Was sind Prophylaxen in der Pflege?
Der Begriff Prophylaxe bedeutet so viel wie Vorbeugung oder Verhütung. (1) In der Medizin werden damit alle Maßnahmen beschrieben, die Krankheiten oder Komplikationen vorbeugen sollen, beispielsweise durch Schutzimpfungen. (2)
Prophylaxen in der Pflege – auch als Prävention in der Pflege bezeichnet – sind gezielte Maßnahmen, die helfen sollen, Krankheiten zu verhindern oder deren Folgen zu vermeiden.
Pflege-Prophylaxen sollen aber auch typische Pflegekomplikationen verhindern, wie beispielsweise Dekubitus (Druckgeschwür oder auch Wundliegen).
Warum Pflegeprophylaxen so wichtig sind
Im pflegerischen Alltag sind Pflege-Prophylaxen vor allem dort wichtig, wo Menschen in ihrer
- Bewegung,
- Wahrnehmung oder
- Selbstversorgung eingeschränkt sind.
Vor allem in der Altenpflege oder bei einer schweren Pflegebedürftigkeit treffen viele dieser Risikofaktoren aufeinander – etwa Immobilität, Dysphagien (Schluckstörungen) oder ein geschwächtes Immunsystem.
Für wen kommt welche Pflegeprophylaxe in Frage?
Welche Prophylaxen notwendig sind, hängt immer von der individuellen Situation ab – etwa vom Gesundheitszustand, der Erkrankung oder dem Pflegebedarf einer Person.
Orientierung geben dabei sogenannte Expertenstandards.
Expertenstandards und ihre Bedeutung bei Pflegeprophylaxen
Expertenstandards sind offizielle Dokumente, die wissenschaftlich fundierte Empfehlungen für zentrale pflegerische Aufgaben bundesweit einheitlich bündeln – auch im Bereich der Prophylaxe.
Sie zeigen, wie relevante Risiken frühzeitig erkannt und gezielt verhindert werden können.
Entwickelt werden sie vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) und richten sich in erster Linie an Pflegefachkräfte. Doch auch für Angehörige in der häuslichen Pflege können sie eine wertvolle Orientierung bieten.
Alle Prophylaxen in der Pflege – Übersicht und Tabelle
In der Pflege gibt es viele vorbeugende Maßnahmen, um gesundheitliche Probleme zu vermeiden. Alle Pflege-Prophylaxen aufzulisten, würde eine sehr lange Liste ergeben.
pflege.de hat Ihnen daher die wichtigsten Prophylaxen in der Pflege in einer Tabelle zusammengestellt: (2)
Die wichtigsten Prophylaxen in der Pflege
Einige Pflegeprophylaxen kommen besonders häufig zum Einsatz – sie zählen zu den wichtigsten Prophylaxen in der Pflege. Diese stellen wir Ihnen im Folgenden näher vor.
Dekubitusprophylaxe
Wer sich nur eingeschränkt bewegen kann beziehungsweise bettlägerig ist, hat ein erhöhtes Risiko für Dekubitus – auch „Wundliegen“ genannt.
Die Dekubitusprophylaxe hilft dabei, gefährdete Körperstellen zu entlasten und Hautschäden zu vermeiden. (3)
In unserem Ratgeber zur Dekubitusprophylaxe erfahren Sie, wie Sie gefährdete Stellen erkennen und schützen können.
Infektionsprophylaxe
Ein schwaches Immunsystem, chronische Wunden oder Katheter – all das kann Infektionen im Pflegealltag begünstigen.
Die Infektionsprophylaxe umfasst Maßnahmen zur Hygiene und zum Infektionsschutz, die das Risiko für Infektionen deutlich senken – bei pflegebedürftigen, aber auch pflegenden Menschen. (4)
Aspirationsprophylaxe
Gelangen Speichel, Nahrung oder Flüssigkeit in die Atemwege, kann das schwerwiegende Folgen haben. (2)
Besonders gefährdet sind Menschen mit Schluckstörungen, aber auch Bettlägerige oder Menschen mit geschwächtem Hustenreflex.
Ziel der Aspirationsprophylaxe ist es, dieses Risiko frühzeitig zu erkennen und gezielt zu minimieren – zum Beispiel durch die richtige Positionierung (Lagerung), angepasste Ernährung oder spezielle Schlucktechniken.
