Bundestagswahl 2021: Das fordern die Parteien für die häusliche Pflege

Bundestagswahl 2021

Am 26. September 2021 ist die Bundestagswahl. Hinsichtlich des Pflegenotstands, der durch die Corona-Krise verschärft wurde, versprechen die großen Parteien durchweg Änderungen für die Arbeitsbedingungen professionell Pflegender. Doch was ist mit den Pflegebedürftigen & Angehörigen, die die Pflege selbst organisieren? Werden für sie Entlastungen in Aussicht gestellt?

In diesem Beitrag gibt pflege.de einen kompakten Überblick zu den Forderungen in den Wahlprogrammen der sechs größten Parteien in Deutschland für die Bundestagswahl 2021. In den Fokus stellt pflege.de die Forderungen zur Verbesserung der ambulanten Pflege (= Pflege zuhause) und einige Aspekte der stationären Pflege (= im Pflegeheim).

Inhaltsverzeichnis

pflege.de-Analyse mit Fokus auf Pflege zuhause

Der Bereich Pflege kann eng oder weit gefasst werden. pflege.de fokussiert sich bei der Zusammenfassung der Wahlprogramme auf den Bereich der häuslichen Pflege und in einigen Teilen auch auf die stationäre Pflege. Die Arbeitsbedingungen in der professionellen Pflege sind in dieser Betrachtung weitestgehend ausgeklammert. Weitere Aspekte wie Sterbehilfe, Bürgerversicherung und Rentenkonzepte werden nicht beziehungsweise nicht im Detail betrachtet.

Wichtiger Hinweis
Reihenfolge der Parteien basiert auf Umfrageergebnissen aus Juni 2021

pflege.de positioniert sich mit dieser Darstellung zu keiner Partei und ist keiner politischen Richtung angebunden. Die Reihenfolge der Parteien stellt keine Präferenz dar, sondern basiert auf den Umfrageergebnissen zur Bundestagswahl 2021 zum Zeitpunkt der Texterstellung.(1)

 

Info
Wie setzt sich der Detailgrad zusammen?

Die Zahlen im blauen Kreis zeigen an, wie viele Forderungen die Parteien in ihren Wahlprogrammen haben, die sich auf die häusliche Pflege beziehen. Spitzenreiter hinsichtlich der Forderungen ist die LINKE, die 14 Punkte nennt.

Die blaue Zahl rechts neben dem Kreis zeigt den durchschnittlichen Score: Er beschreibt, wie konkret die Forderungen in den Wahlprogrammen der jeweiligen Partei sind. Je höher diese Zahl, desto konkreter die Forderung. Maximal kann ein Wert von 3 erreicht werden.

Für den Detailgrad wurden die einzelnen Pflege-Forderungen von vier pflege.de-Redakteurinnen unabhängig voneinander bewertet. Grundlage für den Score waren die Aussagen zu Themen der häuslichen Pflege in den Wahlprogrammen. Um den Durchschnittsscore je Partei zu ermitteln, wurde der Mittelwert der einzelnen Wertungen addiert und durch die Anzahl der Forderungen geteilt.

Wahlprogramm CDU/CSU: Forderungen für die Pflege

Die CDU/CSU ist der festen Überzeugung, dass es nicht zu den Aufgaben des Staates gehört, einen geeigneten Ort für die Pflege zu definieren, sondern dass die betroffene Person und ihre Familie selbst über den Ort der Pflege entscheiden. Die CDU/CSU möchte bewirken, dass die Unterstützungsleistungen dorthin geleitet werden, wo der Pflegebedürftige lebt.

Pflegegeld stetig anpassen

Das Pflegegeld soll laut Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2021 der CDU/CSU dynamisiert, also regelmäßig angepasst werden, und zwar auf Grundlage der Lohnentwicklung. Im Elften Sozialgesetzbuch (SGB XI) wurde in § 30 bereits festgelegt, dass die Bundesregierung alle drei Jahre (zuletzt 2020) die Notwendigkeit und die Höhe der Anpassung prüfen muss. (Seite 68) (2)

Leistungen der Vertretungs-Pflege in einem Gesamtbudget bündeln

Um eine gezielte und flexible Unterstützung für die familiäre Pflege zu ermöglichen, will die CDU/CSU die Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowie Betreuungsleistungen zu einem Gesamtbudget zusammengelegen. Wie hoch das Budget sein soll, bleibt unerwähnt. (Seite 68)

Quartierspflege: Unterstützungsangebote vor Ort stärker vernetzen

Die CDU/CSU sieht die Pflege in der Wohnumgebung der Menschen und möchte ermöglichen, dass sie auch im Alter zuhause wohnen bleiben können. Deshalb sollen Länder und Kommunen darin unterstützt werden, die Angebote vor Ort reibungsloser miteinander zu verbinden. (Seite 69) Menschen sollen möglichst lange im eigenen Zuhause im angestammten Wohnviertel leben können. Die CDU/CSU verspricht, die dafür erforderlichen Investitionen in den altersgerechten und barrierefreien Umbau – insbesondere über KfW-Programme zum altersgerechten Umbauen – zu unterstützen. (Seite 124)

Angebotsstrukturen stärken

Mit der Zusicherung, die Angebotsstrukturen bedarfsgerechter, berechenbarer, leistungsfähiger und zuverlässiger zu gestalten, will die CDU/CSU die Rahmenbedingungen für pflegebedürftige Menschen und für das Pflegefachpersonal verbessern.

Ganz konkret soll die Trägervielfalt gestärkt werden, um einer vielfältigen Gesellschaft gerecht zu werden. (Seite 67)

Neue Wohn- und Betreuungsformen entwickeln

Neuen Wohn- und Betreuungsformen steht die CDU/CSU aufgeschlossen gegenüber und will eine Entwicklung in diese Richtung unterstützen. Sie sieht in den Mehrgenerationenhäusern den Zusammenhalt aller Generationen und des sozialen Miteinanders. (Seite 68)

Angebote stationärer Pflegeeinrichtungen öffnen

Stationäre Pflegeeinrichtungen sollen die Möglichkeit erhalten, Angebote an pflegebedürftige Menschen zu richten, die nicht Bewohnerinnen und Bewohner der jeweiligen Einrichtung sind (Seite 69).

Digitalisierung & Robotik in der Pflege: Weiterentwicklung von technischen Assistenz- und Warnsystemen

Mehr Sicherheit und Eigenständigkeit verspricht sich die CDU/CSU durch die Weiterentwicklung von technischen Assistenz- und Warnsystemen für ältere Menschen. (Seite 68) 500 Millionen Euro sollen für Digitalisierung und Robotik in der Pflege bereitgestellt werden. (Seite 63)

Pflegeversicherung ausgestalten

Weiterhin setzt die CDU/CSU auf die Absicherung durch die eingeführte Pflegeversicherung und will sie weiterentwickeln. Dazu will sie die betriebliche Pflegezusatzversicherungen weiter stärken und nach einer erfolgreichen Prüfung staatlich fördern.

Der Pflegevorsorgefonds, der im Januar 2015 mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz (PSG I) etabliert wurde, um zukünftige Beitragserhöhungen abzumildern, will die CDU/CSU bis zum Jahr 2050 verlängern. Aktuell ist der Vorsorgefonds nur bis zum Jahr 2034 geplant. (Seite 68) (3)

Mehr Gelder für die Demenz-Forschung

Für Krankheiten, die als unheilbar gelten wie beispielsweise Demenz, verspricht die CDU/CSU mehr Unterstützung von Forschungszwecken. (Seite 68)

Zum vollständigen Wahlprogramm der CDU/CSU: Das Programm für Stabilität und Erneuerung. Gemeinsam für ein modernes Deutschland wurde am 21. Juni 2021 veröffentlicht.

Info
Wählen gehen, um die Pflege zu verändern?

Viele Menschen, die privat oder beruflich mit der Pflege zu tun haben, fühlen sich überfordert. Es herrscht Politikverdrossenheit. Wieso Betroffene genau dann den Gang zur Wahlurne antreten sollten, erfahren Sie in dem Beitrag Politik & Wahlen.

 

Wahlprogramm Bündnis 90/Die Grünen: Forderungen für die Pflege

Die Grünen versprechen vor der Bundestagswahl 2021, die Pflege zuhause zu verbessern und mehr Pflege-Möglichkeiten „vor Ort“ zu schaffen. Um pflegende Angehörige zu entlasten, möchte die Partei ein ausgeweitetes Pflegezeit-Modell einführen.

PflegeZeit Plus für die häusliche Pflege einführen

Wer jemanden häuslich pflegt, muss nach Ansicht der Grünen mehr von der Gesellschaft unterstützt werden. Pflegende Angehörige – unabhängig davon, ob es sich um Familienmitglieder, Freunde oder Nachbarn handelt – sollen durch die sogenannte PflegeZeit Plus entlastet werden: Allen Erwerbstätigen soll eine Lohnersatzleistung bei dreimonatigem Vollausstieg und dreijährigem Teilausstieg ermöglicht werden, die pflegebedingte Arbeitszeitreduzierungen finanziell abfedert. (Seite 52)

Eigenanteile für Pflege senken und dauerhaft deckeln

Die Grünen fordern eine doppelte Pflegegarantie, die vor der Armut schützen soll. Um eine bedarfsgerechte Pflege zu ermöglichen, sollen die Eigenanteile in der ambulanten und stationären Pflege schnell gesenkt und dauerhaft gedeckelt werden. Mit dieser doppelten Pflegegarantie seien die selbst aufzubringenden Kosten verlässlich planbar. Kosten, die über den Eigenanteil hinausgehen, sollen von der Pflegeversicherung getragen werden: „Leistungen der Pflegeversicherung sollen bedarfsgerecht, wohnformunabhängig und als persönliches Budget verfügbar sein.“ (Seite 52)

Mehr ambulante Pflegeformen im Quartier

Die Grünen setzen sich für die Stärkung ambulanter Pflegeformen ein. Statt weiterer Großeinrichtungen fordert die Partei mehr ambulante Wohn- und Pflegeformen, dazu gehören Angebote der Tages-, Kurzzeit- und Verhinderungspflege, aber auch Pflege-Wohngemeinschaften – eingebettet in ein Umfeld, das ältere Menschen dabei unterstützt, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Im ländlichen Raum könnten Community Health Nurses – wie früher die Gemeindeschwestern – eine große Stütze sein. (Seite 52)

Um das Pflege-Angebot vor Ort zu gestalten und Pflege für Angehörige zu vereinfachen, sehen die Grünen vor, rechtliche Rahmenbedingungen für Quartierspflege zu schaffen und den Kommunen zu ermöglichen, eine verbindliche Pflegebedarfsplanung vorzunehmen. (Seite 52)

Info
Was ist Quartierspflege?

Mit Quartierspflege ist ein Wohn- und Lebenskonzept für Pflegebedürftige gemeint. Ziel ist es, im eigenen Wohnumfeld zu bleiben und nicht umziehen zu müssen. Das wird möglich gemacht, indem professionelle Hilfsangebote wie zum Beispiel der ambulante Pflegedienst und generationenübergreifende Unterstützung wie Nachbarschaftshilfen, in unmittelbarer Nähe sind – eben im eigenen Quartier. (4)

Barrierefreies Wohnen und Leben fördern

Die Grünen fordern, dass Barrieren in Wohnungen und im Wohnumfeld abgebaut werden und dies stärker finanziell gefördert wird. Älteren Menschen soll ermöglicht werden, länger in ihrer vertrauten Umgebung wohnen zu bleiben. Die Grünen möchten dazu einen generationenfreundlichen Ansatz verfolgen, der Stadt, Land und den digitalen Raum auch für ältere Menschen lebenswert macht. Der Anteil barrierefreier Wohnungen soll deutlich erhöht und die Städtebauförderung für inklusive Stadtquartiere gestärkt werden. Das soll mit einem „Barrierefreiheits-Gesetz“ erreicht werden. (Seite 58 & 73)

Beratungsangebote für das Alter verbessern

Gesellschaftliche Teilhabe soll durch den generationenfreundlichen Ansatz ermöglicht werden. Die Grünen sehen hierfür zum Beispiel Ansprechstellen und Gemeindezentren vor, die über altersgerechtes Wohnen, Weiterbildungsangebote, Pflege und soziale Sicherung sowie Engagement-Möglichkeiten informieren. (Seite 58)

Faire Arbeitsbedingungen für ausländische Betreuungskräfte

Für Beschäftigte aus europäischen Nachbarstaaten wie Haushaltshilfen und Betreuungskräfte sollen faire Arbeitsbedingungen und ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden, indem die Bezahlung und Absicherung an die Standards deutscher Beschäftigter angeglichen wird. Es brauche zudem ein wirksames Vorgehen gegen Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit und ein Verbandsklagerecht der Gewerkschaften. Beschäftigte benötigten eine europäische Sozialversicherungsnummer. Es bedürfe zudem einer besseren Regulierung der Vermittlungsagenturen und mehr Kontrolle durch eine gestärkte Europäische Arbeitsbehörde. (Seite 44-45 & 53)

Info
24-Stunden-Betreuung

In Deutschland werden viele Pflegekräfte aus dem osteuropäischen Ausland für die sogenannte 24-Stunden-Betreuung angestellt. Da diese Versorgungsform teuer ist, werden viele ausländische Betreuungskräfte illegal angestellt.

Solidarische Pflege-Bürger*innenversicherung

Die Grünen möchten eine solidarisch finanzierte Bürger*innenversicherung für Gesundheit und Pflege einführen. Mit einer solidarischen Pflege-Bürger*innenversicherung sollen sich alle an der Finanzierung des Pflegerisikos beteiligen. (Seite 51-52)

Pflege durch Digitalisierung verbessern

Die Grünen sehen in der Digitalisierung eine Chance, die Gesundheitsversorgung zu verbessern und zukunftsfähig zu machen. Als Möglichkeiten nennen sie die Robotik zur Unterstützung in der Pflege, Telemedizin oder eine Weiterentwicklung der elektronischen Patientenakte. (Seite 51-52)

Zum vollständigen Wahlprogramm der Grünen: Deutschland. Alles ist drin. wurde in der beschlossenen Version am 09. Juli 2021 veröffentlicht.

Im Interview-Format „5 Fragen an…“ stellt pflege.de fünf drängende Fragen an Bundestagsabgeordnete. Hier gelangen Sie zu den fünf Antworten von Kordula Schulz-Asche von den Grünen.

Wahlprogramm SPD: Forderungen für die Pflege

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) fordert vor der Bundestagswahl 2021 grundsätzlich mehr Anerkennung für die Pflege. Die häusliche Pflege möchte die SPD mit erweiterten Unterstützungsangeboten verbessern und Rechtsklarheit bei der Anstellung von ausländischen Pflegekräften schaffen.

