Aphasie: Definition
Die Aphasie ist eine von verschiedenen Störungen, die das menschliche Sprachsystem betreffen. Das Wort Aphasie ist aus dem Griechischen abgeleitet und bedeutet so viel wie „fehlende Sprache“.
Diese Bedeutung der Aphasie greift aber nach heutigem Wissensstand zu kurz. Denn bei einer Aphasie handelt es sich um eine erworbene Störung des Sprachsystems, bei der die Fähigkeit zu sprechen in der Regel nicht vollständig verloren gegangen ist. Jedoch sind oft mehrere sprachliche Fähigkeiten gleichzeitig in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Das heißt, bei einer Aphasie können die folgenden vier sprachlichen Fähigkeiten betroffen sein:
- Das Sprechen
- Das Verstehen
- Das Lesen
- Das Schreiben
Die Aphasie ist nach den Sprachwissenschaftlern Schneider, Wehmeyer und Grötzbach definiert als „Störungen des Sprachsystems, die nach abgeschlossenem Spracherwerb aufgrund einer erworbenen Hirnschädigung auftreten.(1)
Eine Aphasie betrifft das Sprachsystem des Betroffenen. Die geistigen Fähigkeiten des Aphasikers, wie beispielsweise das Denken, Wissen oder Erinnern sind weitgehend unbeeinträchtigt.
Sprachstörungen können den sozialen Alltag beeinträchtigen
Da sich Aphasiker sprachlich nicht mehr so gut mitteilen können, werden sie manchmal als verwirrt angesehen und teils nur noch eingeschränkt in Gespräche einbezogen. Dann wird mehr „über“ als „mit“ den Betroffenen gesprochen. Ein solcher Umgang bringt viele Menschen mit Aphasie verständlicherweise in eine hilflose und unmündige Situation. Mit ausreichendem Wissen über das Störungsbild und kleinen Tricks kann der Alltag bei Aphasie für alle Beteiligten erleichtert werden.
Hierauf sollten alle ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Bemühungen ausgerichtet sein: Patienten und deren Angehörige müssen gemeinsam Möglichkeiten finden, mit denen sich der Betroffene selbst äußern kann. Das verlangt manchmal außergewöhnliche Mittel und Wege. Doch in den meisten Fällen sind es genau diese Mittel, die den Alltag erheblich erleichtern. Seien Sie also kreativ. Verwendet werden können beispielsweise Fotos, Zeichnungen oder elektronische Kommunikationshilfen. Mehr dazu lesen Sie im Abschnitt Hilfsmittel für Aphasiker.
Unterschied Aphasie und Dysphasie
Bei der Aphasie handelt es sich um eine im Laufe des Lebens erworbene Störung des Sprachsystems. Das heißt, die Sprache wurde erlernt und die Aphasie entsteht aufgrund einer Erkrankung, die das Gehirn betrifft.
Die Dysphasie hingegen ist eine medizinische Bezeichnung für angeborene Hör- und Sprachstörungen. (2)
Aphasie-Symptome
Die Symptome einer Aphasie werden von den behandelnden Ärzten und Therapeuten genau beobachtet, um die Aphasie von anderen Sprach-, Sprech-, Denk- und Hörstörungen abzugrenzen. Bei einer Aphasie können Symptome in folgenden zwei Bereichen auftreten:
- Expressiver Bereich: Die Symptome treten bei der mündlichen Sprachbildung auf.
- Rezeptiver Bereich: Die Symptome treten beim Verstehen auf. Das heißt, der Sinn und der Inhalt der gehörten Sprache oder eines Textes können nicht oder nur unvollständig erfasst werden. (1)
Aphasie-Symptome: Beispiele
Folgende Tabelle veranschaulicht, wie Symptome einer Aphasie aussehen können. (1)
Flüssige und nichtflüssige Aphasie
Aphasien werden unterteilt in flüssige Aphasie und nichtflüssige Aphasie. Ausschlaggebend für die Unterteilung ist die Beurteilung, wie flüssig der Betroffene sprechen kann.
