Medizinisches Cannabis: Definition
Cannabis ist der lateinische Begriff für Hanf – eine Pflanze, deren Blätter und Blüten spezielle Stoffe beinhalten, die sich je nach Art, Qualität und Dosierung auf das menschliche Nervensystem auswirken können.
Lange Zeit war Cannabis nur als Rauschmittel bekannt, obwohl es in der Geschichte der Menschheit durchaus vielseitig verwendet wurde – beispielsweise für die Herstellung von Papier, Seilen und Garnen.
Seit März 2017 wird die Hanfpflanze in Deutschland auch zu therapeutischen Zwecken in der Medizin verwendet, um verschiedene Symptome wie beispielsweise Schmerzen oder Spastiken zu lindern. In diesem Kontext ist die Rede von medizinischem Cannabis oder auch Cannabisarzneimitteln oder Medizinal-Cannabis.
Dieses gibt es in Form von getrockneten Blüten oder flüssigem Blütenextrakt. Darüber hinaus gibt es Cannabismedikamente mit speziellen Wirkstoffen.(1)
Indikation: Für wen kommt medizinisches Cannabis in Frage?
Es gibt verschiedene Hinweise darauf, dass medizinisches Cannabis bestimmte Beschwerden bei diesen Erkrankungen lindern kann:(3)
- Chronische Schmerzerkrankungen
- Multiple Sklerose (MS)
- Psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen
- Epilepsie
- Krebserkrankungen
- AIDS
Symptome, die mit diesen Erkrankungen einhergehen können, sind unter anderem Schmerzen, Schlafstörungen und mentale Beschwerden. Vor allem hier kann Medizinal-Cannabis eine mögliche Linderung verschaffen. Je nach Beschwerdebild kann medizinisches Cannabis auch im Pflegealltag eine sinnvolle Maßnahme sein.
Einzelne Studien weisen darauf hin, dass sich cannabisbasierte Medikamente auch bei Zwangserkrankungen, Tic-Störungen oder Verhaltensauffälligkeiten bei Demenz als wirksam erweisen können. Die Wirkweise von medizinischem Cannabis kann darüber hinaus in vielerlei Hinsicht therapeutisch genutzt werden. Hierzu ein paar Beispiele: Bei Schlafstörungen, indem es die Müdigkeit fördert. Bei starkem Gewichtsverlust oder Appetitlosigkeit, indem es den Appetit anregt. Bei Parkinson, indem es die Muskeln entspannt. Bei übermäßigem Schwitzen oder Speichelfluss, indem es die Drüsenaktivität senkt.

Weitere Studien sind wichtig, damit tiefergehende Erkenntnisse über das Potenzial von Cannabis in der Behandlung von verschiedenen Erkrankungen gesammelt werden können.
In diesen Fällen ist medizinisches Cannabis keine Option
Eine absolute Kontraindikation für die Therapie mit medizinischem Cannabis ist eine Schizophrenie oder Psychose in der Vergangenheit oder Gegenwart. Ebenfalls kontraindiziert sind Cannabisarzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit, aufgrund möglicher Entwicklungsstörungen des Kindes.
Relative Kontraindikationen können außerdem schwere Leber-, Herz- oder Nierenerkrankungen sein.
Medizinische Cannabisblüten: Wirkung
Cannabis ist eine Pflanze, deren Blätter und Blüten spezielle Stoffe beinhalten, die auch Cannabinoide genannt werden. Dazu gehören unter anderem THC und CBD.
Je nach Art, Anwendung, Dosis und Qualität wirken Cannabinoide unterschiedlich auf das sogenannte endogene Cannabinoidsystem – ein Teil des menschlichen Nervensystems, der viele Funktionen wie Schmerzempfinden, Stimmung, Appetit und Schlaf steuert.
THC hat eine eher entspannende und berauschende Wirkung.
CBD wirkt eher angstlösend und entzündungshemmend.
Die Wirkweise von Cannabis erfolgt hauptsächlich über die veränderte Wahrnehmung, wodurch Schmerzen oder psychische Beschwerden als weniger belastend empfunden werden können. Dies ermöglicht einigen Menschen eine verbesserte Lebensqualität trotz ihrer Erkrankung.

Medizinisches Cannabis: Nebenwirkungen und Risiken?
Im Gespräch mit pflege.de informiert Arzt Dr. Rolf-Wilhelm Schlüter über die möglichen Nebenwirkungen und Risiken im Rahmen einer Cannabistherapie und in welchen Fällen sie beendet werden sollte. Das vollständige Interview lesen Sie hier.
