Was sind Pessare?
Ein Pessar ist ein medizinisches Hilfsmittel für Frauen mit leichter Belastungsinkontinenz und abgesenkten Beckenorganen (medizinisch Deszensus). Es gibt sie in verschiedenen Formen, Größen und Anwendungsweisen. Pessare werden in die Scheide eingeführt, wo sie die Organe im Becken stützen und so den ungewollten Harnverlust verhindern sollen. (1)(2)
Indikation: Für wen eignen sich Pessare?
Laut Leitlinie sollte eine Pessartherapie allen Frauen angeboten werden, die Belastungsinkontinenz haben. (3) Insbesondere für Frauen mit moderater Blasenschwäche eignen sich Scheidenpessare. Aber auch Patientinnen, die beispielsweise an einer Gebärmutter- oder Blasensenkung leiden, profitieren von ihrem Einsatz, indem sie die vorgefallenen Organe stützen.
Es gibt Pessartypen, die Sie selbst einführen und wieder herausnehmen, sowie dauerhaft verbleibende, die in der Frauenarztpraxis eingesetzt werden.
Kombinierte Therapie
Die Nutzung von Pessaren erfolgt möglichst in Kombination mit anderen Maßnahmen, beispielsweise dem Training des Beckenbodens. Die Beckenbodenmuskulatur befindet sich im unteren Bereich des Beckens und stützt unter anderem die Gebärmutter und Blase. Wir benutzen sie bewusst, wenn wir den Harndrang zurückhalten. (1) Ist die Muskulatur zu schwach, kann sie ihre Aufgabe nicht mehr ausreichend erfüllen. Regelmäßige Übungen stärken sie und die Kontinenz verbessert sich.
Wirkung: So funktionieren Scheidenpessare
Das Pessar erzeugt einen Druck gegen die Scheidenwand. Dieser Druck führt dazu, dass die Organe sich heben und die Verschlussfunktion der Harnröhre wieder hergestellt wird. Die Nutzerinnen können ihren Harndrang zurückhalten. Dazu müssen die Pessare allerdings richtig sitzen:
- Schalen- oder Ringpessare mittig vor der Harnröhre, ohne sie abzudrücken
- Würfelpessare direkt an der Vaginalhaut
Eine wichtige Basis für eine erfolgreiche Behandlung der Inkontinenz ist regelmäßiges Beckenbodentraining. Auch dabei können Pessare helfen. Denn neben ihrer haltgebenden Funktion stimuliert das Hilfsmittel kontinuierlich das Gewebe und stärkt auf diese Weise zusätzlich den Beckenboden.
Mit der Zeit können die Betroffenen dann immer kleinere Exemplare verwenden oder am Ende sogar ganz auf ein Scheidenpessar verzichten. Das bedeutet, dass eine regelmäßige Kontrolle durch den Frauenarzt nicht nur bei verbleibenden Pessaren notwendig ist, sondern auch wenn die Frau ihr Pessar selbst einsetzt. (5)
Vor- und Nachteile von Scheidenpessaren
Pessare bieten insbesondere Frauen mit leichter Belastungsinkontinenz eine diskrete Alternative zu anderen Inkontinenzprodukten.
Das Besondere: In Kombination mit regelmäßigem Beckenbodentraining helfen Scheidenpessare Ihnen, Ihren Harndrang wieder bewusst selbst zu steuern.
Auch wenn sie eine sinnvolle Unterstützung sein können: Pessare lindern lediglich die Symptome, können aber deren Ursache nicht beseitigen. So führt bei schwerer Organabsenkung manchmal kein Weg an einer Operation vorbei.
Pessartypen und ihre Anwendung
Pessare gibt es in vielen verschiedenen Formen, Größen und Anwendungsweisen. Je nachdem, welche Variante Sie wählen, können Sie sie dauerhaft tragen oder lediglich zu bestimmten Anlässen. Das hängt unter anderem vom Grad der Inkontinenz ab.
So benutzen viele Frauen, die an einer leichten Belastungsinkontinenz leiden, das Hilfsmittel ausschließlich beim Sport, im Wellnessbereich oder auf Reisen. Sie können aber auch während einer Erkältung darauf zurückgreifen, um den Urinverlust beim Husten und Niesen zu verhindern. Wie Sie es richtig positionieren, üben Sie gemeinsam mit Ihrem behandelnden Frauenarzt.
Die meisten Modelle sind aus Silikon und daher gut verträglich. Es gibt aber auch Schaumstoff- und Hartgummipessare.
Dies sind die am häufigsten verwendeten Pessartypen:
- Schalen- oder Siebschalenpessare
- Ringpessare
- Würfelpessare
- Keulenpessare
Welche Form und Größe sich am besten eignet, ermittelt der Gynäkologe individuell. Bereits beim ersten Anpassen kontrolliert er, ob das Pessar auch bei voller Blase und körperlicher Aktivität funktioniert.
Siebschalenpessare
Ein Siebschalenpessar wird innerhalb der Scheide auf den Beckenboden aufgelegt. Deshalb kann dieser Pessartyp nur bei intakter Beckenbodenmuskulatur benutzt werden. (5) Es gibt Exemplare, die das Fachpersonal einsetzt, und solche, die Sie selbstbestimmt verwenden. In beiden Fällen ist der regelmäßige Wechsel wichtig, um mögliche Infektionen zu verhindern.
