Das Coronavirus und seine Auswirkungen auf die Pflege: Regelungen und Pflegeleistungen

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Mit der COVID-19-Pandemie gingen mehrere Änderungen in der Pflege einher. pflege.de gibt Ihnen einen Überblick über das Thema Coronavirus im Pflege-Alltag und fasst zusammen, welche Regelungen noch bestehen.

 

Inhaltsverzeichnis

Corona-bedingte Sonderregelungen in der Pflege

Vor einer Infektion mit dem Coronavirus müssen besonders Pflegebedürftige geschützt werden: Vorerkrankungen, ein hohes Alter oder auch ein geschwächtes Immunsystem sind Risikofaktoren, die tendenziell einen schwereren Krankheitsverlauf begünstigen.

Um das Infektionsrisiko geringzuhalten, galten in der ambulanten, häuslichen und stationären Pflege deshalb veränderte Rahmenbedingungen. Diese waren in einem Regelwerk zusammengefasst, das auch als „Pflegeschutzschirm“ bezeichnet wird. Alle Schutzmaßnahmen wurden inzwischen gelockert, trotzdem sind wir alle weiterhin angehalten, vulnerable Personen, wie pflegebedürftige Menschen, zu schützen.

Pflegegrad-Begutachtungen vom Medizinischen Dienst und MEDICPROOF

Die Begutachtung für einen Pflegegrad durch den Medizinischen Dienst (MD) oder MEDICPROOF kann wieder vor Ort im Wohnumfeld des Pflegebedürftigen stattfinden.

Telefoninterviews, wie sie noch bis 30. Juni 2022 möglich waren, sollen jedoch dauerhaft möglich gemacht werden. Das allerdings nicht in allen Situationen und auch nur, wenn Sie oder der pflegende Angehörige damit einverstanden sind. (1)

Verpflichtende Beratungsbesuche nach Paragraf 37.3

Vom 1. Oktober 2020 an fanden Beratungsbesuche nach Paragraf 37.3 SGB XI vor allem telefonisch, digital oder per Videokonferenz statt. Diese Sonderregelung ist jedoch am 30. Juni 2022 ausgelaufen. (2)

Der erste Beratungsbesuch findet grundsätzlich wieder im häuslichen Umfeld statt. Danach kann jeder zweite Beratungsbesuch auf Wunsch der pflegebedürftigen Person auch per Videokonferenz stattfinden. Dies ist ebenfalls in Paragraf 37.3 SGB XI geregelt und gilt vom 01. Juli 2022 bis einschließlich 30. Juni 2024. (3)

Bei Beratungsbesuchen können Sie sich weiterhin durch das Tragen einer FFP2-Maske schützen.

Pflegeunterstützungsgeld

Das Pflegeunterstützungsgeld soll berufstätigen Familienmitgliedern ermöglichen, Zeit für die kurzfristige Organisation der Pflege eines Angehörigen zu gewinnen. Wenn sie eine pandemiebedingte akute Pflegesituation bewältigen mussten, hatten Beschäftigte Corona-bedingt bis zum 30. April 2023 den Anspruch, Pflegeunterstützungsgeld für bis zu 20 Arbeitstage pro Jahr zu erhalten.

Ab dem 01. Mai 2023 gilt wieder die reguläre Rechtslage: Nach der haben Sie, beziehungsweise Ihr pflegender Angehöriger, das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn Sie eine bedarfsgerechte Pflege für einen pflegebedürftigen Angehörigen organisieren müssen. (4)

Info
Gesetzesänderung ab 2024

Nach dem Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetzes (PUEG) soll das Pflegeunterstützungsgeld in Zukunft nicht mehr eine einmalige Leistung sein. Diese Leistung wird Ihnen stattdessen einmal pro Jahr zur Verfügung stehen. Diese Änderung gilt ab dem 01.01.2024.

Entlastungsbetrag

Für den Entlastungsbetrag gelten weitestgehend wieder die normalen Regelungen. Das betrifft auch die Ansparfristen: Nicht genutzte Beträge für Entlastungsleistungen aus dem Jahr 2021 konnten Sie nur noch bis 30. Juni 2022 nutzen.

Nachbarschaftshilfe durch Entlastungsbetrag

Den Entlastungsbetrag konnten Sie als Versicherter mit Pflegegrad 1 bis zum 30. April 2023 auch abweichend vom geltenden Landesrecht nutzen, beispielsweise für Nachbarschaftshilfe. Ab dem 01. Mai 2023 gelten hier wieder die normalen Regelungen: Nach denen muss der Anbieter für Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach Landesrecht (Bundesland) anerkannt sein.

Erkrankte pflegende Angehörige: Verhinderungspflege im Coronafall

Wenn Sie als pflegender Angehöriger am Coronavirus erkranken, können sie einen Antrag auf Verhinderungspflege stellen. Anspruch besteht, wenn sie die Person mindestens sechs Monate in häuslicher Umgebung gepflegt haben und die Person mindestens Pflegegrad 2 hat.

Die Pflegekasse übernimmt dann die Kosten von bis zu sechs Wochen oder 42 Tagen pro Kalenderjahr für eine Ersatzpflege. Dieses Kontingent müssen Sie nicht an einem Stück beanspruchen.

Kurzzeitpflege

Wenn Sie Ihren pflegebedürftigen Angehörigen nicht zu Hause pflegen können, haben Sie die Möglichkeit, ihn in einer stationären Kurzzeitpflege unterzubringen. Wegen höherer Vergütungssätze von stationären Reha- und Vorsorgeeinrichtungen erhielten Sie bis zum 30. September 2020 einen höheren Leistungsanspruch von der Pflegekasse.

Seit Oktober 2020 gelten wieder die alten Regelungen zur Kurzzeitpflege: Die Pflegekassen zahlen bis zu 1.612 Euro im Kalenderjahr für maximal acht Wochen.

Fakten zum Coronavirus und zur Impfung

Nachfolgend erfahren Sie mehr zum Coronavirus: Wie es sich überträgt und welche Impfungen empfohlen werden.

