Das Präventionsgesetz: Definition
Am 25. Juli 2015 trat das „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention“ kurz: Präventionsgesetz (PrävG) in Kraft. Gemeinsam mit einer Anschubfinanzierung von 500 Millionen Euro soll es seither dafür sorgen, dass krankenversicherte Menschen in Deutschland ihre Gesundheit selbst so positiv wie möglich beeinflussen. Oberstes Ziel hierbei ist es, Krankheiten möglichst frühzeitig vorzubeugen. Damit das gelingt, brachte das Präventionsgesetz die großen Akteure an einen Tisch: Sozialversicherungsträger, Länder und Kommunen können durch die Gesetzesgrundlage besser zusammenarbeiten und Menschen aller Altersgruppen dabei unterstützen, möglichst viele Erkrankungen im Vorhinein (also präventiv) zu vermeiden. Das Präventionsgesetz ist nach wie vor aktuell. (1)
Gesetzestext verankert im SGB V
Den Gesetzestext des Präventionsgesetzes finden Sie im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Um dieses Gesetzbuch fit für Prävention und Gesundheitsförderung zu machen, wurde gleich zu Beginn ein wichtiger Satz ergänzt. Seither hat die Krankenversicherung nicht nur die Aufgabe, die Gesundheit ihrer Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder zu verbessern, sondern sie soll auch die gesundheitliche Eigenkompetenz und Eigenverantwortung der Versicherten fördern. (2)
§20 im SGB V: Inhalte des Präventionsgesetzes
„Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten“, das ist das Angebot der Krankenkassen an ihre Versicherten und zugleich der Titel des Paragraphen 20 Absatz 1 im SGB V. Lebenswelten sind dabei „sozial abgrenzbare soziale Systeme“, in denen Menschen wohnen, leben und arbeiten. Vereinfacht gesagt eben Orte wie Kita, Schulen, Betriebe und auch Pflegeheime.
Bei Letzteren gibt es eine Besonderheit, denn pflegebedürftige Menschen sind oftmals auf das Handeln der Pflegepersonen und Ärzte besonders angewiesen. Doch auch sie können noch in vielen Fällen ihre Eigenverantwortung wahrnehmen. So sagt das Präventionsgesetz, dass sie gemeinsam mit Pflegepersonen und Medizinern den Verantwortlichen für ihre Lebenswelt festlegen können. Dazu muss darüber besprochen werden,
- welche gesundheitlichen Risiken bestehen,
- welche Potenziale und Ressourcen sie (noch) haben und
- wie sie diese bestmöglich fördern oder wiedergewinnen können.
Gesundheitsziele des Präventionsgesetzes
§ 20 des SGB V zählt ganz konkret auf, welche Gesundheitsziele der Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) in den Blick nimmt:
- So soll das Erkrankungsrisiko für Diabetes mellitus Typ 2 gesenkt und Betroffene möglichst früh erkannt sowie behandelt werden.
- Bei der Brustkrebsvorsorge geht es um eine erhöhte Lebensqualität und eine geringere Mortalität (Sterblichkeit).
- Tabak- und Alkoholkonsum sind ein weiteres Risikogebiet, das durch präventive Maßnahmen, die alle Versicherten treffen können, möglichst entschärft werden soll.
- Die Verhinderung von depressiven Erkrankungen, aber auch deren frühzeitige Diagnose und nachhaltige Behandlung steht auf der Liste der Gesundheitsziele.
- Menschen sollen gesund aufwachsen und eine gesundheitsbewusste Lebensweise entwickeln, sodass die Gesundheit im Alter möglichst gefördert werden kann.
Zusammengefasst nimmt das Präventionsgesetz jeden Versicherten in die Pflicht, eine gesunde Lebensweise zu ergreifen – und so auch möglichst gesund älter zu werden.
