Hilfe zur Pflege

Hilfe zur Pflege

Wird ein Mensch, ganz gleich ob alt oder jung, pflegebedürftig, deckt die soziale Pflegeversicherung nur einen Teil der anfallenden Kosten ab. Den Rest müssen die Betroffenen in der Regel selbst tragen. Wenn das Geld für die Pflege aber nicht reicht, gibt es die Möglichkeit die Sozialleistung „Hilfe zur Pflege“ zu beantragen. pflege.de erklärt, wer Anspruch auf diese finanzielle Hilfsleistung hat, wo Sie diese beantragen und was Sie dabei beachten sollten.

Inhaltsverzeichnis

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Definition: Was ist Hilfe zur Pflege?

Die Hilfe zur Pflege ist eine Leistung der deutschen Sozialhilfe, die dann greift, wenn eine pflegebedürftige Person oder ihre Angehörigen nicht in der Lage sind, die Kosten für die notwendige Pflege selbst zu tragen. Die konkreten Leistungen und Voraussetzungen der Hilfe zur Pflege sind im Sozialgesetzbuch 12 (XII) Paragraf 61 bis 66a festgehalten.

Wer hat Anspruch auf Hilfe zur Pflege?

Grundsätzlich gilt, dass Sie Hilfe zur Pflege nur in Anspruch nehmen können, wenn Ihre eigenen finanziellen Mittel nicht ausreichen. Weiterhin gelten folgende Voraussetzungen:

  • Die finanziell hilfsbedürftige Person ist pflegebedürftig.
  • Die finanziellen Mittel aus anderen Versicherungen (zum Beispiel der sozialen Pflegeversicherung oder einer privaten Pflegezusatzversicherung im Rahmen der finanziellen Pflegevorsorge) decken die Kosten für die Pflege nicht oder nicht vollständig ab.
  • Die pflegebedürftige Person oder der Ehepartner haben kein ausreichendes Vermögen, um die Pflegekosten hieraus zu finanzieren. Als Antragssteller müssen Sie ihr Einkommen und Vermögen entsprechend dem Sozialhilfeträger offenlegen.
  • Die Hilfe zur Pflege können auch Personen beantragen, die keine ausreichende Vorversicherungszeit in der Pflegeversicherung haben. Das ist zum Beispiel bei obdachlosen Personen der Fall, oder wenn bei erwerbsfähigen Antragsstellern aufgrund von langer Arbeitslosigkeit nicht mindestens zweieinhalb Jahre in den letzten 10 Jahren in die Pflegekasse eingezahlt wurde.
Experten-Info

Seit der Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade im Januar 2017 sind die Leistungen der „Hilfe zur Pflege“ an das Vorliegen eines Pflegegrades geknüpft. Anspruch auf alle Leistungen der „Hilfe zur Pflege“ der §§ 61 ff. SGB XII haben Versicherte erst ab Pflegegrad 2. Ob dies verfassungsrechtlich haltbar ist, ist umstritten. Jedoch gilt ein Bestandsschutz für Bezieher von „Hilfe zur Pflege“ ohne Pflegegrad, die bereits vor Einführung der Pflegegrade diese Sozialleistung bezogen haben.

Menschen ohne Pflegegrad aber mit Hilfebedarf können ausweichen auf Hilfe zur Weiterführung des Haushalts § 70 SGB XII, Hilfe in sonstigen Lebenslagen § 73 SGB XII oder einem erhöhten Regelbedarf § 27a Absatz 4 Nummer 2 SGB XII .

Markus  Karpinski
Rechts- und Fachanwalt für Sozialrecht & Medizinrecht
Info
Wer stellt den Pflegegrad fest?

Über das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit und den Pflegegrad entscheidet wie bei allen pflegebedürftigen Menschen die Pflegekasse – bei unversicherten das Gesundheitsamt. Das Sozialamt prüft nur, ob die finanziellen Voraussetzungen für die Hilfe zur Pflege gegeben sind.

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Berechnung des finanziellen Bedarfs von Antragstellern

Anders als bei der Grundsicherung im Alter wird bei der Hilfe zur Pflege nicht das gesamte Einkommen angerechnet, sondern nur ein bestimmter Anteil, der über der Einkommensgrenze liegt. Das heißt, Sie können finanzielle Unterstützung erhalten, ohne Ihr gesamtes Einkommen für die Pflegekosten aufzuwenden, sofern dieses unterhalb dieser Einkommensgrenze liegt.

