Wer wurde befragt?
Die Mehrheit der Befragten ist weiblich (77 %) und zwischen 55 und 74 Jahre alt (60 %). Viele sind selbst bereits im Ruhestand (48 %), andere versuchen, Beruf und Pflege unter einen Hut zu bringen (43 %).
Knapp die Hälfte kümmert sich um die Eltern (46 %), rund 40 Prozent um den Partner oder die Partnerin. Mehr als die Hälfte (57 %) lebt mit der pflegebedürftigen Person im selben Haushalt.
Rund zwei Drittel (65 %) kümmert sich um eine Person mit Pflegegrad 2 oder Pflegegrad 3, und mehr als drei Viertel (77 %) hat es im Pflegealltag mit kognitiven Beeinträchtigungen wie einer Demenz zu tun.
Häusliche Pflege – ein Vollzeit-Job
Wer jemanden zuhause pflegt, tut dies oft rund um die Uhr – ohne Feierabend, Wochenende oder Urlaub.
Fast die Hälfte der Befragten (44 %) pflegt mehr als 21 Stunden pro Woche, viele sogar über 40 Stunden – also im Umfang einer Vollzeitstelle.
Kein Wunder, die Aufgaben im häuslichen Pflegealltag sind vielfältig und zeitintensiv:
- Haushalt und Organisation (89 %)
- Emotionale Unterstützung (77 %)
- Betreuung und Beschäftigung (71 %)
- Mahlzeiten und Medikamentengabe (65 %)
- Körperpflege und Ankleiden (54 %)
- Toilettengang und Inkontinenzversorgung (32 %)
- Nächtliche Betreuung (19 %)
- Mobilisation beziehungsweise Unterstützung beim Positionswechsel (16 %)
Diese Aufgabenfülle bringt viele an ihre Belastungsgrenze: Sechs von zehn Pflegenden fühlen sich durch ständige Erreichbarkeit und fehlende Ruhezeiten stark belastet. Die Hälfte fürchtet, langfristig selbst krank zu werden. 34 Prozent wünschen sich mehr Anerkennung für ihren täglichen Einsatz.
Gesundheit im Dauerstress
Die dauerhafte Verantwortung hinterlässt Spuren. Fast jede zweite pflegende Person (47 %) fühlt sich regelmäßig stark gestresst – und das bleibt nicht ohne Folgen.
Das führt auf kurz oder lang zu gesundheitlichen Beschwerden. Fast alle Befragten (96 %) hatten in den letzten sechs Monaten häufiger Beschwerden:
- Erschöpfung und Müdigkeit (83 %)
- Schlafprobleme (65 %)
- Ängste und Sorgen (58 %)
- Schmerzen (49 %)
- Depressive Verstimmungen (35 %)
- Magen-Darm-Probleme und Infekte (33 %)
Besonders alarmierend: Sieben von zehn pflegenden Angehörigen geben an, dass die Beschwerden erst im Laufe der Pflege aufgetreten sind. Nur vier Prozent bezeichnen ihren Gesundheitszustand noch als „sehr gut“.
Infektionskrankheiten belasten viele pflegende Angehörige ganz konkret. Knapp die Hälfte berichtet, dass sie selbst oder die pflegebedürftige Person im vergangenen Jahr mindestens einmal von einer Infektion betroffen waren (46 %). Fast ein Viertel hat erlebt, dass sie sich gegenseitig angesteckt haben (23 %).
Abstandsregeln gestalten sich im häuslichen Pflegealltag eher schwierig – was angesichts der engen und persönlichen Pflegesituation nachvollziehbar ist. Umso wichtiger sind gezielte Maßnahmen der Infektionsprophylaxe, bei denen die sogenannten Pflegehilfsmittel zum Verbrauch eine wesentliche Rolle spielen.
Auch soziale Kontakte kommen häufig zu kurz: Rund ein Drittel der Befragten erlebt soziale Isolation, viele berichten von Schuldgefühlen, wenn sie sich eine kurze Pflege-Auszeit in Form von Entlastungsangeboten nehmen möchten.
Wenn pflegende Angehörige krank werden
Doch was passiert, wenn die Hauptpflegeperson krank wird? Für viele pflegende Angehörige ist das unvorstellbar.
Ein Drittel der Befragten (33 %) hat niemanden, der im Krankheitsfall kurzfristig einspringen könnte. Nur jede zehnte Person fühlt sich für diesen Fall gut vorbereitet.
Die Sorgen sind groß: Knapp die Hälfte (46 %) fürchtet, dass die pflegebedürftige Person dann nicht ausreichend versorgt wäre. Viele hätten Schuldgefühle (53 %), finanzielle Probleme (26 %) oder müssten in ihrem Beruf ausfallen (24 %).
Diese Ergebnisse zeigen: Es fehlen verlässliche Vertretungsstrukturen – und das belastet viele zusätzlich und macht die häusliche Pflege zu einem gesundheitlichen und organisatorischen Risiko.
Unterstützung? Für viele pflegende Angehörige zu kompliziert
Angebote der Pflegekassen – wie etwa Pflegeberatung, Pflegekurse oder Entlastungsleistungen – nutzen nur 6 Prozent der Befragten regelmäßig.
Warum greifen so wenige auf Unterstützung zurück – obwohl sie sie dringend brauchen?
Die Gründe sind vielfältig: Viele wissen gar nicht, dass es diese Angebote gibt, oder haben keine Zeit, sie in Anspruch zu nehmen (37 %), für andere ist der bürokratische Aufwand zu groß (35 %) oder die Angebote einfach nicht hilfreich (24 %).
Das zeigt: Die bestehenden Strukturen sind oft nicht alltagstauglich.
Was sich pflegende Angehörige wünschen
Pflegende Angehörige wissen sehr genau, was ihnen helfen würde – und ihre Wünsche sind eindeutig:
- Einfache Zugänge zu Leistungen (59 %)
- Mehr Erholungsmöglichkeiten (42 %)
- Finanzielle Entlastung (41 %)
- Regelmäßige Gesundheits-Check-ups (30 %)
- Psychologische Unterstützung (22 %)
Diese Wünsche machen deutlich: Pflegende Angehörige brauchen konkrete, erreichbare und unbürokratische Unterstützung – keine zusätzlichen Hürden.
Was jetzt wichtig ist
Pflegende Angehörige tragen das deutsche Pflegesystem – in vielen Fällen auf Kosten der eigenen Gesundheit. Das darf nicht sein.
Damit die häusliche Pflege auch in Zukunft tragfähig bleibt, braucht es:
- Besseren Gesundheitsschutz für Pflegende
- Einfache Wege zu bestehenden Leistungen
- Verlässliche Vertretung im Krankheitsfall
- Finanzielle Unterstützung
- Und vor allem: mehr gesellschaftliche und politische Anerkennung
Was wir jetzt tun
Diese Umfrage war der Auftakt einer mehrteiligen Studie von pflege.de zum Thema Gesundheitsschutz von pflegenden Angehörigen.
Mit dieser Studie wollen wir den Blick auf jene richten, die täglich für andere da sind – und Wege finden, wie sie dabei gesund bleiben können.
Als nächstes werden wir mit Expertinnen und Experten sprechen, verschiedene Perspektiven einholen und Konzepte erarbeiten, die die gesundheitliche Situation von pflegenden Angehörigen verbessern sollen.
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