Übertragungswege

Das Robert Koch-Institut (RKI) kommt zu der Bewertung, dass bei der Übertragung des Coronavirus sowohl Tröpfcheninfektionen als auch Übertragungen durch die Luft eine wichtige Rolle spielen. Diese Übertragungsarten gehören zu den typischen Übertragungswegen bei Infektionskrankheiten.

Auch Oberflächen und Gegenstände können bei der Ansteckung mit dem Coronavirus eine Rolle spielen, dabei handelt es sich um sogenannte Schmierinfektionen.

Die Übertragungswege bei COVID-19 kurz im Überblick: (5)

  • Tröpfchenübertragung: Gemeint ist die Übertragung durch Tröpfchen, die beim Husten und Niesen entstehen und über die Schleimhäute vom Gegenüber (zum Beispiel Mund und Nase) aufgenommen werden. Ausgestoßene Tröpfchen fallen durch ihr Gewicht relativ schnell zu Boden.
  • Übertragung durch die Luft: Übertragungen über die Luft finden durch sogenannte Aerosole statt. Das sind feinste luftgetragene Flüssigkeitspartikel, die bereits beim Atmen und Sprechen ausgestoßen werden. Diese sind so leicht, dass sie nicht sofort zu Boden fallen. Sie können über einen längeren Zeitraum in der Luft schweben.
  • Übertragung durch Oberflächen und Gegenstände: Das Robert Koch-Institut schließt sogenannte Schmierinfektionen über Oberflächen, insbesondere in der Umgebung von infizierten Personen, nicht aus.

Corona-Impfung bei Pflegegrad: Grundimmunisierung und Auffrischungs-Impfung empfohlen

Am 20. Juli 2023 hat die Ständige Impfkommission (STIKO) ihre Impfempfehlung zu den Auffrischungsimpfungen gegen COVID-19 aktualisiert. Für Erwachsene ab 18 Jahren empfiehlt sie die Grundimmunisierung plus Auffrischungsimpfung: Mit dieser Kombination können Sie eine Basisimmunität aufbauen.

Für besonders gefährdete Personengruppen empfiehlt die STIKO zusätzlich zur Grundimmunisierung jährlich weitere Auffrischungsimpfungen: (6)

  • Personen ab 60 Jahren
  • Betreute in Pflegeeinrichtungen
  • Medizinisches und pflegerisches Personal
  • Personen mit Immundefizienz
  • Personen mit bestimmten Grundkrankheiten ab dem Alter von 6 Monaten

Die STIKO erwähnt in ihrer Empfehlung nicht explizit die zuhause gepflegten Menschen. Jedoch zählen Pflegebedürftige in vielen Fällen zur besonders gefährdeten Personengruppe für einen schweren COVID-19-Verlauf. Informieren Sie sich zum Thema Impfen und besprechen Sie die Notwendigkeit einer Auffrischungs-Impfung gegen COVID-19 mit Ihrem Hausarzt.

Wichtiger Hinweis
Wie lange der Schutz hält

In der Regel hält der Impfschutz für 12 Monate an, wenn möglich sollte die Auffrischung im Herbst erfolgen: So sind Sie auch während der Infektionssaison bestmöglich geschützt. (6)

Schutz- und Hygienemaßnahmen: Corona-Wissen für pflegende Angehörige und Pflegebedürftige

Um das Risiko einer möglichen Infektion zu reduzieren, können Sie sich an folgende Regeln halten – insbesondere, wenn Sie zu den Risikogruppen gehören.

Halten Sie Abstand

Halten Sie nach Möglichkeit 1,50 bis 2 Meter Abstand zu Personen, mit denen Sie nicht in einem Haushalt leben. Ob als pflegender Angehöriger, Pflegedienst- oder Pflegeheimmitarbeiter: In der Pflege lässt sich der direkte Körperkontakt nicht vermeiden. Die bekannten Schutzmaßnahmen sollten daher penibel eingehalten werden.

Lüften Sie regelmäßig

Eine möglichst hohe Frischluftzufuhr ist laut Umweltbundesamt eine der wirksamsten Methoden, um virushaltige Aerosole aus Innenräumen zu entfernen. Die Luft wird in der Regel binnen weniger Minuten ausgetauscht, wenn zwei gegenüberliegende Fenster gleichzeitig geöffnet werden. Bei Anwesenheit vieler Personen im Raum, zum Beispiel Familienbesuch, empfiehlt es sich, während der Besuchsdauer zu lüften.

Waschen Sie sich regelmäßig die Hände

Waschen Sie sich häufig und gründlich die Hände: Mindestens 20 bis 30 Sekunden, mit Wasser und Seife. Gerade nach dem Einkaufen oder Kontakt zu anderen sollten Sie daran denken.

Husten und Niesen Sie in die Ellenbeuge

Husten oder niesen Sie in die Ellenbeuge und vermeiden Sie, sich in das Gesicht zu fassen. Putzen Sie sich die Nase mit einem Papiertaschentuch, das Sie nach Gebrauch im Mülleimer entsorgen. Waschen Sie sich danach gründlich die Hände.

Tragen Sie eine Maske

Um das Ansteckungsrisiko zu reduzieren, sollten Sie in Innenräumen eine Maske für den Eigen- und Fremdschutz tragen. Eine FFP2-Maske bietet einen besonders guten Schutz vor Ansteckungen.

FFP2-Masken zählen zu den Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch

FFP2-Masken gehören jetzt dauerhaft zu den anerkannten Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch: Die Masken können seit Februar 2022 dauerhaft als zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel genehmigt werden, sofern die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Für Pflegegeld-Empfänger sind diese Masken damit gratis. (7)

Info
FFP2-Masken über curabox beziehen

Pflegehilfsmittel zum Verbrauch erleichtern die Pflege zuhause. Pflegegeld-Empfänger können sie als monatliches Abo in der curabox erhalten. Die Lieferung folgt bequem per Post. Neben FFP2-Masken können weitere Pflegehilfsmittel ausgewählt werden, unter anderem Desinfektionsmittel für Hände und Flächen sowie Einmalhandschuhe.

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Worauf Sie beim Tragen einer FFP2-Maske achten sollten

FFP-Masken sind partikelfiltrierende Halbmasken, die als Staubschutzmasken aus den handwerklichen Bereichen bekannt sind.

