Antrag auf Pflegegrad: Ablauf im Überblick
Der Weg von der Entscheidung für den Pflegegrad-Antrag bis zum endgültigen Pflegegrad-Bescheid im Kurzüberblick:
- Einen Pflegegrad benötigen Sie, wenn Sie im Alltag dauerhaft und erheblich auf Hilfe angewiesen sind und deshalb Leistungen der Pflegeversicherung beanspruchen wollen. Den formlosen Antrag stellen Sie deshalb bei Ihrer Pflegeversicherung.
- Sie erhalten ein ausführliches Formular, in dem die Pflegeversicherung viele Details zur Person und zur Pflegebedürftigkeit abfragt. Das Formular muss vom Antragsteller unterschrieben und der Pflegeversicherung zugeschickt werden.
- Nach dem Antragsverfahren lässt die Pflegeversicherung ein Pflegegutachten erstellen. Für die Pflegebegutachtung besucht Sie ein Gutachter an Ihrer Wohnstätte, stellt Fragen, lässt sich Abläufe zeigen und gibt erste Tipps für die Pflege. Es gibt auch Begutachtungen am Telefon oder per Videotelefonie.
- Das Gutachten orientiert sich an einem festen Punktesystem und kommt so zu einer konkreten Entscheidung über Ihren Anspruch auf einen Pflegegrad. (1) Den Pflegegrad erteilt aber letztlich Ihre Pflegeversicherung. In Einzelfällen kann sie dafür weitere Infos einholen.
- Den Pflegegrad-Bescheid mit dem Gutachten erhalten Sie schriftlich. Wenn Sie einen fairen Pflegegrad bekommen haben, besteht Ihr Anspruch auf Pflegeleistungen jetzt rückwirkend zum Tag des Antrags. Sie können aber auch einen Widerspruch gegen das Ergebnis einlegen.
Wo beantrage ich einen Pflegegrad?
Einen Pflegegrad beantragen Sie direkt bei Ihrer Pflegeversicherung. Wenn Sie gesetzlich versichert sind, dann ist Ihre Pflegeversicherung an Ihre Krankenversicherung angegliedert. Sie können sich also einfach an Ihre Krankenkasse wenden, um nach Ihrer Pflegekasse zu fragen.
Wenn Sie privatversichert sind, beantragen Sie den Pflegegrad bei Ihrer privaten Pflege-Pflichtversicherung (PPV). Auch wenn Sie noch eine Pflegezusatzversicherung haben, ist für den Pflegegrad trotzdem Ihre Pflege-Pflichtversicherung zuständig.
Auch der Gutachterdienst richtet sich nach der Form Ihrer Versicherung: Gesetzlich Versicherte bekommen Besuch von einem Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD). Privatversicherte von einem Gutachter von Medicproof oder einem anderen privaten Dienst.
Wie beantrage ich einen Pflegegrad?
Sie haben viele Möglichkeiten, den Antrag auf Pflegegrad zu stellen. Es reicht ein kurzer Anruf, aber auch der schriftliche Weg per Post oder E-Mail ist möglich. Immer mehr Pflegekassen bieten dafür auch ein Online-Formular. Oder Sie stellen den Antrag persönlich bei einem Pflegestützpunkt in Ihrer Nähe.
Egal auf welchem Weg Sie den Antrag stellen: Der Inhalt bleibt gleich. Sie teilen Ihrer Pflegeversicherung mit: „Ich beantrage einen Pflegegrad“ oder „Ich beantrage Leistungen aus der Pflegeversicherung“.
Wenn Sie noch keinen Pflegegrad haben, dann ist ein Antrag auf Pflegeleistungen gleichbedeutend mit einem Antrag auf einen Pflegegrad.
Pflegegrad telefonisch beantragen
Der telefonische Antrag auf Pflegeleistungen ist ein sehr direkter Weg und bietet die Möglichkeit, erste Fragen direkt zu klären. Der Antrag am Telefon führt dazu, dass Sie ein Formular erhalten oder auf ein Online-Formular hingewiesen werden. Der Tag des Anrufs zählt aber als Tag des Antrags.
Pflegegrad schriftlich beantragen: Muster / Formular
Der schriftliche Antrag auf Pflegeleistungen ist problemlos möglich. Sie können dafür auf jeden Fall den Postweg nutzen oder bei den meisten Pflegeversicherungen auch eine E-Mail.
In Ihrer Nachricht müssen Sie Daten zu Ihrer Person angeben und mitteilen, dass Sie Pflegeleistungen (beziehungsweise einen Pflegegrad) beantragen. Sie können dafür auch das kostenlose Muster-Formular von pflege.de nutzen.
Weitere Angaben zu Ihrer Situation, dem Pflegebedarf und den gewünschten Leistungen machen Sie im späteren Verlauf. Der schriftliche Antrag bestätigt aber das Datum, ab dem Sie später rückwirkend Pflegeleistungen beanspruchen können.