Bei der flüssigen Aphasie kann die Sprache in angemessenem Tempo, ohne große Unterbrechungen und in üblicher Satzlänge ohne starke Anstrengung gesprochen werden.
Die nichtflüssige Aphasie weist folgende Kennzeichen auf:
- Verlangsamte Sprechgeschwindigkeit
- Viele Unterbrechungen beim Sprechen
- Verkürzte Satzlänge
- Das Sprechen ist mit Anstrengung verbunden (3)
Aphasie: Ursachen
Eine Aphasie ist in vielen Fällen die Folge von typischen Krankheiten im Alter. Sie betrifft jedoch auch junge Menschen. Die Ursache einer Aphasie ist immer eine Schädigung des Gehirns. In den meisten Fällen liegt die Schädigung im Bereich der linken Großhirnhälfte. Das ist der Teil des Gehirns, in dem bei den allermeisten Menschen das Sprachzentrum liegt. Eine Aphasie kann durch folgende Ursachen bedingt sein:
- Schlaganfall
- Demenz
- Multiple Sklerose (MS)
- Schädel-Hirn-Trauma
- Hirntumor
- Eine Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff (1)
Aphasie nach Schlaganfall
Ein Schlaganfall (Apoplex) ist mit Abstand die häufigste Ursache für eine Aphasie. Nach aktuellen Daten erleiden in Deutschland im Jahr etwa 260.000 Menschen erstmalig oder wiederholt einen Schlaganfall. Bei etwa 30 Prozent der Betroffenen kommt es in der Anfangsphase des Schlaganfalls zu einer plötzlich einsetzenden Aphasie. Bei etwa 20 Prozent der Betroffenen bleiben Störungen des Sprachsystems dauerhaft. Das bedeutet, die Aphasie wird im Verlauf der Schlaganfall-Behandlung und Rehabilitation chronisch. Je nachdem, welche Hirnregion vom Schlaganfall betroffen ist und wie groß das betroffene Areal ist, kann es zu unterschiedlichen Formen der Aphasie kommen. (1)
Zahlen zu Aphasie in Deutschland
Aphasie bei Demenz (primär progressive Aphasie)
Eine Aphasie kann auch bei einer Alzheimer-Demenz oder bei einer oft früh einsetzenden Form der Demenz, der sogenannten Frontotemporalen Demenz, auftreten. Im Gegensatz zur Aphasie bei einem Schlaganfall, setzt die Aphasie bei Demenz in der Regel schleichend ein und nimmt einen fortschreitenden Verlauf. (1) Diese Form der Aphasie wird auch primär progressive Aphasie genannt. (4)
Aphasie bei Multipler Sklerose (MS)
Entzündliche Erkrankungen des Gehirns, wie die Multiple Sklerose (MS), können auch eine Aphasie zur Folge haben.(1) Das ist jedoch sehr viel seltener der Fall im Vergleich zur Aphasie bei einem Schlaganfall. Die Ausprägung der Sprachstörung bei MS-Betroffenen kann variieren. So kann sich die Aphasie während eines MS-Schubs verschlechtern.