Medizinisches Cannabis: Erfahrungen
In einer US-amerikanischen Studie wurden zwischen 2016 und 2018 insgesamt 808 Patienten zu ihren Erfahrungen mit medizinischem Cannabis befragt. Die Ergebnisse dieser Umfrage zeigen, dass die Mehrheit positive Effekte durch die Einnahme verspürte. pflege.de fasst für Sie die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Positiv hervorgehoben wurden gelinderte Schmerzen, eine verbesserte Schlafqualität sowie weniger Angstzustände und Depressionen. Viele Patienten berichteten, dass sie medizinisches Cannabis als Alternative nutzen, weil herkömmliche Behandlungen entweder wirkungslos oder mit starken Nebenwirkungen verbunden waren.
Neben diesen Vorteilen wurden auch Herausforderungen genannt. Rund 41 Prozent der Befragten erwähnten unerwünschte Nebenwirkungen wie zum Beispiel Müdigkeit oder Übelkeit, hohe Kosten und mangelnde medizinische Unterstützung.
Trotz dieser Herausforderungen sahen viele Patienten in medizinischem Cannabis eine wertvolle Alternative zu herkömmlichen Medikamenten und berichteten von einer gesteigerten Lebensqualität.(4)
Medizinisches Cannabis: Sorten und Anwendung
Medizinisches Cannabis gibt es inzwischen in über 700 verschiedenen „Sorten“, die sich in ihrer Wirkung unterscheiden. Hauptsächlich werden sie in drei Gruppen eingeteilt:(5)
- Indica: Häufig mit einer beruhigenden oder entspannenden Wirkung verbunden.
- Sativa: Wird oft als anregend und energetisierend beschrieben.
- Hybrid: Diese Sorten kombinieren Eigenschaften von Indica und Sativa.
Die tatsächliche Wirkung einer Cannabissorte hängt jedoch nicht nur von dieser Einteilung ab, sondern auch von der chemischen Zusammensetzung der Pflanze. Genauer gesagt, von den spezifischen Wirkstoffen und deren Konzentrationen.
Bitte sehen Sie davon ab, für therapeutische Zwecke auf herkömmliches Cannabis für den Freizeitkonsum zurückzugreifen, denn dieses erfüllt nicht die medizinischen Qualitätsstandards und ist nicht an Ihren individuellen Bedarf angepasst. Um die Qualität von medizinischem Cannabis sicherzustellen, unterliegt es in Deutschland strengen Richtlinien. Aus dem Grund ist es nicht frei verkäuflich, sondern verschreibungspflichtig.
Medizinal-Cannabis: Formen und Einnahme
Medizinisches Cannabis kann über verschiedene Wege verabreicht werden. pflege.de gibt Ihnen einen Überblick:
Welche Sorte, Darreichungsform und Dosis in Ihrem individuellen Fall geeignet sind, besprechen Sie bitte mit Ihrem Arzt.
Cannabis als Medizin, © pflege.de
Cannabis-Medikamente und Formen
In Deutschland gibt es derzeit zwei zugelassene Cannabis-Medikamente. Eines dieser beiden Medikamente wird als Spray verabreicht und kann bei MS-Patienten mit Muskelkrämpfen eingesetzt werden. Bei dem anderen Medikament handelt es sich um Kapseln, die gegen Übelkeit bei einer Chemotherapie eingesetzt werden können.(6)
Medizinisches Cannabis auf Rezept
Medizinisches Cannabis kann sowohl auf Kassenrezept als auch auf Privatrezept vom Arzt verschrieben werden. Die beiden Rezept-Arten unterscheiden sich hauptsächlich in puncto Kostenübernahme und Verschreibungsrichtlinien.
Medizinisches Cannabis auf Kassenrezept: Kostenübernahme durch die Krankenkasse
Die Verschreibung von medizinischem Cannabis auf Kassenrezept erfolgt in der Regel elektronisch als E-Rezept, das 28 Tage gültig ist.
In Deutschland übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für medizinisches Cannabis unter diesen Voraussetzungen:(7)
- Es muss eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen.
- Eine herkömmliche Therapiemethode steht entweder nicht zur Verfügung oder kommt im Einzelfall nicht in Frage.
- Es besteht die Möglichkeit, dass durch den Einsatz von medizinischem Cannabis der Krankheitsverlauf verbessert oder die Beschwerden des Patienten gelindert werden.
Als Patient entrichten Sie bei jedem Rezept nur noch eine sogenannte Rezeptgebühr zwischen fünf und zehn Euro. In bestimmten Fällen können Sie sich von dieser gesetzlich geregelten Zuzahlung befreien lassen. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Ratgeber zum Thema Zuzahlungsbefreiung.