Vereinbarkeit von Familie, Beruf & Pflege verbessern

„Wer Angehörige pflegt, soll dabei unterstützt werden, die Pflege mit Erwerbsarbeit zu kombinieren“ schreibt die SPD in ihrem Wahlprogramm. Für die bessere Vereinbarkeit von Familie, Beruf & Pflege möchte sie ein erweitertes Modell für mehr Familienzeit einführen: 15 Monate Anspruch auf Unterstützung (Lohnersatz) bei einer Arbeitszeitreduzierung für jeden nahen Angehörigen ab Pflegegrad 2, auf mehrere Pflegepersonen aufteilbar und mit einer Mindestarbeitszeit von 15 bis 20 Stunden. Dabei sollen Unternehmen gezielt Männer ermutigen, das Modell zu nutzen. (Seite 39)

Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen

Auch durch die besondere Förderung der haushaltsnahen Dienstleistungen will die SPD die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern und älteren Menschen helfen, möglichst lange in der eigenen Wohnung zu leben. Dabei soll Schwarzarbeit bekämpft werden und den Personen, die bislang ohne Sozialversicherung in den privaten Haushalten arbeiten, eine Absicherung bei Arbeitsunfällen oder Krankheit gegeben werden. Diese Förderung soll so ausgerichtet sein, dass sie auch Personen mit geringem Einkommen in Anspruch nehmen können. (Seite 36)

Versorgungsservices im ländlichen Raum vermitteln

In kleinen Städten und Gemeinden möchte die SPD sogenannte Dienstleistungszentren errichten, in denen medizinische und haushaltsnahe Dienstleistungen vermittelt werden sollen. Die Zentren sollen dabei auch fehlende Angebote aufdecken. Zur Erprobung dieses Angebots sieht die SPD ein Modellprojekt des Bundes vor. (Seite 36)

Barrierefreies Wohnen fördern

Die SPD möchte generationenübergreifende, alternative und barrierefreie Wohnformen in Städten und Quartieren fördern. (Seite 38)

Rechtliche Klarheit bei der 24-Stunden-Pflege schaffen

Viele Menschen werden zuhause durch eine sogenannte 24-Stunden-Pflege versorgt. Die wechselseitigen Verpflichtungen zwischen Pflegebedürftigem und Pflegekraft sind aber nicht gut geregelt. Die SPD fordert rechtliche Klarheit zu den Pflichten und Rechten bei der 24-Stunden-Pflege und der Hilfe im Alltag. (Seite 36)

Pflegezeit stärker für die Rente berücksichtigen

Pflege ist in den meisten Fällen „Frauensache“. Meistens kümmern sich Ehefrauen und Töchter um einen pflegebedürftigen Angehörigen. Die SPD fordert eine geschlechtergerechte Rente, die unterschiedliche Arbeitszeiten sowie familiäre Tätigkeiten gerechter berücksichtigt. „Langjährige Pflege von Eltern, Schwiegereltern oder anderen Familienmitgliedern dürfen sich nicht mehr negativ auf die Rente auswirken und die eigene Altersarmut bedeuten. Hier brauchen wir mehr Solidarität und Respekt vor dieser schweren Aufgabe.“ (Seite 35)

Pflegeleistungen über eine solidarische Vollversicherung

Die SPD möchte eine Bürgerversicherung einführen, die als Vollversicherung neben der medizinischen Versorgung auch alle pflegerischen Bedarfe und Pflegeleistungen abdeckt. Hierzu sieht die SPD zunächst gedeckelte Eigenanteile für pflegebedürftige Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen vor. (Seite 36)

Zum vollständigen Wahlprogramm der SPD: Das Zukunftsprogramm der SPD. Wofür wir stehen. Was uns antreibt. Wonach wir streben. wurde am 09. Mai 2021 veröffentlicht.

Im Interview-Format „5 Fragen an…“ stellt pflege.de fünf drängende Fragen an Bundestagsabgeordnete. Hier gelangen Sie zu den fünf Antworten von Heike Baehrens von der SPD.

Wahlprogramm FDP: Forderungen für die Pflege

Die Freien Demokraten (FDP) möchten nach der Bundestagswahl 2021 in der Pflege mehr Zeit für Zuwendung möglich machen. Dies soll möglich gemacht werden durch einen umfassenden Bürokratieabbau, bessere Arbeitsbedingungen und die Nutzung digitaler Potentiale.

Kurzzeitpflegeplätze ausbauen

Die FDP fordert den Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen. Kurzzeitpflegeplätze sollen über ein Online-Register einsehbar sein. (Seite 39)

Liberales Pflegebudget einführen

Die Freien Demokraten fordern die Einführung eines Liberalen Pflegebudgets. Jede Person soll selbst entscheiden können, welche Hilfe und Leistungen bei der Gestaltung des Alltags am besten sind. Dazu sollen alle Leistungsansprüche der jeweiligen Pflegegrade in ein monatliches Pflegebudget überführt werden, über das unbürokratisch und transparent verfügt werden kann. (Seite 40)

Mehr Unterstützung bei Demenz / demenzfreundliche Quartiere

Pflegende Angehörige sollen mehr Unterstützung und niedrigschwellige Beratungsangebote erhalten. Insbesondere zur Unterstützung der Betreuung von Menschen mit Demenz brauche es mehr aufsuchende Beratung und den Ausbau demenzfreundlicher Quartiere. (Seite 39)

Bündnis für selbstbestimmtes Wohnen im Alter

Die FDP fordert mehr barrierefreien oder -armen Wohnraum, um Menschen ein möglichst langes und selbstbestimmtes Leben in ihrem gewohnten Umfeld zu ermöglichen. Ein Bündnis aus Bund, Ländern, Kommunen, aus Wissenschaft und Praxis, Politik und Gesellschaft soll das Thema „Wohnen im Alter“ stärker in das Bewusstsein aller Akteure rücken und Lösungen erarbeiten. Bestehende Förderungen sollen zusammengeführt werden. Durch Anreizmodelle sollen „Lock-In-Effekte“ verhindert werden, damit sowohl ältere Menschen als auch junge Familien passenden Wohnraum finden können. (Seite 84)

Pflege-Auszeiten für oberste Führungskräfte ermöglichen

Die Freien Demokraten fordern eine zeitlich begrenzte Auszeit für Mitglieder in Vorständen sowie Aufsichtsräten und für andere oberste Führungskräfte für den Fall, dass ein Angehöriger gepflegt werden muss. Es soll möglich sein, das Mandat für einen begrenzten Zeitraum ruhen zu lassen, ohne es niederzulegen. (Seite 33)

Digitale Möglichkeiten in der Pflege ausbauen

In der häuslichen Versorgung soll mit digitalen Anwendungen, Automatisierung sowie Robotik und Telepflege eine Entlastung geschaffen werden. Gerade in ländlichen Gebieten möchte die FDP dadurch eine gute Versorgung im gewohnten Umfeld länger möglich machen.

Von der elektronischen Patientenkurve über die automatisierte Medikamentenausgabe bis hin zu robotischen Lagerungshilfen sei vieles möglich. Digitale Anwendungen könnten maßgeblich zur Erleichterung des Arbeitsalltags pflegender Personen beitragen. Sie sollen außerdem helfen, Risiken für Pflegebedürftige, beispielsweise bei Medikationsänderungen, zu vermeiden. (Seite 39)

Digitalisierung für Ältere vorantreiben – Förderprogramm für Seniorenheime

Die Freien Demokraten wollen ein sogenanntes zweites Bildungssystem schaffen, mit dem sich Menschen auch im Ruhestand unbürokratisch weiterbilden können. In Seniorenwohnheimen soll Zugang zum schnellen Internet gewährleistet werden. Um digitale Teilhabe für alle Altersgruppen und eine intuitive Bedienbarkeit für alle Internetnutzenden gleichermaßen zu ermöglichen, sollen öffentliche Stellen verpflichtet werden, ihre digitalen Angebote standardmäßig barrierearm und idealerweise barrierefrei anzubieten. (Seite 89)

Pflegeversicherung zu einem Drei-Säulen-Modell machen

Die FDP meint „Eigenverantwortung endet nicht bei der Pflegebedürftigkeit“. Die Partei will an der Pflegeversicherung als Teilleistung festhalten und um Elemente der privaten Vorsorge ergänzen („Kapitaldeckungselemente“). Sie schlägt ein Drei-Säulen-Modell für die Pflege vor, ähnlich wie bei der Rente. Es soll bestehen aus der sozialen Pflegeversicherung sowie aus privater und betrieblicher Vorsorge. Insbesondere der Ausbau von betrieblichen Modellen zur Pflegezusatzvorsorge sei zu unterstützen. (Seite 40)

Zum vollständigen Wahlprogramm der FDP: Nie gab es mehr zu tun. Wahlprogramm der Freien Demokraten wurde am 16. Mai 2021 veröffentlicht.

Im Interview-Format „5 Fragen an…“ stellt pflege.de fünf drängende Fragen an Bundestagsabgeordnete. Hier gelangen Sie zu den fünf Antworten von Nicole Westig von der FDP.

Wahlprogramm AfD: Forderungen für die Pflege

Die AfD möchte die Pflege zuhause durch eine Angleichung des Pflegegeldes an die Pflegesachleistungen erreichen. Ausländisches Pflegepersonal soll über ein Sprachniveau von C1 verfügen. Mehr Forderungen zur Bundestagswahl 2021 der AfD:

Häusliche Pflege: Erhöhung des Pflegegelds an das Niveau der Pflegesachleistungen

Die Unterbringung von Pflegebedürftigen zuhause ist für die AfD nicht nur aus sozialen, sondern auch aus finanziellen Gründen vorzuziehen. Die stationäre Pflege soll soweit wie möglich hinausgeschoben werden. Die Pflege zuhause soll durch die weitgehende Angleichung des Pflegegeldes an die Pflegesachleistungen gefördert werden. (Seite 138)

Förderung altersgerechter Wohnformen

Die AfD fordert das Fortbestehen der verschiedenen Versorgungsformen und die Förderung altersgerechter Wohnformen. Konkrete Umsetzungspläne werden nicht formuliert. (Seite 138)

Finanzierung von Kurzzeitpflegeplätzen in Krankenhäusern durch die Pflegeversicherung

Die Partei stellt fest, dass im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung das Fehlen von direkt anschließenden Pflegemöglichkeiten oftmals zu einer unwürdigen Übergangssituation führt. Sie fordert, dass Kurzzeitpflegeplätze in den Krankenhäusern durch die Pflegeversicherung finanziert werden. So könnte der Druck auf pflegebedürftige Menschen vermieden werden, die häufig befürchteten, dass eine Folgebetreuung in anschließenden Pflegeeinrichtungen oder zuhause nicht sichergestellt ist. (Seite 137)

Zusammenlegung von Pflege- und Krankenversicherung

Die AfD schlägt eine Zusammenlegung von sozialer Pflegeversicherung und gesetzlicher Krankenversicherung vor, um häufig auftretende Schnittstellenprobleme bei der Versorgung von Pflegebedürftigen, die gleichzeitig häufig auch multimorbide sind, zu vermeiden. (Seite 139)

Ausländisches Personal im Gesundheitswesen muss qualifiziert sein

Die Partei fordert, dass medizinisches Fachpersonal generell mindestens über Sprachkenntnisse auf dem Sprachniveau C1 verfügt. Die fachliche Qualifikation soll uneingeschränkt dem deutschen Standard genügen. (Seite 142)

Zum vollständigen Wahlprogramm der AfD: Deutschland. Aber normal. Programm der Alternative für Deutschland für die Wahl zum 20. Bundestag wurde am 20. Juni 2021 veröffentlicht.

Wahlprogramm Die Linke: Forderungen für die Pflege

Die Linke vertritt die Ansicht, dass Privatpersonen, wie etwa pflegende Angehörige, die häusliche Versorgung zwar ergänzen können, aber nicht selbstverständlich im deutschen Pflegesystem mit einberechnet werden sollen. Mit der Einführung einer solidarischen Pflegevollversicherung möchte die Partei nach der Bundestagswahl 2021 die Qualität von Pflegeleistungen verbessern und eine bedarfsgerechte Versorgung für alle Menschen ermöglichen.

Lohnersatzleistungen für berufstätige, pflegende Angehörige

Für pflegende Angehörige, die noch im Beruf stehen, fordert die Linke beim ersten Auftreten eines familiären Pflegefalls, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad, sechs Wochen Freistellung bei einem vollen, arbeitgeberfinanzierten Lohnausgleich. Hierzu will die Linke die Schwellenwerte im Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz abschaffen. Sie sagt: „Es braucht einen Rechtsanspruch auf familiengerechte Arbeitszeiten für alle, die Verantwortung in Erziehung und Pflege übernehmen.“ (Seite 18, 35 & 103)

Rente für pflegende Angehörige

Die Linke möchte, dass pflegende Angehörige aus ihrer Pflegetätigkeit zusätzliche Rentenansprüche erwerben sollen und stellt hierfür weitere Rahmenbedingungen auf:

  • Anrechenbar für die gesamte Dauer der Pflegesituation, in der pflegende Angehörige die Pflege ausgeführt haben.
  • Gilt auch bei Pflegegrad 1.
  • Nach Erreichen der Regelaltersgrenze.
  • Keine Kürzung, wenn zusätzlich professionelle Pflegedienste genutzt wurden. (Seite 24)

Angebote der Tages- und Kurzzeitpflege zusammenführen

Die Linke fordert ein zusammengeführtes und erweitertes Angebot der professionellen Tages- und Kurzzeitpflege. Derartige Entlastungsangebote für pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige sollen wohnortsnah, unbürokratisch und nicht-kommerziell ausgerichtet sein. Die zusammengeführte Tagespflege und Kurzzeitpflege soll im Leistungskatalog der geforderten solidarischen Pflegevollversicherung stehen. (Seite 34)

Beirat für Gepflegte & Pflegende ins Leben rufen

Die Linke möchte die Interessen pflegender Angehöriger und pflegebedürftiger Menschen stärker vertreten sehen. Dafür fordert die Partei einen Sitz mit Stimmrecht in allen Pflegegremien auf Bundesebene sowie in allen regionalen Pflegekonferenzen. Hierzu versiert die Linke die Gründung eines Beirats für Menschen mit Pflegebedarf und pflegenden Angehörigen an. (Seite 34)

Last nicht auf Angehörige abwälzen: Pflegen ist professionell

Pflegeleistungen sollen in hoher Qualität von gut bezahlten Fachkräften erbracht werden. Pflege und Unterstützung durch Familie oder Nachbarschaft können ergänzend, jedoch nicht notgedrungen geleistet werden. So fordert es die Linke. (Seite 34)