In der gynäkologischen Praxis erfolgen sollte das alle sechs bis acht Wochen. Wer das Pessar selbstständig nutzt, darf es nicht länger als einen Tag im Körper belassen.
Lage des Siebschalenpessars, © pflege.de
Die Anwendung ist dank des modernen Materials nicht schwer. Medizinische Pessare sind weich und flexibel. Sie können sie einfach zusammendrücken oder knicken und so leichter einführen. Über einen Faden können Sie es wieder entfernen. Nach dem Herausnehmen müssen Sie das Pessar dann lediglich mit heißem Wasser reinigen.
Ringpessare
Für den Pessarring gelten die gleichen Voraussetzungen wie beim Siebschalenpessar:
- Intakter Beckenboden
- Selbst oder von Fachpersonal einsetzbar
- Verbleibende Pessare alle sechs bis acht Wochen wechseln lassen
- Pessare im Selbstgebrauch täglich herausnehmen und mit warmem Wasser reinigen
Lage des Ringpessars, © pflege.de
Auch Ringpessare sind meist aus weichem Silikon und lassen sich daher genauso leicht handhaben, wie Siebschalenpessare.
Würfelpessare
Da sich die Scheidenwand an den konkaven Seiten eines Würfelpessares festsaugt, hält diese Form auch stärkerem Druck stand. Die Organe werden auf diese Weise besonders gut gestützt. Deshalb kommen Würfelpessare oft zur Behandlung von Senkungsbeschwerden der Gebärmutter, der Blase oder des Darms zum Einsatz.
Lage des Würfelpessars, © pflege.de
Auch hier gibt es Exemplare zum Selbstwechseln und welche, die das medizinische Fachpersonal austauschen muss. In Kombination mit regelmäßigem Beckenbodentraining kann diese Pessarbehandlung innerhalb weniger Monate zu einer Besserung des Senkungszustandes führen.
Keulenpessare
Keulenpessare werden bei schwererer Inkontinenz oder einer ausgeprägten Senkung von Scheide und Gebärmutter empfohlen. Sie führen es in der Regel selbst ein, können es aber auch vom Arzt oder dem Pflegepersonal machen lassen. Der Stiel des Keulenpessars ist verdickt. Er wird hinter dem Schambein positioniert und verhindert so, dass das Hilfsmittel herausrutscht.
Lage des Keulenpessars, © pflege.de
Nebenwirkungen und Beschwerden
Bei längerem Tragen von Scheidenpessaren kann sich die Schleimhaut verändern. Sogar Geschwüre können entstehen. Erste Anzeichen dafür sind Unterleibschmerzen und Blutungen. Des Weiteren kann ein Pessar die Darmbewegungen behindern und Entzündungen begünstigen. (1)
Einige Frauen klagen darüber, dass es sich unangenehm anfühlt, ein Pessar zu tragen. Das ist der Fall, wenn das Hilfsmittel nicht richtig passt. Dann kann es drücken oder herausrutschen.
Bei einer gereizten Scheide, übelriechendem Ausfluss oder Symptomen einer Harnwegsinfektion sollten Sie zeitnah Ihren Arzt aufsuchen. Derartige Nebenwirkungen lassen sich in der Regel gut behandeln.
Pessare auf Rezept
Pessare bei Inkontinenz sind zugelassene medizinische Hilfsmittel. Daher übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten, wenn Ihr Arzt Ihnen ein Rezept hierfür ausstellt. Achten Sie darauf, dass auf dem ausgestellten Rezept die Diagnose korrekt angegeben wird.
Häufig gestellte Fragen
Was ist ein Pessar?
Ein Pessar ist ein medizinisches Hilfsmittel für Frauen, das leichte Belastungsinkontinenz und Symptome abgesenkter Beckenorgane therapiert. Es gibt Pessare in verschiedenen Formen, Größen und Anwendungsarten. Außer dass es auch in die Scheide eingeführt wird, hat es nichts mit dem zur Verhütung verwendeten Diaphragma zu tun.
Für wen ist das Pessar geeignet?
Frauen, die eine leichte Belastungsinkontinenz haben oder deren Beckenorgane als Folge eines schwachen Bindegewebes abgesunken sind, profitieren von der stützenden Wirkung eines Pessars.
Wie funktioniert ein Pessar gegen Inkontinenz?
Korrekt platziert, hebt das Pessar die Beckenorgane an. Auf diese Weise wird die Verschlussfunktion der Harnröhre wieder hergestellt, was einen ungewollten Harnverlust verhindert.
Was ist der Nachteil eines Pessars?
Pessare helfen nicht bei starker Inkontinenz. Außerdem findet nicht jede Frau ein passendes Pessar. Und nicht jede fühlt sich in der Lage, das Hilfsmittel selbst einzuführen. Viele Nutzerinnen empfinden außerdem die regelmäßigen Kontrollen durch medizinisches Fachpersonal als Nachteil.
Wo bekomme ich ein Pessar?
Ein Pessar wird vom Frauenarzt verschrieben. Er bestimmt auch Form und Größe des Produktes. Pessare können sowohl in der Apotheke als auch direkt bei Hilfsmittelanbietern bestellt werden.
Gibt es Nebenwirkungen?
Bei einigen Nutzerinnen treten bei regelmäßigem Gebrauch Scheidenreizungen, Unterleibschmerzen, Ausfluss, Blutungen oder Harnwegsinfekte auf. Außerdem kann das Tragen eines Scheidenpessars zu Schleimhautreizungen bis hin zu Geschwüren führen.