Krankenkassen sind die Hauptakteure bei Gesundheitsförderung und Prävention
Die Krankenkassen legen in § 20 SGB V unter anderem fest, welche Leistungen zur Prävention und Gesundheitsförderung förderungsfähig sind. Sie haben daher zum Präventionsgesetz einen Leitfaden veröffentlicht, der als GKV-Leitfaden Prävention im Internet zu finden ist. Darin werden alle individuell verhaltensbezogenen Präventionen und Gesundheitsförderungsmaßnahmen aufgeführt. (2)
Prävention: Die Bedeutung
Prävention umfasst alle Maßnahmen, die Krankheiten vorbeugen sollen. Darum zielen präventive Maßnahmen darauf ab,
- das Vorkommen,
- die Ausbreitung und
- die Folgen
einer Krankheit zu vermeiden oder zu verringern. (3)
Die sogenannte Krankheitsprävention verfolgt ähnliche Ziele mit dem Unterschied, dass der Ausgangspunkt hier bereits eine Risikogruppe ist. Menschen, die einer Risikogruppe zugehörig sind, sind einem erhöhten Erkrankungsrisiko ausgesetzt oder weisen bereits Anzeichen einer Erkrankung auf. Risikogruppen eröffnen somit weitere präventive Handlungsfelder, nämlich:
- einen Krankheitsverlauf einzudämmen,
- Folgestörungen zu verhindern und
- Folgeerkrankungen sowie langwierige (chronische) Verläufe zu minimieren. (4)
Krankheitsprävention betrifft viele Menschen mit Pflegebedarf
Besonders für pflegebedürftige Menschen können Maßnahmen der Krankheitsprävention wichtig sein. Denn mit ihnen kann der Pflegealltag in vielen Teilen und für beide Pflege-Seiten erheblich erleichtert werden. Etwa dann, wenn einer voranschreitenden Pflegebedürftigkeit für eine gewisse Zeit gezielt entgegengewirkt werden kann.
Der Blick auf die persönlichen Ressourcen ist nicht nur bei fortgeschrittener Pflegebedürftigkeit wichtig. Da das höhere Alter natürlicherweise häufiger mit Verlusten einzelner Fähigkeiten einhergeht, mehr als das Leben in jüngeren Jahren, sollte der Fokus gerade im Alter auf dem Erhalt von vorhandenen Fähigkeiten und wohltuenden Dingen liegen. In der Psychologie ist hier das sogenannte S (Selektion) O (Optimierung) K (Kompensation)-Modell in guter Praxis. Nach diesem sollen Menschen ihre persönlichen Gewinne maximieren und Verluste minimieren, indem sie an drei Punkten ansetzen:
- Selektion: Eine Person setzt sich erreichbare Ziele und bestimmt die Ressourcen, die sie zur Zielerreichung benötigt.
- Optimierung (Gewinne maximieren): Die Person verfolgt die gesetzten Ziele und erweitert ihren „persönlichen Werkzeugkoffer“ mit neuen Fertigkeiten oder Ressourcen.
- Kompensation (Verluste minimieren): Die Person kompensiert Verluste (wie etwa dem Muskelabbau im höheren Alter) durch die neu gewonnenen Ressourcen und zieht unter Umständen weitere Hilfsmittel hinzu.

Präventionsgesetz und die Pflege
Mit Blick auf die Gesundheitsziele des GKV-Spitzenverbands wird deutlich: das Präventionsgesetz spricht eine breite Masse an. Doch was bedeutet das Präventionsgesetz nun konkret für die Pflege? pflege.de hat für Sie die wichtigsten Punkte zusammengefasst.
Pflegekassen haben einen Präventionsauftrag
Das Präventionsgesetz (PrävG) erwartet von den Pflegekassen, dass sie die Prävention in stationären und teilstationären Pflegeeinrichtungen unterstützen und finanziell fördern. Schon bei der Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit sollen die Gutachter daher auch Empfehlungen zu präventiven Maßnahmen abgeben.
Die Pflegekassen haben einen speziellen Präventionsauftrag erhalten und sollen gesundheitsfördernde Angebote in Pflegeeinrichtungen bezuschussen, unter anderem:
- Bewegungsförderung
- Kraft-Balance-Trainings
- Schulungen zur Sturzprävention
- Beratungen und Schulungen zu einer gesunden Ernährung
- Förderung der Lebensqualität und des Wohlbefindens, zum Beispiel durch Entspannungsmaßnahmen, Gesprächskreise, Ermöglichung sozialer Kontakte
Prävention bei Pflegebedürftigen
Zu den Lebenswelten im Alter gehören die eigene Wohnung eines Pflegebedürftigen ebenso wie das Zimmer oder Appartement im Pflegeheim. Prävention bei Pflegebedürftigkeit ist keineswegs sinnlos, denn auch eine schon bestehende Pflegebedürftigkeit lässt sich zumindest stabilisieren.
