Zum 01.01.2017 wurden die drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt. Wird Ihr Antrag auf einen Pflegegrad abgelehnt oder sind Sie mit dem Urteil der Pflegekasse nicht einverstanden, so können Sie Widerspruch bei Ablehnung eines Pflegegrades beziehungsweise gegen die Entscheidung der Pflegekasse einlegen.
Was tun, wenn Pflegestufe abgelehnt? Widerspruch einlegen
Es ist von großer Wichtigkeit, dass Sie möglichst schnell handeln, wenn Ihr Antrag abgelehnt wurde, nachdem Sie eine Pflegestufe beantragt (heute: Pflegegrad beantragt) haben:
- Bewahren Sie erst einmal Ruhe. Auch wenn schnell gehandelt werden muss, sollten Sie sich unbedingt die nötige Zeit nehmen, um die Entscheidung der Pflegekasse zu ergründen und sich auf den Widerspruch vorzubereiten. Gehen Sie nun systematisch vor.
- Legen Sie innerhalb von vier Wochen Widerspruch ein.
- Sollte Ihnen das Gutachten nicht vorliegen, fordern Sie es unverzüglich an.
- Formulieren Sie Ihren Widerspruch schriftlich. Ein formloses Schreiben genügt. Adressieren Sie das Schreiben an die Pflegekasse und schicken Sie es per Einschreiben mit Rückschein. Sie können den Widerspruch auch faxen (Sendebericht aufbewahren) oder in der Geschäftsstelle Ihrer Pflegekasse persönlich abgeben und sich den Erhalt schriftlich bestätigen lassen.
- Falls Sie es nicht schon führen, können Sie mit einem Pflegetagebuch beginnen. Darin können Sie den täglichen Unterstützungsbedarf beschreiben, die der Pflegebedürftige benötigt. Diese Notizen können Ihnen dabei helfen, den Anspruch auf eine Pflegestufe beziehungsweise Pflegegrad gegebenenfalls doch noch durchzusetzen.
- Besorgen Sie sich alle ärztlichen Unterlagen (Atteste, Diagnosen, Entlassungsberichte), die bei der Begutachtung vielleicht noch nicht vorlagen.
Mögliche Gründe für die Ablehnung einer Pflegestufe

Bis zum 31.12.2016 war für die Einteilung in eine Pflegestufe noch der genaue Zeitaufwand in Minuten für bestimmte Hilfeleistungen relevant: Es wurden beispielsweise nicht die erforderlichen Minuten für die Gesamtpflegezeit (Pflegestufe 1: mindestens 90 Minuten) erreicht.
Sowohl im alten Pflegestufen-System als auch im neuen Pflegegrade-System (seit 01.01.2017) können folgende Umstände mögliche Gründe für den Ablehnungsbescheid der Pflegekasse sein:
- Die pflegebedürftige Person war während der Begutachtung tagesformabhängig sehr gut drauf, sodass das Gutachten nicht den realen Alltag wieder spiegelt.
- Tatsächlich notwendiger Hilfebedarf beziehungsweise Unterstützungsbedarf und Hilfeleistungen wurden nicht erwähnt.
- Besondere Pflegeerschwernisse wurden nicht angegeben oder erkannt.
Vorlage für den Widerspruch: Musterbrief & Begründung
Wenn Sie triftige Gründe sehen, dass eine Pflegebedürftigkeit vorliegt, Sie vielleicht sogar ein Pflegetagebuch geführt haben – und Ihr Antrag dennoch abgelehnt wurde, haben Sie gute Chancen, dass Ihr Widerspruch die Pflegekasse zum Einlenken bringt.
Lag beim Ablehnungsschreiben der Pflegekasse das Gutachten bei, sollten Sie in Ihrem Widerspruch ganz genau begründen, weshalb Sie der Ablehnung widersprechen. Sonst kann es passieren, dass die Pflegeversicherung die Ablehnung „nach Aktenlage“ einfach bestätigt. Dann bleibt Ihnen meist nur noch der Weg über das Sozialgericht.
pflege.de stellt Ihnen eine kostenlose Widerspruchs-Vorlage zur Verfügung, die Sie nach Ablehnung der Pflegestufe beziehungsweise Pflegegrad gerne nutzen können.