Medizinisches Cannabis auf Privatrezept: Kosten trägt der Patient
Sind die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse nicht erfüllt oder wünscht der Patient eine schnellere Verschreibung, können Ärzte medizinisches Cannabis auch auf Privatrezept verschreiben. Hierbei trägt der Patient die vollen Kosten für das verordnete medizinische Cannabis.
Ein Privatrezept ist normalerweise drei Monate gültig.
In Deutschland können wir von mindestens 330.000 Patienten ausgehen, die eine Therapie mit medizinischem Cannabis erhalten. Etwa drei Viertel von ihnen werden privat behandelt, was mehrere Gründe hat. Private Verschreibungen werden allerdings nirgends zentral erfasst, weshalb sich die Zahl nur grob durch die importierten Mengen an Cannabis schätzen lässt.

Rezept in der Apotheke einlösen: Online oder vor Ort
Ob medizinisches Cannabis auf Kassenrezept oder Privatrezept – beide Rezeptarten können Sie in einer Apotheke vor Ort oder online einlösen.
Da es nur wenige Apotheken mit wirklich gutem Blütenbestand und Expertise gibt, erfolgt das Einlösen des Rezeptes immer häufiger bei diesen Apotheken, die auch gleichzeitig Versandapotheken sind.

Medizinisches Cannabis beantragen
Wenn Sie medizinisches Cannabis zur Linderung Ihrer Beschwerden gerne ausprobieren möchten, wenden Sie sich bitte an einen Arzt und sprechen Sie über die Möglichkeiten in Ihrem individuellen Fall.
Wenn Sie dieses Thema lieber diskret besprechen möchten, können Sie auch auf Online-Angebote zurückgreifen. Inzwischen gibt es verschiedene Anbieter im Internet, die unter anderem auch Videosprechstunden anbieten, Sie beraten und eine Therapie mit medizinischem Cannabis in die Wege leiten können.
Genehmigung der Krankenkasse einholen
Sollte das Arztgespräch ergeben, dass medizinisches Cannabis in Ihrem Fall zu therapeutischen Zwecken in Frage kommt, können Sie sich entweder ein Privatrezept ausstellen lassen – hierbei tragen Sie die Kosten für das medizinische Cannabis jedoch in voller Höhe.
Oder aber Sie stellen einen Antrag auf Kostenübernahme bei Ihrer zuständigen Krankenkasse. Viele Krankenkassen bieten dazu auf ihrer Internetseite kostenlose Antrags-Vorlagen an.
Dieses Antrags-Verfahren ist nur bei der Erstverordnung erforderlich. Bei allen Folge-Rezepten, einem Arztwechsel, Anpassungen der Dosis oder Darreichungsform müssen Sie keinen erneuten Antrag bei Ihrer Krankenkasse stellen.
Rückmeldefrist der Krankenkasse
Ihre Krankenkasse hat zwei Wochen Zeit, um Ihren Antrag zu bearbeiten. Bei Bedarf kann sie ein Begutachtungsverfahren einleiten, dass die Bearbeitungszeit auf vier Wochen verlängert.
In speziellen Situationen müssen Krankenkassen eine verkürzte Frist von drei Tagen einhalten. Dies gilt für Cannabisverordnungen in der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung oder, wenn eine stationär gestartete Cannabistherapie ambulant fortgesetzt werden soll.
Verlaufskontrolle beim Arzt
Es ist wichtig, dass Sie mit Ihrem Arzt im Gespräch bleiben. Nur so können Erkenntnisse darüber gewonnen werden, ob medizinisches Cannabis in Ihrem individuellen Fall auch tatsächlich eine sinnvolle Therapiemaßnahme ist.
Die spannenden Verlaufskontrollen sind die nach den ersten Wochen und Monaten. Denn hier sind die Veränderungen der Symptomlast sehr frisch und der „Vorher-Nachher-Kontrast“ meist groß. Auch mögliche Nebenwirkungen werden bei der Verlaufskontrolle erfragt. Im Optimalfall sollte es schon in der Frühphase der Therapie zu mehr guten als schlechten Wirkungen kommen. Am Anfang kann das Präparat noch häufig gewechselt werden, denn es gibt viele Unterschiede zwischen Blüten oder Extrakten, die teils sehr relevant für die Wirkung sind. Ist ein Patient gut eingestellt, reichen Kontrollgespräche auch in dreimonatigen Intervallen aus.