Aphasie-Formen
Aphasien, deren Ursache eine gestörte Blutversorgung im Gehirn ist, werden in vier Aphasie-Formen unterteilt, deren Symptome unterschiedlich ausfallen können:
- Amnestische Aphasie
- Broca-Aphasie
- Wernicke-Aphasie
- Globale Aphasie
Amnestische Aphasie
Die Amnestische Aphasie gehört zur Gruppe der flüssigen Aphasien. Das vorrangige Symptom ist die Wortfindungsstörung. Das heißt, der Aphasiker hat Probleme mit der Wahl der richtigen Worte. Die Satzinhalte wiederholen sich oft und es werden Floskeln oder Umschreibungen verwendet, um die Wortfindungsstörung zu überspielen. Das Sprachverständnis hingegen ist in der Regel gut erhalten. (3)
Broca-Aphasie (motorische Aphasie)
Die Broca-Aphasie wurde früher auch als motorische Aphasie bezeichnet. Die Broca-Aphasie zählt zu den nichtflüssigen Aphasien. Das heißt, die betroffene Person kann in der Regel nicht flüssig sprechen. Außerdem ist das Sprechen mit erheblichen Anstrengungen verbunden. Das Leitsymptom ist der sogenannte Agrammatismus. Das heißt, es können keine vollständigen Sätze gebildet werden. Ausgesprochen werden nur einzelne Satzbestandteile oder Wörter. Dadurch ist die Möglichkeit, sich ausdrücken, für den Betroffenen stark eingeschränkt. Das Sprachverständnis ist gut erhalten. Das heißt, der Betroffene versteht gut, was andere Personen sagen. (3)
Wernicke-Aphasie (sensorische Aphasie)
Die veraltete Bezeichnung der Wernicke-Aphasie lautet „sensorische Aphasie“. Sie gehört zur Gruppe der flüssigen Aphasien. Das heißt, der Betroffene kann flüssig sprechen, jedoch fehlt es an Sprachkontrolle, was zu überschießendem Sprechen führt. Die Satzbauteile geraten beim Sprechen durcheinander und Wörter werden verwechselt. So lässt sich der Sinn des Gesagten für den Zuhörenden nur schwer erkennen. Zudem ist das Sprachverständnis deutlich beeinträchtigt. Das heißt, der Aphasiker versteht das Gesagte nicht oder nur eingeschränkt. Hinzukommt, dass es den Betroffenen der Wernicke-Aphasie häufig nicht bewusst ist, dass sie nicht verstanden werden können. (3)
Globale Aphasie
Die globale Aphasie gehört zur Gruppe der nichtflüssigen Aphasien und ist die schwerste Form der Aphasien, weil das Sprechen und das Sprachverständnis stark eingeschränkt sind. Lesen und schreiben ist für die Betroffenen nicht möglich. Die Sprache beschränkt sich in der Regel auf einzelne Wörter, deren Inhalt jedoch nicht wörtlich zu nehmen ist, wie beispielsweise die Äußerung „ja ja ja“. (3)
Sprachstörungen bei Kindern
Aphasien können auch im Kindesalter auftreten. Da die Aphasie eine erworbene Sprachstörung ist, die nach dem abgeschlossenen Erlernen der Sprache auftritt, wird bei Kindern der jeweilige Entwicklungsstand als Maßstab bei der Diagnostik genommen. Der Aphasie im Kindesalter liegt ebenso wie bei den Erwachsenen eine erworbene Hirnschädigung zugrunde. Bei den Kindern ist ein Schädel-Hirn-Trauma die häufigste Ursache. Folgende Krankheitsbilder können außerdem eine kindliche Aphasie zur Folge haben:
- Vaskuläre (gefäßbedingte) Hirnschädigung, zum Beispiel die Blutung durch Hirnaneurysma
- Hirntumor
- Entzündung des Gehirns
- Landau-Kleffner-Syndrom (Epilepsie-Erkrankung im Kindesalter) (3)
Aphasie: Verlauf
Der Verlauf einer Aphasie wird in drei Phasen eingeteilt:
- Akute Aphasie: Das ist die Phase in den ersten vier bis sechs Wochen nach der plötzlichen Hirnschädigung.
- Postakute Aphasie: Die Phase beginnt ab der sechsten Woche und dauert bis zum Ende des elften Monats nach der plötzlichen Hirnschädigung.
- Chronische Aphasie: Die Phase beginnt ab dem 12. Monat, nachdem die plötzliche Hirnschädigung aufgetreten ist. (3)
Ist eine Aphasie heilbar?
Eine Aphasie kann ohne bleibende Beeinträchtigungen rückgebildet werden. Ausschlaggebend für die Prognose und Heilungschancen sind hauptsächlich die folgenden drei Faktoren:
- Ursache der Aphasie: Eine Aphasie kann durch verschiedene Erkrankungen entstehen, die jeweils unterschiedliche Schädigungen im Gehirn verursachen. Bei einem Schlaganfall führt eine Durchblutungsstörung beispielsweise häufig dazu, dass das Sprachzentrum im Gehirn geschädigt wird. In der Folge kann eine Aphasie entstehen.