Die Einkommensgrenze ist dabei keine feste Summe, sondern ergibt sich aus folgenden Faktoren, die miteinander addiert werden.

  • Zweimal die Regelbedarfsstufe 1: Die Regelbedarfsstufen sind in Paragraf 28 SGB 12 (XII) festgelegt. (1)Für 2023 lag die Regelbedarfsstufe bei 502 €. Dementsprechend ist der doppelte Betrag 1004 €.(2)
  • Angemessene Kosten für die Unterkunft, ohne Heizkosten. Was angemessen ist, wird meist nach Bundesland entschieden und berücksichtigt die unterschiedlichen Wohnkosten je nach Stadt und Region.
  • Zusätzlich ein Familienzuschlag von 70% des Regelsatzes der Regelbedarfsstufe 1 für den nicht getrenntlebenden Ehe- oder Lebenspartner sowie für jeden vom Sozialhilfebeantragenden oder dessen Lebenspartner überwiegend unterhaltenen Angehörigen. Das können zum Beispiel minderjährige oder sich in der Ausbildung befindende Kinder sein.

Sind Kinder pflegebedürftig, berechnet sich die Einkommensgrenze so:

  • Zweimal die Regelbedarfsstufe 1.
  • Kosten für die angemessene Unterkunft ohne Heizkosten.
  • 70 % der Regelbedarfsstufe 1 für ein Elternteil (bei zusammenlebenden Eltern) sowie weitere 70 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 für jedes weitere minderjährige und überwiegend von den Eltern unterhaltene Kind. Leben die Eltern nicht zusammen, wird die Einkommensgrenze nach dem Elternteil bestimmt, bei dem das Kind lebt. Lebt das Kind nicht bei den Eltern, wird die Einkommensgrenze wie bei erwachsenen Pflegebedürftigen berechnet.(3)

Einkommen, das über der Einkommensgrenze liegt, müssen Pflegebedürftige bzw. bei minderjährigen Pflegebedürftigen deren Eltern für die Pflege aufwenden. Allerdings nur „in angemessenem Umfang“. Wo dieser liegt, entscheidet das Sozialamt im Einzelfall. Es berücksichtigt dabei die Art des Bedarfs, Schwere und Umfang der Behinderung oder Pflegebedürftigkeit, die Dauer und Höhe der erforderlichen Leistungen und die besonderen Belastungen.

Info
Ausnahmen bei sehr hohem Pflegebedarf:

Für schwerpflegebedürftige Menschen mit Pflegegrad 4 oder 5 und blinden Personen gilt eine Sonderregel: Es dürfen maximal 60 Prozent des Einkommens über dieser Einkommensgrenze von der Sozialhilfeleistung abgezogen werden.

Besonderheiten: Schwankendes Einkommen und Einmal-Einnahmen

Nicht bei jedem Menschen ist das Einkommen monatlich gleichbleibend. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Ehepartner, ein Elternteil des Kindes oder die pflegebedürftige Person freiberuflich oder selbstständig ist.

Wenn das Einkommen des Pflegebedürftigen mal höher und mal niedriger ist, wird das unregelmäßige Einkommen im nächsten Monat mitberücksichtigt. Zum Beispiel wenn jemand eine einmalige Zahlung bekommt. Wenn das Einkommen dadurch zu hoch wird und der Pflegebedürftige keine Hilfe zur Pflege mehr bekommen würde, kann der einmalige Betrag auf sechs Monate verteilt werden. Dann wird er nicht komplett auf einmal angerechnet.

Wenn jemand regelmäßig, aber in unregelmäßigen Abständen Geld bekommt, wird das als Jahres-Einkommen berechnet.

Schonvermögen

Das Schonvermögen bezeichnet Vermögen, das nicht für den Lebensunterhalt oder andere Bedarfe genutzt werden muss. Das bedeutet, dass es unangetastet bleibt.

