Demenzgerechtes Wohnen: Weniger ist mehr
Die oberste Grundregel bei der Raumgestaltung für Demenzerkrankte ist die übersichtliche und einfache Einrichtung des Wohnraums. Zu viele Sinneseindrücke überfordern Betroffene und erschweren eine Orientierung im Raum. Daher sollten Sie Möbel und Wohngegenstände auf ein Minimum reduzieren, sodass diese vorrangig den praktischen Bedürfnissen des Erkrankten entsprechen.
Räumliche Orientierung erleichtern
Menschen mit Demenz haben im Verlauf der Krankheit zunehmend Schwierigkeiten, sich in ihrer Wohnung zurechtzufinden und vergessen beispielsweise, wo das Badezimmer ist. Manchmal kann die Orientierungslosigkeit auch zu Aggressionen bei Demenz führen. Alles, was Orientierung für Demenzerkrankte liefert, kann also auch herausforderndes Verhalten verhindern.
Türen beim demenzgerechten Wohnen
Türen können die räumliche Orientierung von demenzerkrankten Menschen beeinflussen und stellen damit eine Barriere dar. Offene Türen sind hingegen klar als Durchgänge erkennbar und jeder kann sehen, was draußen stattfindet. In manchen Fällen kann es sogar Sinn machen, eine Tür einfach ganz auszuhängen und nicht mehr zu benutzen.
An einigen Stellen muss natürlich eine Tür bleiben, wie zum Beispiel beim Badezimmer. Für eine leichte Orientierung sollten Sie solche Türen mit Schildern kennzeichnen. Personen mit Demenz können Bilder in der Regel einfacher deuten als beschriftete Türschilder.
Fenster beim demenzgerechten Wohnen
Fenster bieten ebenfalls die Möglichkeit zur groben räumlichen Orientierung, wenn draußen markante Gebäude oder Landschaftsmerkmale zu sehen sind. Beseitigen Sie deshalb alle Möbel und Gegenstände, die den Blick nach draußen behindern.
Geräusche, die von außerhalb eines Raumes kommen, sind für Demenzerkrankte oftmals schwer zuzuordnen und können zu Verwirrung führen. Auch hier helfen bisweilen Fenster, weil Menschen dadurch erkennen können, woher bestimmte Geräusche stammen.
Tageslicht, Beleuchtung und Nachtlicht
Menschen mit Demenz und insbesondere ältere Menschen mit Demenz benötigen deutlich mehr Licht, um gut zu sehen.(1) Um Ängste und Verwirrtheit zu vermeiden, sollten alle Räume, Ecken und Treppen gut ausgeleuchtet sein.
Beim nächtlichen Toilettengang helfen LED-Nachtlichter mit Bewegungsmelder, sich in der Dunkelheit zu orientieren und Stürze zu vermeiden. Eine andere Möglichkeit sind Lichtbänder mit integrierten Bewegungs- und Helligkeitssensoren. Nachts sollten Sie Lichtquellen allgemein auf ein Mindestmaß dimmen.
Spiegelndes Licht, zum Beispiel auf einem Boden mit glatter Oberfläche, sollten Sie vermeiden. Solche Lichtreflektionen können unter Umständen von den Betroffenen ganz anders wahrgenommen werden und führen dann zu einem verwirrenden Eindruck von der Umwelt. Das gilt auch für Spiegel – mit Ausnahme des Badezimmers.
Zeitliche Orientierung erleichtern
Auch die zeitliche Orientierung des Betroffenen können Sie mit einfachen Hilfsmitteln für eine demenzgerechte Raumgestaltung stärken. Ein Kalender mit extra großen Zahlen und ausgeschriebenem Monat und Jahr sowie einem Symbol für die jeweilige Jahreszeit erleichtert Demenzerkrankten, sich zeitlich zu orientieren. So können sie sich der Jahreszeit entsprechend zu kleiden.
Auch Fenster, die einen Blick in die Natur bieten, können einen ähnlichen Effekt haben, wie Kalender und Uhren. Denn zumindest die Jahreszeit und das Wetter lassen sich so leicht erkennen.