Sogenannte 24-Stunden-Pflege nach Arbeitsrecht organisieren

Die Linke setzt sich für Beschäftigte in Privathaushalten ohne Arbeits- und Aufenthaltsrechten ein. Sie fordert für diese Beschäftigtengruppe eine Legalisierung und betont hierbei die sogenannte 24-Stunden-Pflege: „Die Ausbeutung zumeist osteuropäischer Arbeitskräfte in der 24-Stunden-Pflege muss beendet werden. Pflege muss arbeitsrechtskonform organisiert werden.“

Häusliche Pflege solle bestenfalls durch zertifizierte Agenturen, Pflegeplattformen, gemeinwohlorientierte oder kommunale Träger organisiert werden. Hierfür stellt die Linke klare Forderungen auf:

  • Tarifverträge
  • Unbefristete Beschäftigungsverhältnisse
  • Recht auf eine vertragliche Mindeststundenzahl
  • Arbeitsschutz
  • Weiterbildungsangebote für Beschäftigte (Seite 20-21 & 34-35)

Pflegebedürftige & Senioren sollen selbst entscheiden, wie sie leben möchten

Die Linke möchte die Mitbestimmungsrechte älterer Menschen stärken. Demnach sollen Menschen im Alter selbst darüber entscheiden können, wie sie leben möchten. „Ältere Menschen sollen so lange wie gewünscht in ihrer eigenen Wohnung und im gewohnten Wohnumfeld bleiben können.“ (Seite 30)

Dies soll auch für den konkreten Pflegefall gelten. Hier fordert die Linke: „Menschen mit Pflegebedarf sollen selbst entscheiden können, welche Pflegearten (Entlastung, Verhinderung, Tages- oder Kurzzeitpflege) sie in ihrer Lebensführung am besten unterstützen kann.“ (Seite 34)

Gute Anbindungsmöglichkeiten und barrierefreie Wohngebiete

Gerade in ländlichen Regionen und in Pflegeheimen fordert die Linke gute Anbindungsmöglichkeiten. Menschen müssen Zugang zum öffentlichen Nahverkehr haben. Auch sollen Rufbusse und schnelles Internet hierbei ermöglicht werden. Die Linke setzt eine digitale Teilhabe für ein selbstbestimmtes Leben im Alter voraus. Wohngebiete müssen für ältere Menschen barrierefrei sein. (Seite 31, 36 & 111-112)

Gesellschaftliche Teilhabe gegen Isolation

Die Linke möchte ältere Menschen in alle Lebensbereiche einbeziehen, die für diese Altersgruppe relevant sind. Es soll älteren Menschen möglich sein, aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben und sich zu engagieren, wo sie es möchten. Die Linke will vielfältige Wohn- und Betreuungsformen schaffen, die die unterschiedlichen Generationen zusammenbringen sollen. Außerdem fordert die Linke wirksame Hilfen und Konzepte gegen soziale Isolation und Einsamkeit im Alter. (Seite 30)

Pflegerische Betreuung verbessern als kommunale Pflichtaufgabe

Die Linke fordert den Ausbau der gesundheitlichen und pflegerischen Betreuung und sieht diesen in kommunaler Hand. Sie verlangt eine „gute und menschenwürdige gesundheitliche Versorgung mit Aufklärung und gesundheitlicher Selbstbestimmung der Menschen“. Das Betreuungsangebot muss professionell, wohnort- und patientennah sein. (Seite 30)

Die Kommunen sollen dazu befähigt werden, Pflegeheime in gemeinnützige Verantwortung zu bringen. (Seite 32)

Die Linke fordert mehr Zeit am und mit dem pflegebedürftigen Menschen: „Zeit für aktivierende Pflege und zum Zuhören, für Zuwendung und Förderung muss enthalten sein.“ (Seite 33)

Eine solidarische Pflegevollversicherung ohne Eigenanteile einführen

Die Linke möchte die Pflegeversicherung grundlegend umbauen und fordert auch für die Pflege eine Vollversicherung für alle. Die solidarische Pflegevollversicherung soll alle pflegerischen Leistungen abdecken. Pflegebedürftige Menschen sowie deren Angehörige sollen hierbei keine Eigenanteile zahlen. (Seite 10 & 32-34)

Alle Menschen mit Pflegebedarf sollen dieselben Leistungen erhalten

Allen pflegebedürftigen Menschen sollen unabhängig von ihrem sozialen Status oder Einkommen, dieselben Leistungen zustehen. Die Linke fordert: „Keine Pflegeleistung darf aus Kostengründen verweigert werden.“ (Seite 33)

Zum vollständigen Wahlprogramm der Linken: Zeit zu handeln! Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit wurde am 20. Juli 2021 veröffentlicht.

Im Interview-Format „5 Fragen an…“ stellt pflege.de fünf drängende Fragen an Bundestagsabgeordnete. Hier gelangen Sie zu den fünf Antworten von Pia Zimmermann von den Linken.

Häufig gestellte Fragen

Welche Partei setzt sich für die Pflege 2021 ein?

pflege.de hat die Wahlprogramme der sechs größten Parteien hinsichtlich ihrer jeweiligen Forderungen für die Pflege näher untersucht. Die Forderungen wurden nach ihrer Detailliertheit mit einem Grad von 0 bis 3 bewertet:

0 = undetaillierte Forderung bis 3 = sehr detaillierte Forderung

Jede Partei erhielt hierbei einen Durchschnittsscore. Nachfolgend die Ergebnisse (höchster Score nach geringster Score):

  • Die Grünen: 2,13
  • Die Linke: 2,05
  • FDP: 1,84
  • AfD: 1,65
  • SPD: 1,61
  • CDU/ CSU: 1,50

Wichtiger Hinweis: Die Untersuchung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und beruht auf der subjektiven Einschätzung der pflege.de-Redaktion.

Was steht im Wahlprogramm der CDU/CSU für die Pflege?

pflege.de hat für Sie die politischen Forderungen der CDU/CSU für die Pflege aus dem Wahlprogramm zusammengefasst.

Was steht im Wahlprogramm der Grünen für die Pflege?

pflege.de hat für Sie die politischen Forderungen der Grünen für die Pflege aus dem Wahlprogramm zusammengefasst.

Was steht im Wahlprogramm der SPD für die Pflege?

pflege.de hat für Sie die politischen Forderungen der SPD für die Pflege aus dem Wahlprogramm zusammengefasst.

Was steht im Wahlprogramm der FDP für die Pflege?

pflege.de hat für Sie die politischen Forderungen der FDP für die Pflege aus dem Wahlprogramm zusammengefasst.

Was steht im Wahlprogramm der AfD für die Pflege?

pflege.de hat für Sie die politischen Forderungen der AfD für die Pflege aus dem Wahlprogramm zusammengefasst.

Was steht im Wahlprogramm der Linken für die Pflege?

pflege.de hat für Sie die politischen Forderungen der Linken für die Pflege aus dem Wahlprogramm zusammengefasst.

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Erstelldatum: 1202.60.92|Zuletzt geändert: 3202.40.11
(1)
Edupolitics: Bundestagswahl 2021 (2021): Umfragen, Prognosen und Projektionen
www.bundestagswahl-2021.de/umfragen/#entwicklung (letzter Abruf am 08.07.2021)
(2)
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) (2021): Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI)
www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/ (letzter Abruf am 23.06.2021)
(3)
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) (2017): Pflegevorsorgefonds
www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/p/pflegevorsorgefonds.html (letzter Abruf am 23.06.2021)
(4)
BIVA Pflegeschutzbund (2018): Quartierskonzepte in der Altenhilfe
www.biva.de/quartierskonzepte-in-der-altenhilfe/ (letzter Abruf am 27.06.2021)
(5)
Bildquellen Parteilogos
©CDU, ©CSU, ©SPD, ©Bündnis 90/Die Grünen, ©FDP, ©Die Linke, ©AfD
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Am Nikolaustag 2021 wurde der Koalitionsvertrag von SPD, FDP und den Grünen feierlich unterschrieben. Unsere neue Regierung möchte in den nächsten vier Jahren „mehr Fortschritt wagen“. Bedeutet das auch mehr Fortschritt in der Pflege? Welche Wahlversprechen es in den Koalitionsvertrag geschafft haben und welche nicht, fasst pflege.de zusammen.

Regierungsziel für die Pflege

Mitten im Hochgeschehen der Pandemie formuliert die neue Regierungskoalition den Fahrplan für die Zukunft. So ist es nachvollziehbar, dass das Thema Gesundheitsversorgung einen hohen Stellenwert bekommt. Die Verletzlichkeit des Gesundheitswesens sei durch die Pandemie sichtbar geworden. Das stimmt im besonderen Maße für vulnerable Personengruppen wie Pflegebedürftige und Senioren. Die Regierung, so ist im Koalitionsvertrag zu lesen, habe ihre Lehren aus der Pandemie gezogen und beschwört den Aufbruch in eine moderne und sektorenübergreifende Gesundheits- und Pflegepolitik. Man wolle dafür sorgen, dass „alle Menschen in Deutschland gut versorgt und gepflegt werden – in der Stadt und auf dem Land.“(#*magazine_61b86f5d972a5*#)

Ein besonderes Augenmerk gilt den Senioren, deren Kompetenz und Erfahrung für die Gesellschaft unverzichtbar seien. Sie sollen im Alter selbstbestimmt leben und ihr Wohnumfeld frei wählen können. Dafür will die neue Regierung seniorengerechte Ansätze auf allen staatlichen Ebenen und im digitalen Raum fördern. Im Fokus stehen Partizipation, Engagement, soziale Sicherung, Alltagshilfen, Wohnen, Mobilität, Gesundheitsvorsorge, Bildungs- und Begegnungsangebote und die Überwindung von Einsamkeit.

Große Worte, denen auch endlich Taten folgen müssen. Leider fehlt es vielerorts noch an passenden Betreuungsangeboten, damit Menschen mit Hilfe- und Betreuungsbedarf, auch dort wohnen bleiben können, wo sie gerne möchten. Ich bin sehr gespannt, wie unsere Regierung ihr frommes Vorhaben umsetzen wird.
Martina Rosenberg, Pflege-Expertin & ehemalige pflegende Angehörige

Betreuungsmöglichkeiten zuhause verbessern

Um die Pflege zuhause erfolgreicher zu gestalten, brauchen die Menschen mehr Angebote für die Betreuung und Versorgung vor Ort. Um dies zu gewährleisten, hat die Regierung zwei Punkte in den Koalitionsvertrag aufgenommen.

  1. Die sogenannte 24-h-Pflege soll eine rechtsichere Grundlage erhalten. Wie diese Grundlagen im Detail aussehen kann, wird allerdings nicht beschrieben. So müssen Betroffene und Angehörige immer noch fürchten, gegen das geltende Arbeitsrecht zu verstoßen. Denn im Juli 2021 hat das Bundesarbeitsgericht dem geltenden Recht Nachdruck verliehen, indem es darauf hinwies, dass es in Deutschland einen Mindestlohn gibt, der auch für Pflegekräfte aus dem europäischen Ausland gilt. Ebenso wurde auch noch mal klargestellt, dass die Zeit, in der eine Betreuungskraft auf Abruf im Haus sich aufhält, als Bereitschaftszeit gelte. Und Bereitschaftszeit ist nach deutschem Arbeitsrecht auch Arbeitszeit, die vergütet werden muss.
  2. Die Versorgung vor Ort soll gestärkt werden.

Gestaltung für die Pflege zuhause & vor Ort

Eine Vielfalt von individuellen Betreuungsangeboten vor Ort sorgt nicht nur für eine gute Versorgung der Pflegebedürften, sondern sie entlasten auch pflegende Angehörige. Die Kommunen kennen die Bedürfnisse der Menschen vor Ort meist am besten. So macht es auch Sinn, dass die neue Regierung den Kommunen eine verbindliche Mitgestaltungsmöglichkeit von Versorgungsangeboten wie Tagespflege oder stationärer Pflege zusagt. Gebunden sind sie dabei an die Richtlinien des Versorgungsvertrags nach § 72 Abs. 1 SGB XI, in dem der Inhalt und Umfang der allgemeinen Pflegeleistungen einer Einrichtung festgelegt wird. Unterstützt werden soll zudem der Ausbau von der Tages- und Nachtpflege sowie insbesondere der solitären, Kurzzeitpflege.

Info
Was ist solitäre Kurzzeitpflege?

Unter solitärer Kurzzeitpflege werden Einrichtungen verstanden, die baulich klar von anderen Räumlichkeiten getrennt sind und organisatorisch eigenständig geführte Einrichtungen sind. Sie sind beispielsweise nicht an eine stationäre Pflegeeinrichtung angebunden. 

Kosten für Pflegeheim

Ab Januar 2022 wird der Eigenanteil für die stationäre Pflege gestaffelt und je nach Aufenthaltsdauer im Pflegeheim für die Bewohner durch höhere Zuschüsse der Pflegekasse reduziert. Die Grundlage dafür hat bereits die alte Regierung im Juli 2021 geschaffen. Nun will die neue Regierung die Entwicklung des steigenden Eigenanteils im Auge behalten und falls nötig, durch noch nicht benannte Maßnahmen möglicherweise weiter reduzieren. Fest steht bereits, dass die Ausbildungskostenumlage dem Bewohner nicht mehr in Rechnung gestellt werden darf.

Quartiernahes Wohnen im Alter – gesetzlich verankert

Wer träumt nicht davon, in eine altersgerechte Wohnung umzuziehen, bei der bestenfalls alltägliche Unterstützung bei zunehmender Hilfsbedürftigkeit abrufbar ist. Doch nach wie vor fehlt es an Angeboten, die auch für alle bezahlbar sind. Die künftige Regierung hat sich vorgenommen, das Sozialgesetzbuch XI (SGB XI) um einen eigenen Abschnitt zu quartiernahen Wohnformen zu erweitern und eine Förderung für Bund, Ländern und Kommunen zu schaffen.

Finanzielle Entlastung für die Pflege zuhause

Es ist nicht der große Wurf, aber in kleinen Schritten wird laut Koalitionsvertrag mehr Geld für die häuslichen Pflege zur Verfügung gestellt.

Entlastungsbudget kommt

Die Leistungen für die Kurzzeit- und Verhinderungspflege werden zusammengefasst und sollen laut Koalitionsvertrag unbürokratisch, transparent und flexibel als Entlastungsbudget mit Nachweispflicht zusammengelegt werden. Damit soll die häusliche Pflege gestärkt und auch Familien mit Kindern mit Behinderung einbezogen werden. Über die Höhe des Betrages und die konkrete Ausgestaltung liegen allerdings noch keine Informationen vor. Wie das dann umgesetzt werden soll, bleibt abzuwarten.