Die Masken sind grundsätzlich von den Herstellern als Einwegprodukte vorgesehen. Da bei der Nutzung der FFP-Masken im privaten Bereich, wie beispielsweise beim Einkaufen, von einer geringeren Erregerbelastung ausgegangen wird, können diese eigenverantwortlich wiederverwendet werden.

Achten Sie auf das CE-Zeichen auf den FFP-Masken: Dieses zeigt an, dass diese Masken allen Anforderungen der gültigen Gesetze und Normen entsprechen. (8)

FFP2-Masken müssen gut sitzen!

Um eine ausreichende Filterleistung entwickeln zu können, müssen die FFP-Masken eng am Gesicht anliegen. Die Max-Planck-Gesellschaft weist in einer Studie darauf hin, dass richtig angelegte Masken den Infektionsschutz erheblich erhöhen: Das können Sie erreichen, indem Sie den Maskenbügel zu einem „W“ falten. (9)

Ambulante Pflegedienste und Corona

Wenn Sie als pflegebedürftige Person auf die Hilfe eines Pflegedienstes angewiesen sind, sollten Sie diesen auch weiterhin in Ihre Wohnung lassen. Zwar kann die Ansteckungsgefahr durch den Kontakt mit einem Pflegedienst, der auch Kontakt zu anderen Haushalten hat, erhöht sein, jedoch gelten auch im heutigen Pflegealltag für ambulante Pflegedienste strengere Hygiene- und Schutzempfehlungen. (10)

Corona: Maskenpflicht für Pflegepersonal

Die Maskenpflicht ist zum 01. März 2023 in Kliniken, Arztpraxen und Pflegeheimen für Beschäftigte sowie Bewohner weggefallen. Unter bestimmten Umständen empfiehlt das Robert-Koch-Institut (RKI) Pflegekräften jedoch weiterhin, einen Mund-Nasen-Schutz (MNS) oder eine FFP-2-Maske zu tragen: (10)

  • Wenn bei der zu pflegenden Person der Verdacht besteht oder bestätigt wurde, dass sie an COVID-19 oder einer anderen Infektion erkrankt ist, die durch die Luft oder Tröpfchen übertragen wird.
  • Wenn bei Personal oder Besuchenden der Wunsch besteht, einen MNS zu tragen, weil im selben Haushalt eine Person mit positivem Testergebnis für SARS-CoV-2 lebt.
  • Wenn eine pflegende Person mit milden Symptomen einer Atemwegserkrankung als arbeitsfähig eingestuft wurde und der Tätigkeit nachgeht.
Tipp
Achten Sie selbst auf Infektionsschutz

Pflegebedürftige oder pflegende Angehörige sollten unabhängig von den geltenden Regeln stets darauf achten, dass die Pflege- oder Betreuungskraft die Hygienestandards einhält. Fordern Sie sie im Zweifel auf, Mundschutz und Handschuhe zu nutzen. Tritt dies trotzdem nicht ein, wenden Sie sich an die Pflegedienstleitung.

Kostenerstattung bei Pflegedienst-Ausfall

Sollte die Versorgung in der Häuslichkeit durch den Pflegedienst nicht mehr stattfinden können, hatten Pflegebedürftige die Möglichkeit, eine Kostenerstattung in Höhe der ambulanten Sachleistungsbeträge bei ihrer Pflegekasse zu beantragen und für maximal drei Monate zu erhalten. Dies war bis zum 30. April 2023 möglich. (11)

Tipp
Besser an die frische Luft

Wenn Pflegeheimbewohner nach draußen gebracht werden, ist ein gemeinsamer Spaziergang an der frischen Luft immer noch besser als eine Geburtstagsfeier mit mehreren Gästen in geschlossenen Räumen.

Corona-Fall im Pflegeheim

Das Robert Koch Institut hat einen Kurzleitfaden für den Ausbruchsfall in Pflegeheimen veröffentlicht. Demnach sollen folgende Personengruppen in drei räumlich und personell voneinander getrennten Bereichen versorgt werden: (12)

  • COVID-19-Bereich: Per Test bestätigte Infektionsfälle
  • Verdachtsfall-Bereich: Kontakte und Verdachtsfälle
  • Nicht-COVID-19-Bereich: Nicht-Fälle

Dafür sollten alle Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen entsprechende Pläne und Voraussetzungen schaffen – und sich für das weitere Vorgehen mit dem örtlichen Gesundheitsamt abstimmen.

Häufig gestellte Fragen

Für wen ist eine Infektion besonders gefährlich? Wer gehört zur Risikogruppe?

Risikogruppen, die besonders von einem schweren Verlauf betroffen sein können, sind:

  • Ältere Menschen (das Risiko steigt für Personen ab 50-60 Jahren)
  • Menschen mit Vorerkrankungen (zum Beispiel des Herz-Kreislaufsystems, eine Atemwegserkrankung wie Asthma oder COPD, Diabetes Mellitus, Krebserkrankungen)
  • Gegebenenfalls Raucher
  • Stark übergewichtige Menschen

Was bedeutet es, wenn eine pflegebedürftige Person Corona hat?

Da pflegebedürftige Personen oft zur besonders gefährdeten Personengruppe für einen schweren Krankheitsverlauf zählen, sollten Sie den Gesundheitszustand besonders aufmerksam beobachten und bei Verschlechterung schnell ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Wenn Sie einen Angehörigen pflegen, sollten Sie die geltenden Hygienemaßnahmen in besonderem Maße beachten.

Ab welchem Pflegegrad können pflegende Angehörige geimpft werden?

Da mittlerweile genügend Impfstoff zur Verfügung steht, sind die Priorisierungen für die Impfstoffvergabe aufgehoben. Das bedeutet, dass jede Person, unabhängig von der ehemals geltenden Priorisierung, sofort einen Impftermin erhalten kann. Ansprechpartner dafür ist der Hausarzt.

Vor allem Risikopatienten sollten darauf achten, dass ihr Impfschutz aufgefrischt ist.

Wer sollte seine Corona-Impfung auffrischen?