Pneumonieprophylaxe
Die Pneumonieprophylaxe soll Lungenentzündungen vorbeugen – etwa durch regelmäßige Mobilisation oder Atemübungen.
Besonders wichtig ist sie bei Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit oder geschwächtem Immunsystem. (5) Denn Pneumonien zählen zu den häufigsten und gefährlichsten Komplikationen in der Pflege: Sie können lebensbedrohlich verlaufen und erfordern oft Krankenhausaufenthalte.
Frühzeitige Maßnahmen senken nachweislich das Risiko. (6)
Obstipationsprophylaxe
Bewegungsmangel, Medikamente oder Flüssigkeitsmangel können zu Verdauungsproblemen führen, beispielsweise zu Verstopfung.
Die Obstipationsprophylaxe unterstützt den regelmäßigen Stuhlgang durch gezielte Maßnahmen, Ernährung und Tagesstruktur. (7)
Intertrigoprophylaxe
In warmen, feuchten Hautbereichen – etwa unter der Brust oder in Leistenfalten – kann es schnell zu Reizungen oder Entzündungen kommen. In der Fachsprache werden diese als Intertrigo bezeichnet. Umgangssprachlich wird auch der Begriff Hautwolf genutzt.
Die Intertrigoprophylaxe sorgt dafür, dass die Haut geschützt und gepflegt bleibt. (8)
Sturzprophylaxe
Ein Sturz kann bei älteren oder pflegebedürftigen Menschen schwerwiegende Folgen haben – von Prellungen über Knochenbrüche bis hin zum Verlust der Selbstständigkeit.
Laut der Studie Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA) des Robert Koch-Institut waren fast ein Viertel der Menschen über 65 im Verlauf eines Jahres mindestens einmal gestürzt. Damit zählen Stürze zu den häufigsten Unfallereignissen im höheren Lebensalter – und vorbeugende Maßnahmen sind nicht nur sinnvoll, sondern oft entscheidend für den Erhalt von Mobilität und Lebensqualität. (9)
Die Sturzprophylaxe umfasst Maßnahmen zur Risikovermeidung, wie die Anpassung der Wohnumgebung, die Förderung von Bewegung oder der gezielte Einsatz von Hilfsmitteln.
Soor- und Parotitisprophylaxe
Bei pflegebedürftigen Menschen kann es leicht zu Pilzinfektionen im Mund (Soor) oder Entzündungen der Ohrspeicheldrüsen (Parotitis) kommen – besonders begünstigt durch Schluckbeschwerden, einen ausgetrockneten Mundraum oder unzureichender Mundpflege.
Um Soor und Parotitis vorzubeugen, helfen eine sorgfältige Mundpflege, die Anregung des Speichelflusses sowie eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Diese und weitere Maßnahmen gehören zur Soor- und Parotitisprophylaxe. (10)
Malnutritionsprophylaxe
Mangelernährung kann schleichend entstehen.
Die Malnutritionsprophylaxe hilft, Nährstoffdefizite frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Welche Maßnahmen dazu gehören, erfahren Sie in unserem Ratgeber zur Mangelernährung.
Dehydrationsprophylaxe
Ausreichend Flüssigkeit ist für alle Körperfunktionen essenziell. Gerade ältere und pflegebedürftige Menschen trinken jedoch oft zu wenig, wodurch die Gefahr einer Dehydration entsteht.
Die Dehydrationsprophylaxe zielt darauf ab, Austrocknung zu vermeiden – zum Beispiel durch Erinnerungen oder Trinkhilfen.
Selbstfürsorge als Prophylaxe – warum sie für pflegende Angehörige so wichtig ist
Pflegende Angehörige kümmern sich oft rund um die Uhr um andere – und vergessen dabei sich selbst.
Doch Selbstfürsorge ist kein Luxus, sondern notwendig: Wer rechtzeitig auf Warnsignale achtet, regelmäßig Pausen einlegt und sich gezielt Unterstützung holt, schützt sich vor Erschöpfung, Überforderung und gesundheitlichen Folgen wie Schlafstörungen, Rückenschmerzen oder Depressionen.