Steigendes Pflegegeld ab 2022

Im Koalitionsvertrag steht: „Wir dynamisieren das Pflegegeld ab 2022 regelhaft.“

Unter einer Dynamisierung versteht man eine Anpassung, die sich nach der aktuellen Preis- und Lohnentwicklung richtet. Angaben über eine konkrete Erhöhung des Pflegegeldes, beispielsweise in einer Prozentzahl, gibt es noch nicht.

Mehr Zeit für die Pflege

Die Familie ist der größte ambulante Pflegedienst in Deutschland. 4,13 Millionen pflegebedürftige Menschen gibt es in Deutschland. Davon werden ca. 80 Prozent zuhause versorgt. (#*magazine_61b86f5d9fe21*#) Um den pflegenden Angehörigen die notwendige Zeit für die Pflege zu verschaffen, sollen das Pflegezeit- und das Familienpflegezeitgesetz weiterentwickelt werden. Geplant ist auch eine Erweiterung der Lohnersatzleistung im Falle pflegebedingter Auszeiten.

Förderung alltagsunterstützender Dienstleistungen

Durch ein Zulagen- und Gutscheinsystem sowie steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse sollen pflegende Angehörige einen verbesserten Zugang zu alltagsunterstützenden Dienstleistungen wie Haushaltshilfen erhalten. Dies diene auch der Förderung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen im Haushalt. Profitieren sollen zunächst Alleinerziehende, Familien mit Kindern und zu pflegenden Angehörigen. Langfristig sollen alle Haushalte einbezogen werden.

Intensivpflege zuhause selbstbestimmt

Die Regierung will das Selbstbestimmungsrecht von Menschen stärken, die Intensivpflege benötigen. Dabei wird Bezug genommen auf das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPREG), das im Jahr 2021 von Gesundheitsminister Jens Spahn überarbeitet wurde. Hintergrund ist, dass Intensiv-Pflegebedürftige und ihre Angehörigen große Einschränkungen bei der Selbstbestimmung, besonders bei der Wahl des Wohn- und Pflegeortes befürchten. Nun legt die Ampelregierung fest, dass die freie Wahl des Wohnorts bei einer intensivpflegerischen Versorgung beibehalten werden soll. Allerdings soll  das IPREG  daraufhin neu evaluiert und nötigenfalls nachgesteuert werden.

Vollversicherung in der Pflege

In der Planung ist eine „freiwillige, paritätisch finanzierte“ Vollversicherung in der Pflege, die die soziale Pflegeversicherung ergänzt Damit sollen die aufkommenden Pflegekosten vollständig übernommen werden. Ob dies auch umgesetzt werden kann, wird bis 2023 eine Expertenkommission prüfen und konkrete Vorschläge erarbeiten.

Vom Wahlversprechen in den Koalitionsvertrag

 

Erstelldatum: 1202.21.41|Zuletzt geändert: 1202.21.02
(1)
Koalitionsvertrag
https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf (letzter Abruf am 09.12.21)
(2)
Statista, Daten aus 2019, Veröffentlicht 2020
www.statista.de (abgerufen 09.12.2021)
(3)
Bildquelle
©Andreas Prott - stock.adobe.com
Interview

5 Fragen an Kordula Schulz-Asche (Die Grünen)

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Kordula Schulz-Asche
Im Interview
Kordula Schulz-Asche
Mitglied des Deutschen Bundestages (Die Grünen)

Kordula Schulz-Asche ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. In der Grünen Bundestagsfraktion fungiert sie als Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik sowie als Berichterstatterin für Infektionsschutz, Arzneimittel und Medizinprodukte. Bild © Tom Schweers

Im Interview-Format „5 Fragen an…“ stellt pflege.de Politikerinnen und Politikern drängende Fragen rund um die Pflege, die für die Bundestagswahl am 26. September 2021 wichtig sind. In diesem Interview steht die Grünen-Bundestagsabgeordnete Rede und Antwort: 5 Fragen an Kordula Schulz-Asche.

pflege.de: Von der Stärkung der ambulanten Pflege wird viel gesprochen und geschrieben. Dennoch beklagen sich laut einer Umfrage von pflege.de über 90 Prozent der Befragten über eine nicht ausreichende Unterstützung seitens der Politik. Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie zur Entlastung der pflegenden Angehörigen vor?

Kordula Schulz-Asche: Wir wissen, dass drei von vier pflegebedürftigen Menschen in Deutschland aktuell zuhause durch Angehörige, Nachbarinnen und Nachbarn oder Freundinnen und Freunde versorgt werden – zwei von drei gänzlich ohne die Unterstützung durch professionelle Betreuungs- oder Pflegedienste. 70 Prozent der Sorgearbeit wird von einer Hauptpflegeperson erbracht. Mehr als 8 von 10 dieser Menschen sind Frauen. Etwa die Hälfte hat ein Monatseinkommen unter 1.000 Euro.

Das Pflegezeitgesetz sieht bisher nur finanzielle Unterstützung als Darlehen vor, das allerdings kaum in Anspruch genommen wird, weil es die pflegenden Angehörigen in die Schuldenfalle treibt. Wer pflegt, arbeitet weniger und kann keine Rücklagen anlegen. Ist die Pflegesituation nach der durch das Darlehen abgedeckten Zeit nicht abgeschlossen, wird Mehrarbeit notwendig, um die Darlehensschulden zu tilgen. Obwohl eigentlich Entlastung notwendig wäre, nimmt die Belastung also auch noch zu!

Wir wollen pflegenden Angehörigen deshalb stärker unter die Arme greifen.

Mit einem umfangreichen Unterstützungspaket – der PflegeZeit Plus – wollen wir die Pflegezeit weiterentwickeln, sodass pflegende Angehörige eine Lohnersatzleistung analog zum Elterngeld bekommen, die sie nicht zurückzahlen müssen.
Kordula Schulz-Asche, Grünen-Sprecherin für Pflegepolitik

Zusätzlich wollen wir darauf hinwirken, dass durch Reformen des Arbeitsrechts eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit möglich wird, die pflegerische Infrastruktur vor Ort besser ausgebaut wird und die Leistungen der Pflegeversicherung flexibler zu gestalten, sodass sie pflegebedürftigen Menschen und deren Angehörigen in jeder Situation helfen.

pflege.de: Die Entlastungsangebote sind vieler Orts nur theoretisch vorhanden. Oft haben Pflegebedürftige und ihre Familien Probleme einen Tagespflegeplatz oder einen Kurzzeitpflegeplatz zu bekommen. Was planen Sie, um hier Entlastung zu schaffen?

Kordula Schulz-Asche: Der AOK-Pflegereport 2020 hat noch einmal gezeigt, wie angespannt die Situation in der häuslichen Pflege ist. Rund 25 Prozent der pflegenden Angehörigen fühlen sich „hoch belastet“. Deshalb ist uns wichtig, nicht nur Geld-, sondern auch die Unterstützungsleistungen zu erhöhen.

Pflegende Angehörige brauchen mehr praktische Unterstützung. Deshalb machen wir uns für einen Ausbau der pflegerischen Infrastruktur vor Ort stark – Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege.
Kordula Schulz-Asche, Grünen-Sprecherin für Pflegepolitik

Aber wir wissen auch, dass viele Angebote nicht in Anspruch genommen werden, weil sie nicht ausreichend bekannt sind. Mit Case-Management, einem fachlichen Fallmanagement, wollen wir daher die Beratung ausweiten und dafür sorgen, dass alle Menschen die Pflege bekommen, die sie brauchen.

pflege.de: Planen Sie Erhöhungen beziehungsweise Veränderungen bei den finanziellen Pflegeleistungen? Wenn ja, welche?

Kordula Schulz-Asche: Wir wollen – wie gesagt – erstmals eine Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige schaffen, die analog zum Elterngeld gewährt wird. Damit verbessern wir die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit, sodass gerade Frauen, die sich um pflegebedürftige Menschen in der Familie, im Freundeskreis oder in der Nachbarschaft kümmern, nicht vor einer finanziellen Katastrophe stehen und später auch noch von Altersarmut bedroht sind. Gleichzeitig wollen wir dafür sorgen, dass partnerschaftliche Lösungen gefunden und Unterstützungsnetzwerke vor Ort aufgebaut werden können. Pflege ist Solidarität. Wer pflegt, sollte nicht alleine gelassen werden.

Wir haben in der Pandemie zuerst mehr Unterstützung für pflegende Angehörige gefordert und konkrete Vorschläge unterbreitet, die später zum Teil aufgegriffen worden und in Gesetzgebung eingeflossen sind.

Wir wollen die Pflegehilfsmittelpauschale auf 80 Euro erhöhen, den Entlastungsbetrag verdoppeln und so gestalten, dass er unkomplizierter genutzt werden kann.
Kordula Schulz-Asche, Grünen-Sprecherin für Pflegepolitik

Zusätzlich machen wir uns dafür stark, dass manche Leistungen der Pflegeversicherung zu einer Art Budget zusammengefasst werden können – je nachdem, was vor Ort gebraucht wird.

pflege.de: Die Pflegeleistungen wirken teilweise ungerecht. Ob zum Beispiel das niedrigere Pflegegeld im Vergleich zu den Sachleistungen oder der gleichbleibende Betrag für Verhinderungspflege bei steigenden Pflegegraden. Wie möchten Sie damit umgehen?

Kordula Schulz-Asche: Wir sind froh, dass wir im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum sogenannten Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) verhindert haben, dass es zu einer Begrenzung der Verhinderungspflege und einer Einschränkung in der Tagespflege gekommen ist. Das wäre nicht nur ein fatales Signal für die Anbieter, sondern ein echter Nackenschlag für pflegende Angehörige gewesen.

Zugleich ist es ein Unding, dass die Bundesregierung nun behauptet, die pflegebedürftigen Menschen entlastet zu haben. Denn tatsächlich bezahlen sie die eigene Entlastung zum Teil auch noch selbst, weil die Bundesregierung die Dynamisierung der Pflegeversicherung ausgesetzt hat. Sie bekommen als pflegebedürftiger Mensch also weniger Leistungen für dasselbe Geld. Damit hinterlässt die jetzige der nächsten Bundesregierung ein explosives Erbe. Da muss dringend nachgesteuert werden.

Wir haben mit der doppelten Pflegegarantie einen pragmatischen Lösungsvorschlag auf den Tisch gelegt, wie wir die Eigenanteile sofort senken und dauerhaft deckeln können.

pflege.de: Wer in die Pflegebedürftigkeit rutscht und finanzielle Unterstützung benötigt, findet sich im unübersichtlichen und oft länderspezifischen Antragsdschungel der Pflegekassen nicht zurecht. Wie wollen Sie diese Situation verbessern und dafür sorgen, dass Anspruchsberechtigte schneller an ihre Leistungen kommen?

Kordula Schulz-Asche: Wir setzen uns dafür ein, dass die Pflegeversicherung näher an den Bedarfen und Bedürfnissen der Menschen ist und ihre Leistungen flexibler einsetzbar werden. Damit sich pflegebedürftige Menschen, aber auch ihre Helferinnen und Helfer besser im Pflege-Dschungel zurechtfinden, wollen wir ihnen kompetente Unterstützung ermöglichen. Mit einem Case-Management wollen wir zudem dafür sorgen, dass alle Menschen die Pflege bekommen, die sie brauchen. Durch dieses fachliche Fallmanagement soll eine individuelle, professionelle Beratung und Begleitung erfolgen.

Es gilt, neue Versorgungstrukturen in Dorf und Stadtteil zu schaffen, die sich mehr an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Um die Versorgung zu verbessern und die Akteure enger zu vernetzen, wollen wir das Potenzial der professionellen Pflege entfesseln. Dazu braucht es attraktive Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Einführung von Community Health Nursing. Viele Menschen haben gute Erinnerungen an die Gemeindeschwester, die früher auf dem Mofa von Dorf zu Dorf gefahren ist. Pflegefachkräfte müssen, wie das in vielen Ländern gang und gäbe ist, sich stärker in der Primärversorgung einbringen und versorgungssteuernde Aufgaben übernehmen können. Denn davon profitieren insbesondere auch Menschen, die auf Pflege angewiesen sind, und alle, die sich um sie kümmern.

Darüber hinaus wollen wir den Menschen den Rücken stärken, die sich vor Ort für eine bessere Versorgung einsetzen. Die Kommunen spielen eine Schlüsselrolle, um Menschen ein lebenswertes, gesundes Umfeld zu bieten. Sie verantworten zentrale Felder der Daseinsvorsorge. Deshalb sollen die Kommunen künftig eine stärkere Rolle dabei haben, Pflege zu planen, zu steuern und zu gestalten. Unser Reformpaket sieht vor, dass wir den Kommunen entsprechende finanzielle Freiräume schaffen. Gute Pflege darf keine Frage des Geldbeutels, des Familienstands oder des Wohnorts sein.

Erstelldatum: 1202.70.41|Zuletzt geändert: 1202.70.41
Interview

5 Fragen an Heike Baehrens (SPD)

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Heike Baehrens
Im Interview
Heike Baehrens
Mitglied des Deutschen Bundestages (SPD) und Pflegebeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion

Heike Baehrens ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. In der SPD-Bundesfraktion ist sie die Pflegebeauftragte und stellvertretende Sprecherin der AG-Gesundheit. Sie ist Vorsitzende des Unterausschusses für Globale Gesundheit. Bild © Susie Knoll

Im Interview-Format „5 Fragen an…“ stellt pflege.de Politikerinnen und Politikern drängende Fragen rund um die Pflege, die für die Bundestagswahl am 26. September 2021 wichtig sind. In diesem Interview steht die SPD-Bundestagsabgeordnete Rede und Antwort: 5 Fragen an Heike Baehrens.

pflege.de: Von der Stärkung der ambulanten Pflege wird viel gesprochen und geschrieben. Dennoch beklagen sich laut einer Umfrage von pflege.de über 90 Prozent der Befragten über eine nicht ausreichende Unterstützung seitens der Politik. Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie zur Entlastung und zur Unterstützung der pflegenden Angehörigen vor?

Heike Baehrens: Wir brauchen mehr wohnortnahe Beratung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. Die (Familien-)Pflegezeit muss weiterentwickelt werden, um die Pflege von Angehörigen mit Erwerbsarbeit besser vereinbaren zu können. Wir wollen 15 Monate Anspruch auf Lohnersatz bei einer Arbeitszeitreduzierung für jeden nahen Angehörigen ab Pflegegrad 2, auf mehrere Pflegepersonen aufteilbar bei einer Mindestarbeitszeit von 15 bis 20 Stunden. Um Familien zu ermöglichen, legale Angebote haushaltsnaher Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, wollen wir dies mit Haushaltsschecks fördern.

pflege.de: Die Entlastungsangebote sind vieler Orts nur theoretisch vorhanden. Oft haben Pflegebedürftige und ihre Familien Probleme einen Tagespflegeplatz oder einen Kurzzeitpflegeplatz zu bekommen. Was planen Sie, um hier Entlastung zu schaffen?

