Urostoma: Der künstliche Blasenausgang

Urostoma

Wenn die Blase nicht mehr kontrolliert über die Harnwege entleert werden kann, schafft ein Urostoma Abhilfe. Mit dem so geschaffenen künstlichen Blasenausgang können Betroffene dann den Harn über eine Öffnung an der Bauchdecke ablassen. pflege.de erklärt Ihnen die verschiedenen Arten und Versorgungssysteme eines Urostomas und gibt wertvolle Tipps für den Umgang im Alltag.

Inhaltsverzeichnis

Urostoma: Definition

Ein Urostoma (aus dem Griechischen: Ouron = Harn; Stoma = Öffnung) ist ein operativ hergestellter Ausgang der Blase oder der Harnleiter durch die Bauchdecke. Oft wird er auch als künstlicher Blasenausgang, künstliche Harnableitung oder als Blasenstoma bezeichnet.

Ein Urostoma kann zeitweise angelegt oder permanent getragen werden. Es befindet sich an der linken oder rechten unteren Bauchseite. Nach dem Dickdarm- und Dünndarmstoma ist das Blasenstoma die dritthäufigste Stoma-Art. Das Urostoma selbst hat keinen direkten Einfluss auf die Lebenserwartung.

Info
Unterschied Urostoma & Blasenkatheter

Bei einem Urostoma wird der Urin über einen künstlichen Ausgang über die Bauchdecke aus dem Körper geleitet. Ein Blasenkatheter wiederum besteht aus einem Katheterschlauch, der über die Harnröhre in die Blase geschoben wird. Hierüber kann der Urin dann aus dem Körper abgeleitet werden. Sowohl Katheter als auch Stoma erfordern eine sorgfältige Pflege.

Ursachen für Urostoma

Die häufigste Ursache für ein Urostoma sind Tumore in den Harnwegen oder der Blase (Blasenkrebs). Aber auch durch eine schwerwiegende Verletzung wie ein Unfall oder eine Operation kann die Blase ihre Funktion verlieren, Urin zu speichern und über die Harnröhre auszuscheiden. Weitere Gründe sind sogenannte Stenosen – das sind Verengungen der ableitenden Harnwege –, angeborene Fehlbildungen und Nervenschädigungen.(1)

Urostoma-Arten

Es gibt diverse operative Techniken, ein Blasenstoma anzulegen, um dafür zu sorgen, dass der Harn abfließen kann.(2)(3) Die häufigsten Urostoma-Arten sind Harnleiter-Hautfisteln und Ileum-Conduits. Sie leiten je nach Möglichkeiten den Urin konstant nach außen (inkontinentes Urostoma) oder sammeln ihn in einem operativ hergestellten Reservoir, um von dort kontrolliert entleert zu werden (kontinentes Urostoma).

Harnleiter-Hautfistel

Eine Harnleiter-Hautfistel, die sogenannte Transuretero-Ureterocutane Ostomie (TUUC), legt der Chirurg an, indem er einen der zwei Harnleiter durch eine kleine Öffnung in der Bauchdecke führt. Der zweite Harnleiter wird mit dem nach außen führenden Harnleiter verbunden. Ein dünner Katheter (Splint) sorgt dafür, dass sich das Stoma nicht verengt. Er schient also die künstliche Öffnung. Der Splint muss dann in regelmäßigen Abständen vom Urologen gewechselt werden.

Ileum-Conduit

Bei dieser Stomaart dient ein kleines Stück des Dünndarms (Ileum) als Verbindung zwischen Harnleiter und Haut. Die Harnleiter werden in das abgetrennte Darmteil angenäht, das der Chirurg dann in der Bauchdecke platziert (Conduit). So gelangt der Urin direkt aus den Nieren über die Harnleiter nach außen.

Inkontinentes Urostoma

Als inkontinentes Urostoma („nasses Urostoma“) bezeichnen Experten künstliche Blasenausgänge, bei denen der Urin konstant über das Stoma aus der Blase in den Stomabeutel abgeht. Der Harnfluss kann also nicht kontrolliert werden. Sowohl die Harnleiter-Hautfistel als auch das Conduit sind inkontinente Urostomata.

