgesundheit. Besonders ältere Menschen und einige pflegebedürftige Menschen sind aufgrund eines geschwächten Immunsystems zusätzlich anfälliger für Infektionen im Mund. Daher spielt bei ihnen die richtige Mundpflege eine noch größere Rolle. (2)

Mit einer sorgfältigen Mundpflege und Zahnpflege sowie einer gründlichen Reinigung von Zahnprothesen verhindern Sie Entzündungen, die den Pflegealltag beeinträchtigen können.

Sie werden merken: Während Ihnen die eigene Mundpflege fast wie im Schlaf gelingt, verlangt die korrekte und sorgsame Mundpflege eines pflegebedürftigen Angehörigen sowohl Wissen um nützliche Hilfsmittel als auch sehr viel Übung.

pflege.de hat detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen zum Zähneputzen für Sie in einem praktischen PDF zusammengestellt: Ideal zum Herunterladen, Ausdrucken und immer wieder zur Hand nehmen.

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Katheterpflege

Hat Ihr pflegebedürftiger Angehöriger einen Katheter, gehört auch die Katheterpflege zum praktischen Pflegewissen. Ein Katheter, sei es zur Ableitung von Urin oder anderen Körperflüssigkeiten, erfordert eine sorgfältige Pflege, um das Risiko von Infektionen und Komplikationen zu minimieren.

Wenn Sie mit der Katheterpflege vertraut sind, können Sie nicht nur potenzielle Gesundheitsprobleme frühzeitig erkennen, sondern auch aktiv dazu beitragen, dass Ihr Angehöriger ein Höchstmaß an Komfort und Würde erfährt.

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Hygienemaßnahmen

Mit verschiedenen Hygienemaßnahmen tragen Sie aktiv dazu bei, die Übertragung von Krankheitserregern zu vermeiden – und damit sowohl die Gesundheit Ihres pflegebedürftigen Angehörigen als auch Ihre eigene zu schützen. Zu den wichtigsten Hygienemaßnahmen gehören

Erfahren Sie in unserem Ratgeber Hygienemaßnahmen in der häuslichen Pflege mehr dazu, wie Sie mit gezielten Maßnahmen die Hygiene in der häuslichen Pflege sicherstellen können.

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Mobilisation und Kinästhetik

Mit Maßnahmen zur Mobilisation können Sie die Mobilität Ihres pflegebedürftigen Angehörigen aktiv unterstützen, also seine Fähigkeit, sich zu bewegen – eigenständig oder mit Ihrer Hilfe.

Mit sogenannten Mobilisationsübungen aktivieren Sie Ihren pflegebedürftigen Angehörigen und fördern seine Beweglichkeit. Das ist vor allem dann wichtig, wenn die Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist oder eine Bettlägerigkeit vorliegt.

Damit Sie die Mobilisationsübungen rückenschonend anwenden können, sollten Sie zusätzliche Techniken, wie die Kinästhetik, erlernen.

Die Lehre der Kinästhetik stellt in den Mittelpunkt, wie Sie Ihre eigenen Körperbewegungen und die Ihres Gegenübers am schonendsten nutzen können. Führen Sie beispielsweise Mobilisationsübungen nach kinästhetischen Grundsätzen aus, gelingen Ihnen die Bewegungsabläufe kraftsparend und einfach. (3)

Kenntnisse in Mobilisation und Kinästhetik ermöglichen also nicht nur die Vermeidung von Immobilitätsproblemen wie Wundliegen (Dekubitus). Wenden Sie kinästhetische Grundsätze in den Mobilitätsübungen an, unterstützen Sie damit auch Ihren pflegebedürftigen Angehörigen in seinen Bewegungen, verhelfen ihm zu mehr Selbstständigkeit – und schützen damit auch Ihre eigene Gesundheit.

Basale Stimulation: Förderung der Wahrnehmung und Kommunikation

Die basale Stimulation ist eine pflegerische Methode, die vor allem bei Menschen mit schweren Beeinträchtigungen der Wahrnehmung oder Bewegung eingesetzt wird.

Durch Übungen, die genau an die Bedürfnisse von Betroffenen angepasst sind, sollen die Körperwahrnehmung und Kommunikation auf einer basalen, also grundlegenden Ebene, verbessert werden. Diese Form der Stimulation unterstützt nicht nur das Wohlbefinden des Pflegebedürftigen, sie stärkt auch das Vertrauen und die Beziehung zwischen pflegender Person und Pflegebedürftigem.

Im Ratgeber Basale Stimulation in der Pflege zuhause erfahren Sie, was basale Stimulation ist, wie Sie sie anwenden und welche Methoden Sie dafür nutzen können. Außerdem lernen Sie konkrete Übungen kennen und erhalten Hinweise zum Erlernen dieser Techniken.

Transfer und Positionierung (veraltet: Lagerung)

Wenn es um die Mobilitätserhaltung Ihres pflegebedürftigen Angehörigen geht, spielen auch die korrekte Positionierung (veraltet: Lagerung) und der sichere Transfer eine entscheidende Rolle.

Sind Sie mit den Grundlagen der Positionierung vertraut, können Sie dazu beitragen, dass Ihr pflegebedürftiger Angehöriger in einer ergonomisch günstigen Haltung verweilt. Die richtige Lagerung, heute als Positionierung bezeichnet, ist aber nicht nur für den Komfort von Pflegebedürftigen entscheidend, sie dient auch der Vorbeugung von beispielsweise Wundliegen (Dekubitus) oder Gelenkbeschwerden. (4)

Ebenso spielt der sichere Transfer eine entscheidende Rolle, die Gesundheit Ihres Angehörigen zu erhalten. Mit geeigneten Transfertechniken verhindern Sie Verletzungen bei Bewegungen während eines größeren Positionswechsels, wie beispielsweise vom Bett in den Rollstuhl.

Sturzprophylaxe

Stürze haben oft schwerwiegende Folgen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Pflegebedürftigen. Durch das Verständnis und die Umsetzung von Maßnahmen zur sogenannten Sturzprophylaxe können Sie aktiv dazu beitragen, das Risiko von Stürzen im Pflegealltag zu minimieren.

Welche konkreten Maßnahmen zur Sturzprophylaxe gehören und wie Sie sie anwenden, erfahren Sie in unserem Ratgeber zur Sturzprophylaxe.

