Was ist ein Pflegetagebuch?
In einem Pflegetagebuch hält man fest, an welchen Stellen im Alltag eine pflegebedürftige Person Hilfe von ihren Angehörigen oder anderen Pflegepersonen benötigt – und wie viel Zeit dies in Anspruch nimmt.
Mit einem Pflegetagebuch dokumentiert man also den tatsächlichen Unterstützungsbedarf eines pflegebedürftigen Menschen. (1)
Das Pflegetagebuch wird manchmal auch Pflegeprotokoll genannt. Abzugrenzen ist das Pflegetagebuch aber von der professionellen Pflegedokumentation.
Unterschied zur professionellen Pflegedokumentation
Die professionelle Pflegedokumentation wird von Pflegefachkräften geführt und dient der Qualitätssicherung, rechtlichen Absicherung sowie der Kommunikation im Pflegeteam. In Pflegedokumentationen werden beispielsweise Diagnosen, Pflegeplanungen und -maßnahmen eingetragen. (3)
Im Gegensatz dazu ist das Pflegetagebuch für Angehörige und Pflegebedürftige ein persönliches Hilfsmittel. Es dokumentiert den tatsächlichen Pflegeaufwand im Alltag und bietet eine gute Grundlage, wenn Sie einen Pflegegrad beantragen möchten.
Ziele von Pflegeprotokollen
Beantragen Sie einen Pflegegrad bei Ihrer Pflegekasse, wird diese im nächsten Schritt prüfen, ob tatsächlich eine Pflegebedürftigkeit besteht und wie hoch sich die Beeinträchtigung auf Ihren Alltag, beziehungsweise auf den Ihres pflegebedürftigen Angehörigen, auswirkt.
Dafür setzt die Pflegekasse eine Pflegebegutachtung an, die durch den Medizinischen Dienst (MD, ehemals MDK) oder Medicproof (für privat Versicherte) bei Ihnen zuhause durchgeführt wird. In bestimmten Fällen sind auch Begutachtungen per Telefon oder Videotelefonie möglich. (4)
Das aus der Begutachtung hervorgehende Gutachten ist enorm wichtig, da die Pflegekasse auf dieser Grundlage entscheidet, ob und wenn ja, welcher Pflegegrad bewilligt wird.
Das Problem: Im Rahmen des Begutachtungstermins erhält der Gutachter nur einen kurzen Einblick in Ihren Alltag. Einige Aspekte könnten unentdeckt bleiben, das ist insbesondere der Fall, wenn Pflegebedürftige, beispielsweise durch Krankheit, neben schlechten auch gute Tage haben.
Der tatsächliche Pflegebedarf ist meist höher als in der Momentaufnahme der Begutachtung. Ein Pflegetagebuch kann hier vorteilhaft sein. Denn durch das Pflegetagebuch erhält der Gutachter einen Einblick in den Lebensalltag des Pflegebedürftigen und der Pflegeperson.
Eine Begutachtungssituation ist auch immer eine Ausnahmesituation und fühlt sich an, wie eine Prüfung: Man ist nervös und angespannt. Dadurch kann es vorkommen, dass wichtige Themen seitens der Pflegebedürftigen und der Pflegepersonen nicht angesprochen werden, weil es vergessen wird. Im Nachgang ärgert man sich dann. Oder der Gutachter spricht Themen nicht an, die man gerne besprochen hätte. Ein Pflegetagebuch kann also auch dabei unterstützen.

Vorteile eines Pflegetagebuchs auf einen Blick
Es bleibt Ihnen überlassen, ob Sie ein Pflegetagebuch führen. Dennoch kann es eine entscheidende Hilfe sein und bietet einige Vorteile:
Ein Pflegetagebuch zeigt dem Gutachter wie wichtig Ihnen das Thema ist und dass Sie sich intensiv mit der Pflegesituation auseinandersetzen. Ordentlich geführt kann es auch ein psychologischer Vorteil sein.