Heike Baehrens: Wir haben noch zu Ende der Legislaturperiode eine wichtige Weichenstellung für diese Angebote erreichen können: Die Kurzzeitpflege wird gestärkt, indem sie nun eine tragfähige Vergütung erhält. Nur so können Anbieter motiviert werden, entsprechende Einrichtungen und Plätze aufzubauen. Hier müssen aber auch Länder und Kommunen ihre Verantwortung annehmen und dort, wo es nötig ist, für Versorgungsangebote sorgen und die Investitionskosten übernehmen. Auch Tagespflege ist ein wichtiger Beitrag zur Entlastung – besonders für Angehörige von demenzkranken Pflegebedürftigen. Sie sollten weiter ausgebaut und von der Pflegeversicherung gefördert werden.

Weiter kämpfe ich dafür, dass Familien mit einem schwermehrfach behinderten Kind endlich mehr Entlastung durch die Pflegeversicherung bekommen, um Tagespflege und Kurzzeitpflege überhaupt in Anspruch nehmen zu können. Dazu war die CDU/CSU-Fraktion leider nicht bereit.
Heike Baehrens, Pflegebeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion

pflege.de: Planen Sie Erhöhungen beziehungsweise Veränderungen bei den finanziellen Pflegeleistungen? Wenn ja, welche?

Heike Baehrens: Als SPD setzen wir uns für eine Dynamisierung, also eine regelmäßige Erhöhung entsprechend der Kostenentwicklungen, für alle Pflegeleistungen ein, also auch für das Pflegegeld. Insgesamt wollen wir, dass niemand von den Pflegekosten überfordert wird. Und wer seine Arbeitszeit reduziert, um Angehörige zu pflegen, soll Lohnersatzleistungen erhalten, ähnlich wie bei der Elternzeit.

pflege.de: Die Pflegeleistungen wirken teilweise ungerecht. Ob zum Beispiel das niedrigere Pflegegeld im Vergleich zu den Sachleistungen oder der gleichbleibende Betrag für Verhinderungspflege bei steigenden Pflegegraden. Wie möchten Sie damit umgehen?

Heike Baehrens: Sachleistungen werden von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erbracht, die entsprechend qualifiziert sein müssen. Ebenso müssen die Pflegeanbieter die Qualitätsanforderungen von Kranken- und Pflegekassen erfüllen, deshalb ist es folgerichtig, dass die Vergütung dafür höher ist als Pflegegeld, das an die Pflegebedürftigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird.

Als SPD war es uns wichtig, dass die Leistungen der Tages- und Verhinderungspflege nicht gekürzt werden, wie in einem ursprünglichen Gesetzentwurf von Minister Spahn vorgesehen. Wir hingegen wollen diese für Angehörige so wichtigen Angebote weiter stärken. Innovative Ansätze in der ambulanten Pflege, der teilstationären Pflege und der Vernetzung sollen gefördert und evaluiert werden.

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen können am besten einschätzen, welche fachlichen Unterstützungsangebote ihnen helfen. Wir wollen ihnen mehr Gestaltungsmöglichkeiten geben, darum wollen wir Leistungsbeträge für Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege und den Entlastungsbetrag in einem Entlastungsbudget zusammenfassen.
Heike Baehrens, Pflegebeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen können die Mittel dann entsprechend ihren individuellen Bedürfnissen flexibel einsetzen.

pflege.de: Wer in die Pflegebedürftigkeit rutscht und finanzielle Unterstützung benötigt, findet sich im unübersichtlichen und oft länderspezifischen Antragsdschungel der Pflegekassen nicht zurecht. Wie wollen Sie diese Situation verbessern und dafür sorgen, dass Anspruchsberechtigte schneller an ihre Leistungen kommen?

Heike Baehrens: Bereits heute haben pflegende Angehörige Anspruch auf viele Unterstützungsleistungen. Aber durch die Vielfalt und die flexiblen Kombinationsmöglichkeiten bestehender Angebote entsteht genau dieser sprichwörtliche Pflegedschungel, der oft nur schwer zu überblicken ist.

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen brauchen eine unbürokratische, wohnortnahe Beratung aus einer Hand.
Heike Baehrens, Pflegebeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion

Beratungsangebote müssen von und in den Kommunen verbessert und gebündelt werden. Ergänzend zu den vorhandenen Pflegestützpunkten sollten Kommunale Pflegelotsen durch präventive Hausbesuche und aufsuchende Beratung Betroffene vor Ort unterstützen. Wo es keine oder zu wenige Pflegestützpunkte gibt, müssen sie ausgebaut und etabliert werden.

Erstelldatum: 1202.70.41|Zuletzt geändert: 1202.70.41
Interview

5 Fragen an Pia Zimmermann (Die Linke)

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Pia Zimmermann
Im Interview
Pia Zimmermann
Mitglied des Deutschen Bundestages (Die Linke)

Pia Zimmermann ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. In der Linken Bundestagsfraktion ist sie ordentliches Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur. Bild © Maik Brückner

Im Interview-Format „5 Fragen an…“ stellt pflege.de Politikerinnen und Politikern drängende Fragen rund um die Pflege, die für die Bundestagswahl am 26. September 2021 wichtig sind. In diesem Interview steht die Linke-Bundestagsabgeordnete Rede und Antwort: 5 Fragen an Pia Zimmermann.

pflege.de: Von der Stärkung der ambulanten Pflege wird viel gesprochen und geschrieben. Dennoch beklagen sich laut einer Umfrage von pflege.de über 90 Prozent der Befragten über eine nicht ausreichende Unterstützung seitens der Politik. Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie zur Entlastung der pflegenden Angehörigen vor?

Pia Zimmermann: Ob Menschen mit Pflegebedarf und ihre sie pflegenden Angehörigen Entlastungsangebote in Anspruch nehmen (können), darf keine Frage der finanziellen Möglichkeiten sein.

Wir brauchen sowohl erreichbare also wohnortnahe Angebote für Kurzzeit-, Tages- und Verhinderungspflege als auch andere Formen der Entlastung für pflegende Familien und dies unbürokratisch zugänglich.
Pia Zimmermann, Mitglied des Deutschen Bundestages (Die Linke)

 

Diese müssen mittels einer Solidarischen Pflegevollversicherung ausreichend finanziert sein. Pflegende Familien müssten so endlich keine Zuzahlungen und Eigenanteile für pflegebedingte Leistungen erbringen. Die Pflegeversicherung darf keine Teilleistungsversicherung mehr sein, da die finanzielle Belastung zusätzlich zu einem Pflegebedarf nicht nur moralisch, sondern auch politisch und gesellschaftlich falsch ist.

Wenn die bestehenden Angebote wegen der ausreichenden Finanzierung noch ausgebaut und die Leistungen zusammengeführt werden, können Menschen mit Pflegebedarf gemeinsam mit ihren Angehörigen entscheiden, welche Angebote sie brauchen und in Anspruch nehmen wollen. Das sichert Autonomie und Individualität.

pflege.de: Die Entlastungsangebote sind vieler Orts nur theoretisch vorhanden. Oft haben Pflegebedürftige und ihre Familien Probleme einen Tagespflegeplatz oder einen Kurzzeitpflegeplatz zu bekommen. Was planen Sie, um hier Entlastung zu schaffen?

Pia Zimmermann: Pflege und Gesundheit sind keine Renditenbringer, sondern müssen wieder Teil der selbstverständlichen öffentlichen Infrastruktur sein. Damit eine wohnortnahe und bedarfsgerechte Versorgung von Menschen mit Pflegebedarf möglich ist, ist es notwendig, dass mehr Pflegeangebote entstehen, die nichtkommerziell und unter demokratischer Kontrolle sind, beziehungsweise, dass bestehende Angebote kommunalisiert werden. Bund und Länder müssen hier in die Pflicht genommen werden und ihren Investitionsverpflichtungen auch nachkommen. In den Kommunen wiederum ist eine Pflegebedarfsplanung nötig, damit diese Infrastruktur auch absehbar ausreichend geschaffen wird.

pflege.de: Planen Sie Erhöhungen beziehungsweise Veränderungen bei den finanziellen Pflegeleistungen? Wenn ja, welche?

Pia Zimmermann: Die Leistungen für Menschen mit Pflegebedarf und ihre sie pflegenden Angehörigen müssen dringend angehoben werden und ihre Nutzung muss unbürokratischer werden.

Es darf nicht sein, dass die Nutzung einer Leistung Einschnitte in anderen Bereichen nach sich zieht.
Pia Zimmermann, Mitglied des Deutschen Bundestages (Die Linke)

Deshalb ist es zum einen überfällig, dass Leistungsbeträge der Tages- und Kurzzeitpflege in ein freiverfügbares Budget zur Finanzierung häuslicher Pflege überführt werden, ohne Anrechnung auf andere Leistungsansprüche. Die Leistungssätze in der stationären und ambulanten Pflege, für die Verhinderungs-, Tages- und Kurzzeitpflege sowie das häusliche Pflegegeld müssen in allen Pflegegraden gemäß der Entwicklung der Löhne in den vergangenen Jahren angehoben werden.

Diese Anpassung gemäß der Lohnentwicklung darf sich in Zukunft nicht wieder verzögern oder ausgesetzt werden, sondern es muss festgeschrieben werden, dass eine Dynamisierung zukünftig jährlich vorgenommen werden wird. Denn solche Entscheidungen dürfen nicht nach Gusto oder Kassenlage getroffen werden, denn die Familien, in denen es einen Pflegebedarf gibt, brauchen Planungssicherheit. Eine Solidarische Pflegevollversicherung, in die alle gemäß ihres Einkommens einzahlen, auch Spitzenverdiener*innen und Vermögende, schafft dafür die notwendige solide Basis auf der Einnahmenseite.

pflege.de: Die Pflegeleistungen wirken teilweise ungerecht. Ob zum Beispiel das niedrigere Pflegegeld im Vergleich zu den Sachleistungen oder der gleichbleibende Betrag für Verhinderungspflege bei steigenden Pflegegraden. Wie möchten Sie damit umgehen?

Pia Zimmermann: Diese Unterschiede wirken nicht nur ungerecht, sie sind es ganz elementar. Und sie bewirken, dass Menschen vielleicht nicht die Art der Pflege in Anspruch nehmen, die sie brauchen oder wollen, sondern die Art der Pflege, die sie sich leisten können. Das Entlastungsbudget, das die bisherige Regierungskoalition in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, aber nie umgesetzt hat, wäre ein Schritt in die richtige Richtung gewesen: Ein Budget, das Menschen mit Pflegebedarf und ihre Angehörigen unbürokratisch passgenau einsetzen können. Das muss nun dringend umgesetzt und noch erweitert werden.

Unsere Solidarische Pflegevollversicherung sorgt außerdem für mehr Ausgleich: Sie deckt alle pflegerischen Leistungen ab. Menschen mit Pflegebedarf und ihre Familien müssen keinen Eigenanteil zahlen. Keine Pflegeleistung darf aus Kostengründen verweigert werden.
Pia Zimmermann, Mitglied des Deutschen Bundestages (Die Linke)

pflege.de: Wer in die Pflegebedürftigkeit rutscht und finanzielle Unterstützung benötigt, findet sich im unübersichtlichen und oft länderspezifischen Antragsdschungel der Pflegekassen nicht zurecht. Wie wollen Sie diese Situation verbessern und dafür sorgen, dass Anspruchsberechtigte schneller an ihre Leistungen kommen?

Pia Zimmermann: Zum einen wollen wir die Beratungsangebote für Menschen mit Pflegebedarf deutlich verbessern. Das kann aber nur ein Zwischenschritt sein, da eine bessere Beratung allein die Zugänglichkeit und Barrierefreiheit von Angeboten noch nicht sichert. Der wichtigste Baustein ist die Übernahme aller pflegebedingten Kosten in unserem Konzept einer Solidarischen Pflegevollversicherung. Wenn die Einnahmenseite der Pflegeversicherung entsprechend verbessert wird, indem zum Beispiel nicht mehr nur auf Lohnarbeit Beiträge erhoben werden, sondern auch auf Einkommen aus Renditen oder Mieten, können alle pflegebedingten Kosten übernommen werden und das Pflegeangebot deutlich erweitert werden. Das führt dazu, dass Pflegebedarf nicht mehr länger ein individuelles Armutsrisiko darstellt, sondern endlich als gesellschaftliche Aufgabe angegangen wird.

Erstelldatum: 1202.70.41|Zuletzt geändert: 1202.70.41
Interview

5 Fragen an Nicole Westig (FDP)

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Nicole Westig
Im Interview
Nicole Westig
Mitglied des Deutschen Bundestages (FDP) und pflegepolitische Sprecherin

Nicole Westig ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. In der FDP-Bundestagsfraktion fungiert sie als pflegepolitische Sprecherin. Sie ist unter anderem Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Familie, Frauen, Jugend und Senioren.

Im Interview-Format „5 Fragen an…“ stellt pflege.de Politikerinnen und Politikern drängende Fragen rund um die Pflege, die für die Bundestagswahl am 26. September 2021 wichtig sind. In diesem Interview steht die FDP-Bundestagsabgeordnete Rede und Antwort: 5 Fragen an Nicole Westig.

pflege.de: Von der Stärkung der ambulanten Pflege wird viel gesprochen und geschrieben. Dennoch beklagen sich laut einer Umfrage von pflege.de über 90 Prozent der Befragten über eine nicht ausreichende Unterstützung seitens der Politik. Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie zur Entlastung der pflegenden Angehörigen vor?

Nicole Westig: Rund drei Viertel aller Menschen mit Pflegebedarf werden im häuslichen Umfeld meistens von Angehörigen versorgt. Pflegende Angehörige gelten von daher als „größter Pflegedienst“ in unserem Land. Aufgrund der demografischen Entwicklung und des akuten Fachkräftemangels in der professionellen Pflege werden wir künftig sogar noch mehr als bisher auf diese Form der Betreuung angewiesen sein. Gleichzeitig entspricht die häusliche Pflege dem Wunsch vieler Betroffener. Doch pflegende Angehörige benötigen dringend mehr Entlastung und Unterstützung. Dafür gilt es, niedrigschwellige Beratungsangebote zu stärken und die Kurzzeitpflege und Tagespflege zu verbessern. Wir Freie Demokraten fordern deshalb in unserem Bundestagswahlprogramm den Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen, die zudem über ein Online-Register einsehbar sein sollen. Außerdem kann in allen Bereichen der häuslichen Versorgung mit digitalen Anwendungen und Telepflege eine Entlastung geschaffen werden. Insbesondere Angehörigen von Menschen mit Demenz kann die Pflege so erleichtert werden.