Kontinentes Urostoma

Bei einem kontinenten Urostoma wird der Harn zunächst in ein Reservoir (Pouch) geleitet, das aus Darmteilen konstruiert wird. Es mündet in einem Stoma etwa im Unterbauch oder Bauchnabel, das sich dicht verschließen lässt. Über einen Katheter entleert der Stomaträger darüber seinen Urin etwa alle drei bis vier Stunden – auch nachts – kontrolliert in die Toilette.

Versorgungssysteme für Urostoma

Meist wird ein Urostoma mit einem zweiteiligen Stomasystem versorgt.(4) Das besteht aus einer Basisplatte, auch Hautschutzplatte genannt, und einem Stomabeutel mit Auslassventil, durch das Sie den gesammelten Urin in die Toilette ablassen können. Anschließend lässt sich das Ventil wieder dicht verschließen.

Neben den zweiteiligen gibt es auch einteilige Systeme, bei denen der Stomabeutel fest an der Platte angebracht ist. Diese Stomaversorgung müssen Sie täglich komplett austauschen.

Info
Stomasystem regelmäßig wechseln

Die Basisplatte eines zweiteiligen Stomasystems sollten Sie nach spätestens vier Tagen durch eine neue ersetzen. Den Stomabeutel wechseln Sie dagegen mindestens einmal täglich. Direkt nach der Stoma-OP sind die Wechselintervalle etwas kürzer. Die meisten Stomaträger kümmern sich selbst um ihre Stomaversorgung. Sie als pflegende Angehörige können dabei ebenso unterstützen wie ein Pflegedienst.

Urostomabeutel

Die Beutel, in denen der Urin aufgefangen wird, heißen Urostomiebeutel oder Urostomabeutel. Sie bestehen aus einer geruchsdichten Kunststofffolie. Eine Rücklaufsperre verhindert, dass der Urin und die darin enthaltenen Bakterien bei Körperbewegungen zum Stoma zurückfließen. Das ist wichtig, um Infektionen und Entzündungen vorzubeugen.

Viele Beutelsysteme haben im Beutelinnern ein integriertes Mehrkammersystem, durch das sich der Urin gleichmäßiger im Beutel verteilt. So bleibt er flach und lässt sich besser unter der Kleidung verbergen. Viele Beutel werden außerdem mit einer Vliesschicht auf der Körperseite gefertigt, damit sie sich angenehmer auf der Haut anfühlen.

Unterschiedliche Beutel-Größen

Träger eines Urostomas scheiden zwischen ein und drei Litern Urin pro Tag aus. Je nach Situation, können Sie auf unterschiedliche Beutel-Größen zurückgreifen: So eignet sich für die Nacht ein Beutel mit einem Fassungsvermögen von bis zu zwei Litern. Der Urin gelangt hier über einen Schlauch in den Nachtbeutel, den Sie ans Bett hängen oder auf den Boden legen können.

Info
Stomazubehör über die Krankenkasse beziehen

Im Hilfsmittelverzeichnis des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden verschiedene Zubehörteile für die Stomaverwendung gelistet, die Sie als gesetzlich Versicherter über Ihre Krankenkasse erhalten können. Neben Platten und Beutel finden sich hier auch spezielle Bandagen, Gürtel oder Pflegeprodukte. Sprechen Sie dazu Ihren Stomatherapeuten oder Ihren Arzt an. Sie können sich auch direkt mit Ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen.

Im pflege.de-Ratgeber „Stoma: Versorgung und Pflege“ erfahren Sie, wie und mit welchen Hilfsmitteln Sie Ihr Stoma am besten versorgen.

Urostoma: Komplikationen

Häufige Probleme bei Urostomata sind Harnwegsinfekte, die Bildung von Harnkristallen auf der Haut und Harnstaus.(5) Insbesondere ein Harnstau birgt Gefahren, weil er unbehandelt zu einer Nierenschädigung führen kann.

Auch eine Harnwegsinfektion sollten Sie möglichst vermeiden, indem Sie auf die richtige Hygiene bei der Stomaversorgung achten und ausreichend trinken. Lassen Sie Ihren Urin bei einem ersten Verdacht sofort von Ihrem Arzt untersuchen. Dafür ist es wichtig, dass Sie die Urinprobe direkt aus dem Stoma und nicht aus dem Beutel entnehmen.

