Pflegepolitik in der Bundestagswahl 2025
Inhaltsverzeichnis
Ist Pflegepolitik wichtig?
5,7 Millionen Menschen in Deutschland sind selbst pflegebedürftig. Dazu kommen Millionen pflegende Angehörige und Hunderttausende von professionellen Pflegekräften. Zusammen bilden sie eine große Wählergruppe.
Damit ist klar: Wie die Pflege in Deutschland organisiert und finanziert wird, ist ein zentrales politisches Thema, das uns jetzt und auch in Zukunft weiter beschäftigen wird. Die Pflegepolitik spielt also auch bei der Wahlentscheidung zur Bundestagswahl 2025 eine wichtige Rolle.
Oft reduziert sich Pflegepolitik allein auf die professionelle Pflege. Dabei werden etwa 86 Prozent der Pflegebedürftigen zuhause gepflegt. Und zwar überwiegend von pflegenden Angehörigen. Die Pflege zuhause und die Situation der pflegenden Angehörigen verdienen mindestens die gleiche Aufmerksamkeit.(1)
Vor allem pflegende Angehörige, die ein Familienmitglied zuhause pflegen, bekommen nicht die nötige Anerkennung und finanzielle Unterstützung, die sie verdient haben. Dabei würde unsere Gesellschaft ohne Angehörigenpflege nicht funktionieren.

Pflegepolitik der Ampel-Koalition
Im Koalitionsvertrag von 2021 hat sich die Ampel-Koalition einiges für die Pflege vorgenommen. Was davon umgesetzt wurde und was leider nicht, erfahren Sie in unserem Artikel Ampelkoalition und Pflege: Vorhaben vs. Umsetzung.
Pflege in den Wahlprogrammen der Parteien
Was wollen die verschiedenen Parteien beim Thema Pflege verändern? Um diese Frage zu beantworten, haben wir die Wahlprogramme der sieben größten Parteien gelesen. Die pflegepolitischen Inhalte fassen wir für Sie kurz und verständlich zusammen.
Hier finden Sie jeweils unsere Zusammenfassung:
Zur Bundestagswahl 2025 möchten wir Ihnen einen fairen Einblick in die pflegepolitischen Inhalte der Wahlprogramme der größten Parteien geben. Dabei nehmen wir keine Partei von unserer Analyse aus, denn die freie Wahlentscheidung liegt allein bei den Wählern in Deutschland. Allerdings möchten wir betonen: pflege.de bekennt sich klar zur Demokratie, Vielfalt, Toleranz und der Würde des Menschen.

Pflege-Themen bei der Bundestagswahl 2025
Welche Themen dominieren die Pflegepolitik bei der Bundestagswahl 2025? Wir haben nach wiederkehrenden Fragestellungen, nach Gemeinsamkeiten und nach Unterschieden in den verschiedenen Wahlprogrammen gesucht.
Im Folgenden finden Sie eine Aufbereitung der sechs Themen, die insgesamt am stärksten behandelt wurden. Wir fassen für Sie in Grundzügen zusammen, welche Lösungsansätze es gibt und wie sie sich unterscheiden.
Sechs wichtige Themen:
- Finanzierung der Pflegeversicherung
- Änderungen bei Pflegeleistungen
- Abbau von Bürokratie
- Ausbau von Pflegeangeboten
- Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
- Professionelle Pflege
Finanzierung der Pflegeversicherung
Die Zahl der Pflegebedürftigen wird durch die Überalterung der Gesellschaft in Zukunft überproportional wachsen. Allein durch höhere Beiträge sind die steigenden Kosten kaum zu bezahlen. Das haben alle Parteien erkannt und beschäftigen sich mit einer Verbesserung der Finanzierung.
Das sind die wichtigsten Lösungsansätze:
- Bürgerversicherung: Vier Parteien (SPD, Die Grünen, Die Linke, BSW) fordern eine Zusammenlegung der gesetzlichen und privaten Pflegeversicherung. Denn Privatversicherte verdienen im Durchschnitt mehr und würden dadurch mehr beitragen.
