Enterostoma: Der künstliche Darmausgang

Enterostoma

Ein Enterostoma ist ein künstlicher Darmausgang, der Ausscheidungen über die Bauchdecke ermöglicht. Es lässt sich gut unter der Kleidung kaschieren und kann unauffällig versorgt werden. pflege.de erklärt, in welchen Fällen ein Enterostoma notwendig wird, was der Unterscheid zwischen einem Kolostoma und einem Ileostoma ist und gibt Ihnen Tipps zum richtigen Umgang damit in Ihrem Alltag.

Inhaltsverzeichnis

Enterostoma (künstlicher Darmausgang): Definition

Ein Enterostoma oder künstlicher Darmausgang wird auch als Anus preater bezeichnet. Bei einem Enterostoma wird der Darm operativ mit der Bauchoberfläche verbunden. Dazu wird die Bauchdecke künstlich geöffnet, der Darm hindurchgezogen, wie ein Hemdsärmel umgeschlagen und mit der Haut vernäht. Der Stuhl wird dann auf diesem Wege aus dem Körper befördert.

Gründe für ein Enterostoma sind meist Krebs- oder chronisch-entzündliche Erkrankungen des Dick- oder Dünndarms.

Ursachen für ein Enterostoma

Zu den Hauptursachen, die einen künstlichen Darmausgang erfordern, zählt Darmkrebs.

Darüber hinaus kann ein Anus praeter bei folgenden Erkrankungen nötig werden:

  • Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
  • Divertikulitis (Entzündung von Ausstülpungen in der Darmschleimhaut)
  • Angeborenen Fehlbildungen des Darms
  • Angeborenen Dickdarmpolypen
  • Verletzungen des Darms durch einen Unfall
  • Fehlende oder unzureichende Funktion des Schließmuskels am After
  • Darmdurchbruch
  • Komplikationen nach einer Operation

Während der Behandlung dieser Erkrankungen kann es zeitweise (temporäres Stoma) oder dauerhaft (permanentes Stoma) notwendig werden, den Stuhlgang über einen künstlichen Darmausgang abzuführen.

Künstliche Darmausgänge: Kolostoma und Ileostoma

Je nachdem, welcher Darmabschnitt erkrankt ist, wird ein Enterostoma am Dickdarm oder am Dünndarm angelegt. Diese zwei Enterostoma-Arten heißen Kolostoma (Dickdarm) und Ileostoma (Dünndarm).

Info
Aufbau des Darms

Der Darm unterteilt sich in Dünn- und Dickdarm. Der Dünndarm schließt sich dem Magen an. Seine Aufgabe ist es, die Nährstoffe aus dem vorverdauten Speisebrei zu ziehen. Ist dies geschehen, geht der Brei weiter in den Dickdarm, wo ihm die Flüssigkeit entzogen wird. Über den Enddarm (Rektum) wird der nicht verdaute Rest schließlich ausgeschieden.

Kolostoma: Das Dickdarm-Stoma

Ein künstlicher Darmausgang am Dickdarm wird als Kolostoma oder Colostoma (aus dem Lateinischen: colon = Dickdarm) bezeichnet. Er ist notwendig, wenn bestimmte Bereiche des Dickdarms dauerhaft oder für eine bestimmte Zeit stillgelegt werden müssen.

In einer Operation, der sogenannten Kolostomie, wird dann ein Stück des Dickdarms durch eine Öffnung im linken oberen Bauch gezogen und mit der Haut vernäht. Die rote, gut durchblutete Darmschleimhaut wird also nach außen sichtbar. Spüren können die Patienten das Stoma allerdings nicht, da der Darm keine Nerven hat.(1) Der Stuhlgang ändert sich mit einem Kolostoma kaum.

Info
Kolostoma: Stuhl verändert sich nur kurz

Der Dickdarm hat die Funktion, den Stuhlgang einzudicken, indem Flüssigkeit entzogen wird. Nachdem Patienten ein Kolostoma erhalten haben, führen sie vorerst flüssig bis breiig ab. Hat sich der Körper daran gewöhnt, wird der Stuhlgang wieder normal.

Ileostoma: Das Dünndarm-Stoma

Bei einem Ileostoma (aus dem Lateinischen: Ileo = Dünndarm) wird ein Teil des Dünndarms aus dem Bauchraum durch eine künstliche Öffnung nach außen geleitet. Ein Ileostoma wird notwendig, wenn zum Beispiel der gesamte Dickdarm oder der Schließmuskel erkrankt ist.

Besonderheiten beim künstlichen Dünndarmausgang

Beim Ileostoma durchläuft der Stuhl nicht mehr den Dickdarm und die Flüssigkeit kann entsprechend nicht mehr entzogen werden. Der Stuhlgang ist daher breiig bis dünnflüssig. Beachten Sie als Illeostomaträger oder pflegender Angehöriger, dass der Stuhlgang aus diesem Grund die Haut stark reizen kann, wenn er mit ihr in Kontakt kommt.