- Zeitraum nach Beginn der Störung: Die Chance, dass sich eine Aphasie wieder zurückbildet, ist in den ersten vier Wochen nach Beginn der Störung am größten.
- Ausmaß der Hirnschädigung: Kleine Hirnschädigungen haben in der Regel eine günstigere Prognose als große Schädigungen, in denen große Teile des Gehirns betroffen sind. Schädigungen, die einen abgegrenzten Bereich im Gehirn betreffen, haben oftmals eine günstigere Prognose als diffuse Schädigungen, die mehrere Bereiche im Gehirn betreffen. (1)
Aphasie: Diagnostik
Die Aphasie-Diagnostik beginnt in der Akutphase im Krankenhaus und wird von Logopäden, also Sprachtherapeuten, durchgeführt. Viele Patienten haben sind zu Beginn dieser Phase noch schwach und ihr Gesundheitszustand ist instabil. Daher kann die Diagnostik in dieser Phase meist noch nicht vollumfänglich stattfinden. Zudem verändern sich die Aphasien zu Beginn häufig, sodass zu diesem Zeitpunkt noch keine langfristigen Aussagen über die Form und Prognose der Aphasie getroffen werden können.
Erst nach etwa sechs Wochen kann eine detaillierte Beurteilung der sprachlichen Fähigkeiten des Betroffenen stattfinden. Dafür stehen unterschiedliche Tests zur Verfügung. Dazu zählen unter anderem der Aachener Aphasie Test und der Aphasie-Schnell-Test. (5)
Aphasie-Schnell-Test
Der Aphasie-Schnell-Test (AST) wurde für leichte bis mittelgradige akute Aphasien entwickelt. Der Test kann einfach durchgeführt werden und dauert etwa fünf bis 15 Minuten. Erfasst werden die vier sprachlichen Fähigkeiten:
- Sprechen
- Verstehen
- Lesen
- Schreiben
Mit diesem Test kann zum einen ermittelt werden, ob eine Aphasie vorliegt oder nicht. Auch der Schweregrad der Aphasie kann mit dem Test definiert werden.(5)
Aachener Aphasie Test
Der Aachener Aphasie Test (AAT) wurde für die Diagnostik bei schweren akuten Aphasien entwickelt und wird ab der sechsten Woche nach Eintritt der Aphasie eingesetzt. Der Test dauert zwischen 15 und 40 Minuten. Dabei werden die Fähigkeiten der Spontan-Sprache überprüft. Die Aufgaben umfassen beispielsweise:
- Nachsprechen
- Lesen
- Schreiben
- Benennen
- Sprachverständnis
Das Testergebnis gibt unter anderem Auskunft über den Schweregrad der Sprachstörung in verschiedenen Bereichen. Zudem kann damit die Form der Aphasie bestimmt werden. (5) Der Test eignet sich zur Erstdiagnose und auch zur wiederholten Anwendung, um die therapeutischen Erfolge des Patienten zu überprüfen.
Aphasie: Therapie / Behandlung
Die Behandlung einer Aphasie ist nicht invasiv, das heißt, Betroffene müssen nicht befürchten, am Gehirn operiert zu werden. Aphasiker werden vielmehr von einem Sprachtherapeuten behandelt, der das Kommunikationsvermögen des Patienten wiederherstellen soll. Das übergeordnete Ziel der Aphasie-Therapie ist es, die sprachlichen Fähigkeiten des Patienten wiederherzustellen, zu verbessern oder zu erhalten. Betroffene lernen, die Sprachstörung durch andere Ausdrucksmöglichkeiten wie Gestik oder durch die Zuhilfenahme von Hilfsmitteln zu kompensieren. Entscheidend ist es, dass die Patienten dazu befähigt werden, wieder kommunizieren zu können. Damit wird die allgemeine Lebensqualität des Patienten verbessert.