Vor allem Risikopatienten sollten auf einen aktuellen Impfschutz achten. Das Robert Koch-Institut empfiehlt besonders gefährdeten Personengruppen zusätzlich zur Grundimmunisierung jährliche Auffrischimpfungen. Dies gilt für Personen ab 60 Jahren, für Personen mit Immunschwäche, für Personen mit bestimmten Grundkrankheiten ab dem 6. Lebensmonat, aber auch für Personen in Pflegeeinrichtungen sowie für medizinisches und pflegerisches Personal.

Wie schaffe ich es, weiterhin mit Lebensmitteln versorgt zu werden, wenn ich nicht in den Laden gehen möchte?

Wenn Sie einer Risikogruppe angehören und nicht selbst einkaufen gehen möchten, fragen Sie in Ihrem Familien- und Bekanntenkreis, wer den Einkauf für Sie übernehmen könnte. Haben Sie keine Scheu, Ihre Kinder, Enkel, Freunde oder Nachbarn um Hilfe zu bitten.

Sie können auch Nachbarschaftshilfen nutzen: Es gibt zahlreiche Anlaufstellen, um Unterstützung zu finden. Darüber hinaus können Sie auch auf Lieferservices zurückgreifen: Durch Supermarktketten wie REWE, aber auch Getränkelieferanten wie Flaschenpost sowie Essen auf Rädern.

Wie kann ich dringend benötigte Medikamente kontaktlos erhalten?

Viele ortsansässige Apotheken bieten einen Lieferservice an. Kontaktieren Sie Ihre Apotheke telefonisch und erkundigen Sie sich nach Liefermöglichkeiten. Sie können sich Medikamente auch online bestellen und per Post liefern lassen. Versand-Apotheken sind beispielsweise die Shop-Apotheke, DocMorris oder myCare.

Eine weiter Option ist, Angehörige und Bekannte, die in der Nähe wohnen und nicht zur Risikogruppe gehören zu fragen: Sie können Besorgungen für Sie erledigen.

Corona im Pflegeheim: Was tun?

Nach dem „Kurzleitfaden für den Ausbruchsfall in Pflegeheimen“ des Robert Koch Instituts sollen Fälle, Kontakte und Verdachtsfälle sowie Nicht-Fälle in drei räumlich und personell voneinander getrennten Bereichen versorgt werden: in einem COVID-19-Bereich, Verdachtsfall-Bereich, Nicht-COVID-19-Bereich. Dafür sollten alle Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen entsprechende Pläne und Voraussetzungen schaffen.

Wo gibt es psychologische Unterstützung für pflegende Angehörige?

Der andauernde Stress der Corona-Krise kann sich auf die Gesundheit und auf das seelische Wohlergehen auswirken. Nach dieser schweren Zeit gibt es verschiedene Möglichkeiten und Hilfestellungen:

  • pflegen-und-leben: Von montags bis freitags steht pflegenden Angehörigen ein Team von Psychologen kostenfrei zur Verfügung. Die persönliche Beratung wird nach ihrem Belieben schriftlich oder auch im Video-Chat durchgeführt.
  • Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP): Der Verband liefert Tipps zum Umgang mit Corona auf seiner Homepage.
  • Telefonseelsorge: Die bundesweiten, gebührenfreien Telefonnummern der Telefonseelsorge lauten 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.
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Erstelldatum: 0202.30.71|Zuletzt geändert: 3202.90.72
(1)
Verbraucherzentrale (2023): Die Pflegereform 2023 - das ändert sich
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/pflegeantrag-und-leistungen/die-pflegereform-2023-das-aendert-sich-63628 (letzter Abruf am 26.07.2023)
(2)
Sozialgesetzbuch (SGB XI) Elftes Buch, Soziale Pflegeversicherung (2023): Paragraf 148, Beratungsbesuche nach Paragraf 37
www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__148.html (letzter Abruf: 26.07.2023)
(3)
Sozialgesetzbuch (SGB XI) Elftes Buch, Soziale Pflegeversicherung (2023): Paragraf 37, Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen
https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/37.html (letzter Abruf am 26.07.2023)
(4)
Bundesministerium für Gesundheit (2023): Pandemievorsorge
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/ifsg/faq-ifsg.html (letzter Abruf am 26.07.2023)
(5)
Robert-Koch-Institut (2023): Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html?nn=13490888#doc13776792bodyText2 (letzter Abruf am 26.07.2023)
(6)
Robert Koch Institut (2023): COVID-19-Impfempfehlung vom 20.07.2023
https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/FAQ_Liste_STIKO_Empfehlungen.html (letzter Abruf am 26.07.2023)
(7)
GKV Spitzenverband (2022): Hilfsmittelverzeichnis
https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home/verzeichnis/5da0d94f-5222-4e7b-8291-8bc64e970be (letzter Abruf am 26.07.2023)
(8)
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (o. J.): Hinweise des BfArM zur Verwendung von Mund-Nasen-Bedeckungen, medizinischen Gesichtsmasken sowie partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP-Masken)
www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Medizinprodukte/DE/schutzmasken.html#Partikelfiltrierende_Halbmasken_(FFP-Masken) (letzter Abruf am 26.07.2023)
(9)
Max Planck Institut (2021): So gut schützen Masken
www.mpg.de/17915640/corona-risiko-maske-schutz (letzter Abruf am 26.07.2023)
(10)
Robert-Koch-Institut (2023): Empfehlungen zum Umgang mit SARS-CoV-2 in der Pflege/Betreuung (außerhalb des Krankenhauses) vom 04.07.2023
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Pflege/Dokumente.html (letzter Abruf am 26.07.2023)
(11)
Sozialgesetzbuch (SGB XI) Elftes Buch, Soziale Pflegeversicherung (2023): Paragraf 150, Sicherstellung der pflegerischen Versorgung, Kostenerstattung für Pflegeeinrichtungen und Pflegebedürftige
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__150.html (letzter Abruf am 25.07.2023)
(12)
Robert Koch Institut (RKI) (2023): Management von COVID-19-Ausbrüchen im Gesundheitswesen
www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Management_Ausbruch_Gesundheitswesen.html?nn=13490888 (letzter Abruf am 25.07.2023)
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Dr. Tobias Schommer
Interview
Experteninterview: Arbeitsrecht in Zeiten der Corona-Krise
Pflegende Angehörige
Ratgeber
Pflegewissen für pflegende Angehörige
Interview

Deutsches Arbeitsrecht in der Corona-Krise

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Dr. Tobias Schommer
Im Interview
Dr. Tobias Schommer
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Dr. Tobias Schommer befasst sich schon seit Beginn seiner Karriere, als Geschäftsführer bei einem deutschen Arbeitgeberverband, mit dem Thema Arbeitsrecht. Er ist Partner in der Kanzlei ALTENBURG, wo er bis heute tätig ist, und Mitglied in diversen (internationalen) Fachgesellschaften und Vereinen.