5 Tipps für die Orientierung in demenzgerechtem Wohnraum
- Entfernen Sie Unnötiges, das nur verwirrt, aus der Wohnung.
- Offene Türen und Fenster mit Aussicht erleichtern die räumliche Orientierung.
- Symbolbilder an Türen helfen bei der Wegfindung.
- Sorgen Sie für viel Licht am Tag und ausreichend Licht in der Nacht.
- Große Kalender und Uhren helfen bei der zeitlichen Orientierung.
Demenzgerechte Gestaltung: Farben, Muster und Formen
Personen mit Demenz, insbesondere im hohen Alter, haben eine intensive, aber stark veränderte Wahrnehmung. Was für gesunde Personen harmlos oder schön erscheint, kann für eine betroffene Person bedrohlich oder verwirrend aussehen. Umso wichtiger ist es, dass Sie die Wohnräume freundlich gestalten und bestimmte Gestaltungsmöglichkeiten vermeiden.
Veränderte Farbwahrnehmung
Auch bei gutem Licht gibt es Farben, die von älteren Menschen schlechter wahrgenommen werden. Andere dafür sind weiterhin gut sichtbar.
- Schlecht erkennbar sind: Blau, Violett
- Sehr gut erkennbar sind: Gelb, Orange, Rot
In Blau und Violett sollten Sie deshalb keine wichtigen Dinge des Alltags gestalten, weil es der demenzerkrankten Person schwerer fällt, diese Dinge zu erkennen.
Demenzgerechte Farbgestaltung
Dementiell erkrankte Personen reagieren sehr sensibel auf Farben. Setzen Sie deshalb Farbakzente behutsam und gezielt ein. Für große Flächen wählen Sie lieber freundliche, helle Töne.
Dunkle Töne sollten Sie eher vermeiden, da sie negative Gefühle auslösen können. Eine dunkle Fußmatte oder ein dunkler Teppich zum Beispiel können im fortgeschrittenen Stadium der Demenz als nicht überwindbares Loch im Boden gedeutet werden. Das macht Betroffenen Angst und schränkt sie ein.
Muster, Kontraste und Formen
Großflächige Muster sind sehr problematisch für Menschen mit Demenz, weil sie bei der Betrachtung sehr anstrengend wirken. Verzichten Sie also lieber auf stark gemusterte Teppiche oder Tapeten.
Kontraste hingegen sind sehr wichtig, denn sie helfen Demenzerkrankten, Details schnell wahrzunehmen. Ein Tisch ist zum Beispiel besser erkennbar, wenn der Rand eine kontrastierende Farbe zur Tischfläche hat. Auch ein weißer Lichtschalter auf einer weißen Wand ist keine gute Idee, sondern sollte lieber mit Farbe oder Klebeband auffällig markiert werden.
Manchmal haben Menschen mit Demenz Probleme bei der Tiefenwahrnehmung. Runde oder abgerundete Tische sind für diese Personen leichter optisch zu erfassen als eckige Möbel. Abgerundete Tischkanten verringern außerdem noch das Verletzungsrisiko.
Dunkle Farben und schwache Kontraste gezielt einsetzen
Die „Angst“ vor dunklen Farben können Sie gezielt bei der Wohnraumgestaltung von Demenzkranken verwenden. Menschen mit Demenz haben oftmals eine Lauftendenz und leiden aufgrund dessen unter einer starken inneren Unruhe.
Wenn Sie „verbotene“ oder verschlossene Türen mit einem dunklen Vorhang verhängen, verlieren sie für Personen mit Demenz ihren Aufforderungscharakter und damit mindert sich das Interesse, durch die Tür gehen zu wollen. Manchmal reicht es sogar, eine Tür in der gleichen Farbe wie die Wand zu streichen, um die Tür zu „verstecken“.
6 Tipps für die Gestaltung einer demenzgerechten Wohnung
- Setzen Sie bei Wänden, Böden und Möbeln auf helle und freundliche Farben.
- Vermeiden Sie starke Muster auf Tapeten oder Teppichen.
- Wichtige Gegenstände sollten kontrastreiche Farben haben (möglichst Gelb, Orange oder Rot).