Bei einem Ileum-Conduit kommt es darüber hinaus in der ersten Zeit zu einer verstärkten Schleimbildung. Sie ist allerdings unbedenklich und lässt mit der Zeit nach.

Typische das Stoma betreffende Komplikationen sind außerdem der Rückzug des Stomas unterhalb der Hautoberfläche (Retraktion), ein Vorfall des Stomas (Prolaps) – wenn der Darm zu weit aus dem Stoma heraustritt – sowie ein Bruch in der Bauchdecke (Hernie).

Harnkristalle auf der Haut

Manchmal bilden sich am Stoma und auf der Haut drumherum weißliche Kristalle, die aussehen wie kleine Glassplitter: Harnkristalle. Schuld ist ein zu alkalischer Urin mit einem ph-Wert von 7 und mehr. Insbesondere Fisch, Käse und Fruchtsäfte können den pH-Haushalt wieder ausgleichen.

Hautkomplikationen beugen Sie außerdem dadurch vor, indem Sie darauf achten, dass Ihr Versorgungssystem die richtige Lochgröße hat. Ansonsten kann Urin unter die Hautschutzplatte geraten und zu Hautreizungen führen.

Wichtiger Hinweis
Bei Auffälligkeiten den Arzt kontaktieren

Sollten Sie oder Ihr Angehöriger über Schmerzen klagen oder feststellen, dass nur wenig Urin im Urostomabeutel ankommt, kontaktieren Sie ohne zu zögern Ihren behandelnden Arzt. Je früher eine Komplikation entdeckt wird, desto besser.

Urostoma bei Pflegebedürftigkeit

Die meisten Urostomaträger versorgen ihr Stoma selbstständig zuhause. Doch einige Betroffene sind in ihrer Eigenständigkeit bereits eingeschränkt und auf Hilfe angewiesen. Im besten Fall haben Sie dann bereits einen Pflegegrad, ansonsten lohnt es sich, dass Sie einen beantragen: Mit dem Pflegegradrechner von pflege.de können Sie ermitteln, welchen Pflegegrad Sie erhalten können.

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Professionelle Beratung

Die Versorgung des Urostomas von pflegebedürftigen Menschen kann entweder durch einen Angehörigen oder durch eine speziell ausgebildete Fachkraft vom Pflegedienst erfolgen.

Zuvor beantwortet auch ein Stomatherapeut sämtliche Fragen. Er ist nach der Stoma-OP der erste Ansprechpartner für Stomapatienten.

Leben mit Urostoma

Sie können Ihren Alltag auch mit einem künstlichen Blasenausgang normal gestalten. Für nahezu jeden Lebensbereich gibt es Hilfsmittel und Handgriffe, um mit Ihrem Urostoma richtig umzugehen.

Urostoma: Reinigung & Pflege

Regel Nummer eins bei der Reinigung und Pflege eines Urostomas: Beachten Sie vor und nach dem Wechsel allgemeine Hygienemaßnahmen, wie das Händewaschen.

Damit keine Bakterien in das Stoma gelangen, die zu unangenehmen Harnwegsinfektionen führen können, müssen Sie das Urostoma stets von innen nach außen säubern.(6)

Hautpflege bei Urostoma

Die das Stoma umgebende Haut wird stark beansprucht. Urin kann die Haut ebenso reizen wie der regelmäßige Wechsel des Versorgungssystems. In der Apotheke gibt es für die Pflege von Stomapatienten spezielle Hautschutz-Lotionen. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Krankenkasse oder Ihrem Arzt, ob die Kosten dafür übernommen werden. Wenn Sie andere Pflegeprodukte verwenden, achten Sie darauf, dass sie fett- und parfumfrei sind.

Tipp
Nutzen Sie warmes Wasser zur Reinigung der Haut

Um die stomaumgebende Haut zu reinigen, nutzen Sie warmes Wasser und einen frischen Einmalwaschlappen oder eine Kompresse. Halten Sie außerdem den Hautbereich um das Urostoma herum möglichst frei von Haaren.