Besonders in der ersten Zeit nach einer Ileostoma-Operation (Ileostomie) scheidet der Körper viel flüssigen Stuhlgang aus. Achten Sie stets auf eine ausreichende Trinkmenge. Wenn nicht anders verordnet, sollten Sie oder der Betroffene etwa zwei bis drei Liter Wasser pro Tag trinken. Darüber hinaus ist es wichtig, die Nahrung gründlich durchzukauen, weil sie einen kürzeren Verdauungsweg durchläuft.

Acht bis zehn Wochen nach der Operation normalisiert sich die Ausscheidung in der Regel. Rund 600 Milliliter kommen dann kontinuierlich über den ganzen Tag verteilt aus dem künstlichen Dünndarmausgang.(2)

Enterostomata: Formen und Tragedauer

Ein künstlicher Darmausgang wird je nach Krankheitsbild auf verschiedene Art und Weise angelegt. So kann er dauerhaft (permanentes Stoma) oder zeitweise (temporäres Stoma) und dabei endständig oder doppelläufig sein.

Ein permanentes Stoma haben betroffene Personen ein Leben lang. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Tumor im Enddarm (auch Mastdarm oder Rektum genannt) samt Schließmuskel entfernt werden muss. An deren Stelle tritt dann ein endständiges Stoma, über das der Patient dann abführt.

Ein Stoma auf Zeit

Ein temporäres Stoma kommt dann zum Einsatz, wenn etwa ein erkrankter Darmabschnitt eine Zeit lang entlastet werden muss oder Operationsnarben verheilen sollen. In diesen Fällen wird das Enterostoma später durch eine weitere Operation zurückverlegt.

Oft wählt der Arzt dann ein doppelläufiges Stoma. Es hat zwei Öffnungen, die an der Bauchdecke befestigt sind. Sie entstehen, indem der Operateur eine Darmschlinge durch die Bauchdecke zieht und aufschneidet. Über die Öffnung, die zum Stoma hinführt, scheidet der Patient dann aus. Die andere Öffnung, die vom Stoma weg zum erkrankten Darmabschnitt führt, bleibt ungenutzt. Später kann der Arzt dann die beiden Darmenden wieder miteinander verbinden, um den künstlichen Darmausgang rückgängig zu machen.

Versorgungssysteme für Enterostomata

Ein Versorgungssystem für Enterostomata besteht immer aus einer Stomaanlage, die auf der Haut angebracht ist und das Stoma umschließt (Hautschutzplatte), und einem Stomabeutel, der die Ausscheidungen auffängt. Es gibt einteilige und zweiteilige Systeme, um den Stuhl aus dem künstlichen Darmausgang aufzufangen.

Einteilige Stomasysteme

Beim einteiligen Stomasystem sind der Beutel und die Hautschutzplatte fest miteinander verbunden. Die Platte ist sehr weich und anschmiegsam. Dadurch wirkt das Stomasystem sehr flach und fällt unter der Kleidung kaum auf.

Ein bis drei Mal täglich oder nach Bedarf sollten Sie das System wechseln. Dazu müssen Sie die gesamte Versorgungseinheit entfernen.

Info
Wann muss ein Stomabeutel gewechselt werden?

Die Füllhöhe des Stomabeutels sollte den Verbindungsring zur Hautschutzplatte nicht übersteigen. Im Idealfall entleeren Stomaträger ihren Beutel, sobald er zu einem Drittel gefüllt ist.

Zweiteilige Stomasysteme

Ein zweiteiliges Stomasystem besteht aus einer Basisplatte und einem Stomabeutel zum Aufstecken. Der Vorteil: Sie können den Beutel von der Hautschutzplatte getrennt wechseln. Das schont die Haut, die das Stoma umgibt, da Sie die Platte bis zu drei Tage auf der Haut belassen können.

Den Stomabeutel sollten Sie ebenso oft wie beim einteiligen System wechseln, also ein bis drei Mal täglich.

Info
Verschlüsse des Stomabeutels

Ein Stomabeutel kann verschiedene Verschlüsse haben. Einige haben Klett- oder Druckverschlüsse, andere lassen sich mit einer Klammer verschließen. Als Stomaträger sollten Sie durch Ausprobieren entscheiden, welcher Verschluss am besten für Sie passt. Bereits im Krankenhaus, wird Ihnen ein Stomatherapeut zur Seite gestellt, der Sie dazu beraten kann. Er ist spezialisiert auf den Umgang mit künstlichen Darmausgängen.

Praktische Tipps, wie und mit welchen Hilfsmitteln Sie Ihr Stoma am besten versorgen, hat pflege.de in einem ausführlichen Ratgeber „Stoma: Versorgung und Pflege“ zusammengetragen.