Das neuartige Coronavirus stellt das alltägliche Leben, das wir kennen, auf den Kopf: Viele Betriebe melden Kurzarbeit an, andere Unternehmen stellen vorübergehend den Betrieb ein. Welche Rechte gelten für Arbeitnehmer, die weiterhin regulär arbeiten? Wie verhalten sich pflegende Angehörige arbeitsrechtlich korrekt? Dürfen Angehörige einer Risikogruppe aus Angst vor einer Infektion zuhause bleiben? Welche Möglichkeiten gibt es für berufstätige Angehörige, die die Pflege übernehmen müssen? Im Interview mit pflege.de beantwortet der Anwalt Dr. Tobias Schommer Ihre häufig gestellten Fragen zum deutschen Arbeitsrecht in der Corona-Krise.

Dr. Schommer, darf ich als Angehöriger einer Risikogruppe der Arbeit fernbleiben?

Hier gilt es zu unterscheiden, warum die Person der Arbeit fernbleibt:

Krankheitsfall: Im Falle einer eigenen Erkrankung dieser Person gilt insoweit nichts anderes als bei sonstigen Erkrankungen auch.

Anordnung einer Quarantäne: Ist noch keine Erkrankung eingetreten, aber die Tätigkeit des Arbeitnehmers behördlich untersagt worden, (z. B. wenn das Gesundheitsamt eine Quarantäne angeordnet hat), erhält der Arbeitnehmer sein Entgelt bis zur Dauer von 6 Wochen weiter vom Arbeitgeber gezahlt. Der Arbeitgeber bekommt die Summe vom Staat erstattet. Soweit die Maßnahme über sechs Wochen andauert, wird nur noch eine Zahlung in Höhe des Krankengeldes geleistet.

Geschlossener Betrieb: Wird der Betrieb auf behördliche Anweisung geschlossen, bleibt es bei der Vergütungspflicht des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer wird weiterhin vergütet. Soweit die Anordnung von Kurzarbeit erfolgt, würde nur noch Kurzarbeitergeld gezahlt.

Angst vor einer Infektion: Wenn ein Arbeitnehmer der Arbeit fernbleibt, weil er das Infektionsrisiko fürchtet, liegt weder eine Erkrankung noch eine behördliche Tätigkeitsuntersagung vor. Es gibt grundsätzlich kein Recht zur Verweigerung der Arbeit aus bloßer Angst vor einer Infektion. Bleibt der Arbeitnehmer der Arbeit aber fern, entfällt für diese Zeit nicht nur sein Vergütungsanspruch – der Arbeitnehmer verhält sich vertragswidrig. Er läuft dadurch Gefahr, dass der Arbeitgeber das Anstellungsverhältnis aus diesem Grunde kündigt.

Hierbei gilt letztlich eine Interessenabwägung: Nach § 275 Abs. 3 BGB kann ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung verweigern, wenn sie ihm nicht zumutbar ist. Das ist dann der Fall, wenn die Arbeit für ihn eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Je konkreter und größer die Gefahr einer Ansteckung des Arbeitnehmers ist, desto eher kann er sich dem Arbeitgeber gegenüber durchsetzen und der Arbeit fernbleiben, ohne dem Arbeitgeber gegenüber Vertragsbruch zu begehen. Einen Vergütungsanspruch für diese Zeit erhält er dann nicht – in dieser Zeit wird der Arbeitnehmer also nicht bezahlt.

Bei Arbeitnehmern mit gesundheitlichen Vorerkrankungen, größeren Risiken im Falle einer Infektion (z. B. Schwangere) und einer begründeten Angst vor Ansteckung kann unter Berücksichtigung dieser Grundsätze im Einzelfall ein sogenanntes Leistungsverweigerungsrecht bestehen. Hierfür ist der Arbeitnehmer jedoch beweispflichtig und muss ein entsprechendes ärztliches Attest vorlegen.

Es gelten Ausnahmen: Für Arbeitnehmer bzw. Berufsgruppen der öffentlichen Daseinsvorsorge, wie z. B. Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger oder Feuerwehrleute, besteht trotz eines höheren Ansteckungsrisikos kein Leistungsverweigerungsrecht. Die Hinnahme des Infektionsrisikos gilt für diese Berufsgruppen als ‚berufstypisch‘.
Dr. Tobias Schommer, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kann ich als pflegender Angehörige von der Arbeit fernbleiben, um mein pflegebedürftiges Familienmitglied nicht zu gefährden?

Grundsätzlich begründet die Angst vor einer Ansteckung kein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers. Gleiches gilt auch aus Sorge einer Gefährdung Dritter. Das heißt, der Arbeitgeber kann grundsätzlich nicht der Arbeit fernbleiben.

Hierbei gilt letztlich eine Interessenabwägung, die in diesem Fall jedoch nur sehr schwer vorstellbar zu Gunsten des Arbeitnehmers ausgehen wird: Nach § 275 Abs. 3 BGB kann ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung verweigern, wenn sie ihm nicht zumutbar ist. Etwa dann, wenn die Arbeit für ihn oder seine Angehörigen eine erhebliche objektive Gefahr der Gefährdung für Leib oder Gesundheit seiner Angehörigen darstellt und er diese Beeinträchtigung nicht auf andere Weise als durch das Fernbleiben von der Arbeit ausschließen kann. In diesem Fall müsste der Arbeitnehmer also gleich zwei Nachweise erbringen: Erstens muss er die konkrete Gefahr für seinen Angehörigen nachweisen können und zweitens beweisen, dass diese Gefahr nur durch sein Fernbleiben und auf keine andere ihm zumutbare Weise abgewendet werden kann. Insgesamt ergibt sich daraus eine derart hohe Hürde, dass es dem Arbeitnehmer wohl nur schwer gelingen wird, diese zu nehmen.