Mit einem Pflegetagebuch können Sie demnach Ihre Chancen auf einen angemessenen Pflegegrad erhöhen – und damit auch auf die entsprechenden Pflegeleistungen, die Ihnen beziehungsweise Ihrem pflegebedürftigen Angehörigen zustehen.
Inhalte eines Pflegetagebuches
Neben allgemeinen Angaben zur Pflegesituation und zu den an der Pflege beteiligten Personen wird in einem Pflegetagebuch vor allem der individuelle Pflege- und Unterstützungsbedarf dokumentiert.
Ein gutes Pflegeprotokoll sollte einen Fragenkatalog beinhalten, der sich an den aktuellen Begutachtungsrichtlinien orientiert. Diese sind im SGB XI gesetzlich geregelt. (5)
Auf Grundlage dieser Begutachtungsrichtlinien beinhaltet das aktuelle Pflegetagebuch von pflege.de insgesamt 64 Fragen zu folgenden sechs Modulen:
- Mobilität
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Das pflege.de-Pflegetagebuch enthält noch zwei weitere Module zu außerhäuslichen Aktivitäten (Modul 7) und Haushaltsführung (Modul 8).
Diese beiden Module werden auch in der Begutachtung abgefragt, haben jedoch keinen Einfluss auf die Punktzahl und somit auf das Ergebnis.
Dennoch ist es für die Ermittlung des Unterstützungsbedarfs hilfreich, dem Gutachter Informationen zu den zwei Modulen zur Verfügung zu stellen. Die Einschätzung der Beeinträchtigungen kann ein Impuls für die individuelle Beratung oder zur Versorgungsplanung sein.

Die sechs Module der Pflegebegutachtung und ihre Gewichtung © pflege.de
Schon länger gilt: Ein Protokoll, das nur die benötigte Zeit für die Pflege zählt, hat keine Beweiskraft mehr. Es ist deshalb wichtig, dass Sie sich auf die Pflegebegutachtung gut vorbereiten und alle Argumente beisammenhaben.
Ein Pflegetagebuch, dass sich am aktuellen Bewertungssystem orientiert, kann Ihnen dabei helfen.
Pflegetagebuch-Vorlage zum Ausdrucken: Kostenloser Download
pflege.de hat für Sie eine kostenlose Vorlage für ein Pflegetagebuch erstellt.
Das pflege.de Pflegetagebuch umfasst alle acht Module des aktuellen Begutachtungsverfahrens und ist damit eng daran angelehnt.

Pflegetagebuch Muster
Mithilfe eines Fragebogens zum Ankreuzen können Sie Ihren Pflegebedarf online oder im gedruckten Format erfassen und festhalten.
Zusätzlich haben Sie in der Pflegetagebuch-Vorlage zum Ausdrucken die Möglichkeit, wichtige Informationen in Notizfeldern festzuhalten.
Laden Sie sich unser Pflegetagebuch im praktischen PDF-Format ganz einfach hier herunter:
Pflegetagebuch: Wann und für wen sinnvoll?
Ein Pflegetagebuch ist ratsam, wenn der Pflegebedarf eingeschätzt werden soll – zum Beispiel bei einem Erstantrag auf Pflegegrad oder einem Antrag auf Höherstufung, wenn sich die Pflegesituation verschlechtert hat.
Für ein erfolgreiches Widerspruchsverfahren ist das Pflegetagebuch besonders wichtig. Nur so erhält die Pflegeversicherung einen ganzheitlichen Eindruck von den Unterstützungsbedarfen und Problemlagen im Pflegealltag.