Daneben braucht es mehr Angebote zur Prävention und solche, die der Überlastung der pflegenden Angehörigen frühzeitig entgegenwirken. Dass beispielsweise Mutter-Vater-Kind-Kuren auch pflegende Angehörige in Anspruch nehmen können, ist der breiten Bevölkerung noch nicht ausreichend bekannt. Reha-Kliniken, die dieses anbieten, müssen gefördert werden.

Eine Deckelung des Entlastungsbudgets – wie vom Gesundheitsministerium vorübergehend vorgesehen – lehnen wir Freie Demokraten ab. Denn gerade die stundenweise Inanspruchnahme ermöglicht den pflegenden Angehörigen eigene Arztbesuche, den Friseurtermin oder einfach eine kurze Verschnaufpause. Diese Entlastungsmöglichkeit darf nicht eingeschränkt, sondern muss künftig eher noch gestärkt werden.

pflege.de: Die Entlastungsangebote sind vieler Orts nur theoretisch vorhanden. Oft haben Pflegebedürftige und ihre Familien Probleme einen Tagespflegeplatz oder einen Kurzzeitpflegeplatz zu bekommen. Was planen Sie, um hier Entlastung zu schaffen?

Nicole Westig: Der Ausbau von Entlastungsangeboten muss dringend vorangetrieben werden. Wir setzen uns für die Schaffung von mehr Kurzzeitpflegeplätzen ein. In diesem Zusammenhang gilt es, für mehr Wirtschaftlichkeit und einen konsequenten Bürokratieabbau zu sorgen, denn die Besetzung von Kurzzeitpflegeplätzen ist oftmals mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden und rechnet sich nicht. Vor dem Hintergrund des akuten Personalmangels in der Pflege eignet sich jedoch gerade die Tagespflege mit ihren gesicherten Dienstzeiten dafür, Pflegekräfte zurückzugewinnen, die ihrem Beruf den Rücken gekehrt hatten. Diese Chance gilt es zu nutzen.

pflege.de: Planen Sie Erhöhungen beziehungsweise Veränderungen bei den finanziellen Pflegeleistungen? Wenn ja, welche?

Wir wollen ein Liberales Pflegebudget umsetzen, das alle Leistungen zusammenfasst und eine flexible Nutzung dieser Gelder nach dem individuellen Bedarf ermöglicht. Damit dies gelingen kann, muss es mit einem Case-Management und einer unabhängigen Patientenberatung verknüpft werden.
Nicole Westig, Bundestagsabgeordnete (FDP)

Nicole Westig: Die Dynamisierung der Leistungen muss in Zukunft regelmäßig erfolgen und darf sich dabei nicht nur an der Inflationsrate orientieren, sondern die reelle Kostenentwicklung in der Pflege berücksichtigen. Leistungsausweitungen der Pflegeversicherung halten wir angesichts der schwindenden Generationengerechtigkeit für nicht finanzierbar. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird eine alleinige Finanzierung nach dem Umlageverfahren bereits mit den heutigen Leistungen nicht länger möglich sein. Wir halten daher weiter an der Eigenverantwortung fest und treten für den Aufbau einer zusätzlichen staatlich geförderten kapitalgedeckten Säule, bestehend aus privater und betrieblicher Pflegezusatzvorsorge, ein. Wir müssen ehrlich sagen, dass die Pflegeversicherung nur einen Teil der Kosten abdeckt und daher eine zusätzliche Vorsorge notwendig ist.

pflege.de: Die Pflegeleistungen wirken teilweise ungerecht. Ob zum Beispiel das niedrigere Pflegegeld im Vergleich zu den Sachleistungen oder der gleichbleibende Betrag für Verhinderungspflege bei steigenden Pflegegraden. Wie möchten Sie damit umgehen?

Nicole Westig: Es stimmt: Der monetäre Unterschied zwischen Pflegegeld und Sachleistungen ist nicht unerheblich. Doch dort, wo Sachleistungen abgerechnet werden, müssen die Pflegeanbieter auch Lohnkosten und Sozialabgaben für entsprechend qualifiziertes Personal finanzieren. Hinzu kommen Kosten der Pflegeanbieter für Fahrzeuge und sonstige Betriebsmittel. Es ist daher folgerichtig, dass der Betrag für Sachleistungen höher ausfällt.

Die Verhinderungspflege gilt es tatsächlich stärker am Pflegeaufwand auszurichten. Mittel hierfür könnten durch eine Staffelung der Leistungsbeträge nach Pflegegrad zur Verfügung gestellt werden.
Nicole Westig, Bundestagsabgeordnete (FDP)

pflege.de: Wer in die Pflegebedürftigkeit rutscht und finanzielle Unterstützung benötigt, findet sich im unübersichtlichen und oft länderspezifischen Antragsdschungel der Pflegekassen nicht zurecht. Wie wollen Sie diese Situation verbessern und dafür sorgen, dass Anspruchsberechtigte schneller an ihre Leistungen kommen?

Nicole Westig: Zunächst müssen die Sozialgesetzbücher schlanker und übersichtlicher gestaltet werden, damit jeder Mensch sich selbst einen Überblick über die ihm zustehenden Leistungen verschaffen kann.

Zusätzlich müssen wir die Prozesse bei den Pflegeversicherungen verschlanken und digitalisieren, um so lange Wartezeiten und endlose Papierberge zu vermeiden. Weniger Bürokratie heißt auch schnellere Entscheidungen.
Nicole Westig, Bundestagsabgeordnete (FDP)

Diese Maßnahmen helfen also auch, Menschen schneller Zugang zu den entsprechenden Leistungen zu verschaffen.

Gleichzeitig wollen wir die Pflegeberatung deutlich stärken, ausbauen und um mehr aufsuchende Angebote erweitern. Die Pflegeberatung soll die Familien im Rahmen eines Fallmanagements konkret und neutral über ihre Möglichkeiten informieren, pflegefachlich den Bedarf einschätzen und sie beratend begleiten. So schaffen wir eine bedarfsgerechte Versorgung, die die sehr individuellen Lebensumstände des Einzelnen und deren Veränderungen berücksichtigt. Pflegebedürftigkeit ist ein Prozess, der professionell begleitet und immer wieder dem aktuellen Bedarf angepasst werden muss. Nur so sichern wir die Selbstbestimmung und gute Versorgung in allen Lebenslagen.

Erstelldatum: 1202.80.42|Zuletzt geändert: 1202.80.42
News

Pflegerückblick: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit? Wahlversprechen der Regierungsparteien von 2017

Martina Rosenberg
 
Martina Rosenberg
Pflegeexpertin & Autorin

Die Pflegeexpertin, Journalistin und Autorin Martina Rosenberg erreichte mit ihrem SPIEGEL-Bestseller „Mutter, wann stirbst du endlich?“ eine hohe mediale Aufmerksamkeit. In Medienauftritten, Lesungen und Vorträgen vertritt sie die Interessen von pflegenden Angehörigen. Sie selbst pflegte jahrelang ihre Eltern und weiß, wie herausfordernd das Vereinbaren von Familie, Beruf und Pflege ist.

Ihre früheren Tätigkeiten als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Pressesprecherin in Sozialverbänden geben ihr einen tiefen Einblick in die ambulante und stationäre Versorgung in der Altenpflege.

Im Wahlkampf 2017 erfuhr das Thema Pflege eine besondere mediale Aufmerksamkeit. In der Wahlarena kurz vor der Bundestagswahl konfrontierte ein damaliger Auszubildender, Alexander Jorde, Angela Merkel mit den Missständen in der Pflege. Aber nicht nur die professionelle Pflege war unzufrieden. Durch die steigende Anzahl der pflegenden Angehörigen und Pflegebedürftigen stiegen auch die Erwartungshaltungen. In einer Umfrage der Stiftung „Zentrum für Qualität in der Pflege“ im Jahr 2017 zeigte sich, dass 43 Prozent der Befragten das Thema Pflege für sehr wichtig für ihre Wahlentscheidung hielten. Damals waren über die Hälfte der Wahlberechtigten über 50 Jahre alt.(#*magazine_610b8bd1ef1f7*#)

pflege.de hat sich die Wahlversprechen der Regierungsparteien aus dem Wahlkampf von 2017 angesehen und überprüft, was letztendlich daraus geworden ist. Denn aus einem Wahlversprechen wird ein Regierungsprogramm, mit dem die jeweilige Partei in die Koalitionsverhandlungen geht. Nicht alle geforderten Themen finden sich später im Koalitionsvertrag wieder.

Rückblick Wahlprogramme

Die Wahlversprechen der CDU/CSU

Im Regierungsprogramm 2017 waren bei CDU/CSU vier große Themen zu finden: die Stärkung der pflegenden Angehörigen, der Fachkräftemangel, der Elternunterhalt und die Reha-Maßnahmen unter anderem für pflegende Angehörige. Was hat es mit den Wahlversprechen auf sich und wie wurden sie umgesetzt?

Umsetzung der Wahlversprechen der CDU/CSU, © pflege.de

Wahlversprechen 1: Pflegende Angehörige besser unterstützen

Mit einer umfassenden Reform der Pflegeversicherung haben wir Demenzkranken endlich einen gleichberechtigten Zugang zu allen Leistungen eröffnet und verstärken insbesondere die Unterstützung am Beginn einer Pflegebedürftigkeit. Dadurch fördern wir die pflegenden Angehörigen. Diesen Weg gehen wir weiter.(#*magazine_610b8bd201308*#)
Regierungsprogramm CDU/CSU

Konkrete Hinweise, wie sich die Partei eine Stärkung der pflegenden Angehörigen vorstellt, geht aus dem folgenden Absatz nicht hervor. Doch was war mit der Aussage gemeint? Was wurde vor 2017 auf den Weg gebracht? Mit dem Inkrafttreten des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) zum 01.01.2016 ist die Definition der Pflegebedürftigkeit überarbeitet worden. Ab diesem Tag galten auch dementiell erkrankte Menschen als pflegebedürftig und haben nunmehr Anspruch auf Leistungen aus der Pflegekasse. Unklar ist, wie dieser Weg weitergegangen werden sollte. Die ursprünglich geplante Pflegereform, die von Jens Spahn im Oktober 2020 vorgestellt wurde und zum 01.07.2021 in Kraft treten sollte, wurde weitestgehend verworfen. Stattdessen gab es nur kleine Verbesserungen wie die Erhöhung der Pflegesachleistung um fünf Prozent und eine Erhöhung der Leistungen um zehn Prozent für die Kurzzeitpflege, allerdings erst ab 01.01.2022.(#*magazine_610b8bd205731*#)

Ratgeber
Entlastungsbetrag: 125 Euro für zusätzliche Unterstützung

Wahlversprechen 2: Fachkräftemangel entgegenwirken

Mit der Aktion „Konzertierte Pflege“ plante die CDU/CSU, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Es stand bereits im Regierungsprogramm der CDU/CSU und wurde später auch in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium, Bundesarbeitsministerium und dem Bundesgesundheitsministerium wurde es in den letzten Jahren umgesetzt. Viel wurde dabei erreicht. Inhalte sind Tarifverträge, bedarfsorientierte Personalschlüssel und die Anwerbung von ausländischen Pflegekräften. Insgesamt wurden vier Schwerpunkte festgelegt, zu denen jeweils eine Arbeitsgruppe erstellt wurde.

Mit dem Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (PpSG – Pflegepersonal-Stärkungs-Gesetz) vom 11. Dezember 2018, sind viele wichtige Punkte aufgenommen worden. Da wären zum Beispiel zusätzliche Mittel für die Finanzierung der Tariferhöhungen für das Pflegepersonal. Zudem erhalten Einrichtungen, gestaffelt nach Anzahl der Bewohner, eine halbe bis zwei Pflegestellen mehr. Die Finanzierung soll damit erleichtert werden. Übriges geht die Finanzierung der zusätzlichen Pflegekräfte nicht zu Lasten der Bewohner, sondern wird über einen Ausgleichsfonds der Pflegeversicherungen getragen.(#*magazine_610b8bd20b91f*#)

Im November 2020 wurde ein Bericht von Jens Spahn und Franziska Giffey veröffentlicht, in dem nachzulesen ist, was rückblickend auf den Weg gebracht wurde.(#*magazine_610b8bd21111a*#)

Wahlversprechen 3: Reha-Maßnahmen erleichtern

Wir wollen die Möglichkeiten der Rehabilitation zur Erhaltung der Selbstständigkeit stärker nutzen, entsprechende Angebote ausbauen und die Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger in diesem Bereich verbessern.
Regierungsprogramm CDU/CSU

Auch in Sachen Rehabilitation und der Erhaltung der Selbstständigkeit wurde im September 2020 ein Gesetz gebilligt, das unter anderem einen schnelleren und einfacheren Zugang zu Reha-Maßnahmen ermöglichen soll. Wer Anspruch auf eine entsprechende Reha-Maßnahme hat, kann sich seitdem auch für eine andere als die von der Krankenkasse zugewiesene Einrichtung entscheiden und muss nur noch die Hälfte der Mehrkosten selbst tragen. Gleichzeitig wurde damit auch der Zugang zur geriatrischen Rehabilitation erleichtert, indem eine vom Vertragsarzt verordnete Maßnahme nicht mehr von der Krankenkasse auf medizinische Notwendigkeit überprüft werden muss.(#*magazine_610b8bd219fc2*#)

Wahlversprechen 4: Elternunterhalt neugestalten

Kinder pflegebedürftiger Eltern und sonstiger Angehöriger, zu deren Unterhalt sie verpflichtet sind, wollen wir besser vor einer Überforderung schützen. Ein Rückgriff auf Kinder soll erst ab einem Einkommen von 100.000 Euro erfolgen.
Regierungsprogramm CDU/CSU

Hier geht es um den Elternunterhalt. Ein Thema, das Kinder von pflegebedürftigen Eltern betrifft, bei denen das Geld für die Pflege nicht mehr ausreicht. Das Wahlversprechen wurde im Koalitionsvertrag aufgenommen. Zum 01.01.2020 trat das Angehörigen-Entlastungsgesetz in Kraft. Die Einkommensgrenze wurde nach oben angepasst. Was bedeutet, dass Kinder von pflegebedürftigen Eltern erst ab einem Jahreseinkommen von über 100.000 Euro brutto zum Unterhalt verpflichtet sind.(#*magazine_610b8bd233557*#)

Ratgeber
Elternunterhalt » Wann Kinder zahlen müssen

Die Wahlversprechen der SPD

Insgesamt vier Kernthemen standen im Regierungsprogramm der SPD, mit denen sie in die Koalitionsverhandlung zog. Themen, die schon damals so aktuell wie heute sind: die 24-h-Pflege, der Ausbau von Beratungsstützpunkten sowie die Einführung einer Familienarbeitszeit für Pflegende ebenso wie die Bürgerversicherung in der Pflege. Weder die Bürgerversicherung noch die 24-h-Pflege oder die Familienarbeitszeit wurden in den Koalitionsvertrag aufgenommen.(#*magazine_610b8bd2505dc*#)

Umsetzung der Wahlversprechen der SPD, © pflege.de

Wahlversprechen 1: 24-h-Pflege und Betreuung im Haushalt

Eine besondere Herausforderung stellen Arbeitsverhältnisse dar, in denen eine 24 Stunden-Pflege und -Betreuung im Haushalt realisiert wird. Hier wollen wir Alternativen entwickeln. Die bereits bestehende staatliche Unterstützung werden wir auf dieses Ziel hin ausrichten. Uns ist wichtig, dass staatliche Förderung an die soziale Absicherung der Beschäftigten gekoppelt ist.
Regierungsprogramm SPD

Dieses Wahlversprechen fand keinen Platz im Koalitionsvertrag und konnte von der SPD nicht durchgesetzt werden. Warum die SPD es nicht geschafft hat, das so drängende Thema in den letzten Jahren anzugehen, kann sich auch Frederic Seebohm nicht erklären. Er ist Geschäftsführer des Verbands für häusliche Betreuung und Pflege e.V. (VHBP) und Anwalt. In einem Interview mit pflege.de kritisiert er, dass gerade die SPD durch die Besetzung des Arbeitsministeriums in den letzten vier Jahren durchaus die Chance gehabt hätte, eine Änderung zu bewirken.