- Kosten sparen bei Bürokratie und Verwaltung: Zwei Parteien (CDU/CSU, AfD) wollen vor allem mit Kosteneinsparungen durch das Reduzieren von Verwaltung und Bürokratie großen finanziellen Spielraum gewinnen.
- Versicherungsfremde Leistungen: Vier Parteien (SPD, Die Grünen, BSW, AfD) wollen Leistungen wie die Krankenversicherungsbeiträge für Bürgergeld-Empfänger, nicht mehr durch Beiträge, sondern durch Steuern finanzieren.
- Private Vorsorge stärken: Zwei Parteien (CDU/CSU, FDP) wollen vermehrt die private Vorsorge unterstützen. Private Zusatzversicherungen sollen dann die steigenden Kosten abfedern.
- Kapitalgedeckte Komponente: Die FDP möchte einen Kapitalstock aufbauen, dessen Gewinne zur Pflegeversicherung fließen sollen.
- Sozialbeiträge auf Kapitaleinnahmen: Zwei Parteien (Die Grünen, Die Linke) möchten gerne nicht nur auf Arbeitseinkommen, sondern auch auf Kapitaleinnahmen Sozialbeiträge erheben.
- Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze: Die Linke möchte die Beitragsbemessungsgrenze ganz aufheben. Dadurch würden Menschen mit sehr hohen Einkommen mehr Sozialversicherungsbeiträge bezahlen.
Änderungen bei Pflegeleistungen
Die Pflegeleistungen sind Anfang 2025 moderat gestiegen, aber das Grundproblem bleibt ungelöst: Die Pflegekosten steigen viel schneller als die Pflegeleistungen. Deshalb müssen Pflegebedürftige und oft auch ihre Angehörigen immer mehr aus eigener Tasche bezahlen.
Das sind die wichtigsten Lösungsansätze:
- Pflegevollversicherung: Zwei Parteien (Die Linke, BSW) möchten eine Pflegevollversicherung einführen. Das heißt, dass die Pflegeversicherung dann die gesamten Pflegekosten übernimmt, statt wie bisher nur bis zu einem bestimmten Höchstbetrag.
- Pflege-Deckel: Die SPD fordert zwar keine Vollversicherung, aber Eigenanteile für die Pflege sollen eine Obergrenze bekommen. Für die stationäre Pflege zum Beispiel höchstens 1.000 Euro pro Monat. Bislang ist es oftmals ein Vielfaches davon.
- Flexibilität / Pflege-Budget: Zwei Parteien (CDU/CSU, Die Grünen) möchten mehr Flexibilität bei der Nutzung von Pflegeleistungen. Dafür sollen Pflegeleistungen zusammengelegt und einfacher zugänglich gemacht werden.
- Bessere Finanzierung der häuslichen Pflege: Zwei Parteien (BSW, AfD) planen „deutlich höhere“ Leistungen für die häusliche Pflege. Das BSW möchte das Pflegegeld zu einer Art Lohnersatz für pflegende Angehörige ausbauen.
Abbau von Bürokratie
Ob komplexe Formulare, kleinteilige Vorschriften oder zu genaue Dokumentationspflicht: Bürokratie im Pflegesystem hat viele Gesichter. Und alle Parteien haben erkannt, dass sie abnehmen muss. Die Ansätze, wo und wie das passieren soll, sind allerdings mal mehr mal weniger konkret.
Das sind die wichtigsten Lösungsansätze:
- Digitalisierung und KI: Vier Parteien (CDU/CSU, SPD, Die Grünen, FDP) nennen explizit die Digitalisierung und in manchen Fällen auch die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz als Mittel, um bürokratische Abläufe einfacher und schneller zu machen.
- Abbau von Verwaltung: Zwei Parteien (CDU/CSU, AfD) möchten radikal Verwaltungsapparate auflösen. Die CDU/CSU möchte konkret den Medizinischen Dienst und die Heimaufsicht besser verbinden. Die AfD möchte unter anderem die Pflegekammern auflösen.