Soweit sich für den Angehörigen dadurch aber eine akute Betreuungssituation ergibt, könnte der Arbeitnehmer – ggf. sogar mit einem Vergütungsanspruch gem. § 616 BGB – zuhause bleiben oder aber auch nach den Vorgaben des Pflegezeitgesetzes bis zu 10 Tage der Arbeit fernbleiben. Pflegebedürftigen kann gemäß § 37 SGB XI ein Anspruch auf Pflegegeld zustehen.

Mein Arbeitgeber unternimmt keine Maßnahmen in Hinblick auf die Corona-Pandemie. Gibt es insoweit Vorgaben für Arbeitgeber? Welche Rechte habe ich als Arbeitnehmer?

Aufgrund der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht aus §§ 611a, 618, 241 Abs. 2 BGB ist der Arbeitgeber verpflichtet, seine Arbeitnehmer vor Gefahren für deren Gesundheit zu schützen.

Die Pflichten des Arbeitgebers zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz sind schwerpunktmäßig in den Vorschriften des Arbeitsschutzrechts, insbesondere dem Arbeitsschutzgesetz geregelt. Nach § 3 Abs. 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die jeweils erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung derjenigen Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Der allgemeine vorsorgende Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber ist Teil dieser Verpflichtung.

Der Arbeitgeber hat deshalb Maßnahmen zu ergreifen, um die Arbeitnehmer vor ansteckenden Krankheiten zu schützen, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist.
Dr. Tobias Schommer, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Dort, wo der Arbeitnehmer aufgrund der Weisung des Arbeitgebers mit Kollegen, Kunden oder Dritten in Kontakt kommt, trifft den Arbeitgeber eine Mitverantwortung bei der Verringerung der Ansteckungsgefahr. Die Pflicht des Arbeitgebers zum präventiven Gesundheitsschutz erfasst demnach auch den Schutz der Arbeitnehmer während ihrer Arbeitstätigkeit vor solchen Infektionskrankheiten, die besonders leicht übertragen werden können oder mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden sind.

Wie weitreichend die Maßnahmen des Arbeitgebers sein müssen, richtet sich nach dem konkreten Einzelfall und der Natur des Betriebes.
Dr. Tobias Schommer, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Der Arbeitgeber kann dabei gehalten sein, seine Mitarbeiter über das bestehende Infektions- und Erkrankungsrisiko aufzuklären und über Vorsorgemaßnahmen sowie angezeigtes Verhalten zu informieren. Das gilt jedenfalls – also immer dann –, wenn er Kenntnis von der Erkrankung eines Mitarbeiters oder jedenfalls konkrete Hinweise auf Infektionsrisiken im Betrieb besitzt.

Sobald aber behördliche Informationen erfolgen, dass der öffentliche Raum durch gesonderte Maßnahmen gegen die Verbreitung zu schützen ist, konkretisiert sich auch die Pflicht des Arbeitgebers. Dann ist er verpflichtet, diese Maßnahmen entsprechend umzusetzen. Kommt der Arbeitgeber diesen Anforderungen nicht nach, kann sich für Mitarbeiter nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Recht zur Verweigerung der Arbeit ergeben. Eine Pflicht zur Bereitstellung von Desinfektionsmitteln und Schutzmasken besteht grundsätzlich nicht, auch wenn solche Maßnahmen sowie der Hinweis auf deren regelmäßige Nutzung sinnvoll sind, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Am Virus erkrankte Mitarbeiter müssen vom Arbeitgeber freigestellt werden. Weil sich das Ansteckungsrisiko durch den Krankheitsfall konkretisiert hat, muss der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht zum Schutz des erkrankten und der übrigen Mitarbeiter nachkommen.
Dr. Tobias Schommer, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Darf ich überhaupt noch im Pflegebereich arbeiten, wenn der Arbeitgeber keine Schutzausrüstung mehr zur Verfügung stellen kann (z. B. Mundschutz)?

Wie weitreichend die Maßnahmen des Arbeitgebers zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes sein müssen, richtet sich nach dem konkreten Einzelfall und der Natur des Betriebes. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber keine Schutzausrüstung – wie beispielsweise Atemschutzmasken oder Schutzanzüge – zur Verfügung stellen.

Etwas anderes gilt dann, wenn direkter Kontakt mit Infizierten besteht oder Arbeitnehmer oder Kunden einer bestimmten Risikogruppe angehören. Dann kann sich die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers dahingehend verdichten, dass eine Beschäftigung von Pflegepersonal ohne Mundschutz unzumutbar ist.

Die Konkretisierung der Arbeitgeberpflicht kann auch durch die Einschätzung wissenschaftlicher Experten ergeben, etwa durch die am 23.3.2020 vom Robert Koch-Institut abgegebene Einschätzung, dass in der Altenpflege im Rahmen einer Pandemie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes durch das medizinische Personal aus Aspekten des Patientenschutzes angezeigt sei. Danach wird eine Arbeitsleistung in der Altenpflege ohne jegliche Schutzausrüstung nur in Notsituationen zu rechtfertigen sein. Auf Grundlage dieser Einschätzung kann aber noch nicht unmittelbar das Recht abgeleitet werden, der Arbeit fern zu bleiben. Vergleichbar zu vertragswidrig handelnden Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber abgemahnt werden und der Arbeitnehmer einfordern, dass eine vertragsgemäße Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt wird. Erst bei beharrlicher Verweigerung oder der dauerhaften Unmöglichkeit der Bereitstellung der erforderlichen Arbeitsschutzausrüstung ist der Arbeitnehmer berechtigt, seine Arbeitsleistung solange zu verweigern, bis der Arbeitgeber seine Verpflichtung erfüllt.

Mein pflegebedürftiger Angehöriger erhält Unterstützung in Form von Haushaltsreinigung bzw. wird von einem ambulanten Pflegedienst versorgt. Kann man diesen Hausbesuch aufgrund der aktuellen Situation zunächst aussetzen oder ist man zur Vertragseinhaltung verpflichtet?