Damit ist Selbstfürsorge auch eine Form der Prophylaxe im Pflegealltag. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören:
- Pausen: Bewusst Auszeiten einplanen, auch im Alltag
- Unterstützung annehmen: zum Beispiel durch Verhinderungs– oder Kurzzeitpflege
- Beratungsangebote nutzen: Pflegeberatung, Selbsthilfegruppen oder psychosoziale Angebote
- Eigene Bedürfnisse ernst nehmen: Hobbys, Bewegung und soziale Kontakte pflegen
In unserem Ratgeber Pflegende Angehörige und praktisches Pflegewissen erfahren Sie, welche Ansprüche Sie als pflegender Angehöriger haben – und welche Entlastungsangebote Sie nutzen können.
Pflegeprophylaxen im Pflegealltag: Wie Sie Risiken früh erkennen
Pflegeprophylaxen wirken dann am besten, wenn Risiken frühzeitig erkannt werden.
Viele typische Komplikationen – etwa Wundliegen, Infekte oder Verstopfung – entwickeln sich in der Regel nicht plötzlich, sondern kündigen sich an. Kleine Veränderungen können auf mögliche Risiken hinweisen können – etwa:
- Weniger Bewegung als sonst,
- Appetit- oder Trinkmangel,
- Hautveränderungen oder Druckstellen,
- Auffällige Vitalwerte
- Husten beim Essen oder plötzliche Verwirrtheit.
Diese Warnzeichen sollten ernst genommen werden. Je früher Sie handeln, desto besser lässt sich gegensteuern – beispielsweise durch mehr Flüssigkeit, Bewegung, Positionswechsel (Lagerungswechsel) oder Rücksprache mit behandelnden Ärzten oder Pflegefachkräften.
Wenn Sie sich bei einzelnen Maßnahmen unsicher sind oder die Situation Ihres Angehörigen komplexer ist, holen Sie sich Unterstützung. Ambulante Pflegedienste oder medizinisch verordnete Behandlungspflege entlasten nicht nur – sie stellen auch sicher, dass notwendige Maßnahmen fachgerecht umgesetzt werden.
Prophylaxen in der Pflege: Fallbeispiele
Oft sind es kleine Beobachtungen im Alltag, die den Anstoß für vorbeugende Maßnahmen geben. Die folgenden zwei Beispiele zeigen, wie Pflegeprophylaxen zuhause aussehen können.
Fallbeispiel Dekubitusprophylaxe – Wundliegen verhindert
Herr M. wird von seiner Tochter gepflegt. Sie bemerkt eine leichte Rötung an seiner Ferse.
Statt abzuwarten, positioniert sie ihn häufiger um und nutzt ein spezielles Kissen zur Druckentlastung. Die Rötung verschwindet – die Tochter von Herrn M. hat einen beginnenden Dekubitus verhindert.
Fallbeispiel Pneumonieprophylaxe – Bewegung gegen die Lungenentzündung
Frau K. ist 79 Jahre alt und seit einer Operation vorübergehend bettlägerig. Ihr Sohn, der sie zu Hause pflegt, weiß: Zu langes Liegen kann die Lunge belasten und eine Pneumonie begünstigen.
Nach Absprache mit dem behandelnden Arzt motiviert er seine Mutter regelmäßig zu kleinen Atemübungen, lüftet häufig und unterstützt sie dabei, sich – soweit wie möglich – täglich aufzusetzen und zu bewegen.
Pflegeprophylaxen gehören zum Pflegewissen
Pflegeprophylaxen sind kein Spezialwissen für Profis – sondern ein fester Bestandteil guter Pflege.
Wer aufmerksam hinschaut, Veränderungen erkennt und einfache Maßnahmen umsetzt, kann viel bewirken. Wichtig ist, Schritt für Schritt zu lernen, auf Warnzeichen zu achten und sich bei Bedarf Unterstützung zu holen. Denn je früher Risiken erkannt werden, desto besser lässt sich handeln.
Vor allem in der Grundpflege lassen sich viele vorbeugende Maßnahmen direkt in den Alltag integrieren – etwa bei der Körperpflege, Ernährung oder Mobilisation.
Damit gehören Prophylaxen zum Pflegewissen: Mit vergleichsweise einfachen Mitteln helfen sie, Komplikationen zu vermeiden, die Gesundheit zu erhalten und die Lebensqualität pflegebedürftiger Menschen zu sichern. (11)
Wo kann ich mir dieses Wissen aneignen?
Pflegewissen lässt sich Schritt für Schritt aufbauen. Zum Beispiel:
- Indem Sie vom Alltag lernen: Hat sich die Haut verändert? Wird weniger getrunken? Klingt der Atem anders? Mit der Zeit entwickeln sich Ihr Blick und Ihre Intuition – ein wichtiger Teil der Prophylaxe.