- Weniger Dokumentation: Zwei Parteien (SPD, FDP) wollen die Vorgaben bei der Dokumentation von Pflegetätigkeiten reduzieren. So sollen vor allem professionelle Pflegekräfte entlastet werden.
- Vereinfachte Antragstellung: Die SPD möchte Anträge vereinfachen, als konkretes Beispiel nennt sie den Antrag auf Hilfe zur Pflege. Die Linke fordert Entlastungsangebote, die unbürokratisch zugänglich sind.
Ausbau von Pflegeangeboten
Die steigende Zahl von Pflegebedürftigen sorgt auch dafür, dass Pflegeanbieter immer seltener freie Kapazitäten haben. Für Betroffene ist es oft schwer, überhaupt die nötige Unterstützung zu finden. Die meisten Parteien möchten deshalb gezielt die Pflege-Infrastruktur ausbauen.
Das sind die wichtigsten Lösungsansätze:
- Neue Mischformen zwischen ambulant und stationär: Zwei Parteien (CDU/CSU, SPD) möchten neue Wege gehen und bedarfsgerechte Angebote schaffen, die nicht mehr starr in stationäre oder häusliche Pflege unterschieden werden müssen.
- Tagespflege gezielt ausbauen: Zwei Parteien (Die Grünen, Die Linke) wollen mehr Angebote für die Tagespflege schaffen. Solche Angebote helfen oft, Pflege und Beruf besser zu vereinbaren oder Pflegepersonen zu entlasten.
- Mehr Mitsprache der Kommunen: Die SPD will Kommunen mehr Befugnisse geben, damit diese den Ausbau neuer Pflegeangebote steuern können. So sollen neue Angebote besser zum Bedarf passen.
Darüber hinaus sind die Forderungen der Parteien oft unkonkret oder sehr allgemein formuliert. Gar nicht erwähnt wird das Thema nur bei der FDP.
Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
Angehörigenpflege nimmt so viel Zeit in Anspruch, dass sie sich schwer mit einer beruflichen Tätigkeit vereinbaren lässt. Viele Betroffene, meist Frauen, hören sogar ganz auf zu arbeiten. Einige Parteien möchten die Situation hier verbessern.
Das sind die wichtigsten Lösungsansätze:
- Flexiblere Leistungen: Zwei Parteien (CDU/CSU, Die Grünen) möchten durch die Flexibilisierung der Pflegeleistungen erreichen, dass jeder die passende Unterstützung erhält. Davon versprechen sie sich auch eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.
- Zeitsouveränität: Die SPD möchte die bereits bestehende Familienpflegezeit ausbauen. Und zusätzlich soll ein „Familienpflegegeld“ entstehen, ähnlich dem Elterngeld. So sollen pflegende Angehörige ihre Zeit besser einteilen können. Etwas ähnliches planen auch die Grünen.
- Längeres Pflegeunterstützungsgeld: Die Linke möchte am Anfang einer Pflegebedürftigkeit bis zu sechs Wochen Freistellung mit Lohnausgleich ermöglichen. Das erinnert an das bereits bestehende Pflegeunterstützungsgeld von derzeit zwei Wochen pro Jahr.
- Pflege statt Beruf: Drei Parteien (Die Linke, BSW, AfD) fordern eine stärkere finanzielle Honorierung von Angehörigen. Das BSW fordert die Bezahlung von pflegenden Angehörigen auf Lohnniveau. Die Linke fordert Geldleistungen und Rentenpunkte für alle pflegenden Angehörigen.
Professionelle Pflege
Die Situation der professionellen Pflegekräfte ist spätestens seit der Corona-Epidemie immer wieder ein großes Thema. Alle Parteien sind sich einige, dass hier noch viel getan werden muss. Die Mittel und Methoden unterscheiden sich allerdings teilweise stark.
Das sind die wichtigsten Lösungsansätze:
- Tarifverträge / Bezahlung: Mehr Geld, mehr Personal. Das kann funktionieren, sagen vier Parteien (SPD, Die Linke, BSW, AfD).