Prophylaxe bietet zusätzlichen Schutz im Pflegealltag
Pflegebedürftige Menschen haben häufig ein geschwächtes Immunsystem und sind daher anfälliger für Infektionskrankheiten. Ist die pflegebedürftige Person nicht mehr so sicher auf den Beinen, ist sie zudem einem erhöhten Sturzrisiko ausgesetzt. Verbringt der pflegebedürftige Mensch die meiste Zeit am Tag im Sitzen oder im Liegen, ist auch das Risiko für einen Dekubitus höher. Betroffene sowie deren Pflegepersonen sollten sich daher mit den gezielten Schutz-Maßnahmen (Prophylaxen) im Pflegealltag vertraut machen, hierzu passende Beispiele:
- Dem Schutz vor Infekten dient die Infektionsprophylaxe.
- Zum Schutz vor Stürzen helfen Maßnahmen der Sturzprophylaxe.
- Einem Dekubitus können Sie mit speziellen Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe vorbeugen.
Bewegung und aktivierende Maßnahmen im Pflegealltag
Auch die tägliche Bewegung fördert nicht nur die Selbstständigkeit. Sie erweitert zugleich den manchmal eng gewordenen Horizont. Schon ein täglicher Spaziergang bringt wieder Kontakt zu anderen Menschen und zur Umwelt. Gerade die massiven Einschränkungen während der Corona-Pandemie-Zeit haben gezeigt, wie wichtig gesellschaftlicher Kontakt, Besuche und gemeinsame Unternehmungen für das Wohlbefinden sind.
Doch auch für bettlägerige oder stark bewegungseingeschränkte Personen gibt es eine Menge an kurzen Bewegungsimpulsen und aktivierenden Spielen, die sich ganz einfach am oder sogar im Bett durchführen lassen.
Krankenkassen-Bonus für Gesundheitsvorsorge
Durchschnittlich 150 Euro erstatten die Krankenkassen an ihre Versicherte pro Jahr, wenn sie Vorsorge- und Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen. Fragen Sie doch einmal bei Ihrer Krankenkasse nach, welche Bonusprogramme sie anbietet und wie Sie davon profitieren können. Bei der Hanseatischen Krankenkasse (HEK) wird zum Beispiel ein Zuschuss von 500 Euro jährlich für zwei Kurse gewährt.(7)
Digitale Lösungen zur Gesundheitsförderung älterer Menschen
Die digitale Welt hält einiges bereit, was der Gesundheitsförderung und Prävention dienen kann. Dazu gehören Online-Seminare oder betriebsinterne Foren zu Gesundheitsthemen oder Apps, die beim individuellen Präventions- und Gesundheitsförderungsprogramm begleiten. Wichtig ist den Krankenkassen allerdings, dass es immer auch ein analoges Angebot gibt. Denn nicht jeder Mensch, vor allem nicht jeder ältere Mensch, kann oder möchte sich digital begleiten lassen.
Betriebliche Gesundheitsförderung in der Pflege
Gerade in der Pflege sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hohen Anforderungen unterworfen. Wer auf leistungsfähige Angestellte angewiesen ist (und welches Unternehmen wäre das nicht?) tut gut daran, die betriebliche Gesundheitsförderung konsequent in den Fokus zu nehmen.
Ob es dabei um Beratung zu einem gesunden Lebensstil geht oder um förderliche Arbeitsbedingungen, um Kurse zur Stressbewältigung oder für die Rückengesundheit – alles, was den Mitarbeitern dabei hilft, möglichst gesundheitsförderlich zu arbeiten, stärkt auch ihre Zufriedenheit, ihre Lebensqualität und hebt die Qualität ihrer Arbeit. Das Präventionsgesetz ist hier Ansporn und Verpflichtung gleichermaßen.
Betriebliche Gesundheitsförderung bei pflegenden Angehörigen und Pflegebedürftigen
Zur Lebenswelt der Pflegebedürftigen gehören meist auch die Angehörigen, die sich kümmern und ebenso in die Pflege eingebunden sind. Gerade sie leiden häufig unter hohem Stress, chronischen Schmerzen oder Schlafstörungen. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Beschäftigte in der professionellen Pflege. Sie sind hierbei nicht zu vernachlässigen.
Insofern müssen die Prävention der Versicherten und die betriebliche Gesundheitsförderung der Pflegekräfte gemeinsam betrachtet werden. Es spricht nichts dagegen, wenn Raucherentwöhnungs-Programme oder Schulungen zur gesunden Ernährung nicht nur den Pflegebedürftigen in den Blick nehmen, sondern auch seine pflegenden Angehörigen und die Pflegekräfte.