In welcher Form das Vermögen von Empfängern von „Hilfe zur Pflege“ angerechnet wird, ist in Paragraf 90 SGB 12 (XII) (4)definiert. Grundsätzlich muss das gesamte verwertbare Vermögen, also alles außer dem Schonvermögen, für die Finanzierung der Pflege eingesetzt werden. Das bedeutet, die Pflegekosten werden vom Sozialamt nur dann übernommen, wenn die pflegebedürftige Person oder ihr Ehe- oder Lebenspartner nicht genügend Einkommen oder Vermögen besitzen, um die Kosten selbst zu tragen.

Zum Schonvermögen (Stand Januar 2023) gehören beispielsweise:

    • Barbeträge oder Geldwerte bis zu einer Höhe von 10.000 Euro.
    • Ein angemessenes Kraftfahrzeug.
  • Staatlich geförderte Kapitalanlagen zur zusätzlichen Altersvorsorge wie die sogenannte „Riester-Rente“.
  • Angemessener Hausrat sowie ein angemessenes Hausgrundstück, das von der pflegebedürftigen Person allein oder gemeinsam mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach dem Tod von den Angehörigen weiter bewohnt werden soll.
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Unterhaltspflicht der Kinder

Falls das Einkommen und Vermögen der pflegebedürftigen Eltern nicht ausreicht, können erwachsene Kinder vom Sozialamt zur Unterhaltszahlung herangezogen werden, jedoch nur bei einem gemeinsamen Bruttoeinkommen von über 100.000 Euro pro Jahr (Stichwort: Elternunterhalt).

Leistungskonkurrenz: Wenn sich Leistungen sozialer Unterstützungssysteme überschneiden

Grundsätzlich haben Pflegebedürftige einen Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege, wenn sie keine gleichartigen staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten. Jedoch ersetzen andere Sozialleistungen die Hilfe zu Pflege nicht immer, sie können auch anteilig angerechnet werden. Das trifft zum Beispiel auf Blindenhilfe nach Paragraf 72 SGB 12 (XII) zu. Solche Leistungen werden mit 70 Prozent auf das Pflegegeld und damit auch auf die Hilfe zur Pflege angerechnet.

Weitere Faktoren, die dazu führen, dass die Hilfe zur Pflege gekürzt oder ganz gestrichen wird im Folgenden:

  • Während eines Aufenthalts in einer teilstationären oder vollstationären Einrichtung besteht kein Anspruch auf häusliche Pflege. Eine angemessene Kürzung des Pflegegeldes ist dann möglich.
  • Pflegebedürftige können während eines vorübergehenden Aufenthalts in einem Krankenhaus oder in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung ihre Pflege durch selbst beschäftigte besondere Pflegekräfte (Arbeitgebermodell) sicherstellen. Die vorrangigen Leistungen des Pflegegeldes für selbst beschaffte Pflegehilfen werden dann angerechnet. Mit anderen Worten: Wenn Pflegebedürftige selbst Pflegekräfte beschäftigen, um ihre Pflege sicherzustellen, werden diese Leistungen auf andere Leistungen der Hilfe zur Pflege angerechnet.
  • Wenn eine besondere Pflegekraft erforderlich ist oder Pflegebedürftige Leistungen der Verhinderungspflege oder gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften erhalten, kann das Pflegegeld um bis zu zwei Drittel gekürzt werden.
  • Wenn Pflegebedürftige ihre Pflege selbst organisieren, dürfen sie keine Sachleistungen vom Staat bekommen. Das Pflegegeld, das sie dafür erhalten, wird auf andere Leistungen der Pflegehilfe angerechnet.

Wie sich Ehepartner vor der eigenen Sozialhilfe-Bedürftigkeit schützen

Experten-Tipp

Werden Leistungen der Hilfe zur Pflege vom Sozialamt bezogen, darf der Ehepartner des pflegebedürftigen Sozialhilfeempfängers regelmäßig so viel von seinem Einkommen behalten wie es der   Hälfte des gemeinsamen Nettoeinkommens entspricht. In der Realität bleibt dem Ehegatten jedoch oft kaum mehr als einem Hartz IV Empfänger.

So können Sie sich als Ehepartner vor der eigenen Sozialhilfebedürftigkeit schützen: Teilen Sie dem Sozialamt bereits bei der Antragstellung mit, dass Sie für Ihren pflegebedürftigen Ehepartner nur so viel von Ihrem Einkommen zahlen, wie Sie auch bei einer Trennung zahlen müssten. Dies klingt im ersten Moment vielleicht etwas bizarr, kann Sie jedoch vor einem höheren Einkommenseinsatz bewahren. So kann das Sozialamt nämlich nicht mehr davon ausgehen, dass Sie Ihr eigenes Einkommen bis zur Grenze Ihrer eigenen Sozialhilfebedürftigkeit einsetzen möchten.