- Besserer Personalschlüssel: Vier Parteien (SPD, Die Grünen, Die Linke, AfD) möchten, dass mehr Personal pro pflegebedürftige Person beschäftigt werden muss. Pflegekräfte sollen so die Möglichkeit bekommen, sich mehr Zeit für Pflege der einzelnen Personen zu nehmen.
- Mehr Verantwortung: Vier Parteien (CDU/CSU, SPD, Die Linke, Die Grünen) möchten den Beruf attraktiver machen, indem sie Pflegekräften mehr Verantwortung zugestehen. Sie sollen entsprechend ihrer Ausbildung mehr entscheiden dürfen.
- Weniger Bürokratie: Vier Parteien (CDU/CSU, Die Linke, Die Grünen, FDP) möchten den bürokratischen Aufwand reduzieren, damit mehr Zeit für die Pflege bleibt.
- Mehr Aufstiegsmöglichkeiten: Zwei Parteien (CDU/CSU, Die Grünen) möchten gezielt mehr Aufstiegsmöglichkeiten schaffen, um eine Pflege-Karriere attraktiver zu machen.
Als weitere Ideen finden sich planbare Einsatzzeiten, Springerpools, kostenlose Ausbildung, mehr Kooperation zwischen Gesundheitsberufen, Entlastung durch Automatisierung, Digitalisierung und Robotik sowie die Wiedereinführung der Kinderkrankenpflege als Ausbildungsschwerpunkt.
So wird der Bundestag gewählt
Jeder deutsche Bürger und jede deutsche Bürgerin, der oder die mindestens 18 Jahre alt ist, hat das Recht, seine oder ihre Stimme abzugeben. Für die Bundestagswahl werden zwei Stimmen abgegeben:
- Mit der Erststimme wählt die wahlberechtigte Person den Kandidaten im Wahlkreis. Kandidaten, die gewählt werden, ziehen direkt in den Bundestag ein.
- Mit der Zweitstimme wählt die wahlberechtigte Person eine Partei aus der Landesliste. Diese Zweitstimme entscheidet darüber, wie viele Sitze eine Partei im Parlament erhält. Bei den Zweitstimmen gilt eine 5-Prozent-Hürde, das bedeutet: In den Bundestag dürfen nur Parteien einziehen, die mindestens fünf Prozent der Stimmen erhalten haben.
Pflege im Koalitionsvertrag 2025
CDU/CSU und SPD bereiten im gemeinsamen Koalitionsvertrag 2025 die Regierungsarbeit der nächsten Jahre vor. Was zur Pflege drinsteht, haben wir für Sie zusammengefasst: Der Koalitionsvertrag 2025 – Ziele der CDU/CSU und SPD in Sachen Pflege.
Häufig gestellte Fragen
Dürfen pflegebedürftige Menschen wählen?
Ja, wenn sie volljährig sind und die deutsche Staatsbürgerschaft haben, dürfen pflegebedürftige Menschen bei Wahlen vom Bund oder den Ländern ihre Stimme abgeben. Das gilt auch dann, wenn sie bereits einen Vormund oder gesetzlichen Betreuer haben. Und sie müssen dies stets persönlich tun, zum Beispiel per Briefwahl.
Wer darf für eine pflegebedürftige Person wählen?
Das Wahlrecht ist nicht übertragbar. Wer allerdings aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht selbst zur Wahl gehen kann, darf eine Hilfsperson nutzen. Die Hilfsperson muss die Wahlentscheidung respektieren. Auch eine Vollmacht oder gesetzliche Betreuung ändert daran nichts.
Wie beeinflussen Wahlen die Pflegepolitik?
Wahlen bestimmen, welche Parteien und Politiker Einfluss auf die Gestaltung der Pflegepolitik haben. Die gewählten Vertreter entscheiden über Gesetze und Reformen, die die Qualität, Finanzierung und Zugänglichkeit der Pflege beeinflussen.