Maßnahmen in stationären und teilstationären Pflegeeinrichtungen
Prävention und Gesundheitsförderung in Pflegeheimen ist immer ein mehrgleisiges Geschehen. Im Idealfall gibt es für die Pflegekräfte eine ganze Fülle von Schulungen und Begleitungen, die sie ganz erheblich positiv beeinflussen können: etwa genügend Freizeit, richtiges Heben und Tragen, den kollegialen Austausch in Sachen Gesundheit, gemeinsame gesundheitsfördernde Kurse (wie beispielsweise Yoga et cetera).
Und selbstverständlich ist das Programm in Sachen „Bewegung und Aktivierung“ längst guter Standard in Altenpflegeheimen und der Tagespflege. Da wird getanzt, ein wenig Sport getrieben, die Balance trainiert und die Beweglichkeit.
Positive Auswirkungen auf den Pflegealltag
Für die Pflegebedürftigen sind ausgeruhte, stressresistente Pflegekräfte genauso ein Segen wie ein breites Angebot an Bewegung, gemeinsamen Aktivitäten und eine gesunde Ernährung. Wenn gestresste Pflegekräfte keine Zeit für ein persönliches Wort haben, kann auch die beste Absicht zu einer wertschätzenden Kommunikation kaum umgesetzt werden.
Pflegebedürftige selbst haben einen Anspruch darauf, gesundheitsfördernd gepflegt zu werden. So sollten sie zum Beispiel mindestens an zwei Tagen pro Woche Gleichgewichtsübungen absolvieren, um Stürze zu vermeiden. Ihre Ernährung sollte bedarfsgerecht und abwechslungsreich sein. Genauso wichtig sind auch Entspannungsübungen, die beispielsweise zu einem besseren Schlafverhalten führen. Und auch für ältere Menschen ist es immer noch wichtig, ihren Tabak- oder Alkoholkonsum möglichst weit zu vermindern, um (Folge-)Erkrankungen zu verhindern.
Vor- und Nachteile des Präventionsgesetzes
Häufig gestellte Fragen
Was ist Prävention in der Pflege?
Prävention in der Pflege setzt auf die Eigenverantwortung des älteren Menschen und regt ihn dazu an, seine eigene Gesundheit positiv zu beeinflussen, etwa durch Schulungen über gesunde Ernährung, Bewegungsprogramme, die Anregung zur Teilnahme an Veranstaltungen.
Seit wann gibt es das Präventionsgesetz?
Das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) trat in wesentlichen Teilen am 25. Juli 2015 in Kraft.
Welche Ziele verfolgt das Präventionsgesetz?
Die gesetzlichen Akteure wie gesetzliche und private Kranken-, Renten-, Unfall- und Pflegeversicherung arbeiten gemeinsam daran, ihre Versicherten mit Leistungen zur Prävention und Gesundheitsförderung zu versorgen. So sollen Menschen aller Altersgruppen und in vielen Lebensbereichen darin unterstützt werden, mögliche Gesundheitsrisiken zu erkennen und zu vermeiden. Gesundheitsförderung soll da stattfinden, wo sich die Menschen befinden: in der Familie, aber auch in Kita, Schule und am Arbeitsplatz und in Pflegeeinrichtungen.
Diese Lebenswelten sollen möglichst gesundheitsfördernd ausgestattet sein, sodass Risikofaktoren wie Rauchen, ungesunde Ernährung, Alkoholkonsum, Bewegungsmangel oder chronischer Stress vermieden oder aber reduziert werden.
Was ist das Präventionsgesetz?
Das Präventionsgesetz findet sich im § 20 im Sozialen Gesetzbuch V (SGB V). Um das gesamte Gesetzbuch fit für Prävention und Gesundheitsförderung zu machen, wurde gleich zu Beginn des § 1 ein wichtiger Satz eingefügt: Seit 2015 hat die Krankenversicherung nicht nur die Aufgabe, die Gesundheit ihrer Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder zu verbessern, sondern sie soll auch die gesundheitliche Eigenkompetenz und Eigenverantwortung der Versicherten fördern.
Präventionsgesetz, wo steht das?
Das Präventionsgesetz wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Den Link zum Bundesgesetzblatt finden Sie hier.