Reinigung eines Urostomas mit Splint

Manchmal werden bei einem Urostoma kleine Katheter in die Harnleiter gelegt, sogenannte Splints. Bei der Reinigung Ihres Urostomas sollten Sie zuerst den Splint mit einer sauberen Kompresse vom Stoma hin zur Splintspitze reinigen. Für das Urostoma selbst benutzen Sie dann eine neue, unbenutzte Kompresse.

Tipp
Pflegebedürftige haben Anspruch auf Pflegehilfsmittel zum Verbrauch

Pflegebedürftige mit Pflegegrad, die zuhause gepflegt werden, haben Anspruch auf Pflegehilfsmittel zum Verbrauch im Wert von monatlich bis zu 42 Euro. Mit der curabox Pflege von pflege.de erhalten Sie Pflegehilfsmittel wie Hände- und Flächendesinfektionsmittel monatlich kostenfrei zu sich nach Hause geschickt.

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Urostoma und Ernährung

Besonders wichtig für Menschen mit einem künstlichen Blasenausgang ist es, viel zu trinken. So fließt der Urin gut ab und Bakterien werden herausgespült, bevor sie die Harnröhre hinaufwandern und eine Infektion verursachen können. Experten empfehlen, etwa zwei bis drei Liter Flüssigkeit pro Tag zu sich zu nehmen. Besonders ratsam ist unter anderem Preiselbeersaft, da er antiseptisch wirken soll. Vermeiden Sie dagegen kohlensäurehaltige Getränke wie Mineralwasser oder Bier.

Als Urostomapatient müssen Sie keine spezielle Diät einhalten – ihrer Gesundheit tun Sie mit einer ausgewogenen Ernährung aber immer einen Gefallen. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Stomatherapeuten, worauf Sie in Ihrem individuellen Fall sonst noch achten sollten.

Sport mit Urostoma

Als Träger eines Urostomas können Sie normal Sport treiben. Auch einem Besuch im Schwimmbad steht nichts im Weg. Zum Schutz Ihres künstlichen Blasenausgangs können Sie verschiedene Hilfsmittel wie spezielle Bauchbinden, Schwimmgürtel und Schutzkappen benutzen. Sie bedecken und schützen das Stoma.

Reisen mit Urostoma

Ausflüge und Reisen stellen ebenfalls keine Probleme dar. Denken Sie aber stets daran, ausreichend Wechselmaterial mitzunehmen.

 

Tipp
Internationales Reise-Zertifikat für Stomapatienten

Damit Sie bei einer Reise mit dem Flugzeug keine Schwierigkeiten bekommen, können Sie sich ein Zertifikat („Internationales Reise-Zertifikat der European Ostomy Association“) von Ihrem Arzt ausstellen lassen. Dieses Dokument erklärt in mehreren Sprachen, warum und wozu Sie das Urostoma brauchen.

Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Urostoma?

Ein Urostoma ist ein künstlich hergestellter Ausgang an der Blase oder den Harnleitern, um Urin abzuleiten. Es befindet sich in der Regel an der linken oder rechten unteren Bauchseite.

Kann ich das Urostoma selbständig versorgen?

Grundsätzlich können Sie als Stomaträger oder Angehöriger die Versorgung des Urostomas selbständig übernehmen. Um Infektionen vorzubeugen, müssen Sie dabei besonders auf eine gute Hygiene achten. Ein Stomatherapeut, der in der Regel bereits im Krankenhaus Kontakt zu Stomapatienten aufnimmt, zeigt Ihnen Schritt für Schritt, wie Sie das Stoma sicher und sorgfältig versorgen können. Wer sich das nicht selbst zutraut, kann sich an einen ambulanten Pflegedienst wenden.

Wie oft muss ich die Urostomaversorgung wechseln?

Sie wechseln Ihre Stomaversorgung mehrmals täglich. Für die Nacht gibt es größere Beutel, der den Urin bis zum Morgen aufnehmen kann. Wenn Sie ein zweiteiliges Stomasystem verwenden, können Sie die Basisplatte, an der der Beutel befestigt wird, drei bis fünf Tagen auf der Haut lassen.