Ist das Pflegetagebuch gut geführt, ist es für pflegebedürftige Menschen und deren Pflegepersonen – meist pflegende Angehörige – gleichermaßen sinnvoll.
Es spiegelt die reale Pflegesituation wider, indem es zeigt, an welchen Stellen und in welchem Ausmaß die pflegebedürftige Person Unterstützung benötigt.
Auf dieser Grundlage können sich pflegebedürftige Menschen und Angehörige
Pflegetagebuch bei Demenz
Im Rahmen des aktuellen Begutachtungsverfahrens stellt der Gutachter in den Modulen 2 und 3 Fragen zu den kognitiven Fähigkeiten und psychischen Problemlagen des Antragstellers. Diese Punkte sind vor allem für die Einschätzung von Menschen relevant, die aufgrund einer Demenzerkrankung pflegebedürftig sind.
Einigen Demenzkranken fällt es allerdings schwer, ihre Pflegebedürftigkeit anzuerkennen und über ihre kognitiven und emotionalen Herausforderungen zu sprechen.
Darüber hinaus spielt insbesondere bei Menschen mit Demenz die Tagesform eine entscheidende Rolle, denn das Krankheitsbild verändert sich nicht nur im Verlauf der Krankheit, sondern ist in vielen Fällen auch von der Tagesform und -zeit abhängig.
Da der Begutachtungstermin meist nur recht kurz ist, kann sich der Gutachter nur auf seine augenblicklichen Beobachtungen verlassen. Hat der Demenzerkrankte zum Zeitpunkt der Begutachtung beispielsweise einen „guten“ Tag, kann sich der Gutachter nur schwer ein realistisches Bild des Unterstützungsbedarfs machen. Eine kontinuierliche Dokumentation über einen längeren Zeitraum liefert dem Gutachter ein vollständigeres Bild des Pflegebedarfs.
Mit ihr können pflegende Angehörige über längere Zeit Auffälligkeiten und Herausforderungen belegen.
Pflegetagebuch für Kinder
Die Ermittlung eines Pflegegrades bei pflegebedürftigen Kindern folgt überwiegend den Prinzipien der Erwachsenenbegutachtung. Das bedeutet: Auch Kinder werden nach den genannten sechs Kriterien in einen Pflegegrad eingestuft. Und auch bei Kindern ergibt das Führen eines Pflegetagebuchs Sinn.
Allerdings gibt es je nach Alter des Kindes zwei Sonderregelungen:
Bei Kindern unter elf Jahren und Kindern unter 18 Monaten gelten nochmal andere Maßstäbe. Das liegt daran, dass Kinder je nach Alter und Entwicklungsstand in verschiedenen Lebensbereichen noch Unterstützung benötigen, auch ohne geistige oder körperliche Beeinträchtigungen.
Zum Beispiel kann sich ein zweijähriges Kind noch nicht allein waschen und ein sechsjähriges Kind benötigt Hilfe bei der zeitlichen Orientierung.
Mehr zu den Unterschieden in der Einstufung von pflegebedürftigen Kindern erfahren Sie in unserem Ratgeber.
Pflegeprotokoll schreiben: Tipps zum Führen & Ausfüllen
Damit pflegebedürftige Menschen einen angemessenen Pflegegrad erhalten, sollten sie die Fragen des Gutachters möglichst präzise beantworten und alle für den Pflegeaufwand relevanten Informationen konsequent aufführen und glaubhaft belegen.
Wenn Sie schon Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst bekommen, dann bitten Sie Ihren Ansprechpartner, bei der Dokumentation den Fokus auf die Module zu legen und detaillierter zu beschreiben. Viele Pflegedienste nutzen heute eine digitalisierte Dokumentation. Bitten Sie den Pflegedienst deshalb darum, Ihnen die Dokumentation für die Begutachtung beziehungsweise den Widerspruch auszuhändigen. Tragen Sie außerdem Arzt- und Krankenhausberichte sowie Ihren aktuellen Medikamentenplan zusammen. Diese Angaben ergänzen Ihre Notizen im Pflegetagebuch. Legen Sie nur aktuelle und pflegerelevante Befunde und Berichte vor. Das Sichten von Akten kostet unnötig Zeit, wodurch wichtige Erkenntnisse aus dem Pflegealltag verloren gehen. Lassen Sie sich lieber von Ihrem Hausarzt ein aktuelles Diagnoseblatt ausdrucken.

Beim Führen und Ausfüllen eines Pflegetagebuchs helfen Ihnen diese Dinge:
Nutzen Sie den Beratungseinsatz nach Paragraf 37.3 SGB XI, um den Hilfe- und Unterstützungsbedarf nochmal deutlich zu machen. Gut dokumentierte Beratungseinsätze über einen längeren Zeitraum können einen Verlauf deutlich machen, der einen höheren Pflegegrad begünstigt. Auch mit Pflegegrad 1, bei Sachleistungsbezug und teilstationären Leistungen können die Beratungseinsätze freiwillig durchgeführt werden.