Legen Sie dem Widerspruch eine schriftliche Begründung bei
Es kann unter Umständen hilfreich sein, dem Widerspruchsschreiben noch ein formloses Dokument beizulegen, auf dem Sie noch einmal die wichtigsten Argumente notieren:
- An welchen Stellen im Alltag benötigt Ihr Angehöriger Unterstützung?
- Inwieweit ist Ihr Angehöriger durch mögliche Erkrankungen in seinen Fähigkeiten eingeschränkt? Legen Sie hier am besten ein ärztliches Attest mit dazu.
Nicht jeder darf den Widerspruch schreiben
Berechtigt, einen Widerspruch zu schreiben, sind folgende Personen:
- Der Versicherte beziehungsweise die betroffene Person mit Pflegebedarf
- Ein schriftlich Bevollmächtigter des Versicherten
- Ein gesetzlich bestellter Betreuer des Versicherten
- Eine Pflegeperson (im häuslichen Bereich)
Widerspruch bei Ablehnung der Pflegestufe 1 – Was tun?
Ein Grund, warum eine Pflegekasse eine Pflegestufe 1 bis zum 31.12.2016 abgelehnt hat, waren fehlende Minuten. So musste der Versicherte bis zum 31.12.2016 bei der täglichen Grundpflege bei Pflegestufe 1 mindestens 45 Minuten auf fremde Hilfe angewiesen sein.
Seit der Überführung von Pflegestufen in Pflegegrade zum 01.01.2017 entspricht Pflegestufe 1 dem heutigen Pflegegrad 1 oder Pflegegrad 2 – je nachdem ob eine eingeschränkte Alltagskompetenz vorlag oder nicht.
Widerspruch bei Ablehnung der Pflegestufe 2 – Was tun?
Auch Ihr Widerspruch bei Ablehnung der Pflegestufe 2 (heute: Pflegegrad 3 oder Pflegegrad 4) muss so detailliert begründet werden, dass der Pflegekasse klar wird, warum Sie diese Pflegestufe beziehungsweise diesen Pflegegrad beantragt haben. Oft handelt es sich um eine Höherstufung, Pflegestufe 1 (bis 31.12.2016) beziehungsweise Pflegegrad 1 oder Pflegegrad 2 (seit 01.01.2017) liegt also bereits vor. Fügen Sie Ihrem Widerspruch daher eine detaillierte Aufzählung des Unterstützungsbedarfs und weiteren ärztlichen Dokumenten bei, die die verschlechterte Pflegesituation belegen können – je detaillierter, desto besser.
Widerspruch bei Ablehnung der Pflegestufe 3 – Was tun?
Wahrscheinlich haben Sie den Antrag auf Pflegestufe 3 (heute: Pflegegrad 4 oder Pflegegrad 5) gestellt, weil bereits eine Pflegestufe 2 (bis 31.12.2016) beziehungsweise Pflegegrad 3 oder Pflegegrad 4 (seit 01.01.2017) vorliegt. Sichern Sie sich spätestens jetzt die Unterstützung erfahrener Pflegekräfte und Ärzte, um den erhöhten Hilfebedarf des Pflegebedürftigen begründen zu können.
Was passiert nach dem Widerspruch bei abgelehnter Pflegestufe?
Im günstigen Fall reagierte die Pflegekasse positiv und ließ ein zweites Gutachten in Auftrag geben. Dies ist auch heute bei den Pflegegraden der Fall.
Bearbeitungszeit des Widerspruchs bei der Pflegekasse
Die Bearbeitungsdauer Ihres Widerspruchs bei der Pflegekasse beträgt maximal drei Monate. Dies ist die zulässige Bearbeitungszeit. Wird sie überschritten, können Sie Klage einreichen.