Die Behandlung der Aphasie liegt im Aufgabenbereich der Logopädie, also des Sprachtherapeuten. Patienten führen speziellen Aphasie-Übungen unter der Anleitung der Logopäden durch. Das genaue Therapieziel orientiert sich am Einzelfall, je nach Aphasie-Form, Schweregrad sowie allgemeiner gesundheitlicher Verfassung des Betroffenen. Die Aphasie-Behandlung wird verordnet und die Kosten werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen.
Wenn der Betroffene wieder zuhause ist, muss die logopädische Therapie von einem Arzt verordnet werden. Folgende Ärzte können die Verordnung ausstellen:
- Hausärzte
- Internisten
- Hals-Nasen-Ohrenärzte mit der Zusatzbezeichnung Stimm- und Sprachtherapie
- Phoniater (Facharzt für Störungen der Stimme, des Sprechens und des Schluckens)
Grundsätzlich kann die ambulante Logotherapie einzeln oder in Gruppen stattfinden. Es gibt außerdem mobile Logopädie-Dienste, die zu den Betroffenen nach Hause kommen und dort die Therapie durchführen. (6)
Hilfsmittel für Aphasiker
Es gibt Hilfsmittel, die es Aphasikern trotz eingeschränkter Sprachfähigkeit ermöglichen, an Gesprächen teilzunehmen. Diese Hilfsmittel werden in der Fachsprache „Unterstützte Kommunikation“ genannt und funktionieren mit oder ohne Elektronik. Im Hilfsmittelverzeichnis sind sie unter der Produktgruppe 16 zu finden.
Nicht-elektronische Hilfsmittel für Aphasiker
Zu den nicht-elektronischen Kommunikationshilfen gehören Karten, Tafeln oder Bücher mit:
- Symbolen
- Wörtern
- Zahlen
- Fotos
Elektronische Hilfsmittel für Aphasiker
Darüber hinaus gibt es inzwischen eine große Vielfalt an elektronischen Kommunikationshilfen. Dazu gehören
- Elektronische Symbol-Tafeln
- Geräte zur Aufnahme eines eigenen Symbol-Vokabulars
- Tablets mit Symbol-Sammlungen
- Geräte zur Eingabe von Texten, die vorgelesen werden
Aphasiker-Hilfsmittel: Wer übernimmt die Kosten?
Bevor sich Aphasiker Hilfsmittel anschaffen, sollten sie einen Antrag auf Kostenübernahme für elektronische oder nicht-elektronische Hilfsmittel beim zuständigen Kostenträger stellen. Kostenträger für Hilfsmittel für die unterstützte Kommunikation sind je nach Fall und Art des Hilfsmittels in der Regel:
- Die private oder gesetzliche Krankenversicherung
- Der Sozialhilfeträger
- Die Unfallversicherung
- Die Rentenversicherung
- Das Arbeitsamt
Dem Antrag muss ein Kostenvoranschlag beigefügt werden. Empfehlenswert, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben, ist es außerdem, dem Antrag folgende Dokumente beizulegen:
- Die ärztliche Verordnung für das Hilfsmittel
- Eine Stellungnahme des Logopäden
- Ein persönliches Antragsschreiben (7)
Aphasie-Apps
Kommunikationshilfen gibt es inzwischen auch als digitale Anwendungen (Apps) für Smartphones und Tablets. Folgende Apps werden von Aphasie-Experten empfohlen:
- Book Creator
- Pictello
- PQ Talking Photo
- Fotobabble
- GoTalk Now
- Predictable Deutsch
- ChatAble Deutsch (7)
Rehabilitation bei Aphasie
Eine ambulante oder stationäre Reha kann Betroffene dabei unterstützen, die Erkrankung zu verarbeiten, weitere Therapie- und Behandlungsangebote zu nutzen und Kontakt zu gleichermaßen Betroffenen zu knüpfen.
Medizinische Rehabilitation bei Aphasie
Aphasiker können sich auf der Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) informieren. Dort gibt es ein Verzeichnis der stationären Einrichtungen für medizinische Rehabilitation. In der Suchmaske kann das Krankheitsbild „Sprachstörung“ oder „Sprachbehinderungen“ ausgewählt werden. Anschließend werden Rehakliniken angezeigt, die auf diese Krankheitsbilder spezialisiert sind
(11).