Komplikationen bei künstlichen Darmausgängen

Die meisten Komplikationen mit einem Enterostoma treten im Zusammenhang mit der Hautpflege auf. So können die Hautschutzplatten allergische Reaktionen auslösen (Kontaktekzeme) oder – das ist häufig bei geschwächtem Immunsystem der Fall – zu einer Pilzinfektion (Mykose) und Entzündungen der umliegenden Haut führen. Eine besonders sorgfältige Pflege ist daher ein Muss für Stomaträger.

Weitere mögliche Komplikationen sind:

  • Wundheilungsstörungen
  • Bauchwandbruch neben dem Stoma (sog. parastomale Hernie)
  • Heraustreten des Darmabschnitts aus dem Stoma (Stomaprolaps)
  • Einziehen des freiliegenden Darmabschnitts unter die Haut (Stomaretraktion)
  • Stomablockade
  • Gallen- und Nierensteine
  • Durchfall

Wundheilungsstörungen

Die Ursache für Wundheilungsstörungen liegen meist in Vorerkrankungen, wie etwa Diabetes mellitus. Aber auch im Alter heilen Wunden meist schlechter. Weitere Risikofaktoren sind eine unausgewogene Ernährung, Rauchen oder bestimmte Medikamente.

Parastomale Hernie

Eine häufig auftretende Komplikation bei langfristigen Stomapatienten ist ein Bauchwandbruch, die sogenannte parastomale Hernie oder Stomabruch. Dabei können Darmabschnitte durch die aufgrund der Operation geschwächten Bauchmuskulatur gedrückt werden. Nach außen erscheint der Bruch dann als kugelartige Vorwölbung der Bauchdecke. Der Bauchwandbruch tritt meist auf, wenn der Patient zu schwer gehoben hat. Deshalb raten Experten den Stomaträgern, niemals mehr als zehn Kilogramm zu tragen.

Stomaprolaps

Wenn der Darm weiter als sechs Zentimeter aus dem Stoma heraustritt, spricht man von einem Darmvorfall oder Prolaps. Er wird entweder operativ in die Bauchhöhle zurückgelegt oder mechanisch zurückgedrängt. Das geschieht mit einer sogenannte Prolapskappe. Sie wird individuell angepasst und gemeinsam mit einem Gürtel nach jeder Beutelversorgung über das Stoma gelegt, um den Darm daran zu hindern, weiter herauszutreten.

Stomaretraktion

Manchmal zieht sich der freiliegende Darmabschnitt unter die Hautoberfläche zurück (Retraktion). Grund dafür können zu viel Zug von innen am Stoma oder unter Spannung angelegte Stomata sein. Auch eine starke Gewichtszunahme kann eine Retraktion verursachen. Konvexe Versorgungssysteme mit nach außen gewölbten Hautschutzplatten oder eine Gewichtsreduktion können hier helfen.

Stomablockaden

Bei Verwachsungen und Verengungen (Stenosen) im Darm können festgesetzte, schwer verdauliche Lebensmittel zu einer Stomablockade führen. Insbesondere faserreiche und hartschalige Nahrungsmittel, wie etwa Spargel oder Mais, können den Darmausgang verstopfen. Besprechen Sie mit Ihrem Stomatherapeuten, welche Nahrungsmittel für Sie tabu sind.

Gallen- und Nierensteine

Wird ein großer Teil des Dünndarms bei der Ileostomie entfernt, hat das Auswirkungen auf die Fettverdauung. Weniger Darm bedeutet weniger Gallensäure, was wiederum die Fettaufnahme stört. Auch Oxalsäure, ein Auslöser für Nierensteine, kann nicht mehr ausreichend im Darm gebunden werden. Somit steigt bei einem Ileostoma das Risiko für Gallen- und Nierensteine.

Durchfall

Kurz nachdem das Kolostoma angelegt wurde, ist der Stuhlgang oft zunächst flüssig bis breiig. Die Ausscheidungen normalisieren sich jedoch nach einiger Zeit von allein. Beim Ileostoma ist es normal, dass der Stuhlgang flüssig bleibt.

Enterostoma: Anspruch auf Pflegegrad

Der Grad der Selbständigkeit bestimmt die Höhe des Pflegegrades: Wenn Personen derart eingeschränkt sind, dass sie die Versorgung ihres Enterostomas nicht mehr eigenständig übernehmen können, dann sollten Betroffene oder Angehörige einen Pflegegrad beantragen.

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Leben mit künstlichem Darmausgang

Körperpflege und Nahrungsaufnahme spielen im Alltag mit Enterostoma eine ebenso zentrale Rolle wie die Ausscheidungen. Trotzdem sind die Einschränkungen nicht so schwerwiegend, wie viele denken: Das Leben mit einem künstlichen Darmausgang läuft weitgehend normal ab, wenn man den richtigen Umgang – auch in besonderen Situationen – gelernt hat. Viele Stomaträger berichten sogar von einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität, seit sie ihr Enterostoma haben, weil sie nicht mehr unter den Symptomen ihrer Erkrankung leiden müssen.