Markus  Karpinski
Rechts- und Fachanwalt für Sozialrecht & Medizinrecht

Dafür zahlt das Sozialamt Hilfe zur Pflege

Das Sozialamt übernimmt für pflegebedürftige Personen, die keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben, Pflegeleistungen in gleichem Umfang wie die Pflegeversicherung.

Menschen, die einen Pflegegrad erhalten haben und damit Anspruch auf Pflegeleistungen und deren Einkommen für die zusätzlichen aufkommenden Kosten nicht ausreicht, erhalten ebenfalls finanzielle Hilfe vom Sozialamt.

Leistungen für Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2:

  • Häusliche Pflege in Form von zum Beispiel Pflegegeld, Pflegesachleistung, Pflegehilfsmittel, digitale Pflegeanwendungen, Verhinderungspflege u.a.
  • Kurzzeitpflege
  • Teilstationäre Pflege (Tages- oder Nachtpflege)
  • Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (zum Beispiel Einbau eines Treppenlifts oder Badumbau)
  • Stationäre Pflege
  • Entlastungsbetrag
  • Hilfsmittel (zum Beispiel Badehilfen, Mobilitätshilfen)

Leistungen für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1:

  • Pflegehilfsmittel zum Verbrauch bis zu 40 Euro im Monat
  • Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes
  • Digitale Pflegeanwendungen
  • Entlastungsbetrag

Feste Beträge sind dabei nur für das Pflegegeld und für die Pflegehilfsmittel zum Verbrauch definiert. Beides orientiert sich an dem Betrag, den auch die Pflegekasse zahlen würde. Beides wird außerdem nur übernommen, wenn die pflegebedürftige Person durch eine Privatperson, etwa einen Angehörigen, gepflegt wird. Der Unterschied zwischen regulärem Pflegegeld durch die Pflegekasse und Pflegegeld durch das Sozialamt ist lediglich der unterschiedliche Leistungserbringer.

Hilfe zur Pflege ohne Pflegegrad

Menschen ohne Pflegegrad, die dennoch Hilfebedarf haben, können alternativ folgende Leistungen bei der Sozialhilfe beantragen:

  • Hilfe zur Weiterführung des Haushalts: Diese Sozialleistung richtet sich an erwerbsfähige Menschen die krank oder behindert sind und regelmäßig Hilfen bei der Weiterführung des Haushalts benötigen. Das können zum Beispiel Tätigkeiten sein wie Fensterputzen, Staubsaugen etc. Die gesetzliche Grundlage ist Paragraf 70 SGB 12 (XII).
  • Hilfe in sonstigen Lebenslagen: Dies Gesetz nach Paragraf 73 SGB 12 (XII) hat nicht genau festgelegt, was die ‚sonstigen Lebenslagen‘ sind. Sind Sie in finanzielle Not geraten und brauchen Sie vielleicht einmalig Hilfe, können Sie beim Sozialamt diese Leistung beantragen. Das Sozialamt entscheidet dann nach Ermessen.
  • Einen erhöhten monatlichen Geldbetrag: Festgelegt wurde der erhöhte Regelbedarf zum Beispiel beim Bezug von Bürgergeld (früher ALG II) oder der Grundsicherung. Der Bedarf kann erhöht sein, wenn Menschen etwa aufgrund einer Krankheit auf eine kostenintensivere Ernährung angewiesen sind.

 

Leistungen als persönliches Budget

Die Leistungen der Hilfe zur Pflege können auf Antrag auch als Teil eines Persönlichen Budgets ausgeführt werden können. Das Persönliche Budget ist eine finanzielle Unterstützung, die es Menschen mit Behinderungen ermöglicht, selbstbestimmt über ihre Pflege- und Assistenzleistungen zu entscheiden und diese einzukaufen. (5)

Tipp
Abrechnung mit dem Sozialamt

Im Allgemeinen müssen Sie die Rechnung für die Pflegeleistungen zunächst selbst bezahlen und dann bei Ihrem Sozialamt einreichen, um eine Erstattung zu erhalten. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass dies von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein kann. Einige Bundesländer bieten eine direkte Abrechnung zwischen dem Pflegedienstleister und dem Sozialamt an, so dass Sie die Rechnung nicht selbst bezahlen müssen.