Medizinische Kenntnisse

Zum Pflegewissen für pflegende Angehörige gehört neben pflegepraktischen Kenntnissen auch der Einblick in medizinisches Wissen.

Sie müssen nicht Medizin studieren, um Ihren Angehörigen pflegen zu können. Sie sollten aber seinen aktuellen gesundheitlichen Zustand kennen, Veränderungen bemerken und im Rahmen Ihrer Möglichkeiten reagieren können.

Medizinische Kenntnisse im Pflegealltag beruhen unter anderem auf

  • dem Wissen über Alterskrankheiten und Krankheiten mit Pflegebezug,
  • dem Verständnis von Medikamenten und deren Verabreichung (Medikamentengabe) und
  • grundlegenden medizinischen Kompetenzen.

Vitalzeichen messen

Das Erheben der sogenannten Vitalwerte gehört zum Pflegewissen: Kontrollieren Sie regelmäßig Vitalparameter wie Blutdruck, Puls, Körpertemperatur, Atmung und Bewusstsein, können Sie frühzeitig auf Veränderungen reagieren und angemessene medizinische Maßnahmen einleiten.

Mehr Informationen über die verschiedenen Vitalzeichen erhalten Sie in unserem Ratgeber Vitalzeichen messen. Dort erfahren Sie außerdem, wie Sie die Vitalwerte korrekt messen beziehungsweise überprüfen können und worauf Sie jeweils achten müssen.

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Wissen über Alterskrankheiten und Krankheiten mit Pflegebezug

Sie müssen nicht alle Alterskrankheiten und Krankheiten mit Pflegebezug kennen, wohl aber wissen, was Ihren pflegebedürftigen Angehörigen betrifft. Möglicherweise hängt davon die Krankenbeobachtung ab: Diese ist wichtig, damit Sie keine Erkrankungen oder gar Schmerzen beim Pflegebedürftigen übersehen.

Medikamentengabe und Medikamentenplan

Als pflegender Angehöriger müssen Sie oft die Medikamentengabe organisieren und verschiedene Verabreichungstechniken beherrschen. Gerade, wenn mehrere Erkrankungen vorliegen, müssen oftmals verschiedene Medikamente gleichzeitig eingenommen werden (sogenannte Multimedikation).

Besonders in diesen Fällen kann Sie ein Medikamentenplan im Pflegealltag dabei unterstützen, den Überblick zu behalten.

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Wechselwirkungen von Medikamenten

Dass ältere und pflegebedürftige Menschen täglich mehrere Medikamente einnehmen, birgt Risiken: Werden verschiedene Arzneimittel gleichzeitig eingenommen, können unerwünschte Wechselwirkungen auftreten.

Was Wechselwirkungen von Medikamenten auslösen kann, wie Sie sie erkennen und in der häuslichen Pflege vermeiden können, erfahren Sie in unserem Ratgeber Wechselwirkungen von Medikamenten.

Tipp
Medikamente verblistern lassen

Wer seine Medikamente nicht selbst vorsortieren möchte, kann sie in der Apotheke verblistern lassen. Bei der Verblisterung werden Tabletten, Kapseln oder Dragees nach ärztlicher Verordnung maschinell vorsortiert und in kleine Beutel – sogenannte Blister – verpackt. Jedes Tütchen ist mit dem Einnahmezeitpunkt beschriftet, zum Beispiel „Montag, 9 Uhr“, und enthält genau die Medikamente, die zu diesem Zeitpunkt eingenommen werden müssen. Sie reißen dann nur noch den Blister auf und nehmen die Medikamente ein beziehungsweise verabreichen sie. So behalten Sie den Überblick, vermeiden Verwechslungen und sparen Zeit.

Schmerzmanagement

Die effektive Kontrolle von Schmerzen ist eine grundlegende Voraussetzung für das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Pflegebedürftigen. Das Schmerzmanagement nimmt deshalb einen zentralen Platz im Pflegewissen für pflegende Angehörige ein.

Sie sollten sich mit verschiedenen Schmerzarten, deren Ursachen und geeigneten Maßnahmen vertraut machen. Weiterhin sollten Sie ein Verständnis für die individuelle Schmerzwahrnehmung Ihres pflegebedürftigen Angehörigen entwickeln: Nur so können Sie angemessene Maßnahmen zur Schmerzlinderung ergreifen.

Schmerztagebuch

Für das Schmerzmanagement kann das sogenannte Schmerztagebuch hilfreich sein. Darin notieren Sie neben der Schmerzstärke, zum Beispiel auch die Schmerzhäufigkeit und mögliche Auslöser.

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Wenn Sie diese Daten regelmäßig dokumentieren, können behandelnde Ärzte Muster und Zusammenhänge besser erkennen, die Therapie individuell anpassen und den Behandlungserfolg besser kontrollieren.

Die Informationen aus dem Schmerztagebuch helfen also nicht nur bei der Diagnose, sondern auch bei der Behandlung von Schmerzen. Mehr dazu lesen Sie in unserem Ratgeber.

Grundlegende medizinische Kompetenzen

Welche medizinischen Kompetenzen Sie benötigen, richtet sich immer nach dem individuellen Zustand Ihres pflegebedürftigen Angehörigen.

Prophylaxen in der Pflege

So können unter anderem spezielle Prophylaxen im Pflegealltag notwendig sein. Sinn und Zweck hiervon ist es, die pflegebedürftige Person mit gezielten Maßnahmen vor bestimmten Erkrankungen und Verletzungen zu schützen. Beispiele hierfür sind die sogenannte Dekubitusprophylaxe, um einem Wundliegen vorzubeugen oder die Thromboseprophylaxe.

Katheterpflege

Darüber hinaus müssen Sie sich gegebenenfalls mit der hygienischen und korrekten Handhabung unterschiedlicher Medizinprodukte auseinandersetzen, beispielsweise mit der Katheterpflege.