Pflegegrad online beantragen
Bei vielen Pflegeversicherungen finden Sie auf den Webseiten Online-Formulare zum Ausfüllen. Oder zumindest ein Antragsformular zum Herunterladen. Suchen Sie einfach auf der Webseite Ihrer Pflegeversicherung nach einem entsprechenden Angebot oder nutzen Sie eine Suchmaschine.
Pflegegrad beim Pflegestützpunkt beantragen
Sicherlich nicht der einfachste, aber der persönlichste Weg ist der Gang zu einem Pflegestützpunkt in Ihrem Bundesland. Dort können Sie sich informieren und gemeinsam einen Pflegegrad-Antrag ausfüllen.
Ein Besuch bei einem Pflegestützpunkt klärt viele Fragen und der persönliche Kontakt kann Mut machen. Bei einem Pflegegrad-Antrag sollten Sie aber nicht unnötig Zeit verstreichen lassen. Falls Sie auf einen Termin beim Pflegestützpunkt warten müssten, sollten Sie für den Antrag einen anderen Weg vorziehen.
Wann beantrage ich einen Pflegegrad?
Grundsätzlich gilt: So früh wie möglich. Denn Ihr Anspruch gilt später rückwirkend ab dem Tag der Antragstellung. Je länger Sie warten, desto mehr Geld- und Sachleistungen entgehen Ihnen.
Zwei Situationen sind denkbar:
- Erstantrag: Wenn Sie bisher keinen Pflegegrad hatten
- Höherstufung: Wenn der aktuelle Pflegegrad nicht mehr passt
Erstantrag: Einstieg in die Pflege
Einen Erstantrag auf einen Pflegegrad sollten Sie stellen, wenn Sie voraussichtlich für mehr als sechs Monate Unterstützung im Alltag benötigen. Auch wenn es vielleicht nur mehrere kleine Hilfen im Haushalt, beim Einkauf oder bei der Alltagsgestaltung sind, sollten Sie einen Pflegegrad beantragen.
Aktiv nach Hilfe zu fragen, bedeutet aber auch, ein Stück seiner Selbständigkeit aufzugeben. Das ist für viele Menschen kein einfacher Schritt. Oft warten Betroffene leider so lange, bis es gar nicht mehr anders geht, bevor sie den Antrag auf Pflegeleistungen stellen.
Pflegeleistungen zu erhalten, sollte jedoch nicht mit Scham behaftet sein. Pflegeleistungen sind Versicherungsleistungen. Wenn Sie Anspruch auf diese Leistungen haben, sollten Sie diese auch wahrnehmen. Und pflegebedürftig ist man eben nicht erst, wenn man schon fast bettlägerig ist. (2)
Höherstufung: Pflegegrad erhöhen
Sie haben bereits einen Pflegegrad – doch irgendwann verschlechtert sich Ihr Gesundheitszustand vielleicht und der aktuelle Pflegegrad erscheint nicht mehr angemessen. Dann ist es höchste Zeit für einen Antrag auf Höherstufung des Pflegegrads.
Das Vorgehen ist ähnlich wie beim Erstantrag: Sie informieren Ihre Pflegeversicherung, schildern die Veränderungen und beantragen, den Pflegegrad zu erhöhen. Sind Ihre Schilderungen schlüssig, veranlasst die Versicherung ein erneutes Pflegegutachten und ändert je nach Ergebnis den Pflegegrad.
Was passiert nach dem Pflegegrad-Antrag?
Nach dem erfolgreichen Antrag kommt die Pflegebegutachtung. Hier wird maßgeblich entschieden, ob und welchen Pflegegrad Sie erhalten. Deshalb sollten Sie sich auf den Termin gut vorbereiten. Tipps und Informationen dazu finden Sie im Ratgeber Pflegebegutachtung & Pflegegutachten.
Frist für die Pflegeversicherung
Die Pflegekasse muss Ihnen innerhalb von 25 Arbeitstagen schriftlich einen Pflegegrad-Bescheid zustellen. Die Frist gilt ab dem Tag, an dem Sie den Antrag gestellt haben. Also das Datum des Anrufs oder des Eingangs des schriftlichen oder digitalen Antrags.
Sollte die Pflegekasse ihrer Pflicht nicht rechtzeitig nachkommen, haben Sie als versicherte Person Anspruch auf eine zusätzliche Entschädigung von 70 Euro für jede angefangene Woche der Verzögerung. Die Frist kann aber in bestimmten Fällen ruhen, also vorübergehend ausgesetzt werden.
In folgenden Fällen ruht die Frist:
- Wenn eine Verzögerung eintritt, die nicht von der Pflegeversicherung verursacht wird.
- Wenn Sie aufgefordert werden, zwingend erforderliche Unterlagen einzureichen.