Die sogenannte 24-Stunden-Pflege findet meist durch osteuropäische Betreuungskräfte statt und die gesetzliche Grauzone wurde von Politik erst wieder durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes im Juni 2021 öffentlich wahrgenommen.(#*magazine_610b8bd269603*#) Es klagte eine rumänische Betreuungskraft, die mehr als die bezahlten Stunden in Bereitschaft war und dafür den Mindestlohn einforderte. Das Bundesarbeitsgericht gab der Klägerin Recht und bestätigte, dass Bereitschaftszeit als Arbeitszeit gilt und für diese Zeit der Mindestlohn angesetzt werden muss.

Ratgeber
24-Stunden-Pflege und Betreuung: Vorteile & Kosten

Wahlversprechen 2: Pflegebürgerversicherung für alle

Auch in der Pflege soll es die Bürgerversicherung geben. Wir wollen Bürgerinnen und Bürger besser gegen Pflegerisiken absichern.
Regierungsprogramm SPD

Mit der Pflegebürgerversicherung für alle wollte die SPD die Menschen besser gegen Pflegerisiken absichern. Geplant ist die Zusammenlegung der privaten und gesetzlichen Pflegeversicherung. Die neue Form der Pflegebürgerversicherung soll dafür sorgen, dass die Menschen in einem Pflegefall vollumfänglich versichert sind. Diesen Punkt nimmt die SPD in ihrem aktuellen Wahlprogramm wieder auf und plant die Pflegevollversicherung. In den Koalitionsvertrag von 2017 hat es dieser Punkt nicht geschafft. Die Union lehnt eine Bürgerversicherung strikt ab.

Wahlversprechen 3: Familienarbeitszeit für Pflegende

Wir führen die Familienarbeitszeit für Pflegende ein. So ermöglichen wir Menschen, die Familienmitglieder pflegen, eine Freistellung von der Arbeit mit Lohnersatzleistung: Pflegende Angehörige können ihre Arbeitszeit für bis zu drei Monate ganz oder zum Teil reduzieren und erhalten in dieser Zeit eine Lohnersatzleistung, die sich in Höhe und Umfang am Elterngeld orientiert.
Regierungsprogramm SPD

Die Familienarbeitszeit ist ein Wunsch, den viele pflegende Angehörige gehabt hätten. Denn laut einer Umfrage der Stiftung ZQP zur Vereinbarkeit Pflege und Beruf im November 2015, meinten 73 Prozent der Befragten, dass sie elterngeldähnliche Leistung entlasten würden. Das würde auch die Bereitschaft zur Pflege erheblich fördern.(#*magazine_610b8bd2803dd*#) Doch diesen Punkt konnte die SPD nicht durchsetzen und so gab es auch keine Familienarbeitszeit für Pflegende in der letzten Regierungsperiode.

Wahlversprechen 4: Wohnortnahe Anlaufstellen – Pflegestützpunkte

Um die Menschen mit Pflegebedarf und deren Angehörige eine bessere Unterstützung bei der Organisation der Pflege zukommen zu lassen, sollen Pflegestützpunkte wohnortnah ausgebaut werden. Ein Punkt, den die SPD in den Koalitionsvertrag einbringen konnte. Die Versorgung vor Ort sollte damit verbessert und pflegende Angehörige besser unterstützt werden.

Dafür fördern wir den präventiven Hausbesuch durch Mittel des Präventionsgesetzes. Kommunen sollen mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten bei der Ausrichtung der pflegerischen Versorgungsangebote vor Ort im Rahmen der Versorgungsverträge erhalten.

Nach wie vor gibt es zu wenig Pflegestützpunkte in Deutschland. Das geht aus einer Studie des IGES Institutes hervor, die im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit durchgeführt und im April 2019 veröffentlicht wurde. Tatsächlich gibt es bundesweit nur 450 solcher Anlaufstellen. Pflegestützpunkte sollen Akteure vor Ort vernetzen, pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige beraten und über regionale Hilfsangebote informieren. Doch die Ausgestaltung der Aufgaben scheinen nicht überall gleich zu sein. Als Defizit wird auch die Netzwerkarbeit genannt, die vielerorts nicht stattfindet. Als Grund dafür wird der Personalmangel angegeben.(#*magazine_610b8bd293343*#)

Wie ging es nach der Wahl weiter?

Vertreter beider Parteien zogen mit ihrem Regierungsprogramm in die Koalitionsverhandlungen. Sie verhandelten die Inhalte für den Koalitionsvertrag und setzten sich zum Ziel, sie in der Legislaturperiode 2017 bis 2021 umzusetzen. Welche Wahlversprechen in Bezug auf die Pflege es bis in den Koalitionsvertrag geschafft haben, welche unvorhergesehenen Punkte aufgenommen wurden und was letztendlich davon umgesetzt wurde, lesen Sie in unserem Beitrag „Der Koalitionsvertrag und die Pflege 2017“.

Erstelldatum: 1202.80.9|Zuletzt geändert: 1202.80.02
(1)
Bundeswahlleiter (2017): Bundestagswahl 2017: 61,5 Millionen Wahlberechtigte
www.bundeswahlleiter.de/info/presse/mitteilungen/bundestagswahl-2017/01_17_wahlberechtigte.html) (letzter Abruf am 30.07.2021)
(2)
Archiv CDU (2017): Regierungsprogramm 2017 – 2021
https://archiv.cdu.de/system/tdf/media/dokumente/170703regierungsprogramm2017.pdf?file=1 (letzter Abruf am 28.07.2021)
(3)
Gesundheitspolitische Nachrichten der Barmer (2021) Berlin kompakt
www.barmer.de/blob/314824/bb07acb54fbd0fe52ec4121f8471ef36/data/barmer-berlin-kompakt-nr--7-2021.pdf (letzter Abruf am 30.07.2021)
(4)
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) (2021): Sofortprogramm Pflege
www.bundesgesundheitsministerium.de/sofortprogramm-pflege.html (letzter Abruf am 30.07.2021)
(5)
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) (2021): Konzertierte Aktion Pflege
www.bundesgesundheitsministerium.de/konzertierte-aktion-pflege.html (letzter Abruf am 30.07.2021)
(6)
Die Bundesregierung (2020): Neue Regelungen für Intensivpflege und medizinische Rehabilitation
www.bundesregierung.de/breg-de/suche/intensivpflege-verbessern-1721194 (letzter Abruf am 02.08.2021)
(7)
Die Bundesregierung (2020): Unterhaltszahlungen
www.bundesregierung.de/breg-de/suche/pflege-entlastung-familien-1658396 (letzter Abruf am 30.07.2021)
(8)
Archiv SPD (2017): Regierungsprogramm 2017-2021
www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Bundesparteitag_2017/Es_ist_Zeit_fuer_mehr_Gerechtigkeit-Unser_Regierungsprogramm.pdf (letzter Abruf am 28.07.2021)
(9)
Tagesthemen (2021): Mindestlohn für ausländische Pflegekräfte
www.tagesschau.de/inland/bag-zu-mindestlohn-auslaendische-pflege-101.html (letzter Abruf am 30.07.2021)
(10)
Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP): Umfrage: „Elterngeld“ für pflegende Angehörige
www.zqp.de/wp-content/uploads/ZQP_Umfrage_Elterngeld_fuer_pflegende_Angehoerige.pdf (letzter Abruf am 30.07.2021)
(11)
IGES Institut (2019): Studie zu Pflegestützpunkte
www.iges.com/themen/pflege/pflegestuetzpunkte/index_ger.html (letzter Abruf am 30.07.2021)
News

Der Koalitionsvertrag von 2017: Die gemeinsamen Ziele der CDU/CSU und SPD in Sachen Pflege

Martina Rosenberg
 
Martina Rosenberg
Pflegeexpertin & Autorin

Die Pflegeexpertin, Journalistin und Autorin Martina Rosenberg erreichte mit ihrem SPIEGEL-Bestseller „Mutter, wann stirbst du endlich?“ eine hohe mediale Aufmerksamkeit. In Medienauftritten, Lesungen und Vorträgen vertritt sie die Interessen von pflegenden Angehörigen. Sie selbst pflegte jahrelang ihre Eltern und weiß, wie herausfordernd das Vereinbaren von Familie, Beruf und Pflege ist.

Ihre früheren Tätigkeiten als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Pressesprecherin in Sozialverbänden geben ihr einen tiefen Einblick in die ambulante und stationäre Versorgung in der Altenpflege.

Wahlversprechen können und werden oft nicht oder nur teilweise umgesetzt. In unserem Beitrag Pflegerückblick Wahlversprechen haben wir detailliert gezeigt, was versprochen wurde und welche Themen umgesetzt wurden. Was daraus geworden ist, zeigt pflege.de in diesem Artikel, in dem wir die Pflegethemen im Koalitionsvertrag beleuchten.

Koalitionsvertrag 2017 Pflege

Einen Koalitionsvertrag zu schließen, bedeutet gleichzeitig auch immer für alle beteiligten Parteien, Kompromisse einzugehen und gemeinsam Ziele für die kommende Legislaturperiode festzulegen. Dass dies nicht immer klappt, konnte man bei den Verhandlungen mit der FDP im Jahr 2017 beobachten. Die Parteien konnten sich nicht einigen und so stiegen die Freien Demokraten aus den Verhandlungen aus. CDU/CSU und SPD konnten sich allerdings im März 2018 schon auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag einigen. (#*magazine_6110f7b50c00b*#) Zum Thema Pflege wurden folgende Punkte aufgenommen:

  • Reform der Pflegeversicherung / Entlastungsbudget
  • Verbesserung der Reha-Leistungen
  • Elternunterhalt neugestalten
  • Fachkräftemangel entgegenwirken
  • Verbesserung der medizinischen Leistung in Pflegeeinrichtungen
  • Pflegeversicherung verbessern
  • Stärkung der Versorgung vor Ort / Pflegestützpunkte
  • Verbesserung in der Kurzzeitpflege

Im Laufe der Legislaturperiode sind situationsbedingt einige neue Themen hinzugekommen, die nicht im Regierungsprogramm der Parteien zu finden sind. Dazu gehören beispielsweise die Verbesserung der medizinischen Leistung in Pflegeeinrichtungen, das Landespflegegeld in Bayern, die Neuregelung der Intensivpflege sowie diverse kurzfristige Corona-Maßnahmen. Da sie nicht im Koalitionsvertrag stehen, wurden sie auch nicht in der pflege.de-Übersicht aufgenommen. Dennoch werden sie in diesem Beitrag erwähnt.

Vom Wahlversprechen zur Umsetzung

Vom Wahlversprechen zur Umsetzung, © pflege.de

Was wurde aus den Themen, die sich die Regierung 2017 vorgenommen hat?

pflege.de hat alle wichtigen Änderungen zusammengetragen, die im Koalitionsvertrag niedergeschriebenen sind und sich den pflegepolitischen Forderungen zuordnen lassen.

Regierungsziel: Verbesserung der Pflegeversicherung

Anstelle der Pflegevollversicherung, die sich die SPD gewünscht hätte, wurde dieser Absatz zur Pflegeversicherung im Koalitionsvertrag aufgenommen.

Wir werden die Gesundheits- und Pflegeversicherung, die Alterssicherung und die Unterstützung bei Arbeitslosigkeit weiter verbessern und an veränderte Rahmenbedingungen anpassen, damit die Bürgerinnen und Bürger auch in Zukunft verlässlich abgesichert sind.
Koalitionsvertrag CDU/CSU & SPD

Auch vier Jahre später ist in Sachen Pflegeversicherung keine Verbesserung erkennbar. Fast könnte man sagen, das Gegenteil war der Fall. Im Jahr 2020 verteuerten sich die privaten Pflegezusatzversicherungen teilweise um 60 bis 100 Prozent.(#*magazine_6110f7b511f69*#) Für Menschen mit niedrigem Einkommen ist immer noch nicht geklärt, wie sie später für ihre Pflegekosten aufkommen sollen, ohne dabei zum Sozialfall zu werden. Hinzu kommt, dass viele der Versicherten, die vor Jahren eine private Zusatzversicherung abgeschlossen hatten, mit den erhöhten Beiträgen plötzlich finanziell überfordert waren. So mussten sie ihre Pflegeversicherung kündigen und da es sich in den meisten Fällen um eine Risikoversicherung handelte, gab es keine Erstattung der bereits bezahlten Beiträge.

Regierungsziel: Jährliches Entlastungsbudget

Das innerhalb der Koalition verhandelte Entlastungsbudget sollte pflegende Angehörige stärken. Seit 2017 ist es aber nicht eingeführt worden. Es steht zwar sehr ausführlich im Koalitionsvertrag, scheiterte aber an der Durchsetzung. Geplant war, dass Angehörige in der Pflege zuhause durch die Zusammenlegung der Budgets für die Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowie der Tages- und Nachtpflege die Angebote flexibler in Anspruch nehmen können.