Schambehaftete Themen ansprechen
Hilfe bei der Intimhygiene oder Unterstützung beim Toilettengang – das sind Themen, über die vermutlich die meisten Menschen lieber schweigen. Dabei sind auch derartige Hilfestellungen äußerst relevant für die Zuweisung eines Pflegegrades.
Auch Informationen über den geistigen Zustand des Betroffenen spielen für die Beurteilung eine wichtige Rolle.
Zeigt der Pflegebedürftige etwa aggressives Verhalten oder ist äußerst vergesslich, notieren Sie das im Pflegetagebuch und scheuen Sie sich nicht, solche Auffälligkeiten anzusprechen.
Ziehen Sie zur Begutachtung einen Pflegeberater, einen Mitarbeiter des ambulanten Pflegedienstes oder eines Pflegestützpunktes hinzu. Dieser kann Sie bei der Begutachtung unterstützen und Problemlagen professionell ansprechen.

Wenn die Realität Ihres Pflegealltags ganz anders aussieht, als Sie zeigen, kann dies möglicherweise zu einer Fehleinschätzung führen – und Ihr Angehöriger erhält nicht die Pflegeleistungen, die ihm zustehen.
Ergänzung zum Pflegetagebuch: Der digitale Pflegegradrechner
Neben dem Pflegetagebuch bietet pflege.de auch einen kostenlosen Pflegegradrechner an. Diesen hat pflege.de gemeinsam mit Experten entwickelt.
Mithilfe dieses Tools können Sie den voraussichtlichen Pflegegrad genau berechnen. Sie erhalten das Ergebnis am Ende in einem praktischen PDF-Dokument, das Sie, neben dem Pflegetagebuch, bei der Begutachtung vorlegen können.
Häufig gestellte Fragen
Was ist ein Pflegetagebuch?
Ein Pflegetagebuch dokumentiert den Pflege- und Betreuungsaufwand von pflegebedürftigen Personen. Es dient pflegenden Angehörigen oder nahestehenden Personen als Vorbereitung auf die Pflegebegutachtung. Gleichzeitig erleichtert es dem Gutachter, die Pflegesituation realistisch einzuschätzen, sodass pflegebedürftige Personen den ihnen zustehenden Pflegegrad und die entsprechenden Leistungen der Pflegeversicherung erhalten.
Wie sieht ein Pflegetagebuch aus?
Ein Pflegetagebuch enthält grundlegende Angaben zur pflegebedürftigen Person, wie Name und Adresse, sowie einen Fragenkatalog, der den individuellen Pflegebedarf in verschiedenen Lebensbereichen ermittelt. Aktuelle Pflegeprotokolle orientieren sich am Neuen Begutachtungsassessment (NBA), das seit dem Pflegestärkungsgesetz II von 2017 gilt. Dabei wird der Pflegeaufwand nicht mehr in Minuten bemessen, sondern anhand der Selbstständigkeit des Antragstellers in verschiedenen Lebensbereichen. Das Pflegetagebuch kann auch handschriftlich und selbst erstellt sein, beispielsweise eine Art chronologischer Tagesablauf.
Wie führe ich ein Pflegetagebuch?
Idealerweise beginnen Sie mit dem Pflegetagebuch ab Antragstellung und protokollieren den Aufwand etwa zwei Wochen lang. Beantworten Sie die Fragen des Katalogs genau und nutzen Sie die Notizfelder für wichtige Informationen oder individuelle Probleme. Detaillierte Angaben erleichtern dem Gutachter, die Pflegesituation realistisch einzuschätzen. Listen Sie auch genutzte oder benötigte Pflegehilfsmittel auf. Achten Sie dabei auf ehrliche Angaben – weder übertreiben noch beschönigen.
Wie lange muss ein Pflegetagebuch geführt werden?
Für eine realistische Dokumentation empfiehlt es sich, das Pflegetagebuch mindestens zwei Wochen zu führen, idealerweise ab Antragstellung. Zeichnen Sie den Pflegeaufwand auch nach der Begutachtung weiter auf. Sollte der gewünschte Pflegegrad nicht bewilligt werden oder sich die Pflegesituation verschlechtern, können Sie so den erhöhten Pflegeaufwand belegen, etwa bei einem Widerspruch.
Wo bekomme ich ein Pflegetagebuch her?
Ein Pflegetagebuch können Sie kostenlos auf der Website von pflege.de herunterladen. Auch Pflegeberatungsstellen oder Pflegekassen bieten Vorlagen an.