Enterostoma und Körperpflege

Mit einem Enterostoma können Sie problemlos duschen und baden. Der Beutel ist mit einer wasserabweisenden Schicht überzogen. Sollten Sie einen äußeren Filter verwenden, kleben Sie ihn am besten ab. Kleine Klebestreifen dafür sind im Lieferumfang der Stomabeutel enthalten. Beim Duschen können Sie den Beutel auch ganz ab machen. Das Wasser läuft am Körper entlang, aber nicht in das Stoma hinein. Beim Baden bevorzugen einige Stomaträger dagegen eine Stomakappe.

Personen, die ein Enterostoma tragen, können ihre Haut vor den aggressiven Ausscheidungen schützen, indem sie spezielle Hautschutzcremes verwenden. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Stomatherapeuten, welche sich besonders gut eignen.

Pflege von Stoma und umgebender Haut

Für die regelmäßige Reinigung Ihres Stomas und der stomaumgebenden Haut, können Sie einfach lauwarmes Leitungswasser verwenden. Vermeiden Sie Desinfektionsmittel, denn sie zerstören den natürlichen Schutzmantel der Haut. Möchten Sie nicht auf Seife verzichten, empfiehlt sich ein pH-neutrales, nicht rückfettendes, mildes Pflegeprodukt. Beachten Sie aber: Um Keime aus den Ausscheidungen von der Haut fernzuhalten, sollten Sie Ihr Enterostoma stets von außen nach innen reinigen.(3)

Info
Hygienemaßnahmen beachten

Grundsätzlich sollten Personen mit Pflegebedarf auf Hygienemaßnahmen in der häuslichen Pflege achten. Für Stomaträger gilt dies ganz besonders, nicht zuletzt, um Infektionen zu vermeiden.

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Ernährung bei Enterstoma

Ernährung ist ein wichtiges Thema für Menschen mit einem künstlichen Darmausgang. Zwar gibt es keine explizite Stomadiät, trotzdem sollten Sie als Träger eines Enterostomas auf bestimmte Dinge achten – sowohl in Bezug auf Ihren Stuhlgang als auch in allgemein gesundheitlicher Hinsicht.

So sollten Sie auf blähende Nahrungsmittel verzichten. Sie vermeiden auf diese Weise, dass in ungünstigen Situationen Verdauungsgase deutlich hörbar abgehen. Außerdem können Sie sich darüber informieren, welche Lebensmittel besonders abführend wirken oder zu einem übelriechenden Stuhl führen. Ein Ernährungstagebuch kann Ihnen gerade in der Anfangszeit Aufschluss darüber geben, welche Lebensmittel Sie gut vertragen und welche nicht.

Noch wichtiger ist aber der gesundheitliche Faktor. Bei vielen Stomapatienten entwickelt sich im Laufe der Zeit eine Mangelernährung. Besonders häufig treten Vitaminmangel und eine Veränderung der Elektrolytkonzentration auf. Sie können viele Komplikationen vermeiden, indem Sie sich informieren sowie beraten lassen und sich ausgewogen ernähren. Ein Ernährungsberater oder Ihr Stomatherapeut können Ihnen einen individuellen Ernährungsplan aufstellen.(4)

Ernährungstipps für Kolostoma-Patienten

Manche Träger eines künstlichen Dickdarmausgangs haben Probleme mit Verstopfung. Was hilft, ist viel Bewegung und ballaststoffreiche Lebensmittel, wie Vollkornbrot, dunkle Nudeln und brauner Reis.

Ernährungstipps für Ileostoma-Patienten

Wenn Sie einen künstlichen Dünndarmausgang haben, ist es besonders wichtig, ausreichend zu trinken und genügend Salz zu sich nehmen. Außerdem sollten Sie Produkte meiden, die das Stoma verstopfen können, weil sie nicht genügend zerkleinert oder vollständig verdaut werden können. Dazu gehören zum Beispiel Popcorn, Nüsse, Samen und Rosinen. Um einer Mangelernährung vorzubeugen, sollten Sie sich zusätzlich zur Nahrung mit den Vitaminen A, D, E, K, B12 und Folsäure versorgen.

Medikamentengabe bei Enterostoma

Nicht jedes Medikament kann von einem verkürzten Darm aufgenommen und verarbeitet werden – darunter beispielsweise die Anti-Baby-Pille. Nehmen Sie Medikamente ohne Rücksprache ein, kann die gewünschte Wirkung ausbleiben.