Erkundigen Sie sich am besten vor der Inanspruchnahme von Pflegeleistungen über die geltenden Regelungen bei Ihrem Sozialamt, um Missverständnisse zu vermeiden

 

Welche Formen der Pflege zahlt das Sozialamt mit der Hilfe zur Pflege?

Grundsätzlich übernimmt das Sozialamt alle Formen der Pflege, sofern die finanziellen Voraussetzungen gegeben sind. Je nach Pflegeform gelten jedoch unterschiedliche Besonderheiten.

Die häusliche Pflege durch Angehörige

Weil der Gesetzgeber ein Interesse daran hat, die im Rahmen der Sozialhilfe anfallenden Pflegekosten niedrig zu halten, hat er in Paragraf 64 SGB 12 (XII) den Vorrang der häuslichen Pflege festgeschrieben. Die dabei anfallenden Kosten liegen meist deutlich unter denen der stationären Pflege. Das heißt: Soweit möglich, sollen Pflegebedürftige zuhause von privaten Pflegepersonen wie Angehörigen oder Nachbarn gepflegt werden.

Die häusliche Pflege durch einen Pflegedienst

Steht keine private Pflegeperson zur Verfügung, können Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 auch Unterstützung in Form von Pflegesachleistungen erhalten. Dazu gehören körperbezogene pflegerische Leistungen, Betreuungsmaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung, die durch einen ambulanten Pflegedienst erbracht werden.

Zu den pflegerischen Betreuungsmaßnahmen gehören:

  • Die Unterstützung bei der Bewältigung psychischer und sozialer Probleme.
  • Die Hilfe bei der Orientierung, bei der Strukturierung des Tages, bei der Kommunikation und der Pflege sozialer Kontakte sowie bei Beschäftigungen im Alltag.
  • Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung.

Häusliche Pflege durch eine vergütete Privatperson

Wenn Versicherte Pflegegeld von einem Sozialhilfeträger erhalten und diese für die Vergütung einer privaten Pflegeperson einsetzen, ist der Sozialhilfeträger unter Umständen auch für die Alterssicherung der Pflegeperson zuständig. Und zwar dann, wenn diese durch keine andere Institution gesichert ist.
Auch die Kosten für die Beratung der privaten Pflegeperson, zum Beispiel zu pflegerischen Maßnahmen, muss der Sozialhilfeträger decken. Findet die häusliche Pflege für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 im Rahmen des Arbeitgebermodells statt, hat das Sozialamt ebenfalls dafür aufzukommen.

Hilfe zur Pflege in Einrichtungen: Stationäre Pflege

Kann ein Pflegebedürftiger nicht zuhause durch eine private Pflegeperson oder einen ambulanten Dienst gepflegt werden und ist auch die teilstationäre Pflege nicht möglich, haben pflegebedürftige Menschen der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen wie einem Pflegeheim.

 

Experten-Info

Alleine der Sozialhilfeträger entscheidet, ob die Pflege in einem Heim erforderlich ist, nicht die Pflegekasse.

Markus  Karpinski
Rechts- und Fachanwalt für Sozialrecht & Medizinrecht
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Kennen Sie Ihren Anspruch?

Holen Sie sich bei Pflegeberatern oder Pflegestützpunkten Informationen, welche Leistungen Sie in Anspruch nehmen können und wie Sie diese kombinieren. Eine Pflegeberatung ist für Sie kostenfrei. Fragen Sie bei Ihrer Pflegekasse nach einem Beratungsgutschein oder nach einer Adresse vor Ort.