Wenn die Haushaltsreinigung durch einen Arbeitnehmer der unterstützen Person erbracht wird, kann der Arbeitgeber ggf. betriebsbedingt kündigen, wenn er zukünftig dauerhaft auf die Haushaltsreinigung verzichten will. Eine einseitige Erklärung des Ruhens des Vertrages ist nicht möglich.

Auch die Anordnung von Kurzarbeit wäre nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers oder einer Regelung in einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag möglich.

Dr. Schommer, vielen Dank für das Interview!

Erstelldatum: 0202.40.1|Zuletzt geändert: 0202.70.2
Interview

COVID-19: Ein Epidemiologe schätzt die Corona-Krise ein

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Dr. med. Awi Wiesel
Im Interview
Dr. med. Awi Wiesel
Arzt & Epidemiologe

Dr. med. Awi Wiesel (Jahrgang 1969) ist epidemiologischer Leiter des Geburtenregisters Mainzer Modell zur Erforschung angeborener Fehlbildungen in der Universitätsmedizin Mainz.

Bis 1997 wurde er in Mainz und Frankfurt medizinisch ausgebildet. Nach seiner Dissertation im immunologischen Labor arbeitete er am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin in Mainz. Bis 2012 erfolgte seine epidemiologische Ausbildung mit dem Abschluss „European Master“.

Neuinfektionen, Geheilte, Verstorbene – die Corona-Situation verändert sich sehr dynamisch. Wie sich die Lage mit und ohne Maßnahmen entwickeln könnte, errechnen Epidemiologen in verschiedenen Szenarien. Im Interview mit pflege.de schätzt der Epidemiologe & Arzt Awi Wiesel die Corona-Pandemie ein.

Dr. Awi Wiesel, erklären Sie uns doch bitte einmal, was ein Epidemiologe überhaupt macht?

Die Epidemiologie leitet sich als Fachgebiet vom ersten im 19. Jahrhundert dokumentierten Fall ab, bei dem die Ausbreitung der Cholera identifiziert wurde. Die Ursache konnte durch das Zählen von Toten in den Stadtteilen Londons und auf die unterschiedlichen Wasserquellen zurückgeführt werden.

Ein Epidemiologe ist die Schnittstelle zwischen Medizin und Statistik. Das heißt, er findet statistische Antworten auf medizinische Fragen und sollte sich in beiden Bereichen entsprechend gut auskennen. Es gibt ganz unterschiedliche Bereiche, wie zum Beispiel Krebserkrankungen und deren Ursachen oder genetische Veränderungen.

Die mathematischen Methoden, die ein Epidemiologe anwendet, sind jedoch immer gleich. Er nimmt zum Beispiel Berechnungen vor, etwa zur Ausbreitung eines Virus wie aktuell beim neuartigen Coronavirus, und liefert Schätzungen zur Ausbreitung, aber auch Daten und Fakten. Diese sind umso genauer, je besser die Annahmen zur Ansteckungsgefahr, Inkubationszeit, Schwere der Erkrankung, Immunität, etc. sind. Gemeinsam mit der Medizin, der Politik und anderen Fachbereichen lassen sich dann Prognosen und Handlungsempfehlungen für die Bevölkerung ableiten.

Welche Aufgabe hat ein Epidemiologe in der aktuellen Corona-Situation?

Die allererste Maßnahme eines gewissenhaften Epidemiologen ist es, die Daten, auf Grundlage derer Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft handeln, zu überprüfen – so gut dies eben möglich ist. Nehmen wir zum Beispiel die Fallzahlen von 39.355 Infizierten und 222 Toten in Deutschland (Quelle 1: Johns Hopkins University, Stand 26.03.2020). Die Zahl der Verstorbenen kennen wir, die Todesursache vielleicht auch. Aber explizit die Zahl der Infizierten kennen wir nicht, sondern nur die der positiv getesteten Patienten.

Bereits eine minimale Änderung der Annahmen und die veränderte Datenlage haben große Auswirkungen auf sämtliche berechnete Zukunftsszenarien.
Dr. med. Awi Wiesel, Arzt & Epidemiologe

Entsprechend müssen wir Epidemiologen jeden Tag Daten neu bewerten und hoffen, die Annahmen zu präzisieren, damit Entscheidungsträger ihre Maßnahmen – zum Beispiel mit Blick auf die Risikogruppe der Pflegebedürftigen – entsprechend anpassen können. Diese Maßnahmen richten sich im Übrigen immer an einem sogenannten „Worst Case Szenario“ aus, also dem schlimmstmöglichen Fall. Entsprechend sind die verschiedensten fühlbaren Veränderungen für uns aktuell auch sehr gravierend.

Wie ist der aktuelle Stand, was Medikamente oder einen Impfstoff gegen das Coronavirus betrifft?

Derzeit werden mehrere Medikamente überprüft, aber es muss noch viel zur Wirkung auf die neue Erkrankung geforscht werden. Bei bekannten Medikamenten kennen wir die meisten unerwünschten Wirkungen. Neue Medikamente stellen uns dahingehend an den Anfang. Nachher treiben wir den Teufel mit dem „Belzebub“ aus und sind später noch mehr mit schweren Nebenwirkungen beschäftigt.

Die Entwicklung einer Impfung wird dadurch erschwert, dass sich der Erreger im Laufe seines Weges durch die Welt zunehmend stark verändert, also mutiert. Diese Mutation trifft explizit auf das Coronavirus in starkem Maße zu. Das bedeutet, für jeden einzelnen Strang, bräuchte es eventuell einen eigenen Impfstoff.

Es ist auch noch nicht klar, ob eine Impfung mit einem dann schon „älteren“ Impfstoff eine zukünftige Immunität gewährleistet – und über welchen Zeitraum. Unserer Erfahrung zeigt aber, genau wie bei der Grippe, dass eine Grundimmunisierung mit dem bekannten Virusstrang auch einen gewissen Schutz vor zukünftigen Infektionen bietet. Dafür braucht es aber nicht irgendeinem Impfstoff, sondern einen guten, der mindestens 70 Prozent der Infektionen verhindert. Dieser wird meiner Meinung nach in absehbarer Zeit nicht, zumindest nicht innerhalb der ersten massiven Infektionswelle der nächsten Monate, vorliegen.