Außerdem können Verdauungsbeschwerden auftreten. So können Antibiotika Durchfall, Schmerzmittel dagegen Verstopfung hervorrufen.(5)

Sport mit Enterostoma

Ein Stoma schränkt die körperliche Leistungsfähigkeit nicht zwingend ein. Sie können mit einem Enterostoma fast alle Sportarten ausüben. Lediglich von Übungen, die einen hohen Druck im Bauchraum entstehen lassen, raten Experten ab. Das ist zum Beispiel bei Boxsport, Karate, Judo, Gewichtheben und Geräteturnen der Fall. Besonders empfehlenswert sind Ausdauersportarten, die das Herz-Kreislaufsystem fördern.(6)

Um Ihr Stoma während der sportlichen Aktivitäten zu schützen und stützen, können Sie spezielle Bruch- und Stomabandage oder Stomakappen verwenden. Lassen Sie sich dazu von Ihrem Stomatherapeuten beraten.

Möchten Sie schwimmen gehen empfiehlt es sich, dass Sie auf eine Minimalversorgung umsteigen: Es gibt kleine Stomabeutel, speziell zum Schwimmen. Während Frauen ihr Stoma leicht unter dem Badeanzug verbergen können, nutzen Männer dafür gern einen Neoprenanzug oder hoch geschnittene Badehosen.

Stoma und Autofahren

Sie können mit einem Stoma Auto fahren, sofern Sie sich gesundheitlich dazu in der Lage fühlen. Allerdings kann der Gurt je nach Art und Lage auf das Stoma oder den Stomabeutel drücken.

Mögliche Folgen durch den Druck des Sitzgurtes im Auto:

  • Es entsteht ein unangenehmes Druckgefühl.
  • Der Beutel wird undicht.
  • Der Beutel platzt.

Auch hierfür gibt es Hilfsmittel: Sie können zum einen mit einem speziellen Gurthalter die Lage des Anschnallgurtes verändern. Zum anderen sorgen Gurtbrücken aus der Apotheke oder dem Sanitätshaus für Entlastung. Diese werden so am Sicherheitsgurt befestigt, dass der Gurt nicht mehr auf den Stomabeutel drückt.(7)

Soziales Leben mit künstlichem Darmausgang

Vielen Menschen mit Enterostoma ist es unangenehm, über ihren künstlichen Darmausgang zu sprechen. Deshalb ziehen sie sich oft aus ihrem sozialen Leben zurück. Dabei zeigt die Erfahrung: Wer selbst sein Stoma akzeptiert und offen damit umgeht, erfährt meist positive Reaktionen aus seinem Umfeld.

Auch ein erfülltes Sexualleben ist trotz Stoma möglich. Blickdichte Minibeutel, Beutelüberzüge aus Stoff oder Stomakappen sind praktische Hilfsmittel für mehr Diskretion.(6)

Häufig gestellte Fragen

Was ist ein künstlicher Darmausgang?

Bei einem künstlichen Darmausgang oder Enterostoma wird der Darm operativ mit der Bauchoberfläche verbunden. Der Stuhl wird dann auf diesem Wege außerhalb des Körpers in einem Beutel aufgefangen. Er wird notwendig, wenn etwa Darmkrebs oder chronisch-entzündliche Erkrankungen des Darms dazu führen, dass der Stuhl nicht mehr auf natürlichem Wege abgehen kann.

Was ist ein Kolostoma / Colostoma?

Ein Kolostoma ist ein künstlicher Ausgang des Dickdarms. Er wird angelegt, um bestimmte Bereiche des Dickdarms dauerhaft oder für eine bestimmte Zeit stillzulegen. Auf diese Weise kann der Stuhl dann über den Bauch nach außen gelangen und in einem Beutel aufgefangen werden. Es ist die häufigste Stoma-Art.

Was ist ein Ileostoma?

Ein Ileostoma ist ein künstlicher Ausgang des Dünndarms. Das Ileostoma ist die zweithäufigste Stoma-Art. Der Ausgang befindet sich an der rechten unteren Bauchseite.

Was ist ein Kolostomiebeutel?

Der Kolostomiebeutel gehört zur Versorgungsanlage des Enterostomas. In den Kolostomiebeutel wird der Stuhlgang abgeleitet und entsorgt.