Damit können wir erheblich zur Entbürokratisierung in der ambulanten Pflege beitragen, die häusliche Versorgung stärken und pflegende Angehörige entlasten.
Koalitionsvertrag CDU/CSU & SPD

Es wurden verschiedene Vorschläge ausgearbeitet, aber nicht verabschiedet. Die ursprünglich für den Juni 2021 geplante Pflegereform, in der diverse Änderungen umgesetzt werden sollten, wurde kurzfristig gekippt.

Ratgeber
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Regierungsziel: Reha-Leistungen verbessern

Um die Situation pflegender Angehöriger zu verbessern, werden sie einen Anspruch auf medizinisch erforderliche Rehabilitationsleistung nach ärztlicher Verordnung erhalten.
Koalitionsvertrag CDU/CSU & SPD

Dazu wurde im September 2020 ein Gesetz auf den Weg gebracht, das für einen schnelleren Zugang zu den geeigneten Rehabilitationsmaßnahmen sorgen soll. Damit hatten Versicherte auch die Möglichkeit, sich für eine andere Reha-Einrichtung zu entscheiden als die von der Krankenkasse zugewiesene. Um den Zugang zu erleichtern, reichte es aus, wenn ein Vertragsarzt die Maßnahme verordnete. Eine Überprüfung der Krankenkasse auf medizinische Notwendigkeit ist damit aufgehoben worden.(#*magazine_6110f7b5175c6*#)

Regierungsziel: Elternunterhalt

Unterstützung von Kindern pflegebedürftiger Eltern: Kein Rückgriff auf Einkommen bis 100.000 Euro im Jahr. Stärkung ambulante Alten- und Krankenpflege im ländlichen Raum.
Koalitionsvertrag CDU/CSU & SPD

Zur finanziellen Entlastung von Kindern, deren Eltern ihre Pflege nicht mehr selbst finanzieren können, trat das Angehörigen-Entlastungsgesetz zum 01.01.2020 in Kraft. Darin wurde die Einkommensgrenze des Jahreseinkommens für den Elternunterhalt auf 100.000 Euro angehoben.(#*magazine_6110f7b51c594*#)

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Elternunterhalt » Wann Kinder zahlen müssen

Regierungsziel: Fachkräftemangel entgegenwirken

Die professionelle Pflege stand im Fokus der Regierung. Einige Maßnahmen, um den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten und damit auch dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wurden in der Legislaturperiode 2017 bis 2021 verabschiedet. Als Sofortmaßnahme wurde bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, 8.000 neue Fachkraftstellen im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlungspflege in Pflegeeinrichtungen zu schaffen. Die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung sollten verbessert werden. In der gekürzten Pflegereform vom Juni 2021 wurde unter anderem auch festgehalten, dass „nur noch Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen werden, – also mit der Pflegeversicherung abrechnen können – die ihre Pflege- und Betreuungskräfte nach Tarif bezahlen.“

Mit der „Konzertierten Aktion Pflege“ wurden Schwerpunkte wie Bezahlung nach Tarifvertrag, bedarfsorientierte Personalschlüssel und die Anwerbung von ausländischen Pflegekräften geregelt.(#*magazine_6110f7b52178e*#)

Regierungsziel: Versorgungsangebote vor Ort

Dafür fördern wir den präventiven Hausbesuch durch Mittel des Präventionsgesetzes. Kommunen sollen mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten bei der Ausrichtung der pflegerischen Versorgungsangebote vor Ort im Rahmen der Versorgungsverträge erhalten.
Koalitionsvertrag CDU/CSU & SPD

Nach wie vor gibt es zu wenig Pflegestützpunkte in Deutschland, das geht aus einer Studie des IGES Institutes hervor, die im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit durchgeführt und im April 2019 veröffentlicht wurde.

Tatsächlich gibt es bundesweit nur 450 dieser Anlaufstellen. Pflegestützpunkte sollen Akteure vor Ort vernetzen, pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige beraten und über regionale Hilfsangebote informieren. Doch die Ausgestaltung der Aufgaben scheinen nicht überall gleich zu sein. Als Defizit nennt das IGES Institut auch die Netzwerkarbeit, die vielerorts nicht stattfindet. Grund dafür wird der Personalmangel angeben.(#*magazine_6110f7b527458*#)

Ambulante Pflege stärken – als Teil der Versorgung vor Ort

Wir werden die ambulante Alten- und Krankenpflege insbesondere im ländlichen Raum stärken. Dazu gehört u. a. eine bessere Honorierung der Wegezeiten, wenn die Versorgung nur mit längeren Anfahrtswegen sichergestellt werden kann.
Koalitionsvertrag CDU/CSU & SPD

Die Versorgung von Patienten in der ländlichen Region ist für viele ambulante Pflegedienste ein Problem. Lange Wegstrecken kosten viel Zeit und werden von den Pflegekassen nicht angemessen vergütet. Bereits im Jahr 2019 hatte sich Carola Weimann, die damalige Sozialministerin aus Niedersachsen, für eine gerechte Vergütung stark gemacht. (#*magazine_6110f7b52cd2e*#) Im Jahr 2020 ist das gleiche Thema wieder im Landtag von Niedersachsen zu finden. Auch dort geht es mit Nachdruck um eine bessere Vergütung der Wegezeiten. Zwar wurde durch das Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG) die Rahmenempfehlungen in § 132a Abs. 1 SGB V – Versorgung mit häuslicher Krankenpflege ergänzt, scheint aber noch lange nicht in allen Bundesländern entsprechend umgesetzt geworden zu sein.(#*magazine_6110f7b532dda*#)

Regierungsziel: Kurzzeitpflege stärken

Wir werden die Angebote für eine verlässliche Kurzzeitpflege stärken, indem wir eine wirtschaftlich tragfähige Vergütung sicherstellen.
Koalitionsvertrag CDU/CSU & SPD

Um Kurzzeitpflege für die Betroffenen ausreichend zur Verfügung zu stellen, braucht es eine gewisse Anzahl von freien Kurzzeitpflegeplätzen, die vorgehalten werden. Damit dieses Konstrukt aber auch funktioniert, muss die Finanzierung durchgehend gewährleistet werden. Pflegeheimbetreiber brauchen dazu die Zusicherung der Finanzierung bei Leerstand. Das wurde sehr unterschiedlich gehandhabt. Eine bundeseinheitliche Lösung gibt es dafür nicht. In einigen Fällen übernimmt die Kommune die Finanzierung. Nach wie vor ist es in vielen Regionen für Betroffene schwer, einen Platz in der Kurzzeitpflege zu bekommen. Viele Pflegeheime bieten keine Kurzzeitpflegeplätze mehr an. Verantwortlich dafür ist der Pflegefachkräftemangel und die weiterhin unklare Finanzierungsgrundlage für den notwendigen Leerstand.

Regierungsziel: Verbesserung der medizinischen Leistung in Pflegeeinrichtungen

Pflegebedürftige Menschen haben einen hohen Bedarf an medizinischen Leistungen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Pflegeeinrichtungen werden verpflichtet, Kooperationsverträge abzuschließen.
Koalitionsvertrag CDU/CSU & SPD

Zur Verbesserung der ärztlichen Versorgung müssen die Pflegeheimbetreiber durch eine Verschärfung des Gesetzes § 119b SGB V einen Kooperationsvertrag mit einem Hausarzt vorweisen. Damit wollte die Regierung vor allem in ländlichen Regionen die medizinische Versorgung sicherstellen und verbessern. Kritische Stimmen merken an, dass es sich hier mehr um einen bürokratischen Mehraufwand handelt und letztendlich keinen Einfluss auf die Versorgung der Bewohner hat. Sie bringen in den meisten Fällen ohnehin ihren eigenen Hausarzt mit. Ob es dadurch eine bundesweite Verbesserung der medizinischen Leistungen in Pflegeheimen gibt, bleibt unklar.

Besondere Situationen machen kurzfristige Maßnahmen erforderlich. Darauf hat die jetzige Regierung auch reagiert und weitere Regelungen, die nicht im Koalitionsvertrag festgehalten wurden, auf den Weg gebracht.

Neue Regelungen für Intensivpflege

Mit dem Gesetz zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation sollen Missstände und betrügerische Machenschaften, die in den letzten Jahren immer wieder Schlagzeilen machten, ausgehebelt werden.

Dabei ging es im Wesentlichen um verbindliche Kriterien zur Sicherung der Qualität für die außerklinische Intensivpflege, mehr und vor allem strengere Kontrollen und um eine möglichst frühzeitige Entwöhnung von künstlich beamteten Patienten. Zudem dürfen laut diesem Gesetz nur noch besonders qualifizierte Fachärzte eine außerklinische Intensivpflege verordnen.

Landespflegefeld in Bayern

Die CSU hat in Bayern im Jahr 2018 als einziges Bundesland ein Landespflegegeld in Höhe von jährlich 1.000 Euro eingeführt. Die Leistung ist einkommensunabhängig und steuerfrei. Das Landespflegegeld erhalten alle Personen, die mindestens in einen Pflegegrad 2 eingestuft sind und in Bayern ihren Erstwohnsitz angemeldet haben.

Kurzfristige Maßnahmen zur Corona-Pandemie

Weil pflegende Angehörige seit Beginn der Corona-Pandemie noch mehr Pflege übernehmen mussten und der Spagat zwischen Pflege, Beruf und Familie immer schwerer wurde, gewährte die Bundesregierung Akuthilfen.

Mehr Zeit für einen akuten Pflegefall verschafft die Verlängerung des Pflegeunterstützungsgeldes. Pflegende Angehörige erhalten 20 Arbeitstage Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung. Der Anspruch besteht vorerst bis zum 31.12.2021. Zudem wurde die Pflegehilfsmittelpauschale von 40 auf 60 Euro erhöht (vorerst bis 31.12.2021). Außerdem ist es möglich den Entlastungsbetrag von 125 Euro außerhalb der geltenden Regelung nach Landesrecht zu nutzen. Damit sollen Corona-bedingte Versorgungsengpässe ausgeglichen werden. Nicht genutzte Entlastungsbeträge aus 2019 und 2020 dürfen noch bis 31.12.2021 eingesetzt werden. Beratungseinsätze und die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst können digital oder telefonisch durchgeführt werden (bis 31.12.2021).

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Einschätzung der aktuellen Situation

Gerade durch die Corona-Pandemie ist die Situation der pflegenden Angehörigen noch einmal zusätzlich stark belastet worden. Knapp 70 Prozent fühlen sich von der Politik alleingelassen.(#*magazine_6110f7b538c81*#) Es fehlt besonders an flexiblen Entlastungsmöglichkeiten, wirklicher Selbstbestimmung und auch finanzieller Unterstützung. Der Verein „wir pflegen – Interessenvertretung und Selbsthilfe pflegender Angehöriger e.V.“ sieht mit dem Entlastungsbudget sowie dem Ausbau der Kurzzeitpflege einen guten Ansatz der Regierung. Allerdings hapert es wie in vielen anderen Bereichen an der Umsetzung. Gerade bei der Kurzzeitpflege gibt es Wartezeiten von bis zu einem Jahr. Darüber hinaus ist die Anzahl der Kurzzeitpflegeeinrichtungen in den letzten zurückgegangen. Während es 2011 noch 1.673 Einrichtungen in Deutschland gab, sind es 2017 nur noch 1.205. Darüber hinaus ist in diesem Zeitraum die Zahl der Pflegebedürftigen um 800.000 gestiegen.(#*magazine_6110f7b53ef53*#)

Der damalige Pflege-Auszubildende, Alexander Jorde, sieht die letzten vier Jahre der Bundesregierung kritisch. Er kritisiert, dass Pflege nie ganz vorne auf die Agenda gesetzt wurde und es noch heute keine guten und konkreten Antworten auf den Pflegekräftemangel gibt.(#*magazine_6110f7b546b93*#)

Erstelldatum: 1202.80.9|Zuletzt geändert: 1202.01.7
(1)
Die Bundesregierung (2018): Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/koalitionsvertrag-zwischen-cdu-csu-und-spd-195906 (letzter Abruf am 30.07.2021)
(2)
Verbraucherzentrale (2021): Pflegezusatzversicherungen: Beitragserhöhungen von 60 bis 100 Prozent
https://www.verbraucherzentrale.nrw/aktuelle-meldungen/geld-versicherungen/pflegezusatzversicherungen-beitragserhoehungen-von-60-bis-100-prozent-49486 (letzter Abruf am 30.07.2021)
(3)
Die Bundesregierung (2020): Neue Regelungen für Intensivpflege und medizinische Rehabilitation
https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/intensivpflege-verbessern-1721194 (letzter Abruf am 11.07.2021)
(4)
Die Bundesregierung (2020): Pflegekosten: Familien werden entlastet
https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/pflege-entlastung-familien-1658396 (letzter Abruf am 11.07.2021)
(5)
Bundesgesundheitsministerium (BMG) (2021): Pflegereform - Altenpflege wird besser bezahlt und der Beruf attraktiver
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/20202021/pflegereform.html (letzter Abruf am 04.08.2021)
(6)
IGES Institut (2019): Studie zu Pflegestützpunkte
https://www.iges.com/themen/pflege/pflegestuetzpunkte/index_ger.html (letzter Abruf am 04.08.2021)
(7)
Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung (2019): Carola Reimann setzt sich für ambulante Pflegekräfte ein
https://www.ms.niedersachsen.de/startseite/service_kontakt/presseinformationen/carola-reimann-setzt-sich-fuer-ambulante-pflegekraefte-ein-die-kassen-muessen-ihrer-verantwortung-fuer-eine-gute-pflege-in-niedersachsen-gerecht-werden-175031.html (letzter Abruf am 04.08.2021)
(8)
Landtag Niedersachsen (2020): Ambulante Pflege sichern - Tarifvertrag Soziales zügig realisieren
https://www.landtag-niedersachsen.de/Drucksachen/Drucksachen_18_07500/07001-07500/18-07169.pdf (letzter Abruf am 04.08.2021)
(9)
GKV Spitzenverband (2020): Rahmenempfehlungen
https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/ambulante_leistungen/haeusliche_krankenpflege/2020-10-14_Rahmenempfehlungen_132a_Abs.1_SGB_V_HKP.pdf; (letzter Abruf 04.08.2021)
(10)
wir pflegen! – Interessenvertretung und Selbsthilfe pflegender Angehöriger e.V. (2020): Häusliche Pflege und die Corona-Pandemie
https://wir-pflegen.net/images/downloads/stellungnahmen/Stellungnahme_wir_pflegen_09.09.2020.pdf (letzter Abruf: 12.07.2021)
(11)
Bayrischer Rundfunk (2021): Die innenpolitische Bilanz der ersten Kanzlerin
https://wir-pflegen.net/images/downloads/stellungnahmen/Stellungnahme_wir_pflegen_09.09.2020.pdf (letzter Abruf: 12.07.2021)
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