Kann ich mit einem Urostoma schwimmen gehen?

Mit einem Urostoma können Sie problemlos schwimmen gehen, wenn Sie das Stoma schützen. Dies ist mit Hilfsmitteln wie speziellen Bauchbinden, Schwimmgürteln und Schutzkappen möglich. Fragen Sie Ihren Arzt, Stomatherapeuten oder direkt bei der Krankenkasse, ob die Kosten für diese Hilfsmittel in Ihrem Fall übernommen werden.

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Erstelldatum: 1202.60.22|Zuletzt geändert: 5202.60.62
(1)
Onko Internetportal (2017): Urostoma (künstliche Harnableitung), Urostomie
https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/darmkrebs/arten-des-kuenstlichen-darmausganges/urostoma-kuenstliche-har.html (letzter Abruf am 11.08.2023)
(2)
Hampel, C. (2022): Kontinente Harnableitungen. Springer Medizin
https://www.springermedizin.de/emedpedia/die-urologie/kontinente-harnableitungen?epediaDoi=10.1007%2F978-3-642-41168-7_99#Sec1 (letzter Abruf am 14.08.2023)
(3)
Rink, M. (2022): Inkontinente Harnableitung. Springer Medizin
https://www.springermedizin.de/emedpedia/die-urologie/inkontinente-harnableitungen?epediaDoi=10.1007%2F978-3-642-41168-7_97 (letzter Abruf am 14.08.2023)
(4)
Stoma-Welt.de: Die Stomaversorgung beim Urostoma
https://www.stoma-welt.de/leben-mit-stoma/hilfreiches-basiswissen/die-stomaversorgung-beim-urostoma/ (letzter Abruf am 11.08.2023)
(5)
Stoma-Welt.de: Mögliche Komplikationen bei einem Urostoma
https://www.stoma-welt.de/moegliche-komplikationen-bei-einem-urostoma/ (letzter Abruf am 11.08.2023)
(6)
pqsg – das Altenpflegemagazin im Internet: Pflegestandard "Urostomaversorgung"
https://www.pqsg.de/seiten/premium/artikel/hintergrund-standard-urostoma.htm (letzter Abruf am 11.08.2023)
(7)
Bildnachweis
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Interview

"Das Gefühl einer vollen Blase kenne ich so nicht"

Leonie
Im Interview
Leonie
lebt mit einer künstlichen Blase

Durch ihre angeborene Behinderung – die Lumbosakrale Agenesie – lebt Leonie seit Beginn ihres Lebens mit einer Harninkontinenz. 2019 war ihre Blase durch jahrelanges Katheterisieren so vernarbt, dass sie eine künstliche Blase, genauer gesagt: eine Mainz Pouch Anlage, bekam. Leider funktioniert diese bis heute immer noch nicht so wie sie eigentlich soll. Denn auch ihr Pouch ist bisher inkontinent. Seit 2020 spricht Leonie auf ihrem Instagram-Account meinpouchundich offen über ihren Alltag mit Pouch, klärt über urologische Probleme auf und möchte anderen Menschen Mut machen.

Leonie ist 26 Jahre alt und lebt seit ihrer Geburt mit einer seltenen Fehlbildung der unteren Wirbelsäule, die bei ihr unter anderem zu einer sehr schweren Harninkontinenz führt. Im Interview mit pflege.de spricht sie offen über ihren Alltag mit künstlicher Blase, ihre Herausforderungen als Kind und Jugendliche – und warum Offenheit ihr wichtigstes Werkzeug geworden ist.

Hallo Leonie! Sie sind mit einer „lumbosakralen Agenesie“ auf die Welt gekommen – möchten Sie kurz erklären, was darunter zu verstehen ist?

Leonie: Gerne. Es handelt sich um eine komplexe Fehlbildung des unteren Rumpfes, insbesondere der unteren Wirbelsäule. Dadurch kann unter anderem die Blasen- und Mastdarmfunktion gestört sein – wodurch es zu Inkontinenz kommen kann.