Ausnahme: Leider keine Entschädigung bei Fristüberschreitung erhalten pflegebedürftige Personen, die bereits mindestens Pflegegrad 2 haben und sich in vollstationärer Pflege (Pflegeheim) befinden. (4)
Eilantrag auf einen Pflegegrad
Die übliche Frist von bis zu 25 Arbeitstagen ist in manchen Fällen nicht zumutbar. Zum Beispiel, wenn eine Person noch im Krankenhaus ist und klar wird, dass sie nach der Entlassung zuhause auf Pflege angewiesen sein wird. In solchen Fällen können Sie einen Eilantrag auf einen Pflegegrad stellen.
Ein Eilantrag bedeutet, dass zur Schnelleinstufung ein verkürztes Gutachten erstellt wird. In dem Eilgutachten geht es zunächst nur darum, ob eine Pflegebedürftigkeit vorliegt und ob mindestens Pflegegrad 2 vorliegt. Ein ausführliches Gutachten wird dann so bald wie möglich nachgeholt. (5)
Eilanträge werden oft von Personen gestellt, die sich noch im Krankenhaus befinden. Nutzen Sie dort auf jeden Fall den Sozialdienst des Krankenhauses. Die Mitarbeiter kennen sich mit Eilanträgen für die Pflege und Schnelleinstufungen aus. Sie können Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Drei Gründe für einen Eilantrag sind zulässig:
- Die Weiterversorgung nach Krankenhaus oder Reha ist ungesichert.
- Die pflegende Person vereinbart mit ihrem Arbeitgeber eine Pflegezeit oder Familienpflegezeit.
- Die pflegebedürftige Person befindet sich in Palliativpflege.
Grund 1: Ungesicherte Weiterversorgung nach einem stationären Aufenthalt
Ein Eilantrag ist möglich, wenn eine Person sich aktuell im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung (Reha) befindet und die ambulante oder stationäre Versorgung nach dem Aufenthalt nur durch die Begutachtung gesichert werden kann.
In diesen Fällen muss die Begutachtung spätestens am fünften Tag nach der Antragstellung erfolgen. So wird ein schneller vorläufiger Pflegegrad-Bescheid ermöglicht, mit dem die weitere Versorgung und deren Finanzierung sichergestellt werden können. (5)
Grund 2: Pflegezeit oder Familienpflegezeit der pflegenden Person
Ein Eilantrag ist auch möglich, wenn die pflegende Person mit ihrem Arbeitgeber eine Pflegezeit oder Familienpflegezeit vereinbart hat. Beides ist nur möglich, wenn tatsächlich ein entsprechender Pflegegrad vorliegt. Also muss diese Frage oft noch vor der Entlassung geklärt werden. (5)
Zwei Fälle sind dabei möglich:
• Die pflegebedürftige Person befindet sich aktuell im Krankenhaus oder einer stationären Rehabilitationseinrichtung. Dann muss die Begutachtung spätestens am fünften Arbeitstag nach der Antragstellung erfolgen.
• Die pflegebedürftige Person befindet sich zuhause und wird nicht palliativ versorgt. Dann muss die Begutachtung spätestens am zehnten Arbeitstag nach der Antragstellung erfolgen.
Grund 3: Palliativpflege
Auch wenn sich die Person in Palliativpflege befindet, ist ein Eilantrag möglich. Dabei ist es egal, ob die Palliativpflege ambulant oder stationär in einem Hospiz stattfindet. Die Begutachtung muss in diesem Fall spätestens am fünften Tag nach der Antragstellung stattfinden. (5)
Häufig gestellte Fragen
Wie beantrage ich einen Pflegegrad?
Teilen Sie Ihrer Pflegeversicherung mit, dass Sie pflegebedürftig sind und Pflegeleistungen in Anspruch nehmen wollen. Das geht telefonisch, schriftlich, über ein Online-Formular oder persönlich in einem Pflegestützpunkt.
Wo beantrage ich einen Pflegegrad?
Bei Ihrer Pflegeversicherung. Diese ist bei gesetzlich Versicherten an ihre Krankenversicherung angeschlossen. Bei Privatversicherten ist die gewählte Pflege-Pflichtversicherung zuständig.
Wo beantrage ich einen Eilantrag für einen Pflegegrad?
Auch einen Eilantrag stellen Sie bei Ihrer Pflegeversicherung. Oft werden Eilanträge im Krankenhaus gestellt. Dort hilft Ihnen der Sozialdienst bei der Antragstellung.
Wann sollte ich einen Pflegegrad beantragen?
Immer dann, wenn Sie im Alltag dauerhaft auf Unterstützung angewiesen sind, könnte eine Pflegebedürftigkeit vorliegen. Mit dem Antrag sollten Sie dann nicht zu lange warten.
Wer kann einen Pflegegrad beantragen?
Den Antrag auf einen Pflegegrad muss die pflegebedürftige Person selbst stellen. Allerdings können gesetzliche Vertreter oder Personen mit einer entsprechenden Vollmacht diese Aufgabe übernehmen.