Sind die aktuellen Maßnahmen wie das Kontaktverbot aus Ihrer Sicht ein sinnvoller Schritt?

Wir dürfen nicht wegschauen und einfach geschehen lassen! Es besteht einfach eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich sehr viele Menschen zeitnah mit dem Virus infizieren. Dann könnte das gesamte System überlasten und zu Chaos führen.

Wir sollten deshalb dafür sorgen, dass alle – vor allem die Risikogruppen – in einem bestmöglichen Zustand in diese Infektion hineingeraten, um diese wiederum bestmöglich zu überstehen. Zum derzeitigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass ein erhöhtes Risiko besteht, schwerer zu erkranken, aber die weitaus meisten es überstehen.

Über die Isolierung aller erreichen wir zu diesem Zeitpunkt auch eine Isolation Erkrankter, von denen viele gar nicht erst dokumentiert sind. Das ist nun mal die einzige jetzt noch sinnvoll gangbare Methode zur Eindämmung des Virus.
Dr. med. Awi Wiesel, Arzt & Epidemiologe

Weitere Verschärfungen wie zum Beispiel gesetzliche Ausgangssperren können nur noch sehr wenig den medizinischen Outcome beeinflussen. Es sei denn, die Regeln werden zu sehr missachtet – also der Einzelne macht, was er will. Was sich mir jeden Tag in der Stadt präsentiert, weist aber eher auf umsichtige Bürger hin.

Wie ist Ihr persönlicher Blick auf das Gesundheitsrisiko durch COVID-19?

Ich selbst bin 50 Jahre alt, sozusagen in der ersten Stufe einer Risikogruppe. Ich sehe das Ganze aber auch für meine Mutter, die 80 Jahre alt und, wie die meisten, mit einigen Grunderkrankung diagnostiziert wurde, ziemlich entspannt – meine Mutter natürlich nicht. Für eine symptomatische Therapie sind wir in Deutschland bestens aufgestellt, mit mehr Möglichkeiten als nahezu überall in der Welt – mit einem System, in dem unabhängig von Finanzkraft oder anderen Filtern für alle eine gute Versorgung vorhanden ist.

Die Hochrechnungen für potenzielle COVID-19-Todesfälle erschrecken die Bevölkerung. Diese hohen Zahlen scheinen aber notwendig zu sein, um Politiker und Bevölkerungen bewegen zu können. Weiterhin haben wir eben mit dem Alter auch verschiedenste andere Gründe, zu versterben. Wir können also nicht nur an Corona versterben, sondern auch mit Corona. Ich gehe davon aus, in den nächsten Wochen und Monaten, spätestens Mitte des Sommers, mit belastbaren Zahlen realitätsnäher in die Zukunft prognostizieren zu können.

Wir alle sollten Vertrauen haben. Mein Vertrauen basiert zum einen auf aktuellen Annahmen und dem Wissen um das deutsche Gesundheitssystem, aber auch auf Zahlen schon bekannter Coronaviren und anderen uns bekannten, viralen Infektionen sowie all der Unterschiede in der Sterblichkeit bei den verschiedenen Risikogruppen – und nicht zuletzt auf meiner Erfahrung aus 20 Jahren Medizin und Epidemiologie.

Wir alle sollten unseren natürlichen Fähigkeiten vertrauen, aber auch in die Behandlungen und dem Willen aller Entscheidungsträger, das Richtige zu tun.
Dr. med. Awi Wiesel, Arzt & Epidemiologe

Was können wir Ihrer Ansicht nach aus der aktuellen Corona-Pandemie lernen? 

COVID-19 ist für uns als Menschheit, nicht nur in Europa, die Nagelprobe, wo wir als Gemeinschaft agieren müssen – genau wie in Klimafragen. Wir hoffen, für die Zukunft zumindest zwei Dinge ableiten zu können:

Zum einen braucht es eine medizinische Organisation (z. B. WHO) mit Ausnahmerechten über alle Grenzen hinweg. Dieser Organisation ist es möglich, ganz am Anfang einzugreifen und zu handeln, egal wo auf der Welt. Jedes Zögern ist unverantwortlich. Das ist politisch schwierig, aber für das Allgemeinwohl wesentlich.

Zum anderen sind viele Produktionsstätten – wie die für Schutzkleidung und Medikamente – sehr weit von den Einsatzgebieten, wie zum Beispiel von Krankenhäusern oder Pflegeheimen, entfernt und Abhängigkeiten sind im Zuge der Globalisierung und dem Wunsch auf mehr Wachstum entstanden. Gegebenenfalls lohnt es sich, darüber nachzudenken, diese Engpässe für die Zukunft zu beheben.

Was ist Ihr Fazit zur aktuellen Corona-Situation? Wie geht es weiter?

Unser Wissen wächst täglich. Eine valide, realitätsnahe Neueinschätzung erwarte ich aber frühestens nach der ersten Welle, vielleicht Ende Mai. Wir müssen jetzt am Anfang von einem schlimmstmöglichen Szenario ausgehen. Da sind die ergriffenen Maßnahmen, wie die Isolierung von Risikogruppen, absolut sinnvoll – zumal man sich auch als Angehöriger nicht vorwerfen möchte, am Tod eines geliebten und/oder schutzbefohlenen Menschen die Schuld zu tragen.

Bis eine geeignete Therapie zur Verfügung steht, wird noch Zeit vergehen. Entsprechend müssen wir mit dem jetzigen Zustand so gut wie möglich umgehen, auch wenn es derzeit noch überzogen erscheint. Wir sollten Vertrauen haben und jeder von uns sollte jetzt das Beste im Wohle aller tun.

Herr Dr. Awi Wiesel, vielen Dank für das Interview.

Erstelldatum: 0202.30.72|Zuletzt geändert: 0202.30.72
(1)
Quelle 1: Johns Hopkins University
coronavirus.jhu.edu/map.html (letzter Abruf 26.03.2020)
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