Durch die fehlende Muskulatur in meinen Waden wäre Laufen eigentlich nicht möglich. Aber meine Eltern haben sich von Anfang an sehr engagiert – ich war direkt in Physiotherapie und habe vermutlich dadurch im normalen Kindesalter laufen gelernt.

Was bedeutet die Diagnose für Ihren Alltag im Hinblick auf Ihre Blase und Ihren Darm?

Leonie: Eine lebenslange Inkontinenz. Zumindest über Harn. Meine Stuhlinkontinenz konnte ich im Grundschulalter ablegen, vermutlich auch durch die Physiotherapie.

Ab 2017 hat meine Blase immer mehr Probleme gemacht, weshalb ich 2019 einen Mainz Pouch bekommen musste.

Auf den Mainz Pouch kommen wir gleich nochmal zurück. Wie haben Sie Ihre Kindheit und Jugend unter diesen Umständen erlebt?

Leonie: Da ich seit meiner Geburt mit einer Harninkontinenz lebe, hat sich für mich nie etwas komisch oder anders angefühlt. Das Gefühl einer vollen Blase kenne ich so nicht.

Meine Kindergartenzeit war die schönste. Aber mit Schulbeginn begann das Mobbing. Zum Glück hatte ich meine engen Freunde und meine Familie, die mich immer geliebt haben wie ich bin – dafür bin ich sehr dankbar.

Nichtsdestotrotz habe ich als Kind viele unschöne Erlebnisse machen müssen. Und natürlich fiel es mir auch mit dem Älterwerden schwer, Intimität zuzulassen. Wenn ständig fremde Menschen in deinem Intimbereich zugange waren, wirkt das eben nach.

Auch im medizinischen Umfeld war es ein ständiges Auf und Ab. Oft hatte ich das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden – als würde man mir unterstellen, ich würde mir das alles ausdenken und überdramatisieren.
Leonie

2019 bekamen Sie den Mainz Pouch. Was genau kann man sich darunter vorstellen und wie kam es zu dieser Entscheidung?

Leonie: Ein Mainz Pouch ist eine künstliche Blase. Aus Teilen von Dünn-, Dick- und Blinddarm wird die Ersatzblase konstruiert. Diese wird mit den Harnleitern verbunden und ein künstlicher Ausgang wird über den Bauchnabel gelegt. Dort führe ich einen Katheter ein, um den Urin abzuleiten.

Von „Entscheidung“ kann man eigentlich nicht sprechen – ich hatte keine Wahl.

Mit 14 musste ich anfangen, mich über die Harnröhre zu katheterisieren, weil sich meine Blase nicht mehr vollständig entleeren konnte. Das führte zu schweren Entzündungen in Blase und Nieren.

Ende 2018 kam ich mit dem Katheter plötzlich nicht mehr durch die Harnröhre – sie war durch das Katheterisieren zu sehr vernarbt. Ganz wichtig: Das passiert nicht allen! Viele Menschen katheterisieren sich ein Leben lang ohne Probleme. Ich hatte einfach Pech.

Um meine Nieren zu retten, bekam ich schließlich den Mainz Pouch. Diesen habe ich nun seit Ende April 2019.

Wie verlief die Zeit nach der Operation?

Leonie: Ehrlich gesagt: schwierig. Ich bin ein echtes Negativbeispiel – aber ich möchte niemandem Angst machen. Ich kann nur berichten, wie es bei mir lief.

Nach der Pouch-OP lag ich zwei Monate im Krankenhaus, da es einige Komplikationen gab. Seitdem hatte ich neun weitere Operationen allein wegen des Pouches, ohne dass sich die Situation grundlegend verbessert hat.

Das heißt, der Pouch erfüllt bislang nicht seinen eigentlichen Zweck?

Leonie: Leider nein. Ich bin nun durch den Bauchnabel inkontinent.

Durch die vielen Eingriffe wurde auch mein Darm stark belastet, da immer neues Darmgewebe benötigt wurde. Inzwischen nehme ich mehrere Medikamente, um halbwegs regulären Stuhlgang zu haben.

Das tut uns leid zu hören. Worauf müssen Sie im Alltag mit dem Pouch achten?