Berufliche Rehabilitation: Das Heidelberger Aphasie-Modell
Der berufliche Wiedereinstieg mit einer Aphasie kann Betroffene vor große Herausforderungen stellen. Nicht alle Berufe sind mit einer Aphasie gleichermaßen vereinbar. Es gibt glücklicherweise in Deutschland sehr gute Möglichkeiten, trotz Sprachstörung wieder in den Job zu kommen.
Das Heidelberger Aphasie-Modell ist ein Angebot des Berufsförderungswerks in Kooperation mit dem Bundesverband Aphasie e. V. und den SRH Fachschulen. Während eines vier- bis sechswöchigen Aufenthalts erfolgt zunächst eine umfangreiche Einschätzung des Patienten zu seinem Zustand beziehungsweise zu seinen sprachlichen Fähigkeiten. In dieser Zeit werden die Menschen zudem darüber beraten, welche beruflichen Tätigkeiten in Frage für sie kommen könnten. Danach absolvieren sie eine drei- bis sechsmonatige Berufsvorbereitung. Im gewählten Berufszweig folgt eine Qualifizierung in Form einer Umschulung oder Ausbildung. Begleitet wird das Programm von verschiedenen Therapieangeboten. (8)
Aphasie-Selbsthilfegruppe
Es gibt Selbsthilfegruppen, deren Angebote sich speziell an Aphasiker richten. Für viele Betroffene ist es hilfreich, sich in diesem Rahmen über Themen auszutauschen, die sie mit nicht betroffenen Menschen schwierig nur besprechen können. Die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe kann die Betroffenen darin unterstützen, die Störung zu bewältigen, praktische Alltagstipps auszutauschen und den Mut zur Kommunikation wiederzufinden.
Selbsthilfegruppen unterscheiden sich zum einen in professionell geführte Gruppen, die auch therapeutische Angebote haben. Zum anderen gibt es von Betroffenen selbst organisierte Gruppen. Eine zentrale Interessenvertretung ist der Bundesverband für die Rehabilitation der Aphasiker e.V. (BRA). (7)
Kommunikations-Tipps für den Pflegealltag bei Aphasie
Unterstützen Sie Aphasiker dabei, das Gesagte zu verstehen
- Formulieren Sie kurze und einfache Sätze
- Betonen Sie den wichtigsten Bestandteil des Satzes
- Unterstreichen Sie das Gesagte durch entsprechende Körpersprache und Gesten
- Schreiben Sie die Schlüsselwörter zusätzlich auf
- Formulieren Sie den Satz um, wenn Sie nicht verstanden werden
- Unterstützen Sie die Kommunikation mit geeigneten Hilfsmitteln (9)
Unterstützen Sie den Menschen mit Aphasie dabei, sich auszudrücken und richtig verstanden zu werden
Folgende Fragen-Typen können vom Betroffenen leichter verstanden und beantwortet werden:
- W-Fragen (zum Beispiel: Wer, Wie, Was, Warum, …)
- Auswahl-Fragen (Entweder-Oder-Fragen)
- Entscheidungsfragen (Ja-oder-Nein-Fragen)
Grenzen Sie das Thema ein, über das der Aphasiker sprechen möchte
Mit entsprechenden Fragen können Sie herausfinden, worüber der Betroffene sprechen möchte. Fragen Sie vom Allgemeinen hin zum Speziellen.
Ein Beispiel: „Geht es um das Thema Urlaub? Meinst Du den Sommerurlaub im letzten Jahr? Möchtest Du von der Schiffsfahrt erzählen?“
Fordern Sie den Betroffenen auf, andere Mittel als die Sprache zu verwenden, wenn Sie ihn nicht verstehen.