Stoma-Versorgung

Das Wissen über die richtige Anwendung verschiedener Medizinprodukte wird auch relevant, wenn Ihr Angehöriger eine künstliche Körperöffnung hat, das sogenannte Stoma. Hier gibt es verschiedene Arten:

  • Enterostoma (künstlicher Darmausgang)
  • Gastrostoma (künstlicher Magenausgang)
  • Urostoma (künstliche Harnableitung)
  • Tracheostoma (künstliche Öffnung an der Luftröhre)

Alle Stoma-Arten erfordern verschiedene Handhabungen. Sie müssen sich daher mit der Stoma-Versorgung und Pflege auskennen, sollte Ihr pflegebedürftiger Angehöriger darauf angewiesen sein. Mehr zu den unterschiedlichen Arten von Stomata erfahren Sie in unseren Ratgebern.

Wichtiger Hinweis
Die eigenen Grenzen kennen

Als pflegender Angehöriger müssen Sie viel wissen und anwenden. Sie sollten aber auch erkennen, was Sie nicht wissen und können müssen: Das Wundmanagement bei chronischen Wunden beispielsweise gehört, wie viele andere medizinische Aufgaben, zur sogenannten Behandlungspflege und in die Hände von Fachkräften.

Kommunikation, Einfühlungsvermögen und Selbstfürsorge

Neben pflegepraktischem Wissen und medizinischen Kompetenzen nehmen persönliche Eigenschaften und zwischenmenschliche Fähigkeiten einen großen Stellenwert im Pflegewissen ein. Dazu gehören:

  • Kommunikation und Empathie
  • Emotionale Unterstützung
  • Selbstfürsorge

Kommunikation und Empathie

Es ist unabdingbar, dass Sie mit Ihrem pflegebedürftigen Angehörigen sowohl einfühlsam als auch klar kommunizieren – auch dann, wenn er sich selbst nicht mehr durch Sprache äußern kann.

Beziehen Sie ihn in unterschiedliche Schritte mit ein und erklären Sie ihm, was Sie jeweils vorhaben. Versuchen Sie, sich in Ihren Angehörigen einzufühlen. Denn auch für Ihren Angehörigen können bestimmte Situationen herausfordernd sein. Gerade, wenn es um schambehaftete Themen wie beispielsweise die Intimpflege geht. Hier ist eine vertrauensvolle Kommunikation das A und O.

Emotionale Unterstützung

Als pflegender Angehöriger leisten Sie auch wichtige emotionale Unterstützung für die pflegebedürftige Person. Sie spüren, wenn es Ihrem Angehörigen gut geht, bekommen aber auch direkt mit, wenn er Stress empfindet oder einsam ist.

Die Pflege ist oftmals tagesformabhängig und anspruchsvoll. Trotzdem sollten Sie Wert darauf legen, dass Ihr pflegebedürftiger Angehöriger Gesellschaft hat und am sozialen Leben teilhaben kann. Wenn Sie hierbei Unterstützung benötigen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Das Konzept der Alltagsbegleitung hat sich in der Pflege beispielsweise bewährt, ebenso die stundenweise Seniorenbetreuung.

 

 

Selbstfürsorge

Sie können sich nur um Ihren pflegebedürftigen Angehörigen kümmern, wenn es Ihnen selbst gut geht. Gehen Sie deshalb auch verantwortungsbewusst mit sich selbst um: Nehmen Sie sich Pausen vom Pflegealltag, in denen Sie bewusst für sich selbst sorgen.

Tipp
Nutzen Sie die verschiedenen Möglichkeiten zur Auszeit

Um sich selbst zu entlasten und neue Energie zu tanken, sollten Sie sich als pflegender Angehöriger regelmäßig eine Auszeit nehmen. Damit Ihr pflegebedürftiges Familienmitglied weiterhin versorgt ist, können Sie beispielsweise eine stundenweise Betreuung über den Entlastungsbetrag (bei allen Pflegegraden) oder die Verhinderungspflege (ab Pflegegrad 2) finanzieren. Falls Sie Ihren Angehörigen nicht allein lassen möchten, gibt es auch spezielle Pflegehotels, in denen Sie gemeinsam Urlaub machen können.

Darüber hinaus sollten Sie

  • das eigene Wohlbefinden und ihre Gesundheit im Blick behalten,
  • sich ein gutes Zeitmanagement aneignen,
  • Strategien zur Stressbewältigung erlernen sowie
  • sich ein unterstützendes Netzwerk aufbauen.
Tipp
Bilden Sie ein Pflegeteam

Sie müssen sich nicht allein um die Pflege Ihres Angehörigen kümmern. Holen Sie sich für bestimmte Aufgabenbereiche gezielt Hilfe: Eine Haushaltshilfe kann Sie beispielsweise beim Wohnungsputz unterstützen und ein ambulanter Pflegedienst kann Aufgaben der Grundpflege übernehmen. Stellen Sie ein Pflegeteam zusammen, das zu Ihrem Pflegealltag passt. Das kann aus Familienmitgliedern, Freunden, Bekannten, aber auch Ehrenamtlichen oder professionellen Pflegekräften bestehen.

Gewalt in der Pflege

Ein Thema, für das Sie sich weniger informieren, als vielmehr sensibilisieren sollten, ist Gewalt in der Pflege. Einen Angehörigen zu pflegen beziehungsweise von einem Angehörigen gepflegt zu werden, ist nicht immer einfach. Diese Situation ist herausfordernd und teilweise für beide Seiten nervenaufreibend.

Gewalt in der Pflege kann unterschiedliche Dimensionen annehmen und hat sehr verschiedene Ursachen. Einige Menschen würden ihr Verhalten beispielsweise gar nicht als unangemessen oder übergriffig einschätzen. Die Gewaltausübung ist keine boshafte Absicht, die Gründe dafür sind häufig schlicht Unwissenheit oder Überforderung. (5)

Erfahren Sie in unserem Ratgeber mehr dazu, wie sich Gewalt in der Pflege äußern kann und wie Sie ihr entgegenwirken können.

Wissen, was hilft: Beratungsangebote für pflegende Angehörige

Pflegewissen ist umfassend und je nach Ausgangslage sehr individuell. Sie müssen sich dieses sehr spezielle Wissen nicht komplett in Eigenregie beibringen. Denn: Pflegepersonen stehen verschiedene Beratungsmöglichkeiten und Schulungen zur Verfügung, in denen sie mehr lernen können.