- Runde Tische unterstützen eine schwache Tiefenwahrnehmung.
- Dunkle Farben sollten Sie spärlich einsetzen, weil sie bedrohlich wirken können.
- Sie können schwache Kontraste und dunkle Farben gezielt einsetzen, um das Interesse des Demenzerkrankten abzulenken.
Hilfsmittel zur Stärkung der Sicherheit bei Personen mit Demenz
Zunehmende Desorientierung und Vergesslichkeit bei einer Demenzerkrankung bringen viele Risiken im Alltag mit sich. Alltägliche Dinge wie ein Herd oder Putzmittel werden mit einem Mal zu potenziellen Gefahren. Doch es gibt zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen und Hilfsmittel für Menschen mit Demenz, die für mehr Sicherheit und Selbständigkeit der betroffenen Personen sorgen.
Medikamente, Putzmittel und Giftstoffe sicher lagern
Menschen mit Demenz können Dinge verwechseln und so kann es passieren, dass auf einmal Spülmittel in der Kaffeetasse landet. Damit solche Verwechslungen nicht zu einer ernsthaften Gefahr für die Gesundheit des Demenzerkrankten werden, sollten Sie alle Medikamente, stärkere Putzmittel und andere giftige Stoffe an einem sicheren Ort lagern.
Stolperfallen und rutschige Oberflächen beseitigen
Für die Sturzprophylaxe sollten Sie Stolperfallen wie lose Kabel und Teppiche entfernen. Auch eine gute Beleuchtung ist dabei wichtig. Wenn möglich, sorgen Sie für einen rutschfesten Boden wie zum Beispiel Linoleum.
Das Badezimmer ist ein typischer Ort zum Ausrutschen – auch für Menschen, die nicht an Demenz leiden. Hilfreich sind dagegen oft Anti-Rutsch-Matten oder Haltegriffe. Informieren Sie sich im Ratgeber zum Thema Wohnraumanpassung, welche Umbauten die Pflegekasse bezahlt und welche Finanzierungsmöglichkeiten es noch gibt.
Dem Drang zum „Räumen“ entgegenkommen
Innere Unruhe kommt bei den meisten Menschen mit Demenz vor. Oft äußert sie sich durch einen akuten Bewegungsdrang. Der akute Drang, Dinge von einem Ort zum anderen zu räumen ist eine bekannte Form. Wenn Sie diese Gewohnheit kennen, können Sie bei der Wohnraumgestaltung darauf eingehen.
Denn das Herumräumen ist eher harmlos, solange dabei keine wichtigen Gegenstände verloren gehen. Oft hilft deshalb einfach ein offenes Regal mit Dingen, die nach Belieben hin- und hergeräumt werden können. Umgekehrt können Sie Schubladen mit wichtigen Sachen mit einem Schubladenschutz versehen. Dann lassen sie sich nur noch mit einem bestimmten Trick öffnen.
Dem „Hinlaufen“ entgegenkommen
Das Hinlaufen (früher auch „Weglaufen“) ist nicht harmlos, wenn die betroffene Person dabei in den öffentlichen Raum hinausgeht und dort umherwandert oder gar Auto fährt. Eine Möglichkeit, dem Vorzubeugen, ist das bereits erwähnte Ablenken des Interesses von der Haustür durch dunkle Farben oder schwache Kontraste. Oft entlädt sich ein nicht ausgelebter Bewegungsdrang aber in anderen schwierigen Verhaltensweisen.
Wenn möglich, können Sie Rundwege innerhalb der Wohnung, des Gebäudes oder des Grundstücks schaffen, auf denen die Person gefahrlos herumlaufen kann. Oder Sie versehen die Ausgänge mit Klingeln, die einen Ton erzeugen, wenn eine Person hinausgeht. Dann werden Sie zumindest darauf aufmerksam gemacht.
Sicherheit in der Küche
Eine große Gefahr im Haushalt stellen auch elektronische Geräte für Personen mit Demenz dar. Daher können am Herd sogenannte Herdschutzknöpfe oder auch Schutzknöpfe installiert werden, die das Einschalten des Herds erschweren. Das gibt Angehörigen ein gutes Gefühl.