Zum Beispiel:
- Durch eine Geste
- Indem Sie auf Objekte zeigen
- Indem Sie das Wort aufschreiben
- Indem Sie Objekte aufmalen
Vergewissern Sie sich, dass Sie den Betroffenen richtig verstanden haben
- Wiederholen Sie, was Sie verstanden haben oder fassen Sie es zusammen
- Schreiben oder malen Sie auf, was Sie verstanden haben
Wichtig ist, dass Sie ehrlich sind und es dem Betroffenen mitteilen, wenn Sie ihn nicht verstanden haben. Beenden Sie den Gesprächsversuch lieber, wenn Sie merken, dass der Betroffene überfordert ist mit der Situation. (9)
Aphasie und Pflege
Oftmals sind Menschen, die eine Aphasie haben, pflegebedürftig, mitunter bettlägerig. Je nach Aphasie-Form ist die Pflege für die pflegenden Angehörigen dann eine große Herausforderung.
Es ist deshalb sinnvoll, sich insbesondere vor Beginn der Pflegemaßnahmen ausreichend Zeit zu nehmen, um mit dem Betroffenen über dessen Wünsche und Vorstellungen im Alltag zu kommunizieren. Finden Sie individuelle Regeln für den Pflegealltag. Sie können zum Beispiel nonverbale Signale wie Augenzwinkern oder Handzeichen vereinbaren.
Pflegegrad bei Aphasie?
Eine Aphasie tritt nicht für sich allein auf. Sie ist immer die Folge einer Hirnschädigung. Das heißt, betroffene Aphasiker leiden häufig noch an weiteren Folgen der Hirnschädigung, wie beispielsweise Lähmungen, die eine selbstständige Lebensführung und Versorgung einschränken.
Betroffene sollten prüfen, ob ihnen ein Pflegegrad zusteht, womit sie finanzielle Unterstützung erhalten können. Eine Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegeversicherung setzt ein, wenn die Selbstständigkeit in den folgenden Bereichen aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen für mindestens sechs Monate beeinträchtigt ist:
- Mobilität
- Geistige und kommunikative Fähigkeiten
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
- Selbstversorgung
- Selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
- Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte (10)
Welchen Grad der Behinderung bei Aphasie?
Bei Hirnschäden mit kognitiven Leistungseinschränkungen, wie einer Aphasie, haben Betroffene die Möglichkeit, einen Nachteilsausgleich zu erhalten. Dafür müssen sie einen Grad der Behinderung (kurz: GdB) beantragen beziehungsweise einen Schwerbehindertenausweis erhalten.
Die folgende Tabelle ist ein Richtwert für die Bewertung einer einzelnen Störung. Der Grad der Behinderung kann höher ausfallen, wenn weitere Störungen wie Gleichgewichtsstörungen oder Lähmungen festgestellt werden.(12)
Häufig gestellte Fragen
Plötzlich auftretende Sprachstörungen: Welche Ursachen kann das haben?
Eine plötzlich auftretende Aphasie kann aufgrund einer Schädigung des Gehirns auftreten. In den meisten Fällen liegt die Schädigung im Bereich der linken Großhirnhälfte. Grund für die Schädigung kann neben dem Schlaganfall, der Demenz und MS auch ein Schädel-Hirn-Trauma, ein Hirntumor oder eine Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff sein.
Was ist Aphasie?
Bei der Aphasie handelt es sich um eine im Laufe des Lebens erworbene Störung des Sprachsystems. In der Regel sind mehrere sprachliche Fähigkeiten gleichzeitig in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Das heißt, bei einer Aphasie können die folgenden vier sprachlichen Fähigkeiten betroffen sein:
- das Sprechen,
- das Verstehen,
- das Lesen,
- das Schreiben.
Was ist der Unterschied einer Aphasie und einer Dysphasie?
Bei der Aphasie handelt es sich um eine im Laufe des Lebens erworbene Störung des Sprachsystems. Das heißt, die Sprache wurde erlernt und die Aphasie entsteht aufgrund einer Erkrankung, die das Gehirn betrifft. Die Dysphasie hingegen ist eine medizinische Bezeichnung für angeborene Hör- und Sprachstörungen.