Beratung: Pflegeberatung und Beratungseinsatz

Jeder Pflegebedürftige beziehungsweise seine Angehörigen haben nach Paragraf 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) Anspruch auf eine individuelle Pflegeberatung. (6)

In Rahmen einer Pflegeberatung werden im ersten Schritt unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten wie etwa Entlastungsangebote, Sozialleistungen und Hilfsangebote für den Pflegebedürftigen sowie seine pflegenden Angehörigen vorgestellt.

Ein zertifizierter Pflegeberater betrachtet den individuellen Pflegefall und schneidet die Beratung auf die pflegebedürftige Person und ihre Bedürfnisse zu. Anschließend wird ein individueller Versorgungsplan erarbeitet.

Erfahren Sie in unserem Ratgeber mehr dazu, wie eine Pflegeberatung abläuft, was Sie als pflegender Angehöriger hierbei lernen können und wo Sie eine Pflegeberatung finden.

Pflegegeldempfänger ab Pflegegrad 2, die keine professionelle Unterstützung bei der häuslichen Pflege in Anspruch nehmen, müssen sich in regelmäßigen Abständen überprüfen beziehungsweise beraten lassen. (7) Dies geschieht im Rahmen des Beratungseinsatzes nach Paragraf 37.3 SGB XI. Der Vorteil: Professionelle Pflegeexperten geben Betroffenen und Ihren pflegenden Angehörigen individuelle Tipps zur Pflegepraxis.

Wie Sie den Beratungseinsatz nach Paragraf 37.3 auch ab Pflegegrad 1 in Anspruch nehmen können, in welchen Abständen Sie ihn ab Pflegegerad 2 wahrnehmen müssen und wie ein Beratungseinsatz abläuft, erfahren Sie in unserem Ratgeber.

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Weiterbildung: Pflegekurse für pflegende Angehörige

Als pflegender Angehöriger haben Sie das Recht, an kostenlosen Pflegekursen teilzunehmen. (8) Dort erhalten Sie nicht nur Grundkenntnisse zu Pflegethemen wie etwa den Umgang mit dem Pflegebedürftigen oder Pflegetechniken, Sie lernen auch andere pflegende Angehörige kennen.

Der Besuch eines Pflegekurses kostet zwar ein paar Stunden Zeit – diese sollten Sie sich aber unbedingt nehmen. Der Austausch untereinander kann Ihnen mehr Sicherheit und Rückhalt in Ihrer Rolle als pflegender Angehöriger bieten.

Erfahren Sie in unserem Ratgeber Pflegekurse für Angehörige, welche Inhalte in Pflegekursen und Pflegeschulungen vermittelt werden und wie Sie einen Kurs finden können.

Neben Pflegekursen können Sie auch sogenannte Pflegestützpunkte besuchen. Das sind ortsnahe Anlaufstellen für Pflegebedürftige und Angehörige. Dort beraten Sie professionelle Experten rund um Ihr Anliegen zu Pflegethemen und vermitteln Sie gegebenenfalls an weitere Adressen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Aufgaben übernehmen pflegende Angehörige?

Zum Pflegealltag gehören viele verschiedene Tätigkeiten. Zu den Aufgaben, die Sie als pflegender Angehöriger übernehmen, zählen zum Beispiel: Das Aneignen von Wissen über unterschiedliche Krankheiten und Spezialwissen in Sachen Hygienemaßnahmen. Aber auch das Beherrschen von körperlich anstrengenden pflegerischen Maßnahmen wie Positionierungstechniken sowie das Verrichten von Körperpflege, Intimpflege und Mundpflege. Auch die Medikamentengabe und bestimmte Prophylaxen fallen in Ihren Aufgabenbereich, zum Beispiel bei Dekubitus oder Intertrigo (Wundsein).

Was muss ich als pflegender Angehöriger beachten?

Pflegen Sie einen Angehörigen, müssen Sie verschiedene Dinge beachten und konkretes Pflegewissen anwenden können: Unter anderem sollten Sie Mobilisierungstechniken nach kinästhetischen Grundsätzen nutzen können, um nicht nur Ihren Angehörigen vor Schmerzen oder Verletzungen zu bewahren, sondern auch Ihre Gesundheit zu schonen. Darüber hinaus sollten Sie Hygieneregeln einhalten und eine korrekte Körperpflege durchführen können. Auch der Umgang mit Bettlägerigkeit erfordert spezielles Wissen, zum Beispiel über die Umgebungsgestaltung oder erforderliche Aktivierungsmaßnahmen. Zu den Dingen, die Sie als pflegender Angehöriger beachten müssen, gehört unter anderem auch eine richtige und ausführliche Krankenbeobachtung, damit Sie keine Erkrankungen oder Schmerzen bei Ihren pflegebedürftigen Angehörigen übersehen.

Welche Leistungen stehen pflegenden Angehörigen zu?

Die Pflege eines Angehörigen zu übernehmen, ist nicht leicht. Um sich das nötige Wissen anzueignen, haben pflegende Angehörige deshalb einen Anspruch auf individuelle Pflegeberatung nach Paragraf 7a des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI). Im Rahmen dieser Beratung erhalten Sie Informationen zu unterschiedlichen Unterstützungsmöglichkeiten wie etwa Sozialleistungen sowie Entlastungs- und Hilfsangeboten. Sie haben als pflegender Angehöriger auch das Recht, an Pflegekursen teilzunehmen. Dort erlangen Sie Grundkenntnisse zu Pflegethemen wie etwa den Umgang mit dem Pflegebedürftigen oder Pflegetechniken. An bestimmten Punkten werden Sie in der häuslichen Pflege an Ihre Grenzen kommen: Sie sollen sich als pflegender Angehöriger deshalb regelmäßig eine Auszeit nehmen. Damit Ihr pflegebedürftiger Angehöriger weiterhin versorgt wird, können Sie zum Beispiel eine stundenweise Betreuung durch die Verhinderungspflege in Anspruch nehmen.

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Erstelldatum: 8102.10.01|Zuletzt geändert: 5202.80.81
(1)
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Dermatoonkologie, Semmelweis Universität Budapest (2023): Geriatrische Dermatologie
https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00391-021-02006-2.pdf (letzter Abruf am 29.01.2024)
(2)
Deutsches Netzwerk für Qualität in der Pflege (DNQP) (2023): Expertenstandard Förderung der Mundgesundheit in der Pflege
https://www.dnqp.de/fileadmin/HSOS/Homepages/DNQP/Dateien/Expertenstandards/Mundgesundheit/Mund_AV_Auszug.pdf (letzter Abruf am 29.01.2024)
(3)
Unfallkasse Nordrhein-Westfalen (2018): Gewusst wie – und der Rücken bleibt gesund!“
https://www.unfallkasse-nrw.de/fileadmin/server/download/praevention_in_nrw/praevention_nrw_52.pdf (letzter Abruf am 29.01.2024)
(4)
Pschyrembel online (2022): Kontrakturenprophylaxe
https://www.pschyrembel.de/Kontrakturenprophylaxe/K0C44 (letzter Abruf am 29.01.2024)
(5)
Zentrum für Qualität in der Pflege (2023): Gewalt in der Pflege
https://www.zqp.de/schwerpunkt/gewalt-pflege/ (letzter Abruf am 29.01.2024)
(6)
Sozialgesetzbuch (SGB XI: Soziale Pflegeversicherung): § 7a SGB XI Pflegeberatung
https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/7a.html (letzter Abruf am 29.01.2024)
(7)
Sozialgesetzbuch (SGB XI: Soziale Pflegeversicherung): § 37 (3) SGB XI
https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/37.html (letzter Abruf am 29.01.2024)
(8)
Sozialgesetzbuch (SGB XI: Soziale Pflegeversicherung): § 45 SGB XI: Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen
https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/45.html (letzter Abruf am 29.01.2024)
(9)
Bildquelle
© Halfpoint - Fotolia.com
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Gefahr einer Ansteckung bleibt bestehen – wichtige Hygieneregeln

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Dr. Heide Niesalla
Im Interview
Dr. Heide Niesalla
Leitung HARTMANN SCIENCE CENTER

Heide Niesalla leitet seit 2017 das HARTMANN SCIENCE CENTER (HSC), das wissenschaftliche Kompetenzzentrum für Desinfektion und Infektionsprävention von HARTMANN. Die promovierte Biologin hat zuvor mehrere Jahre im Life Science-Bereich gearbeitet. Aus eigener Erfahrung kann sie sich sehr gut in die Lage pflegender Angehöriger versetzen und weiß, wie wichtig eine gute Aufklärung und Wissensvermittlung in diesem Bereich ist.

Seit Beginn der Coronavirus-Pandemie hat sich die Aufmerksamkeit auf den Infektionsschutz erhöht. Auch wenn die Infektionszahlen im Moment (August 2021) niedrig sind, bleibt die Gefahr einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 oder einem anderen Virus, das Atemwegserkrankungen auslöst, bestehen. Für pflegende Angehörige hat der Infektionsschutz schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Denn es gibt auch viele andere Aspekte, die einen guten Schutz vor Infektionen in der häuslichen Pflege unabdingbar machen. pflege.de hat zu diesem Thema Dr. Heide Niesalla befragt. Sie ist promovierte Biologin und leitet seit 2017 das HARTMANN SCIENCE CENTER.

Für wie wichtig erachten Sie den Schutz vor Infektionen gerade für Risikogruppen wie ältere oder pflegebedürftige Menschen im Allgemeinen und losgelöst von der derzeitigen Pandemie?

Dr. Heide Niesalla: Immens wichtig. Ältere und pflegebedürftige Menschen sind generell eine besondere Risikogruppe aus Sicht des Infektionsschutzes. Wichtig zu unterscheiden sind hier verschiedene Arten von Infektionen: Es gibt auf der einen Seite ansteckende Infektionskrankheiten, wie Influenza und COVID-19, und auf der anderen Seite Infektionen, die durch die Pflegesituation an sich bedingt sind. Ein Beispiel ist die Infektion einer Wunde nach einer Operation. Dies kann als eine mögliche Komplikation nach dem Eingriff auftreten, wenn Bakterien von außen in die Wunde gelangen. Es kann aber auch Pflegebedürftige mit chronischen Wunden betreffen, sowohl im Krankenhaus als auch zuhause. Treten solche Infektionen im Krankenhaus auf, spricht man von sogenannten nosokomialen Infektionen. Für ansteckende Infektionskrankheiten sind ältere und pflegebedürftige Menschen oftmals – aber nicht bei jeder Krankheit – Risikogruppen für schwerere Verläufe. Dies ist zum Beispiel bei COVID-19 der Fall. Deshalb sollten diese Risikogruppen beim Auftreten bestimmter Krankheiten besonders vor einer Ansteckung geschützt werden. Wie ein sinnvoller Schutz aussehen kann, hängt davon ab, wie der jeweilige Krankheitserreger übertragen wird. Bei Erkrankungen der Atemwege, wie COVID-19 aber auch Influenza oder Erkältungskrankheiten, werden die Erreger primär durch Tröpfcheninfektion und Aerosole übertragen. Deshalb sind Atemschutzmasken und Abstandhalten neben der Händehygiene als präventive Maßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie unbedingt notwendig. Außerhalb von Pandemiezeiten kann es bei einer Erkrankung des Pflegenden ebenfalls geraten sein, Masken zu tragen.

Es gibt andere Krankheiten wie Durchfallerkrankungen, zum Beispiel verursacht durch das Norovirus oder auch andere Viren, die hauptsächlich durch Kontakt- oder Schmierinfektion übertragen werden. Hier ist eine sehr effektive Präventionsmaßnahme die Desinfektion der Hände und der möglicherweise kontaminierten und häufig berührten Oberflächen, zum Beispiel Toilettensitze. Erkrankte sollten den Kontakt zu Gesunden möglichst reduzieren, um diese nicht anzustecken beziehungsweise sollten im Umgang miteinander unbedingt entsprechende Schutzmaßnahmen (Tragen einer FFP2-Maske und Händedesinfektion) einhalten.

Andersherum kann es natürlich vorkommen, dass die pflegebedürftige Person an einer ansteckenden Krankheit wie Influenza oder einer Noroviren-Infektion leidet. Ist dies der Fall, kann sich die pflegende Person durch entsprechende Schutzmaßnahmen (wie FFP2-Maske, oder das Tragen anderer persönlicher Schutzausrüstung wie Einmalhandschuhe, Kittel und Schutzbrille sowie Händedesinfektion) selbst vor einer Ansteckung schützen.

Die Inzidenzzahlen sind so niedrig wie schon lange nicht mehr. Die Leute atmen auf und fühlen sich wieder freier. Wie schätzen Sie die Situation ein? Könnte dadurch die Gefahr wieder erhöht werden, zuhause einen pflegebedürftigen Angehörigen anzustecken? Werden die Leute wieder leichtsinniger?

Dr. Heide Niesalla: Niedrige Inzidenzzahlen sind erfreulich und erleichternd, aber wir sehen ja bereits wieder einen Anstieg und leider auch weiterhin Ausbrüche in Pflegeeinrichtungen. Zudem besteht kein 100%-iger Impfschutz. Daher sollte man gerade im Umgang mit Risikogruppen weiterhin vorsichtig sein.

Dass die Inzidenzen noch relativ gering sind, verdanken wir zum einen den Impfungen, zum anderen aber auch den allgemeinen Infektionsschutzmaßnahmen (Maskentragen, Einhalten der Hygieneregeln, Abstandhalten, Lüften). Wir befinden uns zurzeit in einer sehr dynamischen Situation, in der zwar schon viele Menschen eine Impfung erhalten haben, aber noch lange nicht jeder einen ausreichenden Schutz hat. Außerdem kann das Auftreten neuer Virusvarianten dazu führen, dass der Impfschutz abgeschwächt wird. Man sieht am Beispiel der Niederlande, dass eine vorzeitige Lockerung aller Maßnahmen bei unzureichendem Impfschutz der Bevölkerung sehr schnell zu einem rapiden Anstieg der Fallzahlen führen kann. Gerade bei der Pflege Angehöriger, die zu einer Risikogruppe zählen, sollte man sich daher nach wie vor an die Infektionsschutzmaßnahmen halten.

Viele Menschen fühlen sich mit einer FFP2-Maske eingeengt beim Atmen. Wäre eine normale Maske für zuhause ausreichend?

Dr. Heide Niesalla: Prinzipiell reicht ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz (MNS). Wenn der Schutz nochmals erhöht werden soll, sind FFP2-Masken zu nutzen. Sie haben eine andere Passform und auch eine andere Materialzusammensetzung. Dies ist speziell relevant bei der aerogener Übertragung (Luftübertragung) von Erregern.

Zusätzlich schützt sich der Träger einer FFP2-Maske selbst vor einer Ansteckung. Wenn sich Träger von FFP2-Masken eingeengt fühlen, sollten Modelle verschiedener Hersteller ausprobiert werden. Diese unterscheiden sich zum Teil sehr in ihrem Tragekomfort. Wichtig ist, auf eine richtige Nutzung der FFP2-Maske zu achten: Diese sollte nicht nur den Mund-, sondern auch den Nasenbereich abdecken und diesen ganzen Bereich möglichst eng umschließen. Und bitte vermeiden Sie es so gut es geht, generell die Masken nach dem Aufsetzen großflächig anzufassen. Wenn Sie die Maske anfassen, dann möglichst nur an den Gummibändern oder am Nasenbügel.

Infektionsschutz war ja schon immer wichtig, bereits vor der Corona-Pandemie. Auf was sollten pflegende Angehörige besonders im Pflegealltag achten?

Dr. Heide Niesalla: Im Umgang mit älteren und pflegebedürftigen Menschen hat Hygiene einen besonderen Stellenwert. Wir sollten den Infektionsschutz dabei immer gesamtheitlich betrachten. Die richtige Händehygiene ist dabei eine wesentliche Maßnahme, um Infektionen zu vermeiden. Grundsätzlich sollte in diesen bestimmten Situationen eine Händedesinfektion stattfinden:

  • Bevor mit der Pflege begonnen wird
  • Vor aseptischen Tätigkeiten, das heißt Tätigkeiten, die die vorherige Beseitigung aller Krankheitserreger erfordern, wie zum Beispiel vor dem Wechsel eines Wundverbands
  • Nach möglicher Verunreinigung der Hände, zum Beispiel mit Ausscheidungen, Blut oder anderen Körpersekreten
  • Nach der Nutzung von Handschuhen
  • Nach Beendigung der Pflege
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Anleitung zur Händedesinfektion
  • PDF zum Ausdrucken in DIN A4
  • 6 Schritte nach medizinischem Standard
  • Mit grafischer Darstellung und Beschreibung

Auch das Desinfizieren von Flächen in der unmittelbaren Umgebung eines Pflegebedürftigen kann sinnvoll sein, wenn die Flächen zum Beispiel verunreinigt wurden und zudem noch häufig berührt werden. Weiter sollte der Umgang mit benötigten Materialien wie Verbänden, Wundauflagen und so weiter unbedingt hygienisch erfolgen.

Aktuell im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie kommt hinzu, dass jetzt ausreichend Impfstoff verfügbar ist. Eine Impfung kann schwere Krankheitsverläufe verhindern und alle Beteiligten in der Pflegesituation schützen. Daher sollte auch eine Impfung in Betracht gezogen werden.

Wenn man den Infektionsschutz von verschiedenen Richtungen aktiv angeht, kann ein hoher Schutz erreicht werden.
Dr. Heide Niesalla
Infektionsschutz reduziert auch das Risiko für Corona-Langzeitfolgen

Der beste Schutz vor Corona-Spätfolgen ist, sich gar nicht erst mit COVID-19 anzustecken. Denn jede Corona-Infektion birgt ein Risiko für Langzeitfolgen. Wenn die Symptome auch noch vier Wochen nach einer aktuen COVID-19-Infektion bestehen, spricht die Medizin von Long COVID. Mehr Informationen dazu finden Sie in unserer Themenwelt zu Long COVID.

Abgesehen von SARS-CoV-2 gibt es zahlreiche andere Erreger, die einem alten Menschen zu schaffen machen könnten. Welche Bakterien oder Keime sind für ältere Menschen oder Pflegebedürftige noch gefährlich?

Dr. Heide Niesalla: Es gibt Erreger, die bei allen Menschen Infektionskrankheiten hervorrufen, diese nennt man obligat pathogen, dazu gehört SARS-CoV-2, aber zum Beispiel auch das Masern- oder das Norovirus. Je nach Immunstatus und anderen Vorerkrankungen, kann es sein, dass diese Infektionen bei Pflegebedürftigen schwerer verlaufen.

Dann gibt es fakultativ pathogene Erreger, die häufig zur normalen Flora des Körpers gehören. Das heißt, sie sind auf der Haut oder im Darm aller Menschen zu finden. Sie machen erst einmal nicht krank, sondern sind zum Teil sogar lebensnotwendig. Wie schon beschrieben, können sie dennoch Infektionen hervorrufen, wenn sie in „die falschen“ Bereiche des Körpers gelangen. Wenn diese Erreger zum Beispiel in die Blutbahn gelangen, kann es zu einer Sepsis, also einer Blutstrominfektion kommen. Gelangen die Bakterien der Haut in eine Wunde, kann sich die Wunde entzünden und wenn zum Beispiel Bakterien aus dem Darm in die Harnwege gelangen, kann daraus eine Harnwegsentzündung entstehen.

Um das zu verhindern, ist die Händehygiene und generell die Hygiene in der Pflege so wichtig.

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Gibt es Zahlen, die belegen, wie Krankheiten verhindert werden können, wenn auf die Hygiene richtig geachtet wird? Haben Sie Erfahrungswerte in dieser Richtung?

Dr. Heide Niesalla: Dies ist ganz individuell, je nach Erreger und angewendeter Schutzmaßnahme. Für den Krankenhausbereich wurde ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Auftreten von nosokomialen Infektionen, das heißt Infektionen, die während eines Aufenthalts im Krankenhaus auftreten, und der Händehygiene gezeigt. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass eine Verbesserung des Händehygiene-Verhaltens, das heißt die Händedesinfektion der Mitarbeiter in den entsprechenden Situationen, die Rate an nosokomialen Infektionen verringert. Insbesondere Händedesinfektion ist also essenziell beim Infektionsschutz, das gilt auch für die Pflege zuhause.

 

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Erstelldatum: 1202.80.32|Zuletzt geändert: 5202.20.5
Interview

Im Gespräch mit Martina Rosenberg, der neuen pflege.de-Expertin und SPIEGEL-Bestsellerautorin

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Martina Rosenberg
Im Interview
Martina Rosenberg
Pflegeexpertin & Autorin

Die Pflegeexpertin, Journalistin und Autorin Martina Rosenberg erreichte mit ihrem SPIEGEL-Bestseller „Mutter, wann stirbst du endlich?“ eine hohe mediale Aufmerksamkeit. In Medienauftritten, Lesungen und Vorträgen vertritt sie die Interessen von pflegenden Angehörigen. Sie selbst pflegte jahrelang ihre Eltern und weiß, wie herausfordernd das Vereinbaren von Familie, Beruf und Pflege ist.

Ihre früheren Tätigkeiten als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Pressesprecherin in Sozialverbänden geben ihr einen tiefen Einblick in die ambulante und stationäre Versorgung in der Altenpflege.

Seit September 2020 unterstützt Martina Rosenberg die Plattform pflege.de mit ihrer Expertise. Im Interview spricht sie über ihre Ziele, die Schwierigkeit pauschaler Pflege-Versprechen und was sie dazu motivierte, den Bestseller „Mutter, wann stirbst du endlich?“ zu schreiben.

Martina, wir freuen uns sehr, dass Du von nun an pflege.de als Pflegeexpertin unterstützt. Wie bist du eigentlich zum Thema Pflege gekommen?

Martina Rosenberg: Mein Leben ist recht bunt verlaufen. Bevor ich als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei verschiedenen Sozialverbänden tätig wurde, lebte ich 12 Jahre in Griechenland und hatte dort eine Agentur für Sportanimateure. Aber das ist lange her. Als meine Tochter zur Welt kam, bin ich mit meiner kleinen Familie in das Haus meiner Eltern südlich von München gezogen und wir lebten wieder fest in Deutschland.

Ein paar Jahre später wurden meine Eltern beide sehr schwer pflegebedürftig. Neben meinem berufsbegleitenden Studium zur Journalistin entwickelte ich mich auch noch zur Expertin für Pflegethemen. Aber nicht nur privat begleitete mich das Thema – ich war auch viele Jahre Pressesprecherin und Leiterin der Unternehmenskommunikation für einen Träger von Pflegeheimen und Pflegediensten.

Du warst also auch eine pflegende Angehörige?

Martina Rosenberg: Ja, plötzlich und unverhofft – wie so viele andere vor und nach mir – war ich pflegende Angehörige. Wir sind völlig unvorbereitet in die Situation geschlittert. Meine Mutter litt an vaskulärer Demenz und mein Vater hatte parallel dazu einen Schlaganfall. Ihr Leben wurde immer beschwerlicher und sie brauchten kontinuierlich mehr Betreuung und Zuspruch. Das war für uns eigentlich nicht mehr zu bewältigen: Mein Mann und ich waren beide berufstätig und unsere 6-jährige Tochter benötigte zu dem Zeitpunkt sehr viel Unterstützung in der Schule.

Und das hat dich dann motiviert, Bücher zu schreiben wie den SPIEGEL-Bestseller „Mutter, wann stirbst du endlich?“ Was genau war dein Ziel?

Martina Rosenberg: Für mich war es unerträglich, all die Jahre zu beobachten, wie von der Politik und auch von der Gesellschaft die Pflege zuhause schöngeredet wurde. Bei uns zuhause war es alles andere als schön. Gleichzeitig wurde für Pflegende und ihre Familien keine Unterstützung angeboten. Wir haben uns mit unseren Problemen völlig alleingelassen gefühlt. Meine Mutter hatte Zeiten, da schrie sie nachts um Hilfe. Mein Vater, der an einer schweren Augenerkrankung litt, fiel immer mehr in das dunkle Loch einer Depression.

Nachdem beide Eltern verstorben waren, wollte ich andere mit meinem Buch zu diesem Thema wachrütteln. Ich wollte darstellen, wie es ist, wenn man vorher keine Absprachen getroffen hat, wenn man sich nie zu dem Thema Pflege ausgetauscht hat und wie es den pflegenden Angehörigen dabei geht. Dass dieses Buch so eine unglaubliche Aufmerksamkeit bekommen hat, zeigte mir, wie viele Menschen sich in derselben Situation befanden und wie sehr es von der Politik und der Gesellschaft versäumt wurde, dieser Personengruppe mehr Beachtung zu schenken.

Was sind Deine wichtigsten Erfahrungen, die Du damals als pflegende Angehörige gemacht hast? Was würdest du anderen Menschen mit auf den Weg geben, die gerade in eine Pflegesituation kommen?

Martina Rosenberg: In all den Jahren der Pflege meiner Eltern, in denen ich bestrebt war, alles richtig zu machen, habe ich mich immer gefragt, wie das nur so schieflaufen konnte. Wo war der Fehler? Heute kann ich rückblickend sagen, es war falsch, dass wir uns als Familie nicht vorbereitet haben.

Ich halte es für unglaublich wichtig, dass sich Familien darüber austauschen, wie sie die Pflege im Ernstfall organisieren – und zwar am besten schon bevor jemand pflegebedürftig wird.
Martina Rosenberg – Pflegeexpertin

Wurde das versäumt, sollte man das spätestens dann nachholen, wenn die Pflegesituation eingetroffen ist. Dann müssen alle an einen Tisch, um darüber zu sprechen, wer welche Aufgaben erledigen wird.

Es ist immer noch in vielen ländlichen Regionen üblich, dass stillschweigend davon ausgegangen wird, die Töchter würden die Pflege übernehmen. Dabei wird hartnäckig ignoriert, dass ihnen längst nicht mehr die Zeit zur Verfügung steht, wie das vielleicht noch vor 30 Jahren der Fall war.

Ein anderer wichtiger Punkt ist, dass meine Eltern schon viele Jahre, bevor sie pflegebedürftig wurden, uns stets gesagt haben, sie wollen nie ein Heim. Sie haben sich das gegenseitig sogar fest versprochen. Aber leider ohne uns nach unserer Meinung zu fragen. Das hat uns enorm unter Druck gesetzt. Meine Mutter war so stark dement in den letzten Jahren, dass es kaum mehr möglich war, sie zuhause zu betreuen. In einem Pflegeheim hätte sie, meiner Meinung nach, besser betreut werden können.

In den letzten Jahren habe ich Töchter kennengelernt, die ihren Eltern gegenüber dasselbe Versprechen abgegeben haben – Pflege zuhause um jeden Preis. Dabei haben sie sich und ihre Gesundheit ruiniert. Ich würde jedem dringend davon abraten, so ein pauschales Versprechen abzugeben. Man weiß nie, wie sich die Situation entwickelt und ob ein Platz im Pflegeheim dann die bessere Lösung für alle Beteiligten ist.

Wie siehst du die Situation von pflegenden Angehörigen heute?

Martina Rosenberg: Es hat sich in den letzten Jahren viel getan, das muss ich wirklich zugeben. Betroffene Familien können sich überall beraten lassen und auch im Internet finden sie viele Hilfen. Allerdings müssen sie davon wissen und diese Hilfen tatsächlich beanspruchen. Es gibt immer mehr Tagespflegeeinrichtungen und Demenzkranke werden bei der Pflegegrad-Begutachtung viel mehr berücksichtigt. Die Politik hat also mittlerweile erkannt, dass das System ohne pflegende Angehörige zusammenbrechen würde. Aber dennoch: Es geht alles viel zu langsam.

Ich habe in den letzten Jahren so viele ergreifende Geschichten von pflegenden Angehörigen gehört, die sehr verzweifelt waren. Auch wenn es scheinbar gute Lösungen in der Theorie gibt, können sie nicht in die Tat umgesetzt werden. Da gibt es z. B. keinen Platz in der Tagespflege. Plätze für Kurzzeitpflege sind nicht verfügbar. Viele Pflegebedürftige müssen, je nach Pflegekasse, immer noch um jeden Cent kämpfen und bekommen nicht oder nur schwer das, was ihnen zusteht. Pflegeheime haben keine Kapazitäten, weil sie kein Fachpersonal finden. Die Liste lässt sich noch weiter fortsetzen.

Am Ende bleibt Pflege dann meist doch Familiensache – mit wenig finanzieller Unterstützung und wenig Anerkennung. Ich finde, hier müsste viel mehr getan werden.
Martina Rosenberg – Pflegeexpertin

Was oder wer liegt dir besonders am Herzen?

Martina Rosenberg: Ganz klar, die Töchter. Die Töchter, von denen stillschweigend erwartet wird, dass sie sich um ihre Eltern kümmern. Sie sind viel zu oft diejenigen, die sich verantwortlich fühlen, die den Druck der Gesellschaft am meisten spüren und sich ihm beugen. Findet der Sohn einen Platz im Pflegeheim für Mutter oder Vater, ist die Nachbarschaft einverstanden. Tut das die Tochter für ihre Eltern, erkundigen sich die Nachbarn, ob denn die Pflege zuhause tatsächlich nicht mehr möglich gewesen sei. So ist es noch in vielen Regionen in Deutschland. Und deswegen werde ich nicht müde zu sagen:

Die Pflege ist nicht nur die Aufgabe der Töchter! Alle müssen hier ran.
Martina Rosenberg – Pflegeexpertin

Nun unterstützt Du pflege.de – Deutschlands führende Plattform für das Leben im Alter. Warum hast Du Dich dafür entschieden und was sind Deine Ziele?

Martina Rosenberg: Über diese Möglichkeit freue ich mich wirklich sehr. Ich erhoffe mir, mit pflege.de viele pflegende Angehörige und auch Pflegebedürftige zu erreichen und sie mit meiner Erfahrung und die der vielen Menschen, die ich in den letzten Jahren getroffen habe, bei der Pflege zu unterstützen. Ich bin mittlerweile überzeugt davon, dass Pflege zuhause auch gelingen kann. Einfach ist diese Aufgabe sicher nicht, aber es sollte unser Ziel sein, die Familien dabei zu begleiten und die richtigen, hilfreichen Informationen an die Hand zu geben.

Vielen Dank für das nette Gespräch, Martina. Wir freuen uns, dich bei pflege.de willkommen zu heißen!

Erstelldatum: 0202.90.41|Zuletzt geändert: 5202.20.3
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