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Erstelldatum: 1202.70.21|Zuletzt geändert: 5202.01.1
(1)
Selbsthilfe Stoma-Welt e.V.: Was ist ein Stoma
https://www.stoma-welt.de/leben-mit-stoma/hilfreiches-basiswissen/was-ist-ein-stoma/ (letzter Abruf am 01.08.2023)
(2)
Deutsche ILCO Selbsthilfevereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs sowie deren Angehörige (o. J.): Alles rund um die Stomaversorgung
https://www.ilco.de/stoma/stomaversorgung/ (letzter Abruf am 04.08.2023)
(3)
pqsg Das Altenpflegemagazin im Internet: Standard "Kolostomaversorgung"
https://www.pqsg.de/seiten/premium/artikel/hintergrund-standard-kolostoma.htm (letzter Abruf am 04.08.2023)
(4)
Michonska, I. et al. (2023). Nutritional Issues Faced by Patients with Intestinal Stoma: A Narrative Review. J. Clin. Med. 2023, 12, 510.
https://doi.org/10.3390/jcm12020510 (letzter Abruf am 04.08.2023)
(5)
Deutsche ilico – Die Selbsthilfevereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs und ihre Angehörige. Tipps für den Alltag mit einem Stoma.
https://www.ilco.de/stoma/tipps-fuer-den-alltag (letzter Abruf am 26.09.2025)
(6)
Selbsthilfe Stoma-Welt e.V.: Leben mit Stoma
https://www.stoma-welt.de/leben-mit-stoma/ (letzter Abruf am 04.08.2023)
(7)
Stoma-Welt.de. Autofahren.
https://www.stoma-welt.de/leben-mit-stoma/mein-alltag-mit-stoma/autofahren/ (letzter Abruf am 26.09.2025)
(8)
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Interview

"Mein Stoma war der Start in ein neues Leben"

Julia
Im Interview
Julia
Lebt mit Colitis ulcerosa und trägt ein Ileostoma

Nach über zehn Jahren mit der Erkrankung Colitis ulcerosa muss Julia der Dickdarm entfernt werden. Als Folge wird ihr ein temporäres Ileostoma angelegt. Julia hat aber gelernt, offen mit diesem Thema umzugehen – auch schon vor der Operation. Auf ihrem Instagram-Account zweieinhalb.walnuesse gewährt sie Einblicke in ihr Leben mit Behinderung. Sie wünscht sich, Barrieren abzubauen, indem sie authentisch über Tabuthemen redet, und anderen Betroffenen Mut zu schenken.

Ein schleichender Krankheitsverlauf, zunehmend starke Beschwerden – und schließlich ein operativer Schnitt, der alles verändert: Julia lebt mit der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa und trägt seit 2024 ein Ileostoma.

Im Interview mit pflege.de spricht sie offen über ihre Geschichte. Sie erzählt, wie sie ihre Darmerkrankung, Pflegeaufgaben, Muttersein sowie Selbstfürsorge unter einen Hut bringt – und was hierbei ihre wichtigsten Kraftquellen sind.

Hallo Julia! Sie leben mit der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Colitis ulcerosa. Können Sie uns mitnehmen in die Zeit, in der alles begann – was waren erste Symptome und wann traten diese auf?

Julia: Ich war Anfang 20 und hatte gerade mein Studium begonnen, als plötzlich starke Oberbauchschmerzen auftraten – wochenlang, vor allem auf der linken Seite. Ich ließ das abklären, zunächst wurde eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung diagnostiziert.

Doch dann kamen heftige Durchfälle dazu und mein Allgemeinzustand verschlechterte sich rapide. Ich verbrachte einige Zeit im Krankenhaus, konnte kaum noch etwas essen und verlor rund 15 Kilo – mein Körper hatte nichts mehr verwertet. Die Durchfälle – teils blutig – nahmen immer mehr zu und bestimmten meinen Alltag. Die Zeit war wirklich schlimm für mich.

Wie lange hat es gedauert, bis bei Ihnen die Diagnose „Colitis ulcerosa“ gestellt wurde?

Julia: Ich hatte quasi noch Glück: Nach etwa vier Monaten wurde die Diagnose Colitis ulcerosa gestellt. Ich weiß, dass viele Betroffene noch deutlich länger warten – die Erkrankung verläuft in Schüben und ist nicht immer sofort nachweisbar, zum Beispiel bei einer Darmspiegelung.

Trotzdem war es ein mühsamer Weg: Ich war bei mehreren Ärzten und in verschiedenen Kliniken, bekam zunächst falsche Behandlungen, die meine Beschwerden sogar verschlimmerten.

Ich mache da niemandem Vorwürfe – aber ich bin unendlich dankbar, dass ich schließlich bei einem Arzt landete, der sich auskannte und mir schnell helfen konnte.

Was hat sich für Sie seit der Diagnose verändert?

Julia: Zunächst erstmal Alles. Ich kannte die Erkrankung so gut wie gar nicht und für mich war es ein Schock, dass ich für immer mit Colitis ulcerosa leben müsse. Ich hatte plötzlich riesige Zukunftsängste. Ich dachte: Wie soll ich je heiraten, wenn ich nicht mal zum Altar gehen kann, ohne eine Toilette in der Nähe zu brauchen?

Zum Glück kam ich nach einer Weile in Remission – das heißt, dass die Colitis ulcerosa vorübergehend nicht aktiv war und die Beschwerden stark zurückgegangen waren. So konnte ich einige Jahre relativ gut leben. Aber der Weg dahin war steinig.