- Durch Tipps von Pflegeberatern oder Pflegefachkräften: Beim verpflichtenden Beratungseinsatz nach § 37 Abs. 3 SGB XI beobachten Pflegefachkräfte die Pflegesituation, weisen auf Risiken hin und empfehlen passende Maßnahmen – etwa zur Vermeidung von Druckstellen oder Infektionen.
- Durch Pflegekurse nach Paragraf 45 SGB XI: Pflegekurse für Angehörige bieten eine gute Einführung in wichtige Prophylaxemaßnahmen. Hier lernen Sie zum Beispiel, wie Sie einen Dekubitus früh erkennen und vermeiden oder wie Hygiene im Alltag zur Infektionsprophylaxe beiträgt. Außerdem können Sie sich mit anderen Angehörigen austauschen.
- Mit digitalen Angeboten: Pflegekurse gibt es nicht nur vor Ort, sondern auch online. Digitale Angebote ermöglichen es Ihnen, sich zeitlich flexibel und im eigenen Tempo mit wichtigen Pflegethemen vertraut zu machen.
Häufig gestellte Fragen
Was bedeutet Prävention in der Pflege?
Prävention – auch Prophylaxe genannt – meint alle Maßnahmen, die helfen, gesundheitlichen Problemen frühzeitig vorzubeugen. In der Pflege bedeutet das zum Beispiel: Wundliegen verhindern, Infektionen vermeiden oder Stürzen vorbeugen.
Was ist Prävention in der Pflege?
Prävention in der Pflege – auch Prophylaxen in der Pflege – sind gezielte Vorsorgemaßnahmen, die helfen, Pflegebedürftige vor gesundheitlichen Problemen zu schützen. Sie sind fester Bestandteil einer guten Pflege.
Was ist präventive Pflege?
Präventive Pflege beschreibt pflegerische Maßnahmen, die nicht erst dann greifen, wenn ein Problem entstanden ist, sondern schon vorher ansetzen. Ziel ist es, Komplikationen wie Druckgeschwüre, Stürze oder Infektionen möglichst zu verhindern.
Was für Prophylaxen gibt es in der Pflege?
Es gibt viele verschiedene Prophylaxen. Die wichtigsten sind: Dekubitusprophylaxe, Aspirationsprophylaxe, Pneumonieprophylaxe, Obstipationsprophylaxe, Infektionsprophylaxe, Sturzprophylaxe, Soor- und Parotitisprophylaxe, Thromboseprophylaxe, Kontrakturprophylaxe, Intertrigoprophylaxe, Dehydrationsprophylaxe sowie Malnutritionsprophylaxe.
Welche 12 Prophylaxen gibt es?
Es gibt zahlreiche unterschiedliche Prophylaxen. Diese 12 Prophylaxen gelten als besonders relevant in der Pflege: Dekubitusprophylaxe, Aspirationsprophylaxe, Pneumonieprophylaxe, Obstipationsprophylaxe, Infektionsprophylaxe, Sturzprophylaxe, Soor- und Parotitisprophylaxe, Thromboseprophylaxe, Kontrakturprophylaxe, Intertrigopophylaxe, Malnutritionsprophylaxe und Dehydrationsprophylaxe.
Welche Arten der Prophylaxe gibt es?
Man unterscheidet in der Medizin und Pflege mehrere Arten von Prophylaxe. Die Primärprophylaxe oder Primärprävention beschreibt Maßnahmen, die das Auftreten von Krankheiten verhindern oder ihre Entstehung verlangsamen können. Mit Sekundärprophylaxe oder Sekundärprävention werden Maßnahmen beschrieben, die der Früherkennung und Behandlung im Frühstadium dienen. Darüber hinaus gibt es noch die Tertiärprophylaxe oder Tertiärprävention. Das sind Maßnahmen, die Folgeerkrankungen oder Rückfälle verhindern oder abmildern sollen. (11)
Wie heißen die 13 Expertenstandards in der Pflege?
Die Expertenstandards werden vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) herausgegeben. Relevante Standards im Bereich der Prophylaxe sind unter anderem der Expertenstandard „Dekubitusprophylaxe“ oder der Expertenstandard „Sturzprophylaxe“. Eine vollständige und aktuelle Liste gibt es auf der Seite des DNQP.