Als weitere Sicherheitsmaßnahme sollten Sie in Wohnungen von Personen mit Demenz in allen Räumen Rauchmelder installieren, damit ein Brand sofort bemerkt wird. Außerdem können Sie darüber nachdenken, ob Sie die Steckdosen mit dem bekannten Kinderschutz sichern möchten.
7 Tipps für mehr Sicherheit im Haushalt von Personen mit Demenz
- Beseitigen Sie Stolperfallen.
- Sichern Sie das Badezimmer mit Haltegriffen und Anti-Rutsch-Matten.
- Installieren Sie Schlösser mit Notfall-Funktion.
- Offene Regale oder gesicherte Rundwege können bei akutem Bewegungsdrang helfen.
- Lagern Sie giftige Stoffe an einem sicheren Ort.
- Sichern Sie den Herd mit Schutzknöpfen und installieren Sie Rauchmelder.
- Nutzen Sie Schutzkappen, um Steckdosen abzudecken.
Räume für Ruhe und Erinnerung schaffen
Vieles in einer demenzgerechten Wohnung sollte zweckdienlich sein. Denn auf Überflüssiges zu verzichten, ist ein wichtiges Grundprinzip der demenzgerechten Raumgestaltung. Ganz und gar nicht überflüssig sind jedoch Gegenstände und Orte, die bewusst der Erinnerungspflege dienen und Betroffene zur Ruhe kommen lassen.
Oft sind es Bilder, aber auch ganz andere Dinge können wertvolle Anker für lebendige Erinnerungen sein. Versuchen Sie, solche Gegenstände zu identifizieren und zu bewahren. Gerne wählen Sie als Aufbewahrungsort eine besonders ruhige Ecke aus, in der die Person mit Demenz ohne Ablenkung und Störung in Erinnerungen schwelgen kann. Manche Dinge müssen aber auch an ihrem Stammplatz belassen werden, damit sie weiterhin erkannt werden.
Zur Vorgehensweise bei der Anpassung des Wohnraums
Gewisse Veränderungen am Wohnraum sind nach der Diagnose notwendig, doch jede Veränderung kann eine Person mit Demenz stören und verwirren. Viele drastische Veränderungen in kurzer Zeit überfordern Demenzerkrankte.
Gehen Sie deshalb bei der Umgestaltung behutsam vor und lassen Sie die betroffene Person an den Veränderungsprozessen teilhaben. Denn Sie dürfen nie vergessen, dass die Person mit Demenz ein Individuum mit speziellen Vorlieben und Abneigungen ist. Letztlich sind diese persönlichen Neigungen wichtiger als allgemeine Tipps für die demenzgerechte Raumgestaltung.
Häufig gestellte Fragen
Welche Farben sind angenehm für Demenzerkrankte?
Helle und freundliche Farben sind angenehm für Demenzerkrankte. Dunkle Farben werden eher als bedrohlich wahrgenommen und können sogar Ängste auslösen.
Sind Muster angenehm für Demenzerkrankte?
Nein, starke Muster an Wänden, Böden oder Möbeln wirken verwirrend oder sogar beängstigend auf Menschen mit Demenz. Entsprechende Teppiche, Tapeten oder Möbel sollten Sie möglichst entfernen.
Wie viel Licht benötigen Demenzerkrankte im Wohnbereich?
Ältere Menschen, insbesondere ältere Menschen mit Demenz, benötigen viel mehr Licht im Wohnbereich als jüngere und gesunde Menschen. Auch die Lichtfarbe ist wichtig: kaltweißes Licht wird besser wahrgenommen als warmweißes.
Was muss ich tun, um eine Wohnung demenzgerecht zu gestalten?
Dabei gibt es viele Dinge zu beachten, doch nicht alles muss gleich zu Beginn passieren. Wichtig ist zunächst erst einmal, die Zahl der Gegenstände zu reduzieren, für viel Licht zu sorgen und Gefahrenquellen möglichst zu beseitigen. Zu viel Veränderung auf einmal bedeutet jedoch unnötigen Stress für die demenzerkrankte Person.