Ein oft tabuisiertes Thema ist Stuhlinkontinenz. Wie gehen Sie selbst mit diesem Thema um – damals und heute?

Julia: Anfangs wollte ich mich nur noch verkriechen. Ich habe mich gar nicht mehr vor die Tür getraut und wäre am liebsten im Erdboden versunken. Natürlich hat mein Alter zu dem Zeitpunkt ebenfalls eine Rolle gespielt – während meine Freunde feiern gingen, war meine Wohnung mein Rückzugsort.

Heute gehe ich zwar sehr offen mit dem Thema um, was mich wiederum viel selbstbewusster gemacht hat. Aber: Die Belastung im Alltag durch Stuhlinkontinenz ist dennoch enorm hoch. Sie beeinflusst viele alltägliche Situationen – körperlich und emotional.

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Sie tragen heute ein Stoma. Können Sie uns erzählen, wann und wie es dazu kam?

Julia zeigt ihr Ileostoma

Julia: Nach meiner letzten Schwangerschaft 2022 geriet ich in einen heftigen Schub. Das heißt, dass die Erkrankung wieder voll an Fahrt aufnahm. Ich musste bis zu 60 Mal am Tag auf Toilette.

Über 2,5 Jahre hinweg haben wir sehr viele Medikamente ausprobiert – auch alternative Ansätze – aber nichts half.

Eine erneute Darmspiegelung zeigte: Mein Dickdarm war nicht mehr funktionsfähig, fast wie ein schlaffer Fahrradschlauch. Es blieb nur noch eine Option: Die Entfernung meines Dickdarms und ein Ileostoma. Die Operation fand im November 2024 statt.

Wie haben Sie die Zeit nach der Operation erlebt – emotional wie körperlich?

Julia: Es gab einige Komplikationen – ich lag zwei Wochen auf der Intensivstation, teils im künstlichen Koma.

Aber als ich wieder zu Kräften kam, lernte ich das Stoma richtig zu schätzen. Es war wie ein neues Leben für mich.
Julia

Nach wenigen Wochen konnte ich mit meinen Kindern wieder allein auf den Spielplatz gehen – ohne ständiger Panik, nicht rechtzeitig eine Toilette zu finden. Das war das größte Geschenk.

Dank meines medizinischen Hintergrunds – ich bin tiermedizinische Fachangestellte – fiel mir der Umgang mit dem Stoma relativ leicht, obwohl es anfangs natürlich eine Überwindung war.

Was bedeutet das Stoma für Sie heute im Alltag – mit allen Vor- und Nachteilen?

Julia: Es bringt mir vor allem Freiheit zurück. Ich kann wieder essen, mich bewegen, unterwegs sein – also all das, was mir jahrelang durch die Colitis verwehrt blieb.

Natürlich muss ich auf ein paar Dinge in meiner Ernährung achten und die Versorgung muss immer (ein-)geplant sein. Aber im Großen und Ganzen ist es ein Geschenk.

Nichtdestotrotz muss ich zugeben, dass es immer wieder Phasen gibt, die emotional belastend sind. Zum Beispiel, wenn die Versorgung nicht dichthält oder das Stoma plötzlich Geräusche macht, die nicht in jeder Situation angenehm sind.

Ich habe ein Ziel vor Augen: die Rückverlegung und ein Leben mit Pouch.

Ein Stoma bringt besondere Herausforderungen im Hinblick auf Hygiene und Infektionsschutz mit sich. Wie organisieren Sie diese Aspekte in Ihrem Alltag – besonders als Mutter?

Julia: Prinzipiell muss ich darauf achten, dass ich alle drei Tage meine Basisplatte wechsle und den Beutel täglich erneuere. Meine Kinder waren anfangs neugierig und durften dabei zuschauen. Heute ist es für sie einfach normal und kein großes Thema mehr.

Ich achte bei der Versorgung darauf, dass ich zum Eigenschutz Einmalhandschuhe trage. Eine gesonderte Desinfektion muss ich nicht durchführen, da das Stoma ohnehin durch den Stuhlgang kontaminiert ist.

Unterwegs habe ich immer eine Notfalltasche mit allen notwendigen Materialien für die Stomaversorgung dabei.

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Welche praktischen Hilfen oder Angebote erleichtern Ihnen den Alltag?

Julia: Eine gute ärztliche Betreuung ist für mich das A und O – leider keine Selbstverständlichkeit.

Im Umgang mit dem Stoma hat mir meine Stomatherapeutin enorm geholfen. Sie kam zu mir nach Hause, hat mir so viele Ängste genommen und ist auch heute noch erreichbar. Das gibt mir zusätzliche Sicherheit.