Antrag auf Hilfe zur Pflege stellen: Tipps und Hinweise

Der Antrag auf Hilfe zur Pflege muss beim zuständigen Sozialamt gestellt werden, und zwar schriftlich. Ein entsprechendes Antrags-Formular ist beim Sozialamt erhältlich. Einige Städte und Kommunen bieten Formulare auch online an, etwa als PDF zum Download. Der genaue Ablauf beim Sozialamt kann je nach Region und Situation unterschiedlich sein, aber in der Regel läuft es wie folgt ab:

  1. Antragstellung: Sie stellen einen Antrag auf Hilfe zur Pflege beim Sozialamt. Hierbei kann es sich um einen schriftlichen Antrag oder einen Termin vor Ort handeln.
  2. Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen:
    Das Sozialamt prüft, ob Sie aufgrund Ihrer persönlichen und finanziellen Situation Anspruch auf Hilfe zur Pflege haben.
  3. Bescheid und Leistungsantrag:
    Wenn Sie Leistungen bewilligt bekommen, müssen Sie einen Leistungsantrag stellen.
  4. Leistungserbringung: Nach Bewilligung und Genehmigung der Leistungen durch das Sozialamt können Sie die Leistungen in Anspruch nehmen, z.B. in Form von ambulanter oder stationärer Pflege.

Haben Sie den Antrag ausgefüllt, informieren Sie sich außerdem, welche Dokumente Sie für den Antrag zusätzlich vorzeigen müssen. Häufig sind es folgende:

  • Ein Personalausweis oder Reisepass
  • Belege über Einkommen beziehungsweise Rente
  • Belege über Vermögen wie Sparbücher oder Wertpapiere, falls vorhanden
  • Ein Pflegegrad-Bescheid, falls vorhanden
  • Eventuell Vorsorgevollmacht oder Betreuungsvollmacht
  • Rechnungen von ambulanten Pflegediensten oder dem Pflegeheim
  • Nachweise über Mietkosten
  • Weitere Nachweise zu pflegebedingten Kosten

 

Tipp
Stellen Sie Ihren Antrag auf Hilfe zur Pflege so früh wie möglich

Pflegebedürftige und Angehörige sollten sich frühzeitig um einen Antrag für „Hilfe zur Pflege“ kümmern, da die Sozialämter nicht rückwirkend zahlen, sondern erst ab Antragstellung.
Es lohnt sich zudem, bei Pflegeberatern oder in Pflegestützpunkten Informationen darüber einzuholen, welche Leistungen in Anspruch genommen werden können und ob und wie sie kombinierbar sind.

Info
Wiederspruchsmöglichkeit nutzen

Wenn Ihr Antrag abgelehnt wird oder die bewilligte Leistung nicht ausreichend ist, haben Sie die Möglichkeit, Widerspruch einzulegen. Nutzen Sie diese Möglichkeit und lassen Sie sich gegebenenfalls von einem Anwalt oder einer Beratungsstelle unterstützen.

Häufig gestellte Fragen

Was ist Hilfe zur Pflege?

Mit der Hilfe zur Pflege werden diejenigen vom Sozialamt finanziell unterstützt, deren eigene Mittel für die Kostendeckung nicht ausreichen. Die Gesetzesgrundlage dazu, ist im Sozialgesetzbuch 12 (XII) Paragraf 61 bis 66a zu finden.

Wer bekommt Hilfe zur Pflege

Anspruch auf Hilfe zur Pflege, haben Personen, die entweder keinen Anspruch auf Pflegeleistungen haben, weil sie nicht sozialversicherungspflichtig waren oder Personen, die zwar Pflegeleistungen erhalten, aber den verbleibenden Eigenanteil nicht selbst bestreiten können.

Wo kann Hilfe zur Pflege beantragt werden?

Hilfe zur Pflege wird beim zuständigen Sozialamt in Ihrem Landkreis beantragt.

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Erstelldatum: 8102.30.02|Zuletzt geändert: 3202.50.42
(1)
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (ohne Jahr)
https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/regelbedarfsstufen.pdf?__blob=publicationFile&v=9 (letzter Abruf am 13.04.2023))
(2)
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2022)
https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/2022/das-aendert-sich-2023.html#docd56ad138-468a-4e64-8fc7-ef5158bac269bodyText31 (letzter Abruf am 28.04.2023)
(3)
Bundesministerium der Justiz: Gesetze im Internet
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_12/__85.html (letzter Abruf am 19.04.2022)
(4)
Bundesministerium der Justiz: Gesetze im Internet
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_12/__90.html (letzter Abruf am 19.04.2022)
(5)
Bundesministerium der Justiz: Gesetze im Internet
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9_2018/__29.html (letzter Abruf am 28.04.2023)
(6)
Bundesministerium der Justiz: Gesetze im Internet
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_12/__82.html (letzter Abruf am 28.04.2023)
(7)
Bildquelle
@ bilderstoeckchen / Fotolia.com
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Tipps aus der Praxis: Interview zur Hilfe zur Pflege