Wiederholungsbegutachtung: Zweitgutachter darf nicht Erstgutachter sein
Der Zweitgutachter darf nicht jener sein, der bereits die erste Begutachtung durchgeführt hat. Darauf sollten Sie bestehen. Bauen Sie dem Zweitgutachter aber auch Brücken, sodass er möglichst zu einer positiven Empfehlung kommt. Vielleicht können Sie noch zusätzliche Diagnosen nachreichen, die bei der Erstbegutachtung nicht vorlagen, oder Sie haben sich jetzt besser auf die Begutachtungssituation vorbereitet und können den Unterstützungsbedarf konkreter schildern. Eventuell haben Sie jetzt ein Pflegetagebuch vorliegen, das Ihre Aussagen tatkräftig untermauern kann.
Gerade bei Menschen mit Demenz kann der Unterstützungsbedarf oft nur schlecht eingeschätzt werden. Manchmal sind sie gerade dann besonders fit, wenn der Gutachter zu Besuch ist. Bedenken Sie: Jedes Gutachten entsteht lediglich aufgrund eines Besuches beim Pflegebedürftigen.
Was tun bei erneut abgelehnter Pflegestufe nach Zweibegutachtung?
Lehnte die Pflegekasse auch nach einer Zweitbegutachtung die Pflegestufe ab, konnten Sie Ihren Widerspruch dem Widerspruchsausschuss Ihrer Pflegekasse vorlegen. Wenn Sie auch hier nicht weiterkamen, erhielten Sie immerhin einen Ablehnungsbescheid. Damit konnten Sie innerhalb eines Monats eine Klage beim zuständigen Sozialgericht einreichen. Dieser Rahmen gilt auch im heutigen Pflegegrade-System.
Häufig gestellte Fragen
Wie kann ich Einspruch gegen die Pflegeeinstufung einlegen?
Den Widerspruch müssen Sie innerhalb von vier Wochen bei der zuständigen Pflegekasse schriftlich einreichen. pflege.de stellt Ihnen in diesem Ratgeber eine kostenlose Widerspruchs-Vorlage zur Verfügung, die Sie gerne nutzen können.
Wie formuliere ich einen Widerspruch bei Ablehnung der Pflegestufe?
Den Widerspruch formulieren Sie schriftlich. pflege.de stellt Ihnen in diesem Ratgeber eine kostenlose Widerspruchs-Vorlage zur Verfügung, die Sie gerne nutzen können.
Wie schreibt man einen Widerspruch an die Pflegekasse?
Den Widerspruch müssen Sie innerhalb von vier Woche bei der Pflegekasse einreichen. Nachfolgend bekommen Sie ein paar Tipps, die Ihnen den Widerspruch erleichtern können:
- Sollte Ihnen das Gutachten nicht vorliegen, fordern Sie es unverzüglich an.
- Formulieren Sie Ihren Widerspruch schriftlich. Ein formloses Schreiben genügt.
- Adressieren Sie das Schreiben an die Pflegekasse und schicken Sie es per Einschreiben mit Rückschein. Sie können den Widerspruch auch faxen (Sendebericht aufbewahren) oder in der Geschäftsstelle Ihrer Pflegekasse persönlich abgeben und sich den Erhalt schriftlich bestätigen lassen.
- Falls Sie es nicht schon führen, können Sie mit einem Pflegetagebuch beginnen. Darin können Sie den täglichen Unterstützungsbedarf beschreiben, die der Pflegebedürftige benötigt. Diese Notizen können Ihnen dabei helfen, den Anspruch auf eine Pflegestufe beziehungsweise Pflegegrad gegebenenfalls doch noch durchzusetzen.
- Besorgen Sie sich alle ärztlichen Unterlagen (Atteste, Diagnosen, Entlassungsberichte), die bei der Begutachtung vielleicht noch nicht vorlagen.
Wie lange hat die Pflegekasse Zeit, einen Widerspruch zu bearbeiten?
Die Pflegekasse hat maximal drei Monate Zeit für die Bearbeitung Ihres Widerspruchs. Wird diese Frist überschritten, können Sie Klage einreichen.