Ansonsten bedeutet mir der Austausch mit anderen Betroffenen viel. Daraus sind teilweise echte Freundschaften entstanden. Niemand versteht einen so gut wie Menschen, die Ähnliches durchmachen.

Sie sind Mutter von drei Kindern, eines davon pflegebedürftig. Wie gelingt es Ihnen, Ihre eigene Gesundheit mit Familie und Pflege zu vereinbaren?

Julia: Ganz ehrlich – ich weiß es manchmal selbst nicht. Ich bin eingetragene Pflegeperson für unsere behinderte Tochter. Das heißt, dass ich meine Arbeitsstunden reduziert habe, um die Pflege meiner Tochter zu Hause weiterhin zu gewährleisten.

Unter der Woche fallen sämtliche Termine an – Therapien, Arztbesuche, Reha, und noch so viel mehr, das sich einfach nicht aufschieben lässt. Und da mein Mann in der Zeit arbeiten muss, liegen die meisten Termine bei mir.

Natürlich ziehen wir alle an einem Strang, aber durch diesen eng getakteten Familien- und Pflegealltag ist es schlichtweg unmöglich, mich aller Form auszuruhen.

Doch genau meine Kinder sind es, die mir die Kraft geben, immer weiterzumachen. Ich will für sie stark sein. Sie sind die wahren Helden in meiner Lebensgeschichte – sie tragen mich durch alles.

Auf Instagram geben Sie Einblicke in Ihren Alltag und setzen sich dafür ein, Tabus rund um Krankheit, Behinderung und Pflege zu brechen. Was motiviert Sie dazu – und welche Reaktionen bestärken Sie?

Julia: Anfangs wollte ich einfach Eltern mit ähnlichen Erfahrungen finden – meine Tochter hat eine komplexe Hirnfehlbildung. Und darüber redet man ja nicht mal eben auf der Straße.

Auf Instagram fand ich eine Community, die mich getragen hat. Heute bin ich selbst an einem Punkt, wo ich diese Unterstützung weitergeben möchte – sei es für Eltern mit einem behinderten Kind oder für Menschen mit Colitis ulcerosa und Stoma.

Besonders vor meiner Stoma-OP habe ich mir Videos von anderen Menschen angeschaut, die ihre Stomaversorgung öffentlich teilen. Allerdings war alles englischsprachig. Das wollte ich ändern. Daher habe ich mir schon damals gesagt, dass ich meine Versorgung auch zeigen werde, um weiter aufzuklären, aber auch Ängste zu nehmen.

Irgendwann habe ich also angefangen, meine Erkrankungsgeschichte zu teilen und festgestellt, wie viele Betroffene es gibt. Ich habe oft die Rückmeldung bekommen, dass sie sich so allein fühlen, weil kaum jemand darüber spricht.

Ich will auf meinem Instagram-Kanal eben solche Tabus brechen, aufklären, Mut machen – und zeigen, dass das Leben trotz Einschränkungen schön und lebenswert ist. Und: Dass wir nicht allein sind, wir sind sehr viele.

Tipp
Julia Aufklärungsarbeit auf Instagram

Hier kommen Sie zu Julias Instagram-Account: zweieinhalb.walnuesse

Was wünschen Sie sich – persönlich und gesellschaftlich – im Umgang mit chronischen Krankheiten, Stuhlinkontinenz und Pflegeverantwortung?

Julia: Sichtbarkeit. So viele Lebensrealitäten bleiben unsichtbar – und dadurch fehlt oft das Verständnis.

Ein Beispiel: Unterwegs musste ich manchmal dringend auf die Toilette. Wenn ich dann das Behinderten-WC mit meinem Euro-Schlüssel aufschloss, musste ich mir oft etwas anhören.

Ein anderes Beispiel: Meine Tochter hat einen blauen Parkausweis, der uns dazu berechtigt, auf Behindertenparkplätzen zu parken. Wie oft wurden wir deswegen schon angegangen.

Behinderungen können sichtbar, aber eben auch unsichtbar sein. Lasst uns Rücksicht aufeinander nehmen und Verständnis zeigen, wenn jemand auf einen Nachteilsausgleich angewiesen ist. Niemand möchte sich in solch einer Situation auch noch erklären müssen.
Julia

Ich möchte Barrieren abbauen und zeigen, dass wir genauso Menschen sind wie alle anderen. Mit denselben Rechten und derselben Würde. Und vor allem: Gesundheit ist so ein kostbares Gut. Es kann jedem von uns so schnell genommen werden und schon sitzt man im selben Boot.

Vielen Dank für das Interview, Julia!

Mehr zum Thema Schamgefühle bei Inkontinenz im pflege.de-Magazin:

Interview
Schamgefühle begleiten häufig eine Inkontinenz

Erstelldatum: 5202.60.62|Zuletzt geändert: 5202.60.03
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© Julia
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