Ursula Mennel
Im Interview
Ursula Mennel
Leiterin Referat Ambulante Hilfe zur Pflege beim Bezirk Oberbayern

Hilfe zur Pflege ist eine Sozialleistung, die Menschen in Anspruch nehmen können, deren finanzielle Mittel nicht ausreichen, um ihre Pflege sicherzustellen. Um diese finanzielle Hilfe zu erhalten, kann ein Antrag beim zuständigen Sozialhilfeträger  gestellt werden. Ursula Mennel leitet das Referat Ambulante Hilfe zur Pflege beim Bezirk Oberbayern. In diesem Interview wollen wir erfahren, was die betroffenen Menschen bei der Antragstellung beachten müssen und welche Einkommensgrenzen es gibt.

pflege.de: Frau Mennel, was empfehlen Sie grundsätzlich, wenn eine Person mit Pflegebedarf feststellt, dass der Eigenanteil für die ambulante Pflege so hoch ist, dass sie die Kosten nicht selbst tragen kann. Was sind die ersten Schritte?

Ursula Mennel: Wichtig ist, ob bereits ein Pflegegrad festgestellt wurde und Leistungen der Pflegekasse gewährt werden. Deshalb sollte sich die Person zunächst mit ihrer Pflegekasse in Verbindung setzen, damit der Pflegegrad ermittelt wird und Leistungen gewährt werden. Im nächsten Schritt sollte sich die Person an den überörtlichen Sozialhilfeträger wenden, in Bayern also an die Bezirke, da diese die ungedeckten Restkosten übernehmen können. Die Servicestellen der Sozialhilfeträger beraten die betroffenen Menschen und unterstützen bei der Antragstellung.

pflege.de: Wie sieht die Praxis dann aus? Nehmen wir mal an, Frau Müller hat Anspruch auf die Übernahme des Eigenanteils der Pflegekosten durch den Sozialhilfeträger. Ihr Einkommen bzw. ihre Rente reichen für die monatlichen Pflegekosten nicht aus. Dabei geht es um 500 Euro, die der Pflegedienst zusätzlich in Rechnung stellt. Muss Frau Müller den Betrag zunächst selbst aufbringen und im Anschluss die Rechnung beim Sozialamt einreichen?

Ursula Mennel: Frau Müller sollte keine Rechnung an den Pflegedienst selbst bezahlen, sondern sich gleich an den Sozialhilfeträger wenden. Wenn sie bereits selbst Kosten für die Pflege bezahlt hat, kann sie diese im Nachhinein nicht mehr vom Sozialhilfeträger erhalten, da dieser immer nur den ungedeckten Bedarf leisten kann.

Für die ambulante Hilfe zur Pflege gelten Einkommensgrenzen hinsichtlich des Einkommenseinsatzes nach § 85 SGB XII. Dieser errechnet sich unter anderem aus einem Grundbetrag (zweifacher Regelbedarf Stufe 1), der Kosten der Unterkunft (Warmmiete) und ggf. einem Familienzuschlag für Ehegatten oder Lebenspartner.

Soweit das zu berücksichtigende Einkommen die Einkommensgrenze übersteigt, ist die Aufbringung der Mittel in angemessenem Umfang zuzumuten. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, sind besonders die Art des Bedarfs, die Art oder Schwere der Behinderung oder der Pflegebedürftigkeit, die Dauer und Höhe der erforderlichen Aufwendungen sowie besondere Belastungen der antragstellenden Person und ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen individuell zu berücksichtigen (§ 87 SGB XII).

Wichtig ist, dass nach aktueller Gesetzeslage die Einkommenslage einer hilfebedürftigen Person, die kein oder wenig Geld hat, keine Auswirkung auf eine notwendige Bedarfsdeckung hat. Die Höhe der Einkommensgrenzen lässt zu jeder Zeit beispielsweise nicht nur die Deckung der eigenen Existenzsicherung zu. Einkommen, das die Einkommensgrenze übersteigt, wird oftmals auch nicht komplett vereinnahmt für die ambulante Hilfe zur Pflege.

Erstelldatum: 3202.50.42|Zuletzt geändert: 3202.50.42
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