Medizinisches Cannabis: Reisen im Ausland
Wenn Sie mit medizinischem Cannabis ins Ausland verreisen möchten, ist es wichtig, dass Sie gut vorbereitet sind. Jedes Land hat eigene Regeln für Cannabis, deshalb müssen Sie sich vorab gut informieren.
pflege.de gibt Ihnen hierzu ein paar Tipps an die Hand:
- Lassen Sie sich von Ihrem Arzt eine mehrsprachige Bescheinigung geben. Diese sollte Angaben zu Ihrer Dosierung, dem Wirkstoff und der Reisedauer enthalten.
- Die Bescheinigung muss von einer offiziellen Gesundheitsbehörde beglaubigt werden.
- Informieren Sie sich unbedingt vor der Reise über die Gesetze im Zielland. Manche Länder erlauben nur begrenzte Mengen oder verbieten die Mitnahme ganz.
- Erkundigen Sie sich beim Auswärtigem Amt in Deutschland nach den gesetzlichen Bestimmungen in Ihrem Zielland. Sie können Ihnen genaue Informationen geben.
- Nehmen Sie alle Dokumente auf Ihrer Reise mit.
Denken Sie daran: Die Regeln können von Land zu Land sehr unterschiedlich sein und sich jederzeit ändern. Daher ist es wichtig, dass Sie sich vor jeder Reise aufs Neue gut informieren.
Häufig gestellte Fragen
Was ist medizinisches Cannabis?
Cannabis ist der lateinische Begriff für Hanf – eine Pflanze, deren Blätter und Blüten spezielle Stoffe beinhalten, die sich je nach Art, Qualität und Dosierung auf das menschliche Nervensystem auswirken können. Seit März 2017 wird die Hanfpflanze in Deutschland auch zu therapeutischen Zwecken in der Medizin verwendet, um verschiedene Symptome wie beispielsweise Schmerzen oder Spastiken zu lindern. In diesem Kontext ist die Rede von medizinischem Cannabis oder auch Cannabisarzneimitteln oder Medizinal-Cannabis.
Wie wirkt medizinisches Cannabis?
Cannabis ist eine Pflanze, deren Blätter und Blüten spezielle Stoffe beinhalten, die auch Cannabinoide genannt werden. Dazu gehören unter anderem THC und CBD. Je nach Art, Anwendung, Dosis und Qualität wirken Cannabinoide unterschiedlich auf das sogenannte endogene Cannabinoidsystem – ein Teil des menschlichen Nervensystems, der viele Funktionen wie Schmerzempfinden, Stimmung, Appetit und Schlaf steuert. THC hat eine eher entspannende und berauschende Wirkung. CBD wirkt eher angstlösend und entzündungshemmend.
Wie bekommt man medizinisches Cannabis?
Medizinisches Cannabis kann sowohl auf Kassenrezept als auch auf Privatrezept vom Arzt verschrieben werden. Die beiden Rezept-Arten unterscheiden sich hauptsächlich in puncto Kostenübernahme und Verschreibungsrichtlinien. Das Rezept kann dann, wie jedes andere Medikament auch, in der Apotheke (online oder Vor Ort) eingelöst werden.
Wird medizinisches Cannabis von der Krankenkasse bezahlt?
In Deutschland übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für medizinisches Cannabis unter diesen Voraussetzungen: Erstens: Es muss eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen. Zweitens: Eine herkömmliche Therapiemethode steht entweder nicht zur Verfügung oder kommt im Einzelfall nicht in Frage. Drittens: Es besteht die Möglichkeit, dass durch den Einsatz von medizinischem Cannabis der Krankheitsverlauf verbessert oder die Beschwerden des Patienten gelindert werden.
Wie wird medizinisches Cannabis verabreicht?
Medizinisches Cannabis gibt es in Form von getrockneten Blüten oder flüssigen Blütenextrakt sowie als fertige Präparate. Je nachdem, wird es inhaliert oder eingenommen. Auch für die Einnahme kommen verschiedene Wege in Frage. Als Tablette, Tropfen oder Kapsel über den Mund. Oder als Zäpfchen über den Darmausgang oder die Vagina.
Darf man medizinisches Cannabis mit ins Ausland nehmen?
Wenn Sie mit medizinischem Cannabis ins Ausland verreisen möchten, ist es wichtig, dass Sie gut vorbereitet sind. Jedes Land hat eigene Regeln für Cannabis, deshalb müssen Sie sich vorab gut informieren. In unserem Ratgeber geben wir Ihnen hierzu praktische Tipps.