Leonie: Im Normalfall geht man nach vollständiger Heilung alle drei bis vier Stunden auf Toilette, um den Pouch per Katheter zu entleeren. Da bei mir der Pouch inkontinent ist, muss ich katheterisieren, sobald es anfängt, auszulaufen – an schlimmen Tagen passiert das bis zu zweimal pro Stunde.

Natürlich wirkt sich das auf mein Alltagsleben aus.

Nachts stehe ich so gut wie jede Stunde auf. Das heißt, durchschlafen ist unmöglich. Man lebt quasi nach der Uhr. Ich gehe nirgends mehr hin, ohne zu wissen, wo das nächste Klo ist. Ich habe immer Wechselkleidung und Inkontinenzeinlagen dabei, die ich mir auf den Bauch klebe – aber wirklich passende Hilfsmittel für diese Art von Inkontinenz gibt es nicht.

Welche Strategie hat sich für Sie im Umgang mit der Inkontinenz bewährt?

Leonie: Mir hilft es im Alltag ungemein, mich jemanden anzuvertrauen und die Problematik so offen wie möglich zu behandeln. Im Job und in der Berufsschule wissen heute alle Bescheid – nur so geht es. Denn wenn es läuft, dann habe ich nur kurz Zeit, bevor ich voller Urin dastehe.

Früher habe ich mich immer geschämt – bis ich entschieden habe, mich endlich zu öffnen – und das war die beste Entscheidung meines Lebens! Es geht einem damit einfach besser, wenn man sich erstmal getraut hat, diesen Schritt zu gehen.
Leonie
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Auf Instagram sprechen Sie offen über das Thema Inkontinenz. Was motiviert Sie dazu – und welche Reaktionen erhalten Sie?

Leonie: Ich lag damals im Krankenhaus und war einfach nur genervt von meinem Körper und den urologischen Problemen, die damit einhergingen. Ich habe mich wahnsinnig allein gefühlt und im Internet nur Negatives gefunden. Das wollte ich ändern.

Ganz ehrlich: Wir gehen alle auf Klo. Wenn das bei manchen etwas anders läuft – na und?
Leonie

Ich möchte die Person sein, die ich mir damals so sehr gewünscht hätte.

Bisher habe ich fast nur positive Reaktionen bekommen. Natürlich gibt es immer Leute, die irgendwas zu meckern haben, aber darüber muss man sich (leider) bewusst sein, wenn man im Internet unterwegs ist.

Tipp
Leonies Aufklärungsarbeit auf Instagram

Hier kommen Sie zu Leonies Instagram-Account: meinpouchundich

Und wie sieht es außerhalb der sozialen Medien aus? Haben Sie das Gefühl, es wird ausreichend über Inkontinenz gesprochen?

Leonie: Überhaupt nicht. Das Thema wird totgeschwiegen – und das ist nicht nur schade, sondern auch gefährlich. Viele gehen deshalb gar nicht erst zu medizinischem Fachpersonal. Kein Wunder, dass die Dunkelziffer so hoch ist. Das muss sich dringend ändern.

Was wünschen Sie sich im gesellschaftlichen Umgang mit Inkontinenz – insbesondere bei jungen Menschen?

Leonie: Offenheit, Respekt und Akzeptanz. Inkontinenz ist ein Symptom, kein Makel. Niemand sucht sich das aus, niemand ist daran schuld. Betroffene benötigen Unterstützung, keine Vorurteile oder unangebrachten Kommentare.

Was möchten Sie anderen Menschen mit ähnlicher Diagnose oder chronischer Inkontinenz mitgeben?

Leonie: Du bist nicht allein. Du bist stark und mutig, auch wenn du dich nicht immer so fühlst. Es ist okay, nicht okay zu sein. Wichtig ist nur, dass du auf deinem Weg immer für dich einstehst und kämpfst. Du schaffst das. Ich glaube an dich.

Vielen Dank für dieses Interview, Leonie!

Mehr zum Thema Harninkontinenz im pflege.de-Magazin:

Interview
„Tabu? Ich sag‘s trotzdem: Ich bin inkontinent“
Erstelldatum: 5202.50.72|Zuletzt geändert: 5202.60.62
(1